BRAHMS, CLARA UND ICH (Baden-Badener Leerstückwerk)
Brahms grüßt auf der Lichtentaler Allee beiläufig
auch nach der Wanderung noch keinen Schritt weiter
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am magischen Ort kein Schatten fällt auf mein Haupt
Schneewolken haben sich auf den Bergen schlafen gelegt
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nur im Bad schaut Brahms einem nicht über die Schulter
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Clara an der Küchenwand mattgrün wie das Handtuch
die Wände sprechen nicht zwischen den Zimmern rauscht das Wasser
die Katze heißt Clara und schnurrt um mein Hosenbein
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die Schreibtischlampe glotzt auf das leere Papier
der Schreibtisch zittert fällt einem doch etwas ein
das Klavier zittert nicht kaum geöffnet gähnt das Klavier
die Saiten schweben verstimmt
die weißen Tasten grinsen mit all den schwarzen Lücken
die Klänge angeschlagen - wie ich
das Klavier verschlingt die Töne
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im Ohr knistert Vergangenes im Gehirn knirscht es weiter
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die Kirchenglocken schlagen zurück
der schwarze Notenschrank ein gläserner Sarg
die Tür zur Veranda wimmert mein Kopf raucht rhythmisch
die Bücher halten Ordnung gelesen und ungelesen
die Glocken läuten taktlos
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nachts die vielen Brücken über die Oos ich verzähle mich im Traum der Sockel verdreht Clara den Kopf
© Michael Denhoff, Brahms-Haus Lichtental, Dezember 2010
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