… nicht mehr nicht weniger …
Theo Breuer & Michael Denhoff Korrespondenz via E-Mail
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Di., 21. Juli 2020, 16:22 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
das war eine feine Überraschung, als ich vor ein paar Tagen auf YOUTUBE die Übertragung der Veranstaltung fand, während der auch ein längerer Text von mir zum Vortrag kam.
Im Gegenzug möchte ich Ihnen eine Sendung mit dem Buch schicken, in dem der Text seine endgültige Heimat gefunden hat. Geht morgen zur Post!
Freundliche Grüße Theo Breuer
Di., 21. Juli 2020, 22:00 Uhr
Lieber Theo Breuer,
und nun für mich eine sehr feine Überraschung, daß Sie mir schreiben! - Ja, mir schien Ihr wunderbarer Text ideal geeignet für das Motto des betreffenden Abends meiner musik-literarischen Reihe ... und gerne hätte ich Sie vorab informiert, hätte ich Ihre Adresse gefunden. Aber noch schöner, daß - welchem Zufall auch immer geschuldet - Sie den Video-Mitschnitt auch so zufällig gefunden haben! (Es gibt übrigens zwei Mitschnitte: als Livestream (leider mit kleinen Aussetzern): https://www.youtube.com/watch?v=DZDJbShK1Hc, und meine eigene Aufzeichnung aus anderer Perspektive für die Website der Reihe WORTKLANGRAUM (www.wortklangraum.de): https://www.youtube.com/watch?v=KQNhILCRPLU Ich hoffe, Sie sind einigermaßen zufrieden, wie mein Schauspielerfreund Timo Berndt Ihren (für eine Rezitation nicht ganz leichten) Text vorgetragen hat.
Natürlich freue ich mich schon sehr, Ihren Text in "endgültiger Heimat" zu bekommen! Dafür danke ich schon an dieser Stelle. Gerne bedanke ich mich in Gegenrichtung mit einer CD aus meinem Schaffen; nun bekomme ich ja Ihre Postadresse.
Herzlich grüßt Sie Michael Denhoff
Mi., 22. Juli 2020, 09:36 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
ich freue mich sehr über die Antwort.
Ich hatte beide Mitschnitte gefunden. Timo Berndt kenne ich ja seit Jahren als Schauspieler aus etlichen verschiedenen kleineren Rollen, die er in Filmen übernommen hat. Schauspieler wollen - und das ist nur zu verständlich - neben dem Text auch sich selbst - professionell - in Spiel bringen, das gehört zum Selbstverständnis des Schauspielers. Timo Berndt hat sich engagiert eingebracht, um den Text, der mit den tausend eingeflochtenen Zitaten ja nicht für den Vortrag geschrieben wurde, den Zuhörern nahezubringen. Das dürfte ihm gelungen sein.
Mich würde übrigens sehr interessieren, wie Sie an die MATRIX gekommen sind, in der der Text steht. (Matrix ist ja keine bekannte Literaturzeitschrift.)
Gleich gehe ich zur Post!
Herzliche Grüße Theo Breuer
Mi., 22. Juli, 11:56 Uhr
Lieber Theo Breuer,
es war vor einiger Zeit, als ich etwas zur Mayröcker suchte und dabei auf Ihr Alphabet stieß (welches mir in gewisserweise auch in der Nähe zu Franz Mon zu stehen scheint - wenngleich das Einflechten unzähliger Zitate bei Ihnen natürlich noch eine andere Komponente hineinbringt). Als ich nun Texte für den WKR-Abend unter dem Motto "taumelnd" suchte, fiel mir Ihr Text wieder ein ... und gottseidank fand ich ihn gleich wieder (bei KUNO). Das Matrix-Magazin hat ja eine eigene Website, und dort, wie auch bei anderen Literatur-Magazinen schaue ich mich immer wieder gerne um. Betrieb als Mitherausgeber selbst ein Online-Magazin für Haiku & Kurzgedicht: www.haikuscope.de (am umfangreichsten dort die Unterseite TEXTE)
Herzliche Grüße nochmals Michael Denhoff
Mo., 27. Juli, 12:36 Uhr
Ihre Bücher sind am Samstag eingetroffen, lieber Theo Breuer, und mit größtem Vergnügen lese ich grad Ihre (hintersinnigen) Gedichte! - Es ist bereits ein klingender Dank an Sie auf dem Postweg. Herzlich zwischendurch, Michael Denhoff
Di., 28. Juli, 07:54 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
ich freue mich über die kurze Rückmeldung. Bin seit gestern für eine Woche ganz in Ihrer Nähe, in Wesseling-Berzdorf, wo unsere Tochter mit Familie lebt. Bei meiner Rückkehr nach Sistig werde ich dann ja die CD vorfinden, auf die ich mich natürlich sehr freue.
Herzliche Grüße Theo Breuer
Di., 28. Juli, 09:28 Uhr
... und ich war noch gesternabend in Wesseling; im Restaurant „Kulisse“, was immer mal wieder Zielpunkt einer Radtour den Rhein entlang für ein Glas „Blanc de Noir“ ist ...
Sa., 1. Aug., 09:28 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
gestern fand ich nach der Rückkehr aus Berzdorf u. a. Ihre Sendung vor, über die ich mich sehr freue. In der Nacht habe ich mit Begeisterung die CD gehört; vielen, vielen Dank dafür! Für jemanden, der über viele Jahre die : Goldberg-Variationen (mit verschiedenen Interpreten, u. a. natürlich Glenn Gould) rauf- und runtergehört hat, sind Ihre Variationen ein unverhofftes Erlebnis. Ich freue mich schon aufs nächste Hören.
Sehr schön auch die Anthologie; als ich auf das Textbild Es sind noch Lieder zu singen stieß, wurde mir ganz anders: Seit rd. 50 Jahren mit dem Werk Paul Celans befaßt, spielen Leben, Werk und Wirkung Celans in diesem Jahr eine Hauptrolle hier in meinem Wortbildklangraum, an dem ich seit immer schon baue und gestalte.
Insofern war das in der vergangenen Nacht wieder mal ein ganz besonderes Erlebnis: der Wortbildraum zusätzlich erfüllt durch die wunderbaren Klänge, die Sie respektive Birgitta Wollenweber mir schenkten.
Schauen Sie mal in die bei dtv erschienene HAIKU-Anthologie, da sind wir gemeinsam vertreten ...
Herzliche Grüße Theo Breuer Sa., 1. Aug., 11:15 Uhr
Lieber Theo Breuer,
oh, das war mir noch gar nicht aufgefallen, daß wir beide in der DTV-Anthologie vertreten sind ... es mehren sich die Gemeinsamkeiten! Nicht zuletzt über Celan, der auch mich seit annähernd 50 Jahre beschäftigt und durchaus in meinen Anfängen Einfluß auf meine kompositorische Sprache nahm. Wohl das umfangreichste davon der Klavierzyklus "Atemwende"; komplett als Konzertmitschnitt hier zu sehen: https://www.youtube.com/watch?v=ZD_p3kuHL58&list=PLfNekSnn90ytkm_9IkiBdspzgcY518Ux- Den Programmzettel des besagten Konzertes hänge ich an.
Und ich entdeckte, daß Sie wohl auch eine (engere?) Beziehung zum so wunderbar bescheidenen Hans Bender hatten ... mit dem auch ich lange befreundet war (habe ihn immer wieder in der Kölner Taubengasse besucht und zuletzt auf seiner Beerdigung gespielt). Ich konnte ihn auch dazu gewinnen, mir für HAIKUSCOPE ein paar seiner Vierzeiler zu lesen: http://www.haikuscope.de/texte.htm#gelesen Sie haben ein Buch mit seinen Vierzeilern herausgegeben. Das sind vermutlich andere als die, welche in den beiden Hanser-Ausgaben zu finden sind! - ich muß mir das dringend bestellen.
Es freut mich natürlich sehr, daß meine Bach-Variationen bei Ihnen so tief gewirkt haben! Übrigens gefällt mir die Interpretation von Stepan Simonian fast noch besser als die meiner langjährigen Klavierbegleiterin Birgitta W. Er spielte sie bei einem WKR-Abend, dort interpoliert von Lesungen aus den "Variationen in Prosa" von Michael Donhauser: https://youtu.be/7zTTfk3GAYE.
Aber Ihre Komplimente kann ich in umgekehrte Richtung nur erwidern: die Lektüre Ihrer Bücher war ungeheuer bereichernd! Bei den Gedichten mußte ich mehrfach schmunzeln ob all dessen, was da - auch durch Wortspiele - aus Ihrem literarischen Universum zum Vorschein kommt! Nochmals tausend Dank dafür!
Vielleicht können wir uns bei Gelegenheit, wenn Sie mal wieder in der Nähe sein sollten, irgendwo auf ein Gläschen Wein zum Plaudern treffen ... Zunächst wünsche ich ein schönes Wochenende. Herzlich wie immer
Michael Denhoff
So., 2. Aug., 09:16 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
vielen Dank für die guten Worte!
In der Nacht habe ich die Bach-Variationen zum zweitenmal gehört. (Wieder die CD, die YouTube-Aufnahme werde ich mir auch noch zu Gemüte führen.)
Dem Klavierzyklus Atemwende, in den ich gestern nur kurz hineinhören konnte, werde ich mich noch anhaltend widmen; er paßt natürlich ganz wunderbar in mein so intensiv gelebtes 'Paul-Celan-Jahr', das ich gern mit einem längeren Essay abschließen würde, mal sehn, ob es gelingt.
By the way: Das Gedicht Scherben saufen hat auf einer Ebene auch ganz viel mit Paul Celan (und Ingeborg Bachmann ...) zu tun.
Hans Bender. Von 1990 bis 2015 verband uns eine immer intensivere Freundschaft. Klar müssen Sie Hinter die dunkle Tür unbedingt haben! Ich habe gestern eine weitere Büchersendung vorbereitet, die morgen zur Post geht.
Wir werden sehen, wann ein Treffen möglich sein wird. Ich freue mich sehr über den Vorschlag. Ich lebe seit Jahren extrem zurückgezogen, direkte Begegnungen sind in dieser Zeit für mich noch schwieriger geworden. Der unverhoffte - von Beginn an bereichernde - Kontakt zu Ihnen resp. Ihrem Werk bedeutet mir um so mehr!
Herzlich: Theo Breuer
So., 2. Aug., 22:16 Uhr
... so war das aber nicht gemeint, lieber Theo Breuer! - daß Sie mir das Buch schicken - Ich wollte morgenfrüh in meine Buchhandlung gehen, um es zu bestellen! Hans Bender lernte ich in meinem Villa-Massimo-Stipendiums-Jahr in Rom 1987 kennen, als er dort für zwei Monate Ehrengast war. Und daraus ergab sich in Folge ein bis zuletzt sich verdichtender Austausch. Aber er korrespondierte ja ohnehin mit so vielen, hatte dabei aber - wie ich finde - stets ein untrügerisches Gespür für besondere Qualitäten. Für mich ist er in seiner so großzügigen und völlig uneitlen Art unter den Schriftstellern einem Günter Bialas bei den Komponisten vergleichbar, der nach dem 2. Weltkrieg wohl der wichtigste Kompositionslehrer war und ebenso uneitel und stets auch im Stillen seine jungen Kollegen förderte. Ich hatte das große Glück, Günter Bialas schon mit 13 Jahren kennenzulernen und es wurde bis zu seinem Tod 1995 eine besonders enge Freundschaft, wie ich sie unter Kollegen fast nur noch mit György Kurtág (dies bis heute, seit 1988!) fand. Und auch wenn ich manchmal ein wenig hadere mit der allgemeineren öffentlichen Wahrnehmung, so ist doch diese besondere gegenseitige Wertschätzung von verehrten Kollegen & Freunden viel wichtiger als alle gelegentlichen "Streicheleinheiten" von der Presse oder blasierten Kritikern.
Und so ist auch mir unser - für uns wohl beide unverhofft einsetzender - Gedankenaustausch wertvoll geworden, schon in so kurzer Zeit! - mich hatte gleich der Text, den ich für den WKR-Abend erinnernd wiederfand, so gefesselt, weil man spürte, da ist jemand, der wie ein "eleganter Spieler" sich im schier unendlichen literarischen Kosmos bewegt, als wäre es ein ganz selbstverständliches Zuhause ... und doch auch gleichzeitig mit dezentem Witz & Humor diese scheinbare Selbstverständlichkeit in Frage stellt. All das finde ich, nachdem ich nun noch viel mehr von Ihnen gelesen habe, durchaus bestätigt!
War heute den ganzen Tag mit meiner Frau und zwei guten Freundinnen im Siebengebirge unterwegs, fand Ihre Nachricht eben .., so dies für heute immerhin noch. Herzlichst natürlich Michael Denhoff
Mo., 3. Aug., 08:08 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
ich schicke das Buch sehr gern, es ist mir eine Freude, gleich geht es zur Post.
Bis später ausführlicher ...
Theo Breuer
Mo., 3. Aug., 12:32 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
alles, was Sie schreiben, erlebe ich in vergleichbarer Weise.
Ich freue mich sehr über die Beschreibung, man spüre, da sei jemand, der wie ein 'eleganter Spieler' sich im schier unendlichen literarischen Kosmos bewege, als wäre es ein ganz selbstverständliches Zuhause ... und doch auch gleichzeitig mit dezentem Witz & Humor diese scheinbare Selbstverständlichkeit in Frage stelle. Da kann ich nur antworten: So ist es!
Nun bin ich nach einer Woche Berzdorf schon wieder hier für einige Tage. Heute morgen habe ich, wie so oft schon, mit der dreijährigen Enkelin Katharina Kiesel entlag des Palmersdorfer Bachs gesammelt, Kiesel, die wir ahschließend gemeinsam in Beete und Blumenkübel legen. (Der Bücherwurm ist auch Steinesammler und Rainman ...)
Ich freue mich, durch Sie nun endlich einmal wieder zeitgenössischer Musik zu BEGEGNEN. 'Zuhause' fühle ich mich in der Oper und der älteren Musik bis Richard Strauss. Seit 2018 höre ich vermehrt die Sinfonien Anton Bruckners, die 4. und 5. Sinfonie habe ich innerhalb von zwei Wochen einmal je über zwanzig Mal hintereinander gehört.
Nun holt mich Katharina zum Mittagessen ab!
Herzlich: Theo Breuer
Mo., 3. Aug., 22:02 Uhr
Lieber Theo Breuer,
na gut, daß ich heutefrüh das Postfach öffnete, bevor ich in die Stadt fuhr ... und mittlerweile fand ich auch Ihre 2. Nachricht von heute. Ich kann mich dann für das Bender-Büchlein auch wieder nur mit klingendem Material in Gegenrichtung bedanken. Am liebsten würde ich Ihnen meine "Aufzeichnungen für Streichquartett & Klavier" HAUPTWEG UND NEBENWEGE schicken (das wohl bisher längste Klavierquintett der Musikgeschichte mit fast 3 Stunden Aufführungsdauer), weil es das bisher wohl persönlichste Werk ist, welches - ähnlich wie bei Ihnen - mit unendlich vielen mehr oder weniger versteckten Verweisen aus meinem künstlerischen Universum 'bestückt' ist. Leider nur liegt mir kein Exemplar der Doppel-CD mehr vor außer meinem eigenen "Handexemplar", und ich glaube, die Auflage ist vergriffen. Zwar könnten Sie das Ganze auch über untenstehenden Link hören, aber eben in 365 Mini-Etappen. (Da Sie so zurückgezogen leben, paßt die dort imaginierte optimale Hörweise vielleicht sogar besonders.) - Ich werde aber versuchen, Ihnen eine CD-Kopie von Ganzen zu ziehen ... dann können Sie's doch in Stille, Ruhe & Muße auch über eine normale Stereoanlage hören.
Zu Bruckner fand ich als ca. 17-jähriger Cellist: im LJO-NRW spielten wir die 5. Symphonie. Und daß Sie solch ein monumentales Werk zigmal hörten, erinnert mich auch an meine Kind- bzw. Jugenderfahrung mit Bartóks Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta, die ich eine ganze zeitlang mindestens einmal am Tag hören mußte/wollte.
Ich bin sicher, Sie werden die Zeit mit Ihrer 3-jährigen Enkelin sehr zu schätzen wissen! Dafür auch in den kommenden Tagen nur viele weitere nette Entdeckungen & Erfahrungen!
Herzlich Grüße natürlich auch noch Michael Denhoff
Di., 4. Aug., 10:19 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
wir sind doch hier nicht beim Schachspiel mit erzwungenem Figurentausch!
Ich freue mich einfach, in diesen geradezu buchfeindlichen Zeiten einmal wieder auf einen leidenschaftlichen LESER gestoßen zu sein! Und das so unverhofft! Also wünsche ich vor allem viel Freude beim Auspacken der Sendung.
Da es auch noch eine sieben Monate junge Enkelin gibt, bleiben hier keine Wünsche offen.
Herzliche Grüße Theo Breuer
Di., 4. Aug., 12:31 Uhr
... nein, kein erzwungener Figurentausch, sondern - wie auch bei Ihnen - einfach nur Freude daran, daß ein schöner Gedankenaustausch begonnen hat, lieber Theo Breuer! Die Musik ist schon auf dem Weg ...
Sie sprachen von Ihrem Plan eines umfangreicheren Essays zu Celan (im auch "Celan-Jahr"); wird das ähnlich aussehen, wie all das, was Sie zur Mayröcker zusammengetragen haben? Es wird mich natürlich sehr interessieren!
Ab Freitag bin ich für 10 Tage mit meiner Frau radelnd unterwegs, die junge Donau von Donaueschingen bis Ulm, und im "Hölderlin-Jahr" wollen wir anschließend noch zwei Tage in Tübingen verbringen. Das Wetter verspricht, sommerlich zu sein, hoffentlich nicht zu heiß.
Wie immer herzliche Grüße Michael Denhoff
Do., 6. Aug., 16:07 Uhr
Oh ... wie reichlich haben Sie mich beschenkt, lieber Theo Breuer! Welche Freude, nun auch die letzten Vierzeiler von Hans Bender lesen zu können! - und natürlich auch Weiteres aus Ihrem eigenen Universum! Ich nehme mir das alles mit auf die morgen beginnende Radtour für die abendliche Lektüre. Ganz herzlichen Dank also, und herzlich wie immer Michael Denhoff
Do., 6. Aug., 22:43 Uhr
Lieber Theo Breuer.
es ist dann doch nicht allein beim Auspacken geblieben ... die Leseverführung war allzu groß (obwohl ich eigentlich noch anderes vor der Abreise erledigen wollte); und so habe ich das Vierzeiler-Bändchen und vor allem den abschließenden Dialog Breuer-Bender (ein erstes Mal) bis vor wenigen Augenblicken geradezu verschlungen. - Da erzählen Sie ja auch von der Vorfreude auf bestellte Bücher ... mir sind Klänge+Musik natürlich/naturgemäß als Musiker noch ein kleinwenig wesentlicheres (Über)-Lebensmittel als es die vielen Bücher in meiner Bibliothek sind, aber gerade in der sog. Coronakrise (eine Krise, die mir eine viel umfassendere als allein das Virus betreffende zu sein scheint!) waren mir erstaunlicherweise Bücher doch mehr Zuflucht & Rückzugsort. Das Komponieren konnte/mußte/durfte aussetzen ... Wie habe ich mich eben gefreut, in Gedanken wieder in die Taubengasse zurückversetzt zu sein! : ja, Kaffee, Kuchen oder Plätzchen, dezent von Hans Georg Schwark aus der Küche herbeigezaubert ... und ich sehe vor mir den leicht tapsig, doch elegant tänzelnden Schritt von Hans Bender zum Regal, um irgendein Buch herauszufischen, über das wir grad zu sprechen begannen ... Und auch das Drama über den Verlust im eingestürzten Kölner Stadtarchiv: er zeigte mir (ich glaube beim letzten Besuch vor gefühlt sieben Jahren) einen Ordner, den er zuvor nochmal nach Hause geholt hatte, den deswegen möglicherweise einzig verbliebenen ...
Sie, lieber Theo Breuer, haben mir mit diesem Buch ein wirklich bewegendes, so unerwartet schönes Geschenk gemacht! - und naturgemäß war Ihrer beider Freundschaft als Schriftsteller (& eben auch wie er als Herausgeber!) sicherlich & ganz offensichtlich eine um vielfaches tiefere als meine als Musiker zu ihm [... obwohl er sich auch an meinen kleinen "Nebengleis", den Dreizeilern erfreute ... sie sogar lobte, was mich beschämte.]
Nun sag ich nochmals Danke Herzlichst, Michael Denhoff
Fr., 7. Aug., 09:00 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
nachdem ich vorgestern und gestern (jeweils in der Nacht) "Hauptweg und Nebenwege" gehört habe, lausche ich in diesen Minuten the cello in my life und lerne Sie mit jedem Ton besser kennen. Ich hätte es ja nicht für möglich gehalten, daß ich mich einmal so intensiv in zeitgenössische Musik vertiefen würde. Wie schön, daß das Leben immer noch solche Überraschungen bereithält. Wir sind - das ist das große Glück - immer unterwegs in Offne ...
Ihre Auseinandersetzung mit Literatur und Kunst, die sich in der Musik offenbar durchgehend niederschlägt erinnert mich an die eigene Art und Weise, Gelesenes und Gesehenes zu verarbeiten: So spielt das Gemäldegedicht keine kleine Rolle in meinen Gedichten.
Wer hat hier also wen reich beschenkt???
Wie schön, was Sie zur Rezeption von Hinter die dunkle Tür schreiben, die u. a. die Erinnerung an Benders (legendären) Trippelschritt hervorruft.
Seien Sie mal nicht so bescheiden mit den Dreizeilern! Haben Sie diese bislang nie in einem Einzeltitel publiziert?
Darüber - und vieles andere - wird noch zu reden und zu schreiben sein.
Während ich Ihnen eine frohe Fahrt wünsche, ziehe ich mich ins cello in my life zurück ...
Theo Breuer
Sa., 8. Aug., 00:30 Uhr
Lieber Theo Breuer, die Nacht ist ohnehin die beste Zeit, derartige Musik zu hören! Herzlichen Dank für die so netten Zeilen! Wir sind mittlerweile im Donaueschinger Hotel und morgen beginnt die Radtour, auf die wir uns sehr freuen, auch wenn es offensichtlich ziemlich heiß sein wird. Ich melde mich dann ausführlicher, wenn wir nach zehn Tagen wieder zurück sind. Dies noch schnell zur Nacht mit herzlichen Grüßen, wie immer, Ihr Michael Denhoff
Sa., 8. Aug., 17:25 Uhr
DAS will ich Sie aber doch wissen lassen:
Es ist 17 Uhr 17 am 08. 08.2020 (der Tag, an dem mir jemand um 00:30 Uhr eine E-Mail aus Donaueschingen schreibt), ich höre die Bach-Variationen (seit heute morgen bereits zum drittenmal), lese Friederike Mayröcker neues Buch da ich morgens und mossgrün. Ans Fenster trete, denke an Nikolaus von Kues (den ich auch in Winterbienen im Urftland zitiere), will auch : Das Ganze gleichzeitig erleben --- und lese und lausche und lese (auf S. 160 in Mayröckers Buch): in Donaueschingen ...
Herzlich: Theo Breuer
So., 9. Aug., 00:28 Uhr
... Ihr
kurzes Poetogramm über Zufälle hat mich eben sehr erfreut! Lieber Theo
Breuer, auch ich habe stets Freude an solchen überraschenden (und manchmal
denkwürdigen) Zufällen. Aber was ist schon Zufall?! - da denk ich stets
gleich an Mallarmés „Würfelwurf“, der seine eigene Idee entwirft ...
Mi., 12. Aug., 21:28
— angekommen in Ulm ein abendlicher Gruß mit zwei Störsichten auf‘s Münster zur blauen Stunde. Herzlich MD
Do., 13. Aug., 08:19 Uhr
SEHR SCHÖN! DANKE!
Fr., 14. Aug., 19:52 Uhr
... und
DAS möchte ich dann in die Eifel übermitteln, lieber Theo Breuer:
Sa., 15. Aug., 00:29 Uhr
Nachtrag.
zur Nacht:
Sa., 15. Aug., 09:21 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
Sa., 15. Aug., 09:23 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
So., 16. Aug., 00:08 Uhr
Lieber
Theo Breuer,
So., 16. Aug., 12:41 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
So., 16. Aug., 15:38 Uhr
... ich bin ziemlich sicher, ich hätte besagten Roman von Schroers in der Bibliothek von Rafael gefunden, lieber Theo Breuer, und er hätte es mir sicher für Sie ausgeliehen Als er aber vor 15 Jahren starb, ging ein Teil seiner riesigen Bibliothek nach Madrid, der andere (philosophische & hispanistische Literatur) in seine Heimat an die Uni Bogota. wo man sogar ein Gedenkzimmer zu seinem Gedenken einrichtete. - Ich drücke die Daumen für einen doch noch zufälligen Fund irgendwo ... halte selber auch die Augen auf!
Handelt "Green Book" nicht von einem Pianisten? - ich habe den Film noch nicht gesehen, aber irgendwo mal darüber eine Notiz gelesen. Und: "wenn Sie wüßten" ... was sollte ich vielleicht wissen?
Ich werde Ihr "Winterbienen im Urftland" sicherlich in absehbarer Zeit ein weiteres mal lesen! Es ist ja nicht nur ein fast labyrinthisches Reflektieren über einen so offensichtlich besonders geschätzten Kollegen! - ich finde dabei ja zudem soviel über das, was Sie beim Lesen denken & empfinden, denkend er-lesen: also quasi ein Doppelportrait in Worten über Worte & Worte als Orte eines besonderen Zuhauses!
Schon etwas älter:
an diesem ORT richte ICH das WORT an DICH so DICHT ist im GEDICHT die KUNST für UNS
... und noch Fotos der drei Fenster des Hölderlinschen Turmzimmers als Foto im Anhang Herzlich bei drückender Schwüle hier im Rheinland Michael Denhoff
So., 16. Aug., 17:28 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
eben hat es - wie in den vergangen Tagen schon mehrfach - gewittert.
Was Sie vielleicht wissen sollten? Jetzt kann ich tatsächlich schon heraus mit der Sprache: Heute habe ich den ganzen Tag Ihr opus 49, simultan von Celan gesprochene Gedichte gehört und dazu den Text geschrieben, den ich mir so sehr wünsche. Es ist ein Essaygedicht von 7 Seiten (DIN A 5), heute morgen brach es sich plötzlich Bahn und wurde eben so ganz anders als bisher Geschriebenes - ganz so, wie ich es mir gewünscht habe und nicht ahnen konnte, daß es noch etwas wird. Es sind nicht allzuviele Worte, die ich mache, aber es scheint mir zu glücken, die Stimmung der vergangenen Monate festzuhalten, zu vermitteln. Eine Seite ist noch offen, die 'verwahre' ich mir für die kommende Woche, wenn es ans Überarbeiten geht.
Ja, GREEN BOOK handelt von einem Pianisten.
Danke für Bilder und Wörter und Klänge (und gute Worte), lieber Michael Denhoff!
Ihr Theo Breuer
So., 16. Aug., 18:51 Uhr
OOOOH !!! - das klingt aufregend, und wie macht es mich neugierig! Lieber Theo Breuer, ich hoffe natürlich, ich darf das auch irgendwann lesen, was Ihnen da zur eigenen Überraschung als Essaygedicht zu Celan gelang! - Es sind ja im Leben genau diese Momente, die einen beglücken, wenn sich etwas völlig unerwartet bahnbricht. Man kann es nicht erzwingen ... nur gelassen [die Sinne offen] abwarten ... BEGLÜCKWÜNSCHE Sie!!! Die alte CD-Aufnahme (bei Klavins-Music) ist seit langem vergriffen, aber ich konnte mir kürzlich eine Kopie der etwas späteren WDR-Produktion mit dem Pianisten Richard Braun bestellen und werde Ihnen mal eine Kopie ziehen, damit Sie nur hören können, unabgelenkt vom Video. Ich denke, ich habe hier zuhause sozusagen alles, was Celan an Lesungen aufgenommen hat, aber wenn ich mich richtig erinnere, fehlen dabei aber zwei der Gedichte (der sieben), welche mich zu meinem Zyklus animierten. Bei einer der ersten Gesamtaufführungen kam die Idee auf, diese Celan-Lesungen zwischen die Musik einzuspielen, aber wir verwarfen den Plan, weil eben zwei fehlten. Haben Sie zufällig doch noch mehr als ich, und diese wären dabei? Stattdessen habe ich seinerzeit einen kleinen Vortrag zu Celan vor dem Konzert gehalten. http://www.denhoff.de/atemwende.htm
Ich erinnere mich noch genau an den Tag, als ich diese Aufnahmen mit dem psalmodierenden Tonfall Celans, die ich von einem Freund bekam, mir kopierte: ich nahm meine Celan-Ausgabe zur Hand, las mit ... und konnte gar nichts Anderes mehr machen für den Rest des Tages, bis in die Nacht & Träume klang seine so besondere Stimme nach ... Merkwürdig (oder doch nicht?!), daß mir Celan viel viel früher so wichtig wurde, als dann später Hölderlin, der mich vor allem im Jahr 1998 (dem Entstehungsjahr von HW+NW) immer wieder Zufluchtsort wurde.
Dies noch als kleine Ergänzung für heute .. und herzlich wie immer Ihr Michael Denhoff
Mo., 17. Aug., 11:42 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
in erster Linie, und das haben Sie in ganz besonderer Weise aus de Lektüre von "Winterbienen im Urftland" herausgelesen, geht es bei mir um das Lesen, das meine ureigentliche Lebensarbeit ist und das in einem solchen Fall eben eine ganz spezielle Form von Schreiben ist. Wenn dieses mit unsichtbarer Tinte vollzogene Schreiben sich dann, wenn es sein muß, med oana schwoazzn Tintn (wie es, glaube ich, bei H. C. Artmann heißt) verwirklichen läßt: um so schöner. Dieser von zahlreichen Büchern zu und von Celan ausgelöste Text gehört zu jenen, über die ich mich deshalb so freue, weil sie manifestieren, was in den vergangenen Monaten so wesentlich gewesen ist - und vorläufig auch noch bleiben wird. In dieser Form - die ganze Zeit mit Klavier und Celans Stimme im Hintergrund - habe ich noch nie geschrieben. Und das hat das Geschriebene naturgemäß maßgeblich beeinflußt. Klar können Sie das lesen, wenn es fertig ist.
Jetzt bin ich erst mal wieder für ein paar Tage in Berzdorf, wo ich nur zwischendurch, wenn es sich eben ergibt, ein paar Seiten in einem amerikanischen Roman lese. Hielt ich in "Winterbienen im Urftland" nicht in einer Fußnote fgest, daß die englische Sprache die mir liebste ist - im Sinne von prima inter pares.
Ich freue mich immens, daß Sie zu den wenigen meiner Leser gehören, die tatsächlich umgehend begreifen, daß es mir nicht in erster Linie um den SCHEINBAR im Mittelpunkt stehenden Autor geht, sondern ums Ganze der Literatur. Ich sitze in einer Nußschale, mit der in diesem Wortmeer mich über Wasser zu halten versuche ... (usw.)
Da ich grundsätzlich nicht der große Hörer, sondern eben Leser von Literatur bin, höre ich nur die Gedichte von Celan, die im Netz präsent, also für jedermann zugänglich sind.
Den kleinen Vortrag werde ich gleich mal lesen.
Theo Breuer
Di., 18. Aug., 11:08 Uhr
Nun hab ich mir die "Winterbienen" bestellt, hole das Buch heute nachmittag bei meiner Buchhandlung ab, lieber Theo Breuer, und bin natürlich neugierig, inwieweit Ihr persönlicher Großessay zu Norbert Scheuer meine Lektüre beeinflussen wird ... Mittlerweile lese ich bereits im "Gewonnenen Alphabet"; aber natürlich wohldosiert, weil Gedichte Zeit für's Nachwirken/-klingen benötigen. Übrigens ist auch seit gestern die angekündigte CD-Kopie auf dem Weg zu Ihnen, dazu auch noch ein anderes mir wichtiges Streichquartett mit Celan-Bezug. Aber das erreicht Sie natürlich erst, wenn Sie wieder zu Hause sein werden. Bei der Gelegenheit - wo Sie derzeit wieder in Berzdorf sind - erneuere ich mein Angebot, sich mal auf ein Gläschen Blanc de Noir bei der "Kulisse" am Wesselinger Rheinufer zu treffen, so es Ihre familiäre Planung zuließe. Morgen ginge es mir am frühen Abend z.B. Doch vorerst Freude an & mit Ihren Enkelkindern! Herzlich wie immer Ihr Michael Denhoff
Di., 18. Aug., 12:20 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
auf daß meine Celan-Sammlung wachse! Dann erwartet mich also schon wieder schöne Post, wenn wir morgen nach Hause kommen. (Was auch die Frage nach einem Treffen beantwortet: Wir fahren morgen am späten Nachmittag zurück. Ich komme auf die Anfrage in den nächsten Tagen noch einmal zurück.)
Winterbienen während der Hundstage zu lesen scheint mir eine kluge Entscheidung zu sein.
2012, nach der Veröffetlichung von Das gewonnene Alphabet war ich der felsenfesten Überzeugung, daß dieses Buch mein letztes sein würde - auch was Essays angeht, denn mit den umfangreichen Monographien Aus dem Hinterland. Lyrik nach 2000 sowie Kiesel & Kastanie. Von neuen Gedichten und Geschichten glaubte ich ebenfalls alles gesagt zu haben. Es folgten in der Tat mehrere sehr ruhige Jahre, was das Schreiben angeht, bevor es 2017 mit Zischender Zustand, 2019 gefolgt von Scherben saufen, Winterbienen im Urftland und einem weiteren - noch längeren - Großessay zum deutschsprachigen Roman der unmittelbaren Gegenwart in Matrix 58 noch einmal richtig losging.
Mit den Gedichten in Das gewonnene Alphabet glaubte ich alle Möglichkeiten ausgereizt zu haben, zu denen ich als Lyriker fähig bin. So stellte Scherben saufen (sowie alles Weitere) eine große Überraschung dar, denn dieses Buch ist ja noch einmal ganz anders geworden als das Vorgängerbuch. Ich sage es mal so, daß ich gewisse Möglichkeiten doch noch weitertreiben konnte in die Richtung, die ich als 'meine' ansehe.
Ohne das beständige Drängen des Verlegers Traian Pop gäbe es all diese Publikationen definitiv nicht. Für mich ist das Veröffentlichen schon seit Jahren nicht mehr wichtig. Ginge es nach Pop, würde ich alle drei Monate ein Buch veröffentlichen.
Herzlich: Theo Breuer
Di., 18. Aug., 16:02 Uhr
Lieber Theo Breuer,
na, da kann Ihre Leserschaft aber froh sein, daß Das gewonnenen Alphabet nun doch nicht Ihre letzte Veröffentlichung blieb! Aber ich kenne das auch: nachdem ich mein bisheriges Opus magnum (HW+NW) fertig hatte, dachte ich 1999 auch, es könne durchaus mein letztes Werk sein, nachdem ich ein so ganz besonders intensives Jahr durchlebt & hinter mir hatte. Ich wußte, da ist eigentlich alles drin versteckt /-sammelt, was meine Person & mein Denken+Empfinden ausmacht, dem sei kaum noch Wesentliches hinzuzufügen. Und in der Tat war der innere "Akku" so geleert, daß ich mich mit anderen Dingen (u.a. den Textbildern) nacharbeitend / -schwingend beschäftigte, um nicht in die totale Leere zu fallen. Aber dann kamen doch in den letzten 20 Jahren noch so völlig andere Sachen wie die 12 Inventionen für Selbstspielklavier(e), das andere Mamutprojekt "Strophen", die sich in Schuberts Nähe empfindende Herbstreise der 52 "Schönsten Lieder" (die leider bisher noch nicht alle aufgeführt wurden) und natürlich auch die "Bach-Variationen". Aber die Schreibpausen werden mit der Zeit immer größer; es muß mich schon heftig & überraschend packen, sodaß das leere Notenpapier zwingend wieder hervorgeholt wird. Jetzt ist es bereits wieder ein gutes Jahr her, daß mal wieder etwas für mich wirklich Neues entstehen konnte (zu den "Greguerías" von Ramón Gómez de la Serna). [... noch nicht perfekt in der Interpretation der Livemitschnitt kurz vor dem Lockdown, aber als erster Eindruck vielleich passabel: https://youtu.be/nE164D49SlY ]
Herzlichst, noch nach Berzdorf Ihr Michael Denhoff
PS ... wie originell, das komplett genutzte Vokabular gegen Schluß als alphabetisches Wörterbuch zu integrieren! - und Ihrem alter ego bensch bin ich nun bereits so oft begegnet! - [Dies noch zum Ende meiner Kaffee-Pause]
Do., 20. Aug., 17:33 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
nun bin ich zurück und arbeite seit heute früh am Essaygedicht in der Weise, die es braucht, um - vielleicht - was zu werden ...
Haben Sie vielen Dank für die E-Mail mit erneut so guten Worten sowie die Sendung; seit gestern Nacht bin ich in ATEMWENDE vertieft, und die Klänge begleiten mich den ganzen Tag über.
Ich gehe davon aus, daß das Essaysgedicht ohne Ihre Musik nicht geworden wäre.
Mehr kann ich heute nicht schreiben.
Theo Breuer
Fr., 21. Aug., 00:31 Uhr
... ich
wünschte mich in Ihren derzeitigen Zustand, lieber Theo Breuer: wieder
schreiben zu können ... Leider ist es noch nicht so weit, obwohl ein Auftrag für zwei Klarinetten und Streichquartett im Raum steht, aber alle bisherigen Entwürfe & Skizzen dafür sich (zumindest aus der eigenen kritischen Sicht) als nicht weiterführend erwiesen. - Dafür beglückt mich natürlich (& entschädigt für den eigenen Stillstand), daß ein von mir mittlerweile so sehr geschätzter Autor einen zufälligen Impuls für sein eigenes Schaffen durch meine Klänge bekam! Ich danke also herzlichst für diese schon gemachte Vorab-Information! Herzlich in die tropische Nacht, Ihr Michael Denhoff
Fr., 21. Aug., 09:58 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
das Derzeitige ist das Schönste an der Arbeit: Nachdem die Fassung mehr oder weniger steht, 'scanne' ich die Seiten tagelang von morgens bis abends wieder und wieder und wieder, tausche hier ein Wort aus, verfeinere dort eine Stelle usw. Das wird bei Ihrer Arbeit ähnlich sein. Viele Weg.
Ja, der Zufall, der lebensbestimmende Zu/Fall. Ihre Existenz, Ihre Musik ist mir auf wundersame Weise zugefallen. Dafür bin ich unendlich dankbar. Nach dem grandiosen ZuFall mit Bruckner vor zwei Jahren (den ich bis dahin so gut wie gar nicht kannte und seitdem über alles liebe ...), nun also Denhoff.
Es ist gut, daß derjenige, der bis zum Ende bewußt unterwegs in Offene zu sein versucht, weiterhin mit solchen ZuFällen belohnt wird. Ich fühle mich wie neugeboren, indem ich nun erneut den Text scanne und ATEMWENDE höre.
Ich bin jemand, der sich, wie Sie es sich ja wünschen, vorbehaltlos auf Musik einlassen kann: hören, hören, einfach hören! Und immer wieder dieselben Stücke hören, hören, hören! (Man sieht ja im konkreten Falle, was sich daraus ergeben kann.)
Theo Breuer
Fr., 21. Aug., 20:56 Uhr
Lieber Theo Breuer,
ja, wenn man eigentlich und im Wesentlichen fertig ist, beginnt dieser Feinschliff bis in kleinste Details hinein, ich kenne das und mir geht es eigentlich ganz ähnlich; beim Komponieren ist es mittlerweile der Zeitpunkt, wenn von der Bleistift-Endfassung die erste Computer-Reinschrift erstellt ist, dann lese auch ich zigmal das Geschriebene, füge dort noch jene differenziertere Dynamik ein, moduliere an der gewünschten Artikulation, verändere nochmals die Phrasierung etc. pp ... alles, um dem nie zu erreichenden Ideal zumindest so nah wie eben möglich zu kommen. Da können schon ein paar Tage ins Land streichen ...
Wie freut mich, daß Sie sich nun gerade in solch einem (auch mich immer wieder beglückenden) Zustand dieser "Endkontrolle" eines Textes befinden! Eigentlich völlig nebensächlich, durch welchen Impuls / Zufall / Gedanken / Gesehenes / Gefühltes man zu solch (vor allem für einen selber) Neuem gekommen ist! - Dennoch rührt mich natürlich zutiefst, daß dies in Ihrem aktuellen Fall durch meine Klänge (und das, was sie erhoff(t)en zu transportieren) stattfand! - So erfreut mich ohnehin, seit Ihrem ersten spontanen Anschreiben, unser Austausch, der mir immer mehr wie ein Gespräch von Geistesverwandten erscheint, die nur bisher kaum voneinander wußten.
Im Moment sitze ich im Garten, lese in Norbert Scheuers "Winterbienen", blicke immer mal wieder (dem Gelesenen nachsinnend) in den Abendhimmel ... und bemerke, wie überraschend schnell das Wolkenbild sich verändert hat, nach nur wenigen Minuten. - Und während ich diese Zeilen schrieb, sind nun deutliche Rosatöne hinzugekommen und alles streifiger, während zuvor eher wie fliegende Taubenfedern ...
Herzlich wie stets Michael Denhoff
Mo., 24. Aug., 16:25 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
bevor andere als meine Augen ihn zu sehen bekommen (und Ihre werden die ersten sein), muß der Text jetzt erst einmal gut abhängen, um anschließend noch einmal durchgesehen zu werden. Will sagen, daß ich fürs erste fertig bin mit dem Geschriebenen und gespannt, ob es in einer Woche dem kritischen Auge standhält. (In die Tonne gekloppt habe ich ihn ja nicht, was schon mal ein gutes Zeichen ist.)
Ja, das sind feine Zuspiele in diesem "Gespräch unter Geistesverwandten" gewesen in dieser Zeit, ein Glück, daß das so gelaufen ist.
Danke auch für die Information zum kommenden WORTKLANGRAUM. Acht Veranstaltungen pro Jahr seit 2008. Das kann ich nur von Herzen gratulieren. Ich darf also annehmen, daß regelmäßig Menschen kommen, um das zu erleben. Gibt es einen festen Stamm? Kommen immer wieder auch Ersthörer hinzu? Ist die Bonner Literaturszene interessiert (es gibt ja eine ganze Reihe ansprechender Lyriker)? Mir ist bei meinen Lesungen in Bonn 2013/14 aufgefallen, daß diese dort so gut wie gar nicht in Erscheinung trat.
Herzliche Grüße Theo Breuer
Mo., 24. Aug., 22:45 Uhr
.. ja, ein gutes Zeichen, lieber Theo Breuer, daß dieser Text nicht in der Tonne gelandet ist! - (ich habe vor Jahren sogar mal was wieder aus der Tonne herausgeholt ... und nach leichter Änderung war's dann plötzlich doch ein kleines feines Stückchen ...) Sie mögen sich vorstellen, wie gespannt ich bin, vielleicht zu den ersten Lesern gehören zu dürfen!
Ja, der WKR läuft schon lange, macht viel Arbeit, macht viel Freude und hat mit den Jahren natürlich einen größeren "Fankreis" gewonnen, von dem natürlich nicht jeder bei jedem Abend dabei ist; dafür stoßen immer wieder (auch überraschende) weitere Neugierige dazu, die den allermeisten Fällen so begeistert sind, daß sie sich fragen, warum sie das Format bisher übersehen haben. Mit den Schriftstellern/Dichtern in Bonn ist es wohl so wie oft hier, die eigenen Töchter+Söhne werden von den offiziellen Seiten oft nicht gesehen oder ignoriert (man will schließlich international, nicht lokal sein!) Aber es gibt ein paar ganz gute Buchhandlungen, die z.T. wirklich schöne Lesungen veranstalten. Meine favorisierte ist die Buchhandlung Böttger (dessen Inhaber mir zwar etwas eitel zu sein scheint, der aber Norbert Scheuer hier schon vorgestellt hat. Aber Ihren Namen kannte er bisher nicht, wurde aber nach alledem, was ich ihm über Sie erzählte doch sehr neugierig ... und wird sich hoffentlich bereits etwas schlauer gemacht haben.) Die "Winterbienen" haben mich in der Tat beeindruckt (bin fast durch) ... und immer wieder "schmökere" ich in Ihren Gedichtbänden (zum 3. oder 4. Mal) und habe immer wieder Freude an so Vielem, nicht zuletzt auch an dem ungemeinen Sprachwitz (und ja auch oft dezenten Verweisen) ... wie oft habe ich schon schmunzeln/lachen müssen! - eine wirklich geistige Erfrischung, die ich gar nicht mehr missen möchte!
In diesem Sinne herzlich wie immer Michael Denhoff
Di., 25. Aug., 10:34 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
nachdem ich gestern keinen Blick auf den Text geworfen habe, fielen mir eben zwei ganz, ganz wichtige Wörter ein/zu (die ich in mayröckerschem Kontext vor zwei Wochen las), die an entsprechender Stelle förmlich danach schrien, dort eingesetzt zu werden. Was für eine Verdichtung, denke ich jetzt und jubiliere. Und nun ist das natürlich auch so, daß ich denke: Ohne diese beiden Wörter wäre das Ganze ja nichts, gar nichts! Es kommt eben auf jedes einzelne Wort, auf jede einzelne Silbe, auf jeden Buchstaben, auf jedes Zeichen an. (Und auf all das, was man bewußt nicht einfügt, all die Wortblasen, von denen ich mir wünsche, daß der Leser sie wie selbstverständlich füllt: So stecken hinter vielen Wörtern weitere - oft sich reimende - Wörter, die mit unsichtbarer Tinte geschrieben sind.
Geduld, Geduld, Geduld! Diese geht vielen Literaten und Machern grundsätzlich ab, und so könnte auch der von mir so gepriesene Roman "Winterbienen" stellenweise noch besser sein, wenn man sich noch ein paar Monate Zeit gelassen hätte. (Kleine Dinge, gewiß, aber Scheuer war dennoch ziemlich zerknirscht, als ich ihn auf ein paar Stellen hinwies.) Aber so funktioniert der Betrieb schon lange nicht mehr. Es geht um Termine, Preise usw. usw. Autoren müssen sich vorkommen wie der vernünftig fahrende Autofahrer, der permanent von hinten gedrängelt wird. Das ist Nötigung! Und die kann Literatur nun gar nicht gebrauchen!
Da habe ich nie mitgemacht, und meine spröde eigene Art ist wohl auch ein Grund dafür, daß ich im 'offiziellen' Betrieb nicht / kaum wahrgenommen werde; daß man meine Bücher bei Böttger nicht kennt, ist symptomatisch. Denkt man dort nicht, ein besonderes Auge für Lyrik zu haben? (Meine ich, mal gehört zu haben ...) Und doch kennt man die einzige und wirklich umfassende Monographie - nicht nur Bender, Conrady, Kutsch sprachen von "repräsentativ" usw. - zur Lyrik nach 2000 "Aus dem Hinterland" dort offenbar nicht - von Gedichtbüchern u. a. ganz zu schweigen.
Damit Sie das nicht mißverstehen: Ich fühle mich so gut aufgehoben dort, wo ich am liebsten bin, nämlich im Buch, daß ich den Betrieb nicht nur nicht vermisse, sondern ja nur fernab von ihm dieses Leben führen kann, das ich auch in "Winterbienen im Urftland" beschreibe. Und ich freue mich eben um so mehr, wenn - wie im Falle Denhoff - einmal wieder ein echter Leser zu meinen Texten gefunden hat.
In Bonn habe ich viermal gelesen: einmal 1995 und 2014 dreimal. Es waren lauter schöne Veranstaltungen, die ich in guter Erinnerung habe.
Jetzt aber fix zu Joseph O'Neill, "The Dog", nachdem ich in der Nacht Anita Brookners "Lewis Percy" zu Ende las und bevor neue Sendungen mit Ulrike Draesners neuem Roman "Schwitters" sowie drei weitere Bücher zu Celan eintreffen. Es ist ein immerwährendes Baden in den schäumenden Wortwassern.
Herzlich: Theo Breuer
PS Habe mich dieser Tage lange mit Ihrer Website befaßt. Große Klasse! Und eine tiefe Verbeugung vor dieser Lebensleistung!
Di., 25. Aug., 23:23 Uhr
Lieber Theo Breuer,
mit der Geduld ist es in der Tat so eine Sache ... das Sich-Zeit-Nehmen ist wohl eine Disziplin, die in unserer immer irrsinniger sich beschleunigenden Gegenwart auszusterben scheint, und damit auch ein tiefergreifendes Einsteigen und umfassenderes Verständnis von jeglicher Art von Kunst verhindert; aber selbst für schlichte Sachverhalte und Gegebenheiten, die eigentlich ein Abwägen erfordern, wäre es gut, sich mehr Zeit gönnen zu können. Alle rennen gehetzt & innerlich gestresst dem vermeintlichen Geschäft (oder einem potentiellem Gewinn) hinterher, und bemerken nicht, daß sie darüber das Wesentliche unserer Existenz ausblenden oder gar vergessen. Auch dem versucht meine Reihe WKR etwas entgegenzusetzen: einen (geistigen / geistlichen?) Raum zu schaffen / anzubieten, der einen - weil nicht kommerziell orientiert - auch mal "anstrengen" kann bei der konzentrierten Wahrnehmung, dafür aber im glücklichsten Fall mit unerwarteten Erkenntnissen belohnen kann!
Sie scheinen diese Geduld mit sich selber (... und wohl auch mit Anderen/Anderem) zu besitzen ... und natürlich zudem das gerüttelt Maß an Selbstkritik, ohne die ohnehin kaum Gescheites entstehen kann. Ich kenne dies vor allem von einem meinem Kollegen & Freund György Kurtág, dem mittlerweile 94-jährigen ungarischen Komponisten, der soweit eben möglich eine gedruckte Ausgabe hinauszögert, weil er immer in seiner skrupelhaften Art das Gefühl hat, noch nicht fertig zu sein, immer wieder Kleinigkeiten ändert, sodaß ich mir angewöhnt hatte, ihn immer wieder anzurufen - wenn ich eines seiner Werke erneut spielte -, ob sich noch etwas im Notentext geändert habe.
Übrigens noch in einer anderen Hinsicht erinnert mich Ihre Arbeit an die von György: so wie ich in jedem Moment des Lesens ihrer Bücher spüre, wie da das ganze literarische Universum der Weltliteratur mitschwingt & unterirdisch gegenwärtig ist, spürt man auch in jeder Note bei ihm, daß dort das ganze musikalische Universum und die tiefe Wertschätzung für all die Meisterwerke der Vergangenheit anwesend ist (Deshalb die vielen Hommages und Messages - wie übrigens auch bei mir.). Eine scheinbare Banalität wie eine absteigende Tonfolge (ein gängiger Topos in der Musik!) erlebt man bei ihm so, als verstehe man erst jetzt, was eine absteigende Skala be-deutet!
György und mich eint aber auch noch Anderes: z.B. waren wir beide als Komponisten nie Kompositionslehrer an irgendeiner Hochschule; so wie er unterrichte auch ich "nur", aber dafür mit unendlicher Leidenschaft Kammermusik, an der RSH Düsseldorf.. Mir scheint (auch wegen Ihrer Herausgeberschaft) Ihre besondere Beziehung zu Hans Bender eine ähnliche zu sein, wie für mich in musikalischer Hinsicht die zu György Kurtág, sogar bei fast gleichem Altersunterschied!
Diese spontanen Gedanken an dieser Stelle, wo ich soeben Ihre heutige Nachricht fand. Herzlich & auf sicherlich bal wieder Ihr Michael Denhoff
PS das Ehepaar Kurtág spielt seine Bach-Transkription, eine Aufnahme aus Budapest, da waren beide 90 Jahre alt (Marta ist im vergangenen Jahr gestorben)!; jedesmal bekam ich eine Gänsehaut, wenn ich den beiden live zuhörte! : https://www.youtube.com/watch?v=Z8lTh58jhA8
Mi., 26. Aug., 17:41 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
ich habe die Bach-Transkription gleich heute morgen gehört, vielen Dank für diesen weiteren Hinweis, der mir wieder wunderbare Minuten geschenkt hat.
Und vielen Dank für die weiteren guten Worte!
Gestern und heute waren noch einmal arbeitsreiche Tage, was den neuen Text angeht. Sie werden auch diesen Moment der Krise kennen, in dem das Ganze oder ein Teil total in Frage gestellt wird. Bei der weiteren Überarbeitung gestern war das plötzlich der Fall. Wie im anderen Leben brauchen wir auch hier diese kritischen Augenblicke, um wahrhaftig weiterzukommen. Gestern morgen konnte ich nicht davon ausgehen, daß an entscheidenden Stellen solche Verdichtungen möglich sein würden. Sie müssen ja irgendwo herkommen! Ja, im Dunklen müssen sie sich lösen können, es ist wie im Steinbruch arbeiten, arbeiten, arbeiten ...
Ich tue das ja in erster Linie für mich. Natürlich in diesem Fall auch für Paul Celan, mit dem ich seit Monaten im immerwährenden Dialog stehe. Hinzu kommt das Zwiegespräch mit der Musik, die Sie mir buchstäblich geschenkt haben. Aber Publikation ist dann doch sekundär, unwesentlich. Für mich ist die Publikation eine gute Form der Ablage. Und wenn sich dann tatsächlich ein paar Leser finden, ist das - natürlich, klar - eine feine Sache. Der Leser tritt mit dem Text in Dialog und so auch mit mir, auch wenn ich das in den meisten Fällen nie erfahre. Aber nach Ihnen hat unser Sohn ebenfalls Interesse angemeldet. (Unsere Tochter hat bereits die Fassung von Ende letzter Woche gelesen, es gab einen biographisch-privaten Grund, sie das vorzeitig lesen zu lassen.)
Herzliche Grüße Theo Breuer
Mi., 26. Aug., 21:55 Uhr
--- jajaja, ganz richtig, lieber Theo Breuer, so ist es / sollte es sein! Das sehe ich genauso! Wenn der innere Antrieb, etwas auf's Papier / Leinwand / etc. zu bringen nicht zunächst ganz allein diesem Antrieb folgt, ist man schon verloren. Es gibt zu Genüge diese Art "Kunstwerke", bei denen man sofort spürt, hier wurde/wird etwas für den Markt produziert, etwas, was das Publikum oder der Mainstream erwartet. Diese Arbeiten könnte man eigentlich sofort in die besagt-berühmte "Tonne" kloppen ...
Ich dachte mir, daß Sie an den Bach-Transkriptionen von György Freude haben werden. Eigentlich suchte ich zunächst einen Konzertmitschnitt aus Paris (oder war es Salzburg?), wo beide so herzzerreißend und anrührend spielten, daß man sich dem nur völlig geplättet von solcher Innigkeit bedingungslos hingeben muß. Leider scheint das Video auf YouTube verschwunden.
Natürlich kann ich allerbestens nachfühlen, wie Sie nun um die Endfassung Ihres kleinen Celan-Essays ringen ... (arbeiten, arbeiten, arbeiten ....aber ich bin sicher, es ist kein Steinbruch ... wird vielmehr letztlich zu einem wertvollen Edelstein geschliffen!) - Was Sie über den Dialog mit den unsichtbaren Lesern Ihrer publizierten Bücher schreiben, gilt natürlich auch gleichermaßen für meine Zuhörer: dieser Dialog bleibt in den meisten Fällen ein anonymer. Dennoch freut einen dann doch, wenn von wo und wem auch immer, eine wie auch immer positive Resonanz eintrifft, wie z.B. die Ihre schon so oft!
A propos: auch ich hatte zwei arbeitsreiche Tage, weil man mich in buchstäblich letzter Minute bat, noch einen Text für eine Publikation zu liefern, wenn möglich irgendwie zur Reihe WKR. So habe ich dem Herausgeber des geplanten Buches gerade meinen eben gerade fertig gewordenen Text zugeschickt. Da es keine neue Komposition, sondern nur ein kleiner Aufsatz / Bericht ist, hänge ich Ihnen das mal zur Lektüre an (auch wenn ich möglicherweise noch Kleinigkeiten ändere, bevor es mir der Herausgeber zur letzten Korrektur vor dem Druck nochmals vorlegen wird); vielleicht haben Sie ja ein bißchen Freude, etwas darüber zu erfahren, was mich bei meiner Reihe antreibt ...
Ich werde nun - nach intensiver Arbeit - eine gute Flasche Wein öffnen, mir eine Pfeife anzünden ... und vielleicht später noch das Buch von Birk Meinhardt (ehemals für die SZ arbeitend) "Wie ich meine Zeitung verlor" zu lesen beginnen. Es soll angeblich eine Abrechnung mit dem Untergang des freien & kritischen Journalismus sein (... was ich in diesen besonderen Zeiten zunehmend auch beobachte & beklage: es gibt fast nur noch Haltungs-Journalismus, und alle folgen blind & hirnlos dem Mainstream!
Herzliche Grüße wie stets natürlich Michael Denhoff
Sa., 29. Aug. 2020 , 17:27 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
in diesen Tagen ist viel von einer zweiten Welle die Rede, und genau eine solche hat die Schreibarbeit seit Tagen nun erfaßt, nachdem ich am Dienstag zwei Wörter eingefügt hatte ... Den Fortgang hatte ich ja schon beschrieben, aber daß es noch tagelang weitergehen würde, damit hatte ich nicht rechnen dürfen. Jetzt scheint die Welle abzuebben, und man wird sehen, was aber bleibet ...
Die Bach-Variationen habe ich heute zum fünften Mal gehört, jetzt sind sie schon ein Teil von mir ...
Trotz zweiter Arbeitswelle habe ich mit Vergnügen Ihren schönen - reichhaltigen - Text gelesen, zu dem ich gratuliere!
Herzliche Grüße Theo Breuer
Sa., 29. Aug. 2020, 22:47 Uhr
... die angebliche zweite Welle wurde/wird herbeigeredet, und die steigenden Zahlen positiv Getesteter (nicht Erkrankter!) ist nur Ergebnis der so überproportional gestiegenen Tests (einem Test, dessen Aussagekraft von vielen ernstzunehmenden Fachleuten durchaus in Frage gestellt wird, nicht allein, weil nicht validiert). Die Sterbezahlen (und die sagen vielmehr aus über den Zustand oder die Gefährlichkeit einer sog. Epidemie//Pandemie) sind seit Monaten gleichbleibend niedrig & geradezu marginal bei doch ohnehin täglich ganz normal ca. 2500 Sterbenden in Deutschland. So leicht laß ich mich nicht blenden ... auch aktuell nicht bei dem, was mir in den sog. Leitmedien über die Berliner Demo berichtet wird und das, was ich bei den diversen Livestreams vor Ort auf YouTube sah. - Aber diese immer groteskere (um nicht zu sagen kafkaeske!) Situation in unserem Land ist eher unerfreulich - und ich will mein Kommentieren hier gleich wieder beenden.
Hingegen umso erfreulicher, was Sie, lieber Theo Breuer, über Ihre "zweite" schöpferische Welle berichten! Solche schöpferischen Schübe sind doch ein gutes Zeichen, da reift etwas beim "Gärungsprozeß" weiter ... Ich bin - was das zu schreibende Sextett angeht - leider immer noch nicht einmal in einer "ersten Welle"; mehr ist es noch ein gelegentliches Stochern im Nebel.
Dafür habe ich grad begonnen, mir nach längerer Pause einmal wieder den Livemitschnitt aus Mailand anzuhören von György Kurtágs Oper "Fin de Partie" (Beckett); ich bin damals extra nach Mailand in die Scala "gepilgert", um bei der Uraufführung dabeizusein ... und habe Martá & György noch in der Nacht von meinen ganz frischen Eindrücken berichtet. (beide konnten aus Gesundheits- & Altergründen nicht mehr anreisen)
Das konzentrierte Zuhören erlaubt doch kein gleichzeitiges Weiterschreiben hier ... So herzlichst & auf sicherlich bald wieder Michael Denhoff Fr., 4. Sept. 2020, 12.01 Uhr
Lieber The Breuer,
nun war vorgestern der erst WKR-Abend nach der üblichen Sommerpause ... also ist nun die Zeit vor dem nächsten Abend, und so stöbere ich wieder in meiner Bibliothek um geeignete Texte zu finden (diesmal zum Motto "monumental"). Gerne hätte ich wieder einen Breuer dabei! - und da denke ich derzeit an "here is the good news ..." aus dem "gewonnenen Alphabet"; paßt auch (mal wieder) zur derzeitigen monumentalen / globalen Krise ... Oder möchten Sie selbst lieber noch anderes (mir noch Unbekanntes) vorschlagen? (muß natürlich sehen, wie das in den musikalischen dramaturgischen Verlauf sich eingliedern könnte.) dies mit einem herzlichen Gruß zwischendurch Michael Denhoff
PS und wie geht's dem Celan-Text mittlerweile?
Fr., 4. Sept. 2020, 15.53 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
in der Anrede haben Sie, o, o, o, das 'o' bei 'Theo' vergessen. Dem Herausgeber der Lyrikzeitung ist das auch einmal passiert, und er hat es (mit einer Fußnote) so stehen lassen. Das war um 2007/08. In den folgenden Jahren hieß ich in der Lyrikwelt flächendeckend "The Breuer". Nun greifen Sie die Formel nach Jahren wieder auf! Schön!
Würde ich ihn Bonn leben, käme ich mehr oder weniger jedes Mal zum WKR. Ich vermisse die Kultur arg. (Ja, ja, ich weiß: Man kann nicht alles haben. --- Ich will aber alles!!!)
Ihrer Gedichtauswahl schließe ich mich gern an - und freue mich! Das Gedicht hat einen rasanten Rhythmus, da geht's flott den Abhang runter.
Ich hänge aber noch ein neues, Anfang 2020 geschriebenes Gedicht an, das womöglich auch gut paßt.
Sobald der Text aus meiner Sicht zu Ende geschrieben sein wird, schicken ich ihn Ihnen als erstem Leser. Ich habe - bis auf drei Tage Unterbrechung in Berzdorf - täglich weiter daran gearbeitet, mal mit Musik und/oder Celanstimme im Hintergrund, mal ohne. (Nicht zu vergessen die Bücher, die weiterhin das Schreiben begleiten, ich habe allein in diesem Jahr rund 50 Bücher gelesen, die auf ihre Weise - mehr oder weniger / ausschließlich - mit Celan zu tun haben, 30 von ihnen sind in einem 'Gedicht' Teil des Ganzen - ein ungelesenes Buch gehört auch dazu, das von Rolf Schroers, das ich wohl erst nach Fertigstellung des Texts werde lesen können - wann???) Ich bin sehr froh, daß diese Verdichtungen möglich waren. Auch diese Hommage muß ja voll und ganz von The Breuer sein, sonst ist das alles ja --- nichts.
Herzliche Grüße Theo Breuer
Sa., 5. Sept. 2020, 01.00 Uhr
O Theo ... Breuer, hiermit liefere ich das fehlende O reumutig nach ... obwohl: für mich sind Sie ohnehin (nichts wissend von der alten Geschichte) "the Breuer", der Breuer (es gibt eben keinen anderen Breuer!) - es hat etwas schon schön Ausschließliches / Einzigartiges, Und der freundlicherweise noch recht frische (heute übermittelte) Text ist nicht ohne Chance, eventuell auch im kommenden WKR einen Platz zu finden ... ich kenne eines der vorgesehenen (von seiten des Pianisten vorgeschlagenen) Musikstücke mit Elektronik noch nicht, warte auf eine Klangprobe; dann sehen wir weiter ----- Jedenfalls vielen vielen Dank! - wie immer mit größten Vergnügen mir selbst laut vorgelesen! - Komme grad aus einem Beethovenabend im Konzertsaal des Bonner Beethovenhauses (für den meine Frau zuständig ist) mit dem fantastischen Evgeni Koroliov, dessen Goldberg-Variationen-Interpretation aus meiner Sicht übrigens das Allerbeste seit Glenn Goulds legendärer letzter Aufnahme ist! - etwas für die berühmt berüchtigte einsame Insel. Hiermit einen herzlichen Gruß in die Nacht, Ihr Michael Denhoff
Sa., 5. Sept. 2020, 09.19 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
in reumütig steckt ja auch breumütig, und so kommen wir der Sache immer näher!
Mit dem neuen Gedicht eilt es ja nicht: Es paßt wohl in so manchen Kontext. Und das von Ihnen ausgewählte ist ja schon sehr passend.
Ich schreibe gern, daß ich Sie beneide um die Nähe zur Kultur, die ich so vermisse. Wenn man Bonn und Köln zusammennimmt, darf man wohl von Reichhaltigkeit und Weltniveau sprechen. Und ich bin seit Jahren nicht mehr in der Lage, die nötige Mobilität aufzubringen. (Dafür habe ich hier die besonders gute Luft, das herrliche Wasser, die Wälder, die Wiesen, die Blicke in die Ferne, das geräumige Landhaus mit tausend Quadratmetern parkähnlichem Garten ... : ABER, es klingt lieblos, was so nicht gemeint ist, ich würde all das gern eintauschen und in der Stadt leben wie in früheren Jahren in Wuppertal bzw. Köln. Wie ich schon schrieb, man kann eben doch nicht alles haben ...)
Theo Breuer
Sa., 5. Sept. 2020, 10.04 Uhr
...
in breuerscher
Wortschöpfungs-Manier war mein „reumutig“ kein Schreibfehler ... aber ja: wir
kommen der Sache immer näher, lieber Theo Breuer!
Sa., 5. Sept. 2020, 13.34 Uhr
Nun also, lieber Michael Denhoff, Asche auf mein Haupt!
—- Na ja, paradiesisch ist ein großes Wort, vieles ist gut, vieles okay,
manches schwer erträglich. Aber lassen wir das, seit Jahren sehne ich mich
hier weg und weiß doch, daß es recht unwahrscheinlich ist, diesen Wunsch
erfüllt zu sehen.
Sa., 5. Sept. 2020, 22.39 Uhr
Lieber Theo Breuer,
wir wissen ja, das Gras des Nachbarn ist immer grüner als das in unserem eigenen Garten. So beneiden wir uns beide und sind doch (hoffentlich) halbwegs glücklich, wie es nun ist. - sonst hätte man ja jede Gelegenheit gesucht, dies zu ändern; oder ?! Übrigens können Sie (ohne physisch dabei gewesen zu sein) eine ganze Reihe WKR-Abende im Netz finden, so auch den letzten über: https://www.youtube.com/watch?v=Lgf4wJVndK0 (der Livestream bleibt online). Bei der Suche nach geeigneten Texten für den kommenden Abend "stolperte" ich heute zufällig mal wieder in meiner Bibliothek über die Gedichte von Werner Lutz, mit dem ich mal kurz korrespondierte, weil wir seinerzeit etwas von ihm auf Haikuscope veröffentlichen wollten. Ich habe mich dort fest-gelesen (und die eigentliche Suche war vergessen!) und war ein erneutes Mal wieder verzaubert von seinen klaren, einfachen, bescheidenen und so innigen Wahrnehmungen! - und dann schweifte ich weiter zu Judith Zander, einer noch recht jungen Autorin, die ich vor ein paar Jahren mal zufällig in Karlsruhe bei einer kleinen Lesung traf. ---- ach ja, man (oder ehrlicher gesagt: ich) müßte mindest zwei Leben haben: in einem würde ich nur Musik hören und studieren (& gelegentlich komponieren) , im anderen Buch für Buch lesen, so wie Sie es immerhin als einer der Idealzustände schon erreicht zu haben scheinen! Ja, auch ich will haben, was unmöglich ist!
Herzlich nochmals Michael Denhoff
PS ... über die neue Mailadresse erweiterte sich zudem mein Blick auf das, was Sie so alles betreiben: sogar Wikipedia hat einen Artikel über die Edition YE! Hut ab!
So., 6. Sept. 2020, 09.39 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
wer behauptet, er hätte grüneres Gras als wir in unserem Garten, der lügt! Also!
Glückliche Momente ja, die gibt es, hat es millionenfach gegeben: Gestern war es ein Reimpaar, das ich mir erarbeiten konnte, sowie die urplötzlich wie eine Blüte aufplatzende Erinnerung, daß Paul Celan Friederike Mayröcker 1957 in Wien aufgesucht und stundenlang mit ihr gesprochen hat. Das hat FM in ihrem 2008 erschienenen Buch Paloma festgehalten, traurig darüber, daß sie sich an konkrete Inhalte des Gesprächs nicht erinnert.
Ich habe übrigens ein unveröffentlichtes Manuskript mit Kurzgedichten, das 2019 entstanden ist. In dieser Dichte habe ich zuvor nie Kurzgedichte geschrieben. Ich stand noch unter dem starken Einfluß der Herausgabe von Benders Hinter die dunkle Tür, und sechs, sieben Monate lang konnte ich - neben der anderen Arbeit - nicht anders, als ständig an sehr kurzen Gedichten zu bosseln. Mal sehn, was draus wird.
Von Werner Lutz und Judith Zander habe ich etliche Bücher gelesen. Mit Werner Lutz stand ich eine Zeitlang ebenfalls in Kontakt.
120 Jahre alt werden, das hat Mayröcker vor vielen Jahrzehnten geäußert, und so weit weg ist sie nicht davon. Ja, zwei oder drei Leben, das wäre mal auszuprobieren ...
Ich weiß übrigens jetzt (glaube es also nicht nur), daß mein Buch Aus dem Hinterland. Lyrik nach 2000, die 2005 erschienene (über 500 Seiten umfassende) Monographie unbedingt etwas für Sie ist. Es gibt noch ein paar Exemplare, ich werde wohl mal wieder eine Büchersendung vorbereiten müssen. (Es gibt noch ein paar Sachen mehr, die ich gern in Ihren Händen sähe ...)
Die Edition YE habe ich von 1993 bis 2008 aktiv betrieben, die Idee ist zum Glück weiterhin lebendig - TB und YE sind gleichsam eins -, und für eine Schachteledition habe ich noch 25 Leerschachteln vorrätig. (Darüber sollten wir beide vielleicht einmal sprechen - wenn die Zeit reif ist.)
Herzlich: Theo Breuer
So., 6. Sept. 2020, 10.59 Uhr
Guten Morgen, lieber Theo Breuer,
das Scardanelli-Bändchen der Mayröcker hatte ich gestern auch in der Hand, hatte es im Shop des Tübinger Turmes erstanden, aber von diesen Gedichten lese ich am Tag meist nur zwei bis vier (ähnlich geht es mir auch mit Ihren Gedichten), damit der Raum, den sie öffnen, Zeit hat, sich bei mir zu entfalten ... Man kann von ihr gar nicht alles kennen / lesen: eine zutiefst irritierende Schöpferkraft scheint ihr mit auf den Weg gegeben zu sein. Man staunt, reibt sich die Augen ... und möchte glauben, sie schafft die 120. Tja, nicht nur manche Komponisten können recht alt werden! - die Mayröcker wird ja bald 96 !!! - Hans Bender hat ebenfalls fast 96 erreicht - Werner Lutz ist / wird (?) auch schon 90! - Da sind wir beide noch richtig junge Spunte. György K. wird Anfang des Jahres 95, und zu diesem Anlaß wollte ich mit meinen Studierenden an der RSH Düsseldorf ein Konzert ausrichten. Nachdem ich aber im vergangenen Semester wegen Corona zur völligen Untätigkeit gezwungen war (Kammermusik kann man selbst mit allerbester Technik nicht online unterrichten!), und bei Gesprächen dieser Tage sich herausstellte, daß man das kommende Wintersemester nur langsam wieder auf Normalbetrieb hochfährt, fürchte ich, es kann nicht - wie geplant - am 19. 2. stattfinden, muß in das SS verschoben werden, was dann mein letztes an der RSH sein soll. Was Sie über Ihre Kurzgedichte im Schatten Benders berichten, kann ich ähnlich von mir erzählen: als ich für ein Konzert in Würzburg (es war sozusagen der "Prototyp" des WKR-Formates) 2004 all meine Haiku-Bände erneut las, um einige auszusuchen, die zwischen den Sätzen von John Cages "Quartet in four parts" gelesen werden sollten [er bezieht sich auf die Jahreszeiten, deswegen spontan die Idee zu den Haiku kam], war mein poetisches Empfinden so in diese literarische Kurzform eingeschwungen, daß ich eben auch anfing, solche Dreizeiler zu schreiben ... So: nun brech ich mal auf zu einer Finissage in der Bonner GKG. Treffe dort eine der beiden Künstlerinnen; eines ihrer dort ausgestellten Bilder habe ich mir zum Erwerb reserviert.
Ihnen einen sonnigen Sonntag und Freude am grünsten Grün um Ihr Refugium herum. Herzlich wie immer Michael Denhoff
Do., 10. Sept. 2020, 01.22 Uhr
Nur schnell zur Nacht noch einen kurzen Gruß, lieber Theo Breuer. Denn nun steht endlich seit wenigen Minuten das kommende Programm der WKR-Reihe ... und ist auch hier schon einsehbar: http://www.wortklangraum.de/wortklangraum2020.htm#sechs Wie Sie bemerken werden, hat sich auch die Entscheidung für eines Ihrer Gedichte / Texte nochmals geändert gegenüber dem, was ich zuvor andeutete. - So ist es eben, wenn man nach und nach zu einer Gesamt-Dramaturgie vorzudringen sucht ... Und wie bin ich gespannt auf Ihren finalen Celan-Text !!! ----- herzlichst, Michael Denhoff
Do., 10. Sept. 2020, 09.08 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
eben, bevor ich das E-Mail-Programm öffnete, hatte ich entscheiden, den Poesiestoff am ersten Probanden zu testen. Und dann lese ich in der E-Mail: "Und wie bin ich gespannt auf Ihren finalen Celan-Text!!!"
Hier ist er also, und er ist geworden und gemacht, wie er geworden und gemacht ist, nicht mehr, nicht weniger ... (Jede Art von Kommentar und Hinweis ist unbedingt erwünscht.)
Theo Breuer
PS "Die Zehn Verbote" also, eine Wahl über die ich sehr, sehr geglückt finde. VIELEN DANK.
Do., 10. Sept. 2020, 12.07 Uhr
Lieber Theo Breuer,
welche Freude, als ich heutemorgen die Mailbox öffnete ... wie habe ich zu danken für dieses große (großartige) Wort-Gedanken-Geschenk über & zu einem uns wohl beide zutiefst berührenden Dichter !!! - (und wie bin ich an-gerührt, daß bei der Genese meine Musik eine bescheidene Rolle mitspielen durfte !) --- Mittlerweile habe ich die sieben Seiten dieser Text-Komposition (ja, ich empfinde es wie Wort-Musik, fühle, daß Sie hier fast wie ein Komponist vorgegangen sind, auch bei der typographischen "Gestaltung") schon einige Male gelesen ... und entdecke immer wieder Neues an Bezügen in den Strukturen und variativen Elementen des Denkens & Empfindens. - Aber das ist ja nicht anderes bei großer Musik: jedes erneute Hören legt wieder Unerwartetes frei, das Ohrenmerk entdeckt weitere Zusammenhänge im Ganzen! Aber dem letztlichen Geheimnis kann man sich nur wortlos nähern.
Also: erst einmal ein ganz ganz großes Kompliment! Mit Dank für das Vertrauen in mich als einem der ersten Leser und natürlich herzlichen Grüßen wie immer Ihr Michael Denhoff
PS ja, in dem nun gewählten Kontext beim kommenden WKR sind die "Zehn Verbote" optimal!
Do., 10. Sept. 2020, 12.27 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
nicht einer der ersten Leser: der erste Leser! (Unsere Tochter Anna las eine sehr frühe Version, die bei weitem nicht mit der Endfassung zu vergleichen ist, sie freut sich auch schon auf diese, ebenso wie unser Sohn Andreas, der noch nichts davon gesehen hat.)
Ich habe längst feststellen dürfen, daß Sie ein Idealleser meiner literarischen Texte sind, und das zeigt sich bei Ihrer Rezeption von nicht weniger nicht mehr in ganz besonderem Maße! Denn ja, ich konnte nicht anders als einen Text komponieren: Das, was sich im Hintergrund abspielte (Denhoff/Celan) mußte ja einen Einfluß nehmen auf die Schreibarbeit. Und meine Hoffnung, daß das Ganze in Ihren Ohren klingt wie in meinen, hat sich erfüllt, das ist wunderbar.
Von wegen "bescheidene Rolle": eine Rolle! Ohne die Musik wäre der Text nicht geworden. (Nicht auszudenken!)
Ich bin unendlich dankbar, daß dieses Stück - diese Hommage à Celan - gelingen konnte. Aus Sicht des Literaten TB (der ja gleichermaßen Leser und Schreiber ist) ist dieser Text die herausragende Sache des Jahres 2020.
Und daß dieser Text bei Ihnen so ankommt, das ist naturgemäß eine große, große Freude, für die ich ebenfalls sehr dankbar bin.
Ich habe an diesem Stück vom 2. August bis zum 9. September gearbeitet - nach monatelangem Grübeln, das stets einen Essay als Form umkreiste. Jetzt ist es etwas ganz anderes geworden, ein Gedicht in 7 Teilen, von denen mehrere wohl auch als eigenständige Gedichte standhalten. Aber es ist in erster Linie dieses Ganze - nicht weniger nicht mehr - um das es mir geht.
Herzlich: Theo Breuer
Do., 10. Sept. 2020, 21.23 Uhr
Lieber Theo Breuer,
jajaja: dieser Text ist sicherlich die herausragende Sache des Jahres 2020 was Celan betrifft !!! - da dürfen Sie als Autor durchaus so unbescheiden (und auch zufrieden mit sich selbst) sein, wie ich finde, denn: wer so viel an Literatur kennt & schätzt (und vor allem weiß, warum), wie Sie, der hat dann bei aller vorhandenen Selbstkritik auch ein gutes Gespür für Qualitäten bei dem, was den eigenen Schreibtisch verläßt. - Ich denke, Ihnen ist sogar etwas gänzlich Neues in der Literatur gelungen, eine neuartige Gattung, für die es noch keine Bezeichnung gibt (... ich noch keine weiß). Vielleicht muß / wird es etwas Einmaliges bleiben wie etwa auch Mallarmés UN COUP DE DÉS (...auch so eine Text-Partitur, die mich seinerzeit sehr inspiriert hat! --- ich merke: ich sollte Ihnen auch einmal meinen abendfüllenden Mallarmé-Zyklus zuschicken. Sie werden der richtige Zuhörer dafür sein!) In jedem Fall handelt es sich um etwas eindeutig Herausragendes unter all den ansonsten oftmals auch bemerkenswerten Büchern und Texten / Abhandlungen über Celan und seine Dichtung. Aber hier ist eine Kunstform dabei entstanden! - Sie merken: meine Begeisterung hat sich noch vertieft. Denn trotz Unterrichtens den ganzen Nachmittag, habe ich die sieben Seiten erneut zweifach gelesen ... und hätte noch viel mehr zu sagen, aber es spränge solch eine Mail wie diese. Vielleicht bei Gelegenheit, wenn wir uns mal persönlich treffen können und beide den Text in Händen haben ... Nochmals herzlichsten Dank für das Glück, solch ein erster Leser sein zu dürfen!
Es grüßt in tiefer Verbundenheit Michael Denhoff
Do., 10. Sept. 2020, 21.39 Uhr
... ich schicke Ihnen als Nachtrag mal meine Textzusammenstellung für den kommenden WKR-Abend am 7. Oktober, bei dem ja auch ein Breuer wieder prominent vertreten sein wird. Da ich für den Schauspieler alles einheitlich (via OCR) eingelesen habe (was immer auch mit Korrekturlesen einhergeht, weil die Software nie ganz perfekt arbeitet), damit er nicht aus diversen Kopien lesen muß, auch mit der Bitte, zu kontrollieren, ob bei den zehn verboten alles so stimmt.
Nochmals einen Gruß, MD
Fr., 11. Sept. 2020, 08.17 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
o, o, o, ein kleines - großes, riesiges! - Mißverständnis: Ich meinte das mit der "herausragenden Sache" ganz für mich persönlich, das hatte zunächst nichts mit der Qualität des Texts im Vergleich mit den gelesenen Büchern zu tun. Das waren ja nun großartige Erlebnisse, wenn ich allein an Celans dicken Briefband denke ... Wie hätte ich es besser ausdrücken können? Mein herausragendes Ereignis? Jedenfalls gebe ich denen, die mir etwas gegeben haben, immer gern etwas zurück, und in diesem Fall sind das ja in erster Linie Paul Celan, sodann Michael Denhoff und schließlich all die anderen Autoren, deren Bücher diesen Text ja erst möglich gemacht haben, nicht zu vergessen die zahlreichen nicht benannten Autoren mit z. T. großartigen - erhellenden - Aufsätzen (Z. B. Marcel Beyer). Und gerade weil es in diesem Jahr zu dieser so intensiven Celan-Begegnung kam mit all den verschiedenen Büchern, wollte ich unbedingt etwas zurückgeben. (Auch wenn die Öffentlichkeit das so gut wie gar nicht mitbekommen wird.)
Ich bin zwar durchaus unbescheiden in der Hinsicht, daß ich mit meinen Texten genauso sachlich umzugehen versuche wie mit allen anderen, aber die Beurteilung, die Sie ja nun vornehmen, überlasse ich eben doch Ihnen und weiteren Lesern!
Ich bitte also um Vergebung.
Und freue mich über weitere Worte via E-Mail (natürlich nur, wenn Sie Lust dazu haben, BITTE fühlen Sie sich bloß nicht gedrängt!, da ich ein persönliches Treffen zur Zeit einfach noch nicht sehe. Ich lebe seit vielen Jahren extrem zurückgezogen, und in dieser Zeit hat sich das noch verstärkt. (Das hat, das will ich als Erklärung am Rande liefern, mit der chronischen psychischen Erkrankung zu tun, die mich seit bald 20 Jahren treu begleitet und in der die Angststörung ein gewichtiger Faktor ist. Mit manchem habe ich zu leben gelernt, die Angststörung macht sich allerdings am laufenden Band selbständig, da kann ich machen, was ich will ...)
Heute morgen muß ich mich banalen Dingen wie TÜV und Rasenmähereparatur zuwenden. Später werde ich mich noch einmal konzentriert mit den guten Worten unten befassen!
Vielen Dank für alles, was bislang geschah!
Theo Breuer
Fr., 11. Sept. 2020, 11.11 Uhr
Nur kurz zwischendurch, lieber Theo Breuer, ein Miß-verständnis (?) - wenn, dann ein von mir so gewolltes ! Gewollt vor allem die Heraushebung dieser so besonderen Ehrung von Celan, die in dieser Art ihresgleichen sucht ! Herzlich & später mehr Michael Denhoff
Fr., 11. Sept. 2020, 11.21 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
an einer Stelle stand ein 'i' statt eines 'l', ich glaube, es war bei 'gefallen'.
Ansonsten habe ich die Zahlen vergrößert und die Klammerzeichen entsprechend meiner heutigen Art gesetzt, aber das spielt fürs Vorlesen wohl kaum eine Rolle.
Alles bestens also!
Wie immer wohl eine wunderbare Zusammenstellung der Texte!
Theo Breuer
Fr., 11. Sept. 2020, 11.26 Uhr
PS Und nicht nur, weil Sie einer der ganz wenigen Idealleser meiner Texte - zumal bei diesem, denn wer kennt heute noch Gedichte von Paul Celan (außer dem einen --- vielleicht ....) -, sondern ein Leser sind, der sich in der Weltlyrik auskennt. Daß dieser Text nun UN COUP DE DES in Erinnerung ruft, nun ja ... (WOW.)
Fr., 11. Sept. 2020, 12.36 Uhr
Nun: lieber Theo Breuer, natürlich ist UN COUP DE DÉS eine völlig andere Sache! - aber: was ich meinte ist die so ähnlich & grundsätzlich singuläre Gestalt in der Poetik. Vielleicht interessiert Sie mein Text zu Mallarmé: http://www.denhoff.de/unterfangenhoeren.htm (die CD ist bereits auf dem Weg zu Ihnen) Ich hoffe natürlich, dieser wirklich beeindruckende neue Text von Ihnen findet viele geneigte Leser! Und wenn Sie sagten, Ihr Verleger vom Pop-Verlag würde am liebsten jedes Jahr ein Buch mit Ihnen machen, so sehe ich doch eine Chance dafür ... Ich würde Ihr Groß-Poem gerne an gute Freunde weiterreichen, darunter auch Schriftsteller wie etwa Michael Donhauser, Tina Stroheker, Richard Nöbel, oder auch an Kollegen wie Walter Zimmermann, der ebenfalls als Komponist auch ein "Bücherwurm" ist; dies aber natürlich nur, wenn Sie dies erlaubten!
Dank auch für die nochmalige Durchsicht der Zehn Verbote bei meiner Zusammenstellung (das mit dem i statt l hatte ich nächtens bei einer eigenen weiteren Durchsicht schon bemerkt).
Ich habe heute diverses zu erledigen; u.a. fahre ich auch nach Hürth, um dort eine vierkanalige Version eines meiner Fünf Klangstücke erstmals kontrollierend abzuhören, die mir ein holländischer Freund & Kollege aus der Stereo-Fassung erstellt hat. Jetzt im Herbst werden alle fünf Klangstücke bei einem kleinen jungen Label auf CD erscheinen. Da bekommen Sie - wenn es soweit ist - selbstverständlich ein Ehrenexemplar! Drei der Stücke sind übrigens bereits (mit optischer Gestaltung) auf YouTube zu hören: Nr. 3 https://www.youtube.com/watch?v=9aoMLDFt4B4 Nr. 4 https://www.youtube.com/watch?v=Lnq32cB3d_s Nr. 5 https://www.youtube.com/watch?v=hhz239GWDo0
Dies für den Moment mit herzlichen Grüßen Michael Denhoff
Fr., 11. Sept. 2020, 14.37 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
keine Sorge, ich hatte das mit Mallarmé COUP schon richtig verstanden. (TB: selbstbewußt ja, größenwahnsinnig nein.)
Weiterreichen gern, aber warten wir erst einmal bis November und entscheiden dann, in welcher Form das geschehen kann. Am 23. November ist der 100. Geburtstag Paul Celans, und heute gehe ich davon aus, daß nicht weniger nicht mehr in der im November erscheinenden Matrix erscheint.
Donhauser und Stroheker kenne ich übrigens als Autoren gut, habe von beiden etliche Bücher gelesen, und es gab auch schon mehrfach Korrespondenz. (Donhauser ist in der von mir herausgegebenen Mayröcker-Matrix, Stroheker in der Bender-Matrix.)
Ich habe auch schon über ein kleines Gedichtbuch nachgedacht, aber ich weiß nicht ... Es ist grundsätzlich nicht empfehlenswert, Bücher in schneller Folge zu publizieren, und 2019 waren es deren zwei ... Zudem weiß ich nicht, ob die Kurzgedichte und nicht weniger nicht mehr gut zusammengehen.
Alles, was ich weiß, daß im Augenblick noch alles offen ist. Der Text ist ja auch gerade mal fertig geworden, und es schadet nicht, ihn noch einige Zeit 'abhängen' zu lassen, bevor er sich in die Öffentlichkeit begibt.
Diese Korrespondenz ist jedenfalls hilfreich, was Entscheidungen angeht, die demnächst zu treffen sind.
Freude also über alles, was da geschieht, und Vorfreude auf das, was der Postbote bald einwerfen wird!
Danke für alles und herzliche Grüße Theo Breuer
Sa., 12. Sept. 2020, 00.22 Uhr
Nun bin ich zurück, lieber Theo Breuer, und noch kurz ein paar Zeilen. Dann warte ich noch mit dem Weiterreichen Ihres Celan-Textes, bis Sie selber das Gefühl haben, nun dürfen auch andere das lesen. Wie schön, daß Sie auch mit Michael Donhauser & Tina Stroheker Kontakt hatten! So unterschiedlich beide sind: ich schätze beider literarischen Stimmen. Tina hat Hans Bender (wie ich) während unserer gemeinsamen Zeit in der Villa Massimo kennengelernt. --- Sind denn die beiden Matrix-Bände zu Bender und Mayröcker noch greifbar? Ich werde nun doch nicht nur auszugsweise online, sondern per Abo das Magazin lesen wollen, aber fand auf der Homepage bisher keine Möglichkeit, ältere Ausgaben zu bestellen.
Ich bedaure natürlich sehr, daß Sie derzeit keine Möglichkeit eines persönlichen Treffens sehen (Gerne hätte ich den Menschen persönlich kennengelernt, mit dem seit Wochen solch ein intensives Gespräch wie hier stattfindet). Aber selbstverständlich akzeptiere ich dies und habe durchaus Verständnis für Ihre besondere persönliche Situation, und bin gleichzeitig froh, daß Sie selbst scheinbar gut gelernt haben, mit diesem Problem umzugehen. (Machen Sie deswegen auch keine öffentlichen Lesungen mehr?)
mit einem herzlichen Gruß in die Nacht verabschiede ich mich hier nun Michael Denhoff
Sa., 12. Sept. 2020, 11.23 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
au silence enroulée lauschend, versuche ich ein paar Worte der Antwort zu finden.
Ohne die Sache weiter groß vertiefen zu wollen, will ich doch nicht, daß Sie eine Vorstellung von meinem Dasein haben, die so nicht ganz stimmt: Es ist tageweise, wochenweise und immer wieder auch monatelang ganz schwierig mit der Krankheit zu leben - wie seit ein paar Tagen wieder. Belastet, depressiv, nervös bis in die Haarspitzen, todmüde, angstvoll stehe ich morgens auf und muß sehen, wie ich durch den Tag komme. Gestern abend wurde ich gegen 22 Uhr während der Lektüre des letzten Drittels von Hermann Lenz umfangreichem Roman Ein Fremdling, in dem Jakob Stern (an Paul Celan modelliert) eine so schöne Rolle spielt, etwas ruhiger, und für diese Stunde vor dem Schlafengehen war ich sehr dankbar. Dabei will ich es aber nun belassen, das muß nicht weiter thematisiert werden.
Jedenfalls können Sie sich jetzt noch deutlicher vorstellen, was die Niederschrift von nicht weniger nicht mehr - über die professionelle Seite hinaus - für mich bedeutet. Denn professionelles und privates Schreiben ist seit 2012 keineswegs mehr eine Selbstverständlichkeit gewesen und war - insgesamt gerechnet - jahrelang nicht möglich, auch in diesem Jahr wieder monatelang nicht. (2019 war ein Wunderjahr, in dem ich 11 Monate lang nonstop kreativ tätig sein konnte: die Büchersendung, die ich eben vorbereitet habe, wird davon beredt Zeugnis ablegen.)
2019 habe ich nach mehreren Jahren auch dreimal öffentlich gelesen (ein Abend war gemeinsam mit Norbert Scheuer (https://www.ksta.de/region/euskirchen-eifel/kall/buecherpremiere-fuer-zwei-kaller-autoren--wir-erfinden-unser-leben-und-schreiben-es-auf--32930530), zu dem kamen dann, statt des üblichen guten Dutzends, 160 Besucher - aus Düsseldorf, Köln, Bonn usw. war man angereist, um Scheuer zu erleben, in dessen Werk ich mit einer 40minütigen Vorrede einführte), jeweils im KunstForum in Gemünd, etwa zehn Kilometer von hier entfernt. Ich kann, auch das einer der zahlreichen Glücksfälle, die mein Leben weiterhin immer wieder lebenswert erscheinen lassen, die Krankheit in solchen Stunden genauso gut wegschließen wie überhaupt, wenn ich denn gelegentlich mit anderen Menschen zusammenkomme. (Ich war jahrzehntelang - bis 2007 - gleichsam umringt von Menschen, lebte ich mehreren großen Kreisen, und unser Haus war ein offenes, in dem ja auch regelmäßig Autoren- und Künstlertreffen stattfanden: Ein jedes hat seine Zeit, heißt es im Buch der Prediger, und dieser Gedanke ist einer meiner Leitsätze.)
Die beiden Matrix-Bände sind sicher noch zu haben, und Traian Pop wird sich über ein Abo gewiß sehr freuen! So erreichen Sie ihn direkt: t.pop@pop-verlag.com. (Vielleicht warten Sie die Büchersendung ab, die meine Frau soeben angeboten hat, gleich zum Sistiger Lädchen zu bringen, wo es auch eine Poststelle gibt.)
Unser Dialog ist einer der Glücksfälle, an denen entlang ich mich über die Abgründe hangle, und als jemand, der dem Zufall (im griechischen Sinne des Zufallens) eine so bedeutende Rolle im Leben zumißt, bin ich unendlich dankbar, daß sich das von der ersten E-Mail an so intensiv entwickelt hat.
Zu Harald Gröhler, dem von mir so hochgeschätzten Autor und Freund, sagte ich dieser Tage, daß Sie, Michael Denhoff, und ich womöglich die einzigen Menschen bleiben (denn wie an die wenigen anderen herankommen???), die nicht weniger nicht mehr so ein/schätzen können, wie wir beide es tun. So ist das wahrscheinlich, und es ist gut so! Einen gefunden zu haben, der nicht nur den Namen Paul Celan hochschätzt, sondern auch dessen Gedichte kennt und liebt, das ist ein Geschenk von unschätzbarem Wert!
Wie jedes Schreiben, so hat mir die Niederschrift dieses elektronischen Briefs (im Zusammenspiel mit Denhoffscher Musik, aus der ich Mallarmé in der Tat ganz wundersam herauszuhören vermeine, mittlerweile höre ich das sechste Stück: une insinuation simple) so richtig gutgetan. Und so danke ich Ihnen folgerichtig, daß ich Ihnen schreiben durfte.
Theo Breuer
Sa., 12. Sept. 2020, 13.58 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
unübersetzbar, was bleibt, ist die prosaische Oberfläche ... wobei Würfelwurf ein schönes deutsches Wort ist ...
Nach vielen, vielen Jahren lese ich heute noch einmal dieses große Gedicht, bin vom ersten Wort an begeistert, verzaubert ...
Danke also erneut, während die zweite Mallarmé-CD ihre Bahnen zieht. Ich bedanke mich sehr herzlich für die feine Sendung, die ich heute in Empfang nehmen durfte. Und erst die Widmung, die mich doch sehr gerührt hat! Danke.
Natürlich ist vorrangig, wenn ich ein Gedicht öffentlich werden lasse, daß dieses auch seine Wirkung entfaltet, ohne daß der Lyrikleser große Kenntnisse von dem vorweisen kann, das den Schreibanlaß lieferte bzw. die Gedichtgeschichte erzählt. Ich glaube zwar schon, daß man Kunst/Musik/Literatur um so mehr als Bereicherung empfindet, je mehr man von den Dingen ahnt und/oder weiß, die darin eine Rolle spielt, aber das darf keine Prämisse sein. Bei mir geht es ja auch ganz stark um den Klang, um das Wort an sich, den ZuFall, der mir Buchstaben, Silben, Wörter, Reime usw. vor die Augen purzeln läßt ...
Jeder Mensch hat sein Leben zu leben. Ich habe meins immer angenommen. Als geborener Melancholiker sog ich das Schwerblümütige mit der Muttermild an, knabberte es zuvor schon vom Mutterkuchen, aber ich habe das Leben von frühester Kindheit in seiner tief und tiefer werdenden Tiefe erlebt und habe dieses Dasein stets angenommen und respektiert. Das ist bis heute so geblieben, dieser tiefe Respekt vor dem Leben, vor dem Dasein, vor der Existenz.
Wir leben hier auf zwei Etagen: Erdgeschoß und Untergeschoß. Den größten Teil des Untergeschosses stellen die Buchkunsträume - begehbare Installation, mein Merzbau! - dar, die ich gleichsam in diesem Augenblick in Vollkommenheit erlebe, wenn ich mitten darin sitze, Musik höre und schreibe - um gleich wieder zu lesen.
Tiefe Erschütterungen beim Lesen erlebt in diesen Celan-Monaten seit Februar ... Und auch jetzt bin ich : erschüttert ...
Theo Breuer
Sa., 12. Sept. 2020, 21.57 Uhr
Lieber Theo Breuer,
nun bin ich erst wenige Minuten zuhause, war vormittags in Köln, um dort bei einem Lunchkonzert in der Kunststation St. Peter befreundete Musiker zu hören, die zum Schluß auch etwas von György K. spielten, danach habe ich mit meiner Frau eine ausführliche und lange Radtour den Rhein entlang gemacht (knapp 50 km), um den herrlichen Spätsommertag an der frischen Luft zu genießen, mit abschließendem Abendessen auf Beueler Seite. Als ich eben das Postfach öffnete fand ich gleich zwei Mails von Ihnen und möchte doch umgehend antworten.
Zunächst herzlichen Dank für Ihr Vertrauen in mich und die damit verbundenen so offenen Worte zu Ihrer speziellen persönlichen Situation. Ich bewundere, wie doch irgendwie gelassen Sie damit umzugehen scheinen, diese sicherlich manchmal schmerzlichen Einschränkungen akzeptieren zu können (... auch gestützt durch die Prediger-Worte). Und natürlich erahne ich, was es bedeutet, unter solchen Bedingungen zu schreiben. Aber all das muß / darf ein Leser Ihrer Texte ja alles nicht wissen. Aus meiner Sicht zählt letztlich nur das Werk, ob es stimmig ist, anrührend, bewegend, neue Horizonte eröffnend, etc. - die Person des Schöpfers sollte / muß dahinter verschwinden. Ja, alles hat seine Zeit! --- und diese hat auf wunderliche Art & Weise uns beide aufeinandertreffen lassen, offensichtlich auch zu einem (sagen wir durchaus) idealen Moment. Ich bin sehr dankbar für alles, was wir bereits austauschen konnten ... und das ist wohl erst der Anfang! Wie vermutet sind Sie der ideale Zuhörer meiner Musik, die zu dem damaligen Zeitpunkt Mallarmés Dichtung im Focus hatte, was mir eben auch neue kompositorische Perspektiven ermöglichte, ähnlich tiefgreifend wie zuvor die erneute Beschäftigung mit Celan. So danke ich für Ihre ersten spontanen Eindrücke beim Hören der Stücke des Mallarmé-Zyklus'.
Auch ich bin übrigens sicherlich eher ein Melanchoniker und das tagebuchartige Arbeiten an HW+NW war damals fast eine Art Selbsttherapie in einer Phase innerer Unruhe und emotionaler Turbulenzen. (... auch wohl deshalb halte ich dieses Klavierquintett immer noch für das persönlichste und ehrlichste Selbstportrait - was aber kein Zuhörer eigentlich wissen muß / sollte.) --- Ein bißchen später hat sich der Satiriker in mir gezeigt (auch wieder so eine Selbsttherapie); da entstand dann unter einem Pseudonym sogar ein kleiner "Künstler-Roman" in Pillenform [in Anlehnung an G. Manganelli (& Th. Bernhard)], ein Geschenk für meinen engsten Malerfreund Giso Westing zu seinem 50. Geburtstag (nur eine Woche nach meinem 50.) ----
Mittlerweile habe ich zumindest für mich das Gefühl, daß ich ein innerlich weitestgehend ausgeglichenes Leben führe, immer neugierig und offen (wie schon seit meiner Kindheit) ... auch auf andere Menschen ... Aber ich muß mir nichts mehr beweisen, nur in den Spiegel schauen möchte ich mir können. Ich fördere meine Studenten wo ich kann, auch weil ich dieses Glücksgefühl durch meinen frühesten Mentor Günter Bialas erlebt hatte. - Und wenn dann - woher auch immer - ein unerwarteter Impuls kommt, verfolge ich diesen ... und in schönsten Fällen kann dann auch wieder komponiert werden; und nun kann ich auch dem tiefgründigen Humor seinen Platz einräumen, wie zuletzt in den "Greguerías" (nach Ramón Gómez de la Serna). Diesen feinsinnigen Humor (Melancholie hin & her!) finde ich aber auch stets in Ihren Gedichten, in den so launigen Wortspielen (... für die man vermutlich - wie es glaube ich Elke Erb einmal gesagt hat - ein gewisses Alter erreicht haben muß).
Ihren privaten "Merzbau" sähe ich gern einmal, versuche ihn mir in diesem Moment zu imaginieren ... er wird wunderbar / -sam sein! Auch ich habe hier im Dachgeschoß unseres Hauses mein auch räumlich großes Refugium (nenne es aber schlicht "Studio") mit fast allem, was mir wichtig ist, um mich herum; aber die ganze Bibliothek hat hier keinen Platz, so ist Vieles auch unten im Wohnzimmer.
Und nun bekomme ich Lust auf einen guten Tropfen Wein & eine Pfeife. Das Leben genießen, jeden Tag, so wie er mit all seinen unerwarteten Überraschungen kommt, und immer so leben, als könnte es auch der letzte Tag sein! - Mit dieser Lebenseinstellung komme ich nun schon seit Längerem gut zurecht. Dann bekommt die menschliche Existenz auch wirklich einen Sinn!
In diesem Sinne herzlich wie stets ... und nochmals vielen vielen Dank für Ihre große Offenheit und damit das uns verbindende Zugeneigt-Sein. Michael Denhoff
Di., 15. Sept., 21:42 Uhr
Lieber
Theo Breuer,
Mi., 16. Sept., 08:47 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
Mi., 16. Sept., 20:32 Uhr
Lieber Theo Breuer.
eben habe ich Ihre große (großartige) Büchersendung geöffnet; sie traf tatsächlich heute ein. Tausend Dank also für die erneute Gabe! In dem einen Matrix-Magazin ist ja in der Tat ganz viel frischer Theo Breuer zu finden, aber ebenso locken auch die schon etwas älteren Gedichte; vielleicht fange ich nachher (wenn der Koffer für unsere dreitägige Reise gepackt ist) noch an, ein bißchen darin zu "schmökern" ... die Lese-Verführung ist natürlich sehr groß!
Mit einem Gruß nach Berzdorf Ihr Michael Denhoff
Do., 17. Sept., 08:06 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
schön, daß die Sendung eingetroffen ist. Ich wünsche gute Lesestunden und natürlich ein fröhliches Strampeln.
Theo Breuer
Mo., 21. Sept., 00:58 Uhr
Lieber Theo Breuer, nach drei herrlichen Spätsommertagen auf den Rädern in drei Himmelsrichtungen unterwegs von Bingen aus und heute dann noch mal zumindest von Bonn bis Königswinter auf dem Rad, um von dort aus mit zwei Freundinnen um den Drachenfels herum zu wandern, habe ich das Matrix-Abo bereits im Postfach bestätigt, und es sind auch schon die Bender- und Mayröcker-Ausgaben auf dem Weg hierhin, wie mir Trajan Pop schrieb. Ich freue mich schon drauf! Derweil habe ich natürlich auch in Ihren beiden mir schon vorab zugeschickten Nummern dieses besonderen Literaturmagazins gelesen ... und muß ein uneingeschränktes Lob aussprechen! - vor allem für eine so noch nie wahrgenommene Art von Buchbesprechungen, wie es Ihnen mit den 20 in 20 Tagen gelungen ist. Einfach phänomenal! - und jeder Autor sollte sich geehrt fühlen, durch solch eine besonders feinsinnige Lesart, wie Sie es jedem gegönnt haben, geadelt zu werden! Kompliment !!! Dies noch schnell zur Nacht, bevor morgen eine anstrengende Woche beginnt (vor allem deswegen anstrengend, weil alles für die lästige Steuererklärung geordnet und zu Buche geführt werden muß - neben dem, was ansonsten ansteht.
Herzlich wie immer Michael Denhoff
Mo., 21. Sept., 17:13 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
ich freue mich, daß Sie so schöne Tage am Rhein hatten. Unser Sohn hatte einen Freund aus Hannover für einige Tage zu Gast, und die beiden waren am vergangenen Freitag auf dem Drachenfels! (Den ich dreimal bestiegen habe, zuletzt an einem unvergeßlichen (u. a. auch weil so sonnigen, warmen) Tag im Februar 2008.
Ich freue mich, daß der Essay zu den 20 Romanen so gut bei Ihnen ankommt. Das war eine verrückte Geschichte - die sich ziemlich genau vor einem Jahr abgespielt hat.
Schön, daß Sie MATRIX abonniert haben. Traian Pop hat sich sehr gefreut, wie er mir heute morgen sagte. (Eine Literaturzeitschrift im Zeitalter des Internet am Leben zu erhalten, geht 'eigentlich' kaum noch, die meisten Leser suchen sich im Netz das, was sie interessiert, und werden dort ja auch mehr als fündig.)
Ich bin weiterhin intensiv mit nicht weniger nicht mehr befaßt; ich möchte dem Text insgesamt mehr 'Luft', mehr Freiraum verschaffen, ohne, wie schon erwähnt, die Tiefenstruktur zu verändern. Ich bin da heute einen guten Schritt weitergekommen, d. h., ich denke, daß der Text nun seine endgültige Form gefunden hat. Ich halte Sie auf dem laufenden. Sobald das, woran ich seit einiger Zeit, im Hintergrund gleichsam, arbeite, zu Ende gebracht ist, bekommen Sie es, mit der Bitte um eine Einschätzung, zu sehen.
Ja, und der Kampf um den neuen Rasenmäher konnte nach mehreren Tagen heute morgen siegreich beendet werden. Eine Geschichte des Aufschreibens würdig mit ihren verrückten Aufs und Abs und wunderbaren ZuFällen ...
Also - weiter im Text!
Theo Breuer
Di., 22. Sept., 17:55 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
da ich nun doch seit einigen Tagen wieder gleichsam Tag und Nacht mit Schreiben befaßt bin, komme ich einfach nicht dazu, die versprochene ausführliche Antwort auf die E-Mail vom 12.09.2020 21:58 Uhr zu verfassen.
Zwei, drei Dinge will ich aber doch ansprechen: Ich bin ganz Ihrer Auffassung, daß es einzig um das Werk geht!
Mein kleiner Merzbau, ach, da habe ich (eingedenk des in jenen Tagen gerade beendeten Romans SCHWITTERS von Ulrike Draesner) ein großes Wort unvorsichtig in den Mund genommen. Das Wort war für den Moment wohl okay, wird aber ansonsten nie verwendet (zu groß der Respekt vor dem leider, leider zerbombten Merzbau in Hannover); die drei Räume, in denen sich - neben dem Wohnzimmer - die Mehrzahl der Bücher befindet, haben auch ganz schlichte Bezeichnungen.
Wenn Sie diese trotzdem einmal in Augenschein nehmen wollen, so werden wird schauen, wie wir das einmal hinbekommen. Bei mir kommt's letztlich nie auf Wochen oder Monate an, sondern auf den Moment, in dem es beiden gut paßt. Den Moment werden wir nicht versäumen.
Herzliche Grüße Theo Breuer
Di., 22. Sept., 20:43 Uhr
Lieber Theo Breuer,
ich denke auch: lassen wir es auf einfach auf uns zukommen, wie es der ZuFall will ... will sagen: wie es sich ergibt. Gerne komme ich natürlich mal bei Ihnen in Sistig vorbei & und ebenso herzlich sind Sie selbstverständlich eingeladen, mich in meinem Refugium hier zu besuchen, so Ihnen danach ist ... ich bin mir sicher, es wird so viel zu sagen sein, wie es den Umfang eines Austausches per E-Mail einfach sprengt! Wenn Sie das Gefühl haben, es könnte passen, finden wir bestimmt auch recht zeitnah eine Möglichkeit! Ich spüre durchaus schon seit Beginn unserer Korrespondenz die so vielfältigen Gemeinsamkeiten in Haltung, Denken, Wertschätzungen bestimmter Autoren & Künstler (nicht zuletzt auch gegenseitig!), daß es eine Begegnung - auch persönlich - irgendwann geben wird. Heute traf auch schon die Buchsendung von Traian Pop ein (als unerwartete Dreingabe sogar auch ein Buch mit seinen eigenen Gedichten!) - und trotz eigentlich anderer dringend zu erledigen Dinge, konnte ich natürlich nicht umhin, sofort ein wenig zumindest in das Bender-MATRIX-Heft hineinzulesen ... da werde ich noch weitere schöne Stunden vor mir haben, wenn endlich etwas mehr Zeit dafür sein wird. Ich bin so glücklich, daß Sie sich in den Kopf gesetzt haben, ihm so ein schönes Sonderheft zu widmen! Tja, und zur Frage Literaturzeitschriften zu Internet-Zeiten (wo scheinbar alles kostenlos zur Verfügung steht): immerhin hat die Tatsache, daß ich Ihren Mayröcker-Text seinerzeit im Netz gefunden hatte, dazu geführt, daß schließlich auch wir uns „gefunden“ haben! Insofern doch durchaus ein ziemlich erfreulicher Nebeneffekt!
Ich muß nun leider erst einmal zurück zu lästigem Papierkram; wollte aber immerhin doch zumindest kurz antworten. - Herzlich wie immer natürlich Michael Denhoff
Mi., 23. Sept., 18:34 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
diese Korrespondenz hat etwas ganz Besonderes. Sie ist tragfähig und nachhaltig. Lebendig und originell. ( Usw. )
Mit Traian Pop arbeite ich seit 2006 zusammen. Seit einigen Jahren kann man von freundschaftlicher Verbundenheit sprechen. Wir mailen und telefonieren. Persönlich getroffen haben wir uns bislang nicht. Es hat sich nicht ergeben. Von der gegenseitigen Wertschätzung der jeweiligen Werke ganz zu schweigen.
Vielfältige Gemeinsamkeiten, die Sie und mich im Bereich von Kunst, Musik und Literatur verbinden. Eben auch die Tatsache, daß wir allen drei Bereichen großes Interesse entgegenbringen.
Heute wieder den ganzen Tag am Manuskript gearbeitet. Im Augenblick jubiliere ich, da mir wieder einige Wörter zugefallen sind, mit denen ich nicht mehr rechnen konnte.
Das Internet ist gerade für einen so zurückgezogen lebenden Menschen wie mich zu einer großartigen Sache geworden. Ich möchte auf Notebook, E-Mail, Internet nicht mehr verzichten.
Herzlich: Theo Breuer
Mi., 23. Sept., 23:07 Uhr
... ich beneide Sie ein bißchen um Ihren derzeitigen Schreib- und Gedankenfluß, lieber Theo Breuer! Ich fühle mich leider im Moment weit weg von eigenem schöpferischen Denken, weil so viele andere Dinge zu erledigen sind; immerhin: das unerfreulichste Kapitel im Jahr (die Vorbereitung der Steuererklärung ist seit eben abgeschlossen! - den Rest muß nun der Steuerberater erledigen.) Auch das kommende Semester an der RSH Düsseldorf wirft schon seine organisatorischen Schatten voraus, unter deutlich erschwerten Corona-Bedingungen ... immerhin soll es nach einem Semester völligen Stillstandes endlich wieder losgehen. Zwischendurch bin ich schon mit der endgültigen Textzusammenstellung für den November-WKR-Abend beschäftigt ... was aber doch auch Freude macht, wie immer, weil man fast zwangsläufig abschweift zu anderen Texten & Büchern, die einem bei der Suche mehr zufällig in den Sinn kommen ... Zudem müßte ich eigentlich auch dringend den nächsten Jahrgang in der Planung angehen; dazu muß ich aber zuvor entscheiden, ob ich über eine 100. Ausgabe weitermachen soll / möchte, denn die ist im Oktober 2021 erreicht.
Ich bin natürlich durchaus gespannt, wie sich Ihre nochmalige Revision von "nicht weniger nicht mehr" entwickelt; vermutlich dann wohl nicht mehr auf sieben Seiten ...
Herzlich wie immer (... und nun habe ich ein Gläschen Wein "verdient" nach einem langen Tag ...) Michael Denhoff
So., 27. Sept., 09:47 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
eben erfuhr ich, daß ich Rolf Schroers' Roman Jakob und die Sehnsucht nun immerhin leihweise in die Hände bekomme; eine Bekannte hat das Buch per Fernleihe von der UB Köln bis zum 1. Dezember ausgeliehen.
Ich arbeite weiterhin intensiv am Manuskript. Meine Vorstellung, daß der Text Teil eines Buches sein möge, scheint sich zu erfüllen. NICHT WENIGER NICHT mehr steht nun als erstes von vier Kapiteln in dem 112 Seiten umfassenden Manuskript. (Das ich Ihnen gern SO BALD WIE MÖGLICH zukommen lassen werde. Vielleicht muß es dafür ja noch nicht zum letzten Buchstaben fertig sein. (Fertig werden literarische Texte eh nie. Nie.)
Herzlich: Theo Breuer
So., 27. Sept., 10:27 Uhr
... oh, das klingt aber doch gut, lieber Theo Breuer! Vielleicht können Sie sich ja für das private Archiv den Schroers-Roman auch fotokopieren ... ich hatte recherchiert, aber auch über ZVAB war das Buch nicht zu finden. Sie hatten mich neugierig wegen des Celan-Bezugs gemacht. Auf Ihr neues Manuskript bin ich natürlich sehr gespannt! - habe Breuer nun auch mehrfach in den mir mittlerweile vorliegenden MATRIX-Heften gefunden und gelesen ... in der offensichtlich letzten Ausgabe dann auch das mir von Ihnen schon zugeschickte nicht die bohne. - Gedichte sollte man ohnehin in näherem Abstand öfters lesen! - dann vertieft sich die Wirkung! (.... & natürlich auch das Verständnis!) Und natürlich ist ein Manuskript nie wirklich fertig - oder sagen wir perfekt -, aber vielleicht muß das auch so sein, denn das macht möglicherweise auch den Reiz aus: denn wirklich perfekt wäre es möglicherweise langweilig wie die Idealdarstellung eines Menschen als Puppe.
Wir brechen nun auf in Richtung Brühl, wollen uns im Max-Ernst-Museum die aktuelle Beckmann-Ausstellung ansehen. Zunächst herzliche Sonntagsgrüße Michael Denhoff
So., 27. Sept., 18:37 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
wunderbare Vorstellung: Beckmann-Ausstellung im Max-Ernst-Museum ... Über Jahrzehnte war kein Museum vor mir sicher: Seitdem ich kaum noch direkt in die Museen gehe, habe ich ein eigenes - virtuelles - angelegt mit internationaler Kunst. Lassen Sie sich demnächst überraschen.
Da Sie "sehr gespannt" sind (was mich natürlich sehr freut): Hier kommt also erst mal das Manuskript - nahezu identisch mit der Druckvorlage fürs Buch. Ich schreibe nichts weiter dazu. Bin sehr an Ihrer Einschätzung interessiert. Bitte nehmen Sie sich alle Zeit, die Sie brauchen.
Herzliche Grüße Theo Breuer
So., 27. Sept., 22:00 Uhr
Lieber Theo Breuer,
daß Sie mir schon vorab das neue Buch-Manuskript schicken, ist - eieiei - eine feine Gemeinheit: als mittlerweile schon fast süchtiger Breuer-Leser ist die Verführung, umgehend hineinzuschauen / -lesen, naturgemäß so groß, daß alle Vorsätze, sich nun erst einmal auf das Eigene zu konzentrieren, mal wieder eine plausible & gute Entschuldigung finden, eben genau dies nicht zu tun !!! --- Also: trotzdem & genau deswegen tausend Dank !!! - denn eben habe ich (obwohl noch & nur recht flüchtig) ein erstes Mal alles durchgeblättert ... und selbst dabei schon wieder einmal so unendlich viel humorvolle Welt- & Weitsicht erlebt, daß man gleich einen 2. Durchgang starten möchte ...
nun denn, dies mal kurz & spontan / später [irgendwann in den nächsten Tagen] dann ein bißchen mehr ... Herzlichst, Michael Denhoff
Mo., 28. Sept., 10:39 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
ja, eine feine Gemeinheit, und nicht ohne eigennütziges Interesse. Ich muß einfach wissen, ob ein zweiter Mensch das Ganze so sieht, wie ich es tue. Als insgesamt geglücktes Gedichtbuch mit einer Struktur, die Sinn macht, überzeugt und den Leser durchgängig 'bei der Stange hält'.
Ich glaube, daß das, was nunmehr das erste Kapitel des Buchs darstellt, eins meiner wesentlichsten 'Gedichte' ist. Natürlich bin ich noch ohne Distanz dazu, aber mein Gespür hat da selten getrogen.
Also, stellen Sie sich vor, lieber Michael Denhoff, daß Sie vorm Gedichtgericht von beiden Seiten ins Kreuzverhör genommen werden und beteuern, die Wahrheit zu sagen - und nichts als die Wahrheit.
Und erst wenn ich gelesen habe, was Sie ausgesagt haben, werde ich mich an Verleger Traian Pop wenden mit dem Vorschlag, das Ganze demnächst als Buch zu veröffentlichen. Oder eben nicht.
Das Eigene? Das, was Sie tun, ist das Eigene! (Wem sage ich das ...) ALLES führt zum Eigenen, ist das Eigene.
Und der Dank ist ganz auf meiner Seite!
Theo Breuer
Mo., 28. Sept., 14:02 Uhr
Nur ganz
kurz aus einer Unterrichtspause:
Mo., 28. Sept., 16:17 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
Mo., 28. Sept., 18:17 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
zwei Stellen - auf den Seiten 64 und 85 - sprangen mich an und baten unmißverständlich um Aufnahme. Und ganz schnell war mir klar, an welchen Stellen sie einzubauen seien. So ist nun auch Rolf Schroers' Roman unmittelbar ins Geschehen verwoben, was die Sache vollends abrundet (ohne rund sein zu wollen).
Deshalb hier angehängt die aktualisierte Fassung.
Das sind nun nahezu zwei Monate anhaltende Arbeit an NICHT MEHR NICHT WENIGER. Sie können leicht nachvollziehen, was es für mich bedeutet, wenn ich von eine der bedeutsamsten Arbeiten meines Lebens spreche. (2012 bereits dachte ich nach Abschluß des Gedichtbuchs Das gewonnene Alphabet, daß meine lyrischen Möglichkeiten ausgereizt seien. Daß dieses Neue nun möglich geworden ist - nicht von ungefähr nach einer der tiefgehendsten Lektürephasen rund um Paul Celan -, erfüllt mich mit großer Dankbarkeit. Damit habe ich einfach nicht mehr gerechnet.
Und noch einmal: Ohne Ihre Musik, lieber Michael Denhoff, wäre dieser Text definitiv nicht in Gang gekommen. Dafür werde ich immerwährend dankbar sein! (Eben habe ich mir zu Gemüte geführt: Ohne Worte - Sechs Gedichte für Violine und Klavier
Theo Breuer
Mo., 28. Sept., 23:08 Uhr
... etwas erschöpft zurück von einem langen Unterrichtstag, schau ich grad in die aktualisierte PDF-Fassung, lieber Theo Breuer, und bemerke, daß das, was ich vermutete, in der Tat so war: der Reader hatte die Seitenumbrüche (unsinnig) verschoben. Ich fühle mich einerseits geehrt, quasi nach Ihnen der erste Leser dieses - das kann ich schon jetzt sagen -: besonderen Manuskriptes sein zu dürfen, dennoch habe ich Skrupel [Sie werden es wohl nachvollziehen können], denn ich bin schließlich nur Komponist & nicht Lektor (welchen Verlages auch immer). Sie trauen mir viel zu! - aber ich will / werde nicht kneifen. Aber dafür möchte ich das Buch noch einige Male durchgehen. Aber auch dies kann ich schon jetzt sagen: das Einschieben von allein auf den Seiten stehenden "Untertiteln / überschriften" (z.B. ICH HÖRTE SAGEN. ES SIND ... etc.) zur Gliederung des Großtextes, sowie auch die damit einhergehende Luft der weißen Seiten bekommt dem Ganzen nicht weniger nicht mehr aus meiner Sicht sehr gut. Es "atmet" so rundum noch freier, wie ich finde! Sicherlich auch gut, diesen so gewichtigen Text an den Anfang zu setzen und die luftigen & leichten, die mit so viel Sprachwitz er- & gefundenen gierzeiler, hier- und mirzeiler etc in das abschließende vierte Kapitel zu nehmen. Die dortige Kürze sollte einen ggf. zuvor vielleicht leicht ermüdeten Leser wieder hellwach werden lassen! - Nun liest der geneigte Rezipient von Gedichtbänden wohl bedächtiger & nachsinnender als ein Romanverschlinger! Bei Gedicht-Sammlungen scheint es mit einer sinnvollen Dramaturgie anders zu sein, als bei der Musik; da steuert man in der Regel erst gegen Ende den "Höhepunkt" an. Bei Ihrem Buch ist es dann eher wie mit den Bachschen Orchestersuiten: eine gewichtige Ouverture zu Beginn, gefolgt von leichtgewichtigeren Tanzsätzen.
Dies möge für den Moment erst einmal reichen vom eingeforderten "GEDICHT-GERICHT". Und doch noch die kleine Anmerkung, daß ich möglicherweise als Leser dieses Ihres neuen Manuskriptes wohl nicht maßgeblich & objektiv den besonderen Reiz, die besonderen Qualitäten einschätzen kann ... weil befangen & eben nicht repräsentativ als mittlerweile eingefleischter Breuer-Fan (mit Verlaub gesagt). - So freue ich mich eben auch deswegen auf weitere Lese-Wiederholungen!
Herzlich Richtung Berzdorf Michael Denhoff
Di., 29. Sept., 09:57 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
ich glaube nicht an diese Unterscheidungen zwischen Lektor und Nichtlektor : Ich glaube an Leser. Und wie beim Komponisten kann ja niemand das in vollem Maße nachvollziehen, was alles in die Wörter, Verse und Zeilen eingeht. Darum kann es ja auch gar nicht gehen, der Leser schreibt den Text auf seine Weise um, fort, ergänzt, verwirft usw. - she das Gedicht "und lesen" ...
Ja, der Leser tut und läßt und macht, was er will. Im besten Fall womöglich einer jungen Leserin, die wollte zu einem Gedicht nur: schweigen!
Lesen ist - wie Musik hören : (absolut) frei sein!
Für mich ist jede Reaktion von größtem Interesse.
Das, was Sie zur Reihenfolge der Kapitel sagen: Genauso habe ich das bedacht (auch im Vergleich zur Musik: Ich hatte sogar überlegt, ob ich unter die römischen Kapitelzahlen andante, allegro, scherzo usw. setzen soll)
Und der Freiraum, die Luft im ersten Kapitel: exakt das, was Sie beschreiben, waren meine Vorstellungen: Und der "bedächtige und nachsinnende" Leser nimmt die weißen Seiten eben genauso wahr wie die bedruckten.
Herzlich: Theo Breuer
Di., 29. Sept., 15:53 Uhr
Lieber Theo Breuer,
nun habe ich gestern Nacht bis in die Morgenstunden gearbeitet ... und fertig geworden ist (nach "nur" zwei Wochen) die kleine Miniatur für das Calmus-Ensemble (& ... aber lesen Sie selbst!) --- siehe: Anhang [ Und nun erwarte ich das MUSIK-GERICHT ... ;) ]
Hatte auch nächtens nochmals Ihr Manuskript gelesen ... und vielleicht kann ich heute später am Abend noch mehr schreiben.
Zunächst nur diesen Zwischengruß Ihr Michael Denhoff
Di., 29. Sept., 16:03 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
halt, halt: Ohne GEDICHT kein GERICHT, mit MUSIK geht nur ...
Allerdings kann ich schreiben, daß ich aus dem Häuschen bin, daß mir vom ersten Ton, von der ersten Silbe an das Herz aus dem Halse schlug ...
Das ist ein Verweben, ein Mit- und Ineinander (verschiedener Ebenen, verschiedener Stimmen, verschiedener Persönlichkeiten), das mich vom Hocker haut.
Was für ein Gedicht, denke ich, und wann wird das zu hören sein?
DANKE.
Und die Überraschung ist geglückt.
ICH GRATULIERE VON HERZEN, mache mich ganz klein (hach, könnte ich doch Partituren 'richtig' lesen):
TB
Di., 29. Sept., 16:08 Uhr
PS Die Widmung erst jetzt gelesen, zu begierig war ich auf das EIGENTLICHE, das ich doch in seiner musikalischen Tiefenstruktur zu erkennen glaube, nachdem ich mich weiter vertiefe ...
Di., 29. Sept., 17:20 Uhr
... als kleine Hörhilfe das, was der Computer hergibt als mp3-Datei. Aber der Rechner kann keinen Text singen, geht mit der Dynamik nicht sonderlich feinsinnig um ... und die letzten Worte im Tenor kann er schon gar nicht flüstern! - Nur für den ersten Eindruck zum harmonischen (& metrischen) Verlauf (... dieser ist mir immer besonders wichtig! - da zählt jede kleine Nuance, jede kleinste Änderung hat da ihre Folgen ... und das braucht stets Zeit, Zeit, Zeit !!!) --- Mittlerweile bin ich schon wieder bei Ihrem neuen Buch. Bis später, MD
Di., 29. Sept., 19:51 Uhr
Danke, lieber MD, für diesen ersten Eindruck, der mich ganz kribbelig gemacht hat in der Erwartung, das Werk demnächst (wann auch immer) zu hören! Wohin hat sich dieses 2020 entwickelt. Ich fühle mich voll des heiligen Geistes. TB
Di., 29. Sept., 23:22 Uhr
Lieber Theo Breuer,
Sie sollten sich nicht "ganz klein machen" (wie kurz nach 16 Uhr in Ihrer Mail geschrieben) : für mich sind Sie ein ganz GROSSER, einer der für mich persönlich größten literarischen Entdeckungen dieses Jahres 2020 - ja, das kann ich ganz uneingeschränkt sagen! - und es wurde mir mit dem nun noch ganz frischen Manuskript erneut bestätigt! In diversen Etappen habe ich alles inzwischen vielfach gelesen ... und was sich beim ersten so neu-gierigen ungeduldigen Durchlesen / -fliegen vor wenigen Tagen (kaum, daß ich das Manuskript zur großen Freude im Postfach fand) an Empfinden bei mir einstellte, wird eigentlich (wie auch bei anderen guten Büchern ... und natürlich auch entsprechender Musik) mit jedem erneuten Lesen nur noch vertieft & intensiviert: jedesmal entdecke ich neue innere Bezüge, bin begeistert von der kompositorischen Anlage, dies so vielfältige Sich-in- Beziehung-setzen, das so feinsinnig dialektische Wechselspiel der vorgesetzten Zitate (aus Ihrem scheinbar unbegrenzten Universum der Schreibenden & Denkenden) mit dem, was dann als eigene Stimme folgt !!! - [Nun: das kenne ich ja auch schon von Ihren früheren Texten!] Natürlich habe ich bei nicht weniger nicht mehr auch die vielen kleinen (stets noch bereichernden) Änderungen bemerkt, was natürlich für einen Komponisten genau so spannend ist, zu beobachten, wenn er anhand von Skizzen & Entwürfen der großen Meister (& Vorbilder) bewundern kann, was sich alles bis zur (immer nur vorläufigen) Endfassung noch alles tun kann. - [Wie viel habe ich vor allem früher dabei für mich selber gelernt!] Dadurch, daß nun noch ein Schroers-Zitat vor den Text des Kapitels II (den ich von Ihnen ja bereits zuvor schon bekam) eingefügt ist, rundet sich das Ganze (von Celan ausgehend) zu einer Einheit; wie ja auch der Buchtitel durchaus auch auf die herrlichen Miniaturen des Kapitels IV paßt! Also: MEIN GANZ GANZ GROSSES KOMPLIMENT !!! - ich verneige mich & danke gleichzeitig für so viele anregende Stunden in den vergangenen Tagen beim ständigen Wieder- (& Wider)-lesen im Vergleich zur vorigen Fassung. Bitte : bringen Sie das unbedingt in die Öffentlichkeit ! - ich werde sicherlich nicht der einzige dankbare Leser bleiben, da bin ich mir ganz sicher, auch wenn vermutlich nicht jeder all die versteckten Verweise, Hintergründe etc. bemerken wird, was aber das Vergnügen der Lektüre für diejenigen kaum schmälern wird! - [... und ich bestelle schon mal 10 Exemplare der Erstausgabe für die Weitergabe als Geschenk an gute Freunde & Kollegen.]
Nur zwei / drei kleine Anmerkung erlaube ich mir noch: + der nun neue Zeilenumbruch / Trennung beim gedehnten b-l-a-u (auf S. 16) erschließt sich mir (noch) nicht ... ++ bei den neun zweiseitigen Gedichten des III. Kapitels (da sind wunderbare Preziosen dabei!) würde ich diese selber lieber lesen, ohne bei jedem einmal blättern zu müssen. Vielleicht denkt & redet da der Musiker in mir, weil ich als Musiker - wenn eben möglich - ein Musikstück als Ganzes überschauen möchte, auch weil dann die kompositorische Entwicklung / Struktur (auch an graphischer Dichte) noch klarer wird. - Vielleicht wäre also eine Versetzung um eine Seitenzahl die Lösung; allerdings könnte Ihr Gegenargument als Buch-macher sein: so beginnt ein jedes neues Gedicht aber immer auf einer rechten Seite ... +++ als ich beim ersten Lesen die Seite 106 erreicht hatte, dachte ich: hier konnte das Buch so ins Offene weisend (still leben :) auf geradezu geniale Art & Weise enden; mit so viel Weiß (am besten noch mindesten drei leer Seiten hinterher!) ... da war mir noch nicht aufgefallen, daß Sie bei diesen so faszinierenden Kurz- und Kürzestgedichten [bei denen ich z.T. herzhaft & vergnügt lachen / schmunzeln mußte] wieder einmal einem / dem Alphabet in der Anordnung folgen. - Nun scheinen mir aber natürlich auch die von Ihnen gewählten letzten scheinbar so lapidaren Worte als "Antwort" auf die vorangestellten Zitate: ... / ach ja / ist / das / so ein nicht minder gelungenes Ende!
In tiefer Verbundenheit (& Freundschaft - wenn ich das so sagen darf) Ihr Michael Denhoff
PS. nun höre ich mir gleich Mozarts Streichquartett A-Dur KV 464 an (die Aufnahme mit dem Amadeus-Quartett, bei dem ich das große Glück hatte, studieren zu können / dürfen); ein schon langjähriges RITUAL - wenn eine neue Partitur fertig ist, die Arbeit daran abgeschlossen - nur dann höre ich dies Quartett !!! - zu einem guten Tropfen & einer Pfeife - da freue ich mich jetzt drauf ...
Mi., 30. Sept., 10:13 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
ich werde heute und morgen aufgrund familiären Eingebundenseins möglicherweise/ wahrscheinlich nicht in der Lage sein, auf Ihre E-Mail, die ich eben zum fünften Mal las, entsprechend zu antworten. Deshalb hier mit zwei Wörtern, was ich zutiefst empfinde: Dankbarkeit, Freude.
Ab Freitagmorgen bin ich wieder in Sistig.
Herzliche Grüße Theo Breuer
PS b-l- // a-u, das zerbrochene Wort, das im Scherzenslaut, der so für sich steht, ausgeht. Der Reim steht so ebenfalls nicht mehr einfach und rein da, ist auf dem Weg, sich in Luft aufzulösen. (Was weitere Assoziationen birgt ...) BLAU und GRAU sind zudem wesentliche Celan-Wörter, angefangen von der Todesfuge mit "blau" ("genau") bis hin zur Aussage zum künftig grauen statt blauen Schreiben.
Mi., 30. Sept., 16:22 Uhr
Lieber Theo Breuer,
genießen Sie das familiäre Eingebundensein! - und heute sogar bei gutem Wetter; da treibt es Sie sicherlich mit den Enkelkindern ins Freie ... Mir wurden heute zwei Regale geliefert ... und so kann ich ein bißchen Ordnung bringen in die sich häufenden Bücherstapel ... Dank auch für Ihre Erläuterung zu b-l-//a-u ... nun wird es für mich klar!
Nur einen kurzen Zwischengruß, aber natürlich herzlich wie immer Michael Denhoff
PS bekam heute (wohl auf Ihre Anregung hin) Buch-Post von Edith Lutz
Mi., 30. Sept., 19:55 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
es ist schon irre, wie nah wir einander sind dank der jeweiligen Werke. Immer wieder schweifen die Gedanken - trotz pausenlausen familiären Eingebundenseins drinnen und draußen - zu Ihnen resp. Ihren Haupt- und Nebenwegen (usw.).
Der Zeilenbruch ermöglicht naturgemäß zahllose Assoziationen. Ein Satz bei Schroers drängt sich regelrecht auf: Jetzt war das Blut der Menschen grau geworden. Und b-l- führt eben nicht nur zu blau, sondern auch zum Blut, zur Blume ...
Ah, die Büchersendung kam schon an. Das kam so: Edith Lutz (die den Schroers-Roman besorgt hat) zeigte sich auf meinen Hinweis hin gleich begeistert von Ihrer Homepage sowie dem WORTKLANGRAUM. So kam zwangsläufig Admiel Kosman ins Gespräch, einer der bedeutenden Lyriker Israels. Hochoriginelle Stimme. Und das Hohelied spielt bei ihm eine tragende Rolle in Gedichten. Ich empfahl dann, den Roman auch beizulegen, der werde bestimmt auch auf Gegenliebe stoßen.
Herzliche Grüße Theo Breuer Do., 1. Okt., 15:33 Uhr
Lieber Theo Breuer, ja, es gibt da eine besondere Nähe zwischen uns ... auch wenn diese bisher 'nur' über das jeweilige Werk des anderen geschieht. - aber uns eint wohl auch die grundsätzliche (ich sag's mal etwas pathetisch) "Ehrfurcht" vor den großen Meisterwerken der Vergangenheit, die sicherlich auch zur kritischen Sicht auf die eigenen Werke beiträgt. Was alles in HW+NW verborgen ist, darüber könnte ein Musikwissenschaftler demnächst ein ganzes Buch schreiben, wenn er entsprechend forschen würde ... aber auch wer gar nichts davon ahnt, dürfte (hoffentlich) mit Gewinn sich in der Musik verlieren können! Haben Sie schon das "lange Nachwort" Sounds and Shadows hören können? - das Stück ist mir nicht minder wichtig! - Ebenso das kürzere "Vorwort" in Gestalt des 8. Streichquartetts "nel interno". Leider gibt es davon noch keine CD-Einspielung, aber immerhin den WDR-Live-Mitschnitt der UA in Köln mit dem Artemis-Quartett auf YouTube: https://youtu.be/Rq4Hlx25EoA [Mit der Aufnahme bzw. der Interpretation von Ohne Worte (die Sie hörten) bin ich übrigens nicht sonderlich glücklich ... hoffe, das wird irgendwann mal deutlich besser gespielt ...] Herzlich aus meinem nun etwas aufgeräumteren Studio Michael Denhoff
Fr., 2. Okt., 10:35 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
ja, auch diese Ehrfurcht (die ich bei manchem vermisse) eint uns.
Ja, auch Sounds and Shadows habe ich schon mehrfach gehört. Alle 6 Werke, die Sie mir geschickt haben, habe ich mindestens zweimal, manche - die Bach-Variationen, die Celan- und Mallarmé-Zyklen - auch schon viele Male gehört.
Nach vier schönen, wegen Erkältungskrankheiten bei der ganzen Familie in Berzdorf jedoch auch besonders anstrengenden Tagen muß ich mich erst mal wieder sortieren (und hoffen, mich nicht angesteckt zu haben).
Nachdem ich heute morgen allerlei Kram erledigt habe, steht nun an erster Stelle das Gespräch mit Traian Pop wegen des Manuskripts an, von dem er ja noch nichts weiß.
Ich freue mich nun auf ein paar hoffentlich ruhige Tage mit Buch und CD und Dialog.
Mindestens eine ausführliche Antwort an Sie steht ja noch aus.
Jetzt lese ich die letzten Seiten von Rolf Schroers' Roman Jakob und die Sehnsucht, in dem gegen Ende ein Daniel auftaucht, der Celan nachempfunden ist.
Herzliche Grüße Theo Breuer
Fr., 2. Okt., 13:57 Uhr
Lieber Theo Breuer,
der Tatsache, daß Sie mit Traian Pop sprechen wollen, entnehme ich: Sie haben sich für eine Veröffentlichung entschieden. Das freut mich SEHR !!! (Die Reservierung von 10 Exemplaren bestätige ich hiermit nochmals.)
Mittlerweile habe ich die um das Hohelied kreisenden Gedichte des mir bisher unbekannten Dichters Admiel Kosman gelesen. Eine bemerkenswerte Sammlung, ich bin dankbar für den Hinweis durch Edith Lutz (& ja auch Sie) ! -
Diesen kurzen Gruß aus der Mittagspause Michael Denhoff
Fr., 2. Okt., 15:00 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
das (wie immer) gute Gespräch mit Traian Pop, das sich wegen verschiedenster 'Tagesordnungspunkte' über mehrere Stunden hinzog (ich berate - und ediere, lektoriere, korrigiere für - Pop, wann immer er es von mir fordert, 2019 quasi rund um die Uhr ..., stets und immer gern freundschaftsdienstlich, da der Verlag ohne solche gleichsam ehrenamtliche Hilfe längst hätte aufgeben müssen: Bücher verkaufen sich einfach nicht mehr), hat stattgefunden.
Das Buch wird im November vorab zum 100. Geburtstag Paul Celans gedruckt sein. (Offizielles Erscheinungsjahr soll 2021 sein.)
Vielen, vielen Dank für die Vorbestellung von 10 Exemplaren. Auch Traian Pop - siehe oben!!! - hat sich darüber sehr gefreut.
Erfreulich, daß das Gedichtbuch Admiel Kosmans gut ankommt!
Bis später mit herzlichen Grüßen Theo Breuer
Fr., 2. Okt., 19:10 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
zunächst: Der ganz Kleine bedankt sich für die Ehre, in Ihren Augen ein ganz GROSSER zu sein. Da ich von Beginn an die Bandbreite Ihrer literarischen Erfahrung an erkannt (als ich mich mit dem literarischen Programm des WORTKLANGRAUMS befaßte), weiß ich um so mehr zu schätzen, was Sie bislang zu meinen literarischen Texten geäußert haben. Drum habe ich Sie ja auch schon mehrfach als Idealleser bezeichnet.
Was Sie nun zur wiederholten Lektüre des neuen Manuskripts schreiben, bekräftigt mich naturgemäß in dem Entschluß, Traian Pop zu bitten, ein Buch daraus zu machen (was ja zwischenzeitlich geschehen ist).
Zum einen geht es zwar in erster Linie um das 1. Kapitel, zum anderen müssen die drei folgenden Kapitel im Zusammenschluß mit dem ersten sowohl ein stimmiges Gedichtbuch ergeben ("Einheit" in der Vielstimmigkeit) als auch den Leser bis zum Ende 'erfreuen', 'begeistern' usw.
Noch einmal vielen Dank für die großzügige Vorbestellung. Günter Eich sagte einmal, daß prinzipiell schon drei Leser genügen ...
Ich schließe mich sehr gern Ihrem Wunsch an, die langen Gedichte - von denen zwei über vier Seiten gehen - auf der geraden Seite beginnen zu lassen und so zu einer sichtbaren Einheit zu bringen, dafür habe ich tatsächlich eine 'professionelle' Lösung gefunden.
Morgen mehr!
Theo Breuer
Fr., 2. Okt., 22:59 Uhr
Lieber Theo Breuer,
in aller Überspitzung seiner Formulierung hat Günter Eich sicherlich recht, so oft der damit zitiert wird. Aber zum einen bin ich sicher, Sie finden / haben mehr Leser als die sprichwörtlichen drei, und zum anderen weiß ich auch, daß meine Musik ein paar mehr Menschen hören (& wohl auch schätzen); aber ich stimme zu, daß es bei aller anspruchsvoller Kunst nur einen begrenzten Kreis an "Rezipienten" gibt , die wirklich annähernd umfassend besondere Qualitäten bis in tiefste Tiefen mehr als nur erahnen. Das war ja eigentlich immer schon so! Nehmen wir beispielsweise den diesjährigen Jubilar Beethoven: seine genialen, so zukunfts-weisenden Klaviersonaten oder Streichquartette haben zu seinen Lebzeiten auch nur eine Handvoll Menschen gehört (... aber meist nicht verstanden). Heute hat man sich an die Ungeheuerlichkeiten seiner Musik gewöhnt (weil ja schon so oft gehört); aber wie viele Konzertbesucher erkennen / bemerken dies so Einmalige heute wirklich noch?! - Traurigerweise habe ich sogar das Gefühl, daß selbst manche Interpreten (die eigentlich beim Erarbeiten ihrer Interpretation darüber geradezu stolpern müßten, ohne Sinn & Verstand einfach nur die richtigen Töne spielen, mehr nicht !!! - aber es gibt natürlich großartige Ausnahmen, wie etwa Evgeni Koroliov, der derzeit alle Klaviersonaten Beethovens in einem Zyklus im Beethovenhaus aufführt ... genau in einer Woche ist der nächste Abend, und ich freue mich schon wieder darauf! (Er ist übrigens - wie alle wirklich großen Musiker / Künstler / Schriftsteller - ein sehr bescheidener Mensch!)
... und so sind auch Sie nicht "Der ganz Kleine"! - Das frische - nun tatsächlich in Druck gehende - Gedicht-Buch hat (wie ich ja schon schrieb) eine gelungene "Dramaturgie" in der Abfolge seiner vier Kapitel ... über all die kleinen Wunder im Detail. Ich mache übrigens eine ähnliche Erfahrung mit mir noch unbekannter (meist neuer) Musik: bei mancher führt ein wiederholtes Hören dazu, immer mehr begeistert zu sein, weil man im Detail immer mehr entdeckt; es kann aber auch Umgekehrtes passieren: der erste Eindruck blendet (man ist begeistert), aber mit jedem weiteren Hören entzaubert sie sich, verliert deutlich an Faszination ... Auch deshalb wollte ich Ihr Buch einige Male lesen, um zu sehen, wie es mir damit ergeht ... und in der nun 'luftigeren' Fassung des großen Celan-Poems verstärkt sich dies bei mir noch ein weiteres Mal: Ja, ein kleines großes Meisterwerk ist Ihnen damit gelungen !!! (ich bin so froh, die Genese ein bißchen mitverfolgt haben zu dürfen! --- und natürlich froh auch darüber, daß bald auch andere Leser die Möglichkeit bekommen, ihre eigene Meinung zu diesem wohl wieder einmal einmaligen Buch zu finden ...)
Wie immer grüßt herzlich Ihr Michael Denhoff
Sa., 3. Okt., 10:40 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
da ich nie für Leser geschrieben habe, spielt sich die Auseinandersetzung mit diesen Zahlen nicht im primären, auch nicht im sekundären, sondern eher im tertiären Bereich ab. Ich bin seit nun über 60 Jahren Liebhaber des Buchs und habe verschiedenste Rollen beim Umgang mit dem Buch gespielt. Daß mir in dieser Zeit die Niederschrift von nicht weniger nicht mehr möglich gewesen ist (nicht zuletzt dank Ihrer Musik), ist eins der weiteren kleinen Wunder, die die Lebensfunken sprühen lassen. Mit der Fertigstellung des nun vorliegenden 128seitigen Manuskripts möglich war (Bedingung für die Veröffentlichung des "Celan-Poems") werden weitere Funken gezündet. Einfach gesagt: Mir geht es um das unmittelbare Leben mit der Literatur. Alles andere ist primär (meinte einst ein Fußballer im Interview ...)
Aber wenn wir schon einmal dabei sind: Es gibt ja vielfältige Gründe, warum die Verkaufszahlen von Büchern so dramatisch gesunken sind. Das habe ich zum Glück auch noch ganz anders erleben dürfen. Die vertriebene Gesamtauflage der von mir veröffentlichten Bücher liegt immerhin im fünfstelligen Bereich. Aber davon kann der Pop Verlag sich nichts kaufen. Pop ist das alles natürlich (schmerzlich) bewußt. Erst gestern meinte er, daß er natürlich wisse, daß meine Auflagen bei einem wenigstens mittelgroßen Verlag viel, viel höher wären. Ich muß ihn dann stets trösten. Die Vita auch im kommenden Buch ist ja auch darum als Bekenntnis zum Pop Verlag angelegt.
Ja, es geht um den Leser, den Hörer, den Interpreten!
Die Antwort auf Ihre Einlassung zu still leben : haben Sie ja bereits selbst gegeben.
Aus den kritischen Anmerkungen darf ich vorsichtig schließen, daß Ihnen nichts weiter aufgefallen ist, das bedenkenswert wäre. Und das, nachdem Sie das Ganze mehrfach (z. T. mit zeitlichem Abstand) gelesen haben. Da ich noch einen Monat Zeit habe, die Druckvorlage zu 'vervollkommnen', sind eventuelle Hinweise weiterhin willkommen. Ich freue mich sehr, für die langen Gedichte eine Lösung gefunden zu haben.
Das Gefühl entscheidet bei mir am Ende (das es nicht gibt) stets auch mit. Lyrische Textbearbeitung ist das immerwährende Hinterfragen, ob man es nicht übertrieben/überzogen hat, ob man angefangen hat zu spielen (zu verspielt zu sein) usw. usw. So habe ich eben eine Viertelstunde mit der Frageverbracht, ob der Titel des allerletzten Gedichts statt "..." ein Wort mit "z" sein sollte. (Es bleibt, wie es ist ...) Zeilenbrüche werden gern beliebig gesetzt: Bei mir soll grundsätzlich jeder Vers auch für sich stehen können, also wirklich ein lebendiger Vers sein. Die zünftige Hausfrau fragt hier vielleicht zurecht: "Und ansonsten geht's dir gut?" ("Nee, nicht wirklich ...")
So regne es weiter - draußen und drinnen! Theo Breuer
Sa., 3. Okt., 12:02 Uhr
Lieber Theo Breuer,
wie sehr Sie mit und in Büchern leben, ist unschwer aus dem herauszulesen, was ich bisher von Ihnen gelesen habe. Und natürlich ist man von seinem gesuchten / gefundenen / erarbeiteten / gewonnenen Universum so geprägt, daß es im Eigenen Wurzeln schlägt & Früchte trägt. Mein Universum, die Musik, ist vermutlich ebenso reichhaltig wie Ihr literarisches; und sicherlich versuchen wir beide - jeder auf seine Art - die bisherigen Ränder in noch unbekannte Weiten zu erweitern. Eigentlich ist es ein so beglückendes Gefühl, daß wir es unmöglich in Gänze (die es vermutlich ohnehin nicht gibt ... weil jeden Tag & Moment Neues hinzukommt) zu überblicken. Was die Impulse angeht, die man bekommt, so ist meine These ohnehin schon immer gewesen: Alles knüpft an und setzt fort ...
Dank für das nochmals leicht modifizierte frische Buch-Manuskript. Übrigens scheint mir dadurch, daß Sie meine Anregung der Seitenverteilung im Kapitel III aufgegriffen haben, auch der Unterschied zum Haupttext (Kapitel I) noch deutlicher zu werden, denn dort gibt es ja auch zweiseitige Zusammenhänge, aber hier wird durch das notwendige Blättern die Spannung zum folgenden als Fortsetzung gefördert - zumindest in meiner Wahrnehmung!
Ich freue mich schon jetzt, das Buch demnächst gedruckt in die Hände nehmen zu können! Als kleinen Dank (schon jetzt) hänge ich mal die Notenausgabe eines weiteren Klavierzyklus' an, eine besonders gelungene Ausgabe, wie ich finde! --- und Sie finden dort nicht nur Noten. --- Die Musik als CD schicke ich bald dazu.
Herzlichst, Michael Denhoff
Sa., 3. Okt., 12:17 Uhr
PS ... a propos Bücher: das Schöne beim Um- & Einräumen in den vergangenen Tagen: es fallen einem wieder Bücher in die Hand, die man dann wieder öffnet & sich an ihnen (eben in gedruckter Form) erfreut: so z.B. gestern "minimal" von Tanikawa Shuntarô. Was für Gedichte !!! Nun, Sie werden Sie vermutlich kennen. ... und bei der Gelegenheit auch die Frage: kennen Sie Georg Oswald Cott? - auch seine feinsinnigen Kurzgedichte gefallen mir ausnehmend; wir kennen uns seit Jahren durch gemeinsame Jury-Tätigkeit für einen deutsch-polnischen Kulturpreis.
So., 4. Okt., 09:45 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
und die vergessenen Bücher, ach, du meine Güte ... Zum Glück liebe ich es (und ist mir ein immerwährendes Bedürfnis), den Büchern jeden Tag nah zu sein, einmal hier Bücher in die Hand nehmen, einmal dort Buchrücken betrachtend und mich erinnernd - oder auch nicht. (Dreimal habe ich die Sammlung komplett umsortiert in den letzten 15 Jahren, ein viertes Mal wäre zu überlegen, ist jedoch bei der nunmehrigen Anzahl von rund zwölftausend eher unwahrscheinlich - und es ist auch gut so, wie es ist. Wenn auch für diese Sammlung naturgemäß gilt: Alles ist fließend ...
Nein, Gedichte von Tanikawa Shuntarô kenne ich, hoppla, noch nicht ... Sie machen mich natürlich neugierig! Drum habe ich den Namen gleich auf die Liste gesetzt.
Von Georg Oswald Cott habe ich vereinzelt Gedichte gelesen; bis eben dachte ich sogar, ich hätte den bei zu Klampen erschienenen Band (da ich viele Bände aus der Reihe habe), was allerdings eine Täuschung war.
Nun habe ich für Pop eine Arbeit übernommen, die Sie möglicherweise interessiert: Dato Barbakadse, der bekannte georgische Dichter (siehe auch die Mayröcker-Matrix), hat Pop ein Manuskript mit Dreizeilern geschickt (von einer Germanistin übersetzt), und Dato will das Buch in Deutschland nur publizieren, wenn ich Hand anlege und das Ganze bearbeite. Ich habe ihm eben die ersten 20 von mehreren hundert Dreitzeilern geschickt. Mal sehn, was er sagt.
Herzliche Grüße Theo Breuer
So., 4. Okt., 10:10 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
nach Betrachten der in der Tat anSPRECHENDEN Notenausgabe mit den Skulptur-Abbildungen freue ich mich schon sehr auf die Musik! Vielen Dank für diese weitere Tür, die Sie mir zu Ihrem Werk öffnen.
Bis Anfang November habe ich nun noch Zeit, die endgültige Vorlage für den Druck vorzubereiten. Nach Fehlern fahnden (ich sehe keine mehr ... was nichts heißen muß ...), grübeln, grübeln, grübeln. (Erst grübeln, dann dübeln ...) So hat eben eine kleine blaupfeillibelle noch Eingang gefunden an einer ganz bestimmten Stelle, nachdem die große mir in Günter Seurens Roman Die Krötenküsser zuflog. (Das ist meine Reminiszenz an das in unserer Korrespondenz angesprochene Kleine und Große ...)
Freundschaftlich grüßend: Theo Breuer
So., 4. Okt., 11:06 Uhr
Guten Morgen, lieber Theo Breuer,
gerade finde ich Ihre beiden Nachrichten ... aus Ihrer Bibliothek von Babel ... tja, so ein Umsortieren ist gelegentlich nötig, aber eine perfekte Ordnung niemals zu erreichen. Ich habe immerhin mal wieder im Ansatz bei einigen (mir wichtigeren) Autoren alle ihre Titel zusammengeführt.
Das, was Sie da soeben begonnen haben für eine Publikation vorzubereiten, die Dreizeiler von Dato Barbakads, interessiert mich in der Tat, auch wenn wir unsere aktive Arbeit auf HAIKUSCOPE beendet haben. Aber dort finden Sie übrigens auch ein paar der Cottschen Kurzgedichte: http://www.haikuscope.de/woche06_2010.htm wenn Sie die Pfeil-Funktion unter dem Autorennamen nutzen, gelangen Sie zu den weiteren von Cott (als Autoren-Schlaufe).
Soeben gelesen habe ich das wöchentliche "wortzumsonntag" von Andreas Reichel, einem feinen Menschen & Künstler, und einem Freund, mit dem ich 2016 unser Jahres-Projekt "Aus dem Laufenden" betrieb (er ist zudem auch ein beachtlicher bildender Künstler!); ich hänge Ihnen mal die heutige Ausgabe an. (... die bereits 485. Nummer! )
Und noch zwei weitere Medien hänge ich mal an: + ein Foto des Buches von Tanikawa Shuntarô; so sehen Sie, daß es unabhängig vom Inhalt zudem ein wunderschönes Objekt ist! ++ ein Video, welches mir gestern von einer guten Freundin zugespielt wurde ... da werden Sie als Sprach-Spieler sicherlich ähnlich viel Vergnügen dran haben wie ich! (Ein humorvoller Lichtblick in diesen kafkaesken Corona-Zeiten.)
Ansonsten wünsche ich natürlich einen (zumindest innerlich) sonnigen Sonntag Herzlichst, Michael Denhoff
So., 4. Okt., 12:28 Uhr
Das paßt alles, lieber Michael Denhoff, großartig in diesen Morgen, an dem ich redigiere (eben fand noch der zilpzalptraum in die erste Seite im Celan-Zyklus, wo ja schon einiges von Vögeln zu lesen ist (das ist ja das Wunderbare: daß es die Stellen tatsächlich noch gibt, die die einzelnen Wörter einladen: Ja, hier gehörst du hin, und ohne dich würde hier etwas fehlen; nebenbei bemerkt: All die Wörter, die ich denke, die ich dichte, auf die ich jedoch bewußt verzichte: überlasse sie dem Leser als Textverweser ...)
Danke also für dieses vielfache Vergnügen - auch das Vergnügen, meine Bücher in Ihren Regalen zu sehen ... (es gibt ein Photo von Karl-Otto Conrady vor seinen Büchern, in dem einige meiner Bücher ebenfalls zu sehen sind: Das sind die kleinen Freuden, die kleine Literaturpreise, über die ich mich dichtig freuen kann ...)
u. tschüs
TB
So., 4. Okt., 13:35 Uhr
... und keine anderen Bücher als Ihre sind so nun in nächster Nähe zu meinem Schreibtisch (geschätzte 80cm) ... immer zum Greifen nah also !!! - und: das werden Sie dann auch bemerkt haben, direkt neben Franz Mon.
wunderbar auch dies: All die Wörter, die ich denke, die ich dichte, auf die ich jedoch bewußt verzichte: überlasse sie dem Leser als Textverweser ... auch schon wieder Gedicht !
Danke !!! - ja, & tschüss MD
Mo., 5. Okt., 11:56 Uhr
Eine schöne Vorstellung, lieber Michael Denhoff! Und ja, das Buch von Franz Mon war mir natürlich aufgefallen. Mit Ihren CDs ist das übrigens sehr ähnlich: nur daß sie mir noch näher sind, wenn ich am Schreibtisch im Lyrikzimmer sitze. (Ich habe allerdings mehrere Schreibtische in verschiedenen Räumen, sitze in diesen Tagen z. B. im Eßzimmer am Westfenster, wo mir gestern der Zilpzalp im Garten zuflatterte. Gestern abend las ich Graham Swifts Roman The Light of Day zu Ende, jetzt bin ich in Ursula Ackrills Roman Zeiden, im Januar vertieft. Von Autorenkollegen habe ich immer wieder erfahren, daß sie so wenig läsen, weil sie soviel schrieben. Bei mir geht das zum Glück nur miteinander, ineinander, zueinander. Lesen und Schreiben sind verwoben zu einem Ganzen. Oder: Das Eine geht in das Andere über.
Zum Manuskript: Die neun Gedichte des dritten Kapitels waren bislang alle in der Ichform geschrieben; nun sind Rollengedichte daraus geworden, Ichform, Benschform, Duform, Krausform, Querform.
Einen guten Tag wünscht Theo Breuer
Mo., 5. Okt., 23:05 Uhr
... und auch ich bin manchmal überrascht (& erschreckt), wie wenig die meisten jungen Komponisten die Musik ihrer Vätergeneration kennen, überhaupt die mangelhaften Literaturkenntnisse, selbst unstrittige Meisterwerke der Moderne haben sie nie gehört. Lieber Theo Breuer, mir geht es wie Ihnen. ich muß / möchte Vieles (so viel wie möglich) hören & kennenlernen. [spontane Ideen für Eigenes können auch kommen, während ich in einem guten Konzert sitze.] Gerade las ich in einer Ausgabe, mit Hölderlin-Vertonungen, eine schöne, sehr gut gemachte Noten-Ausgabe von 1967, die ich kürzlich in einem Tübinger Antiquariat fand, dort auch Lieder von Komponisten der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts, die heute keiner mehr kennt ... (vielleicht manchmal zu Unrecht)
Dies noch schnell mit einem Nachtgruß Herzlichst, Michael Denhoff
Di., 6. Okt., 15:57 Uhr
Apropos "überrascht": Siehe Anhang! (Meine Schulden bei Ihnen wachsen: Denn auch dies, lieber Michael Denhoff, hätte ich nicht geschrieben, wenn Sie mir nicht geschrieben hätten, was ganz unten in dieser Mehrfachmail steht. Herzlich dankend: Theo Breuer
Di., 6. Okt., 17:29 Uhr
OOOOH, in der Tat eine kleine große / großzügige Überraschung, lieber Theo Breuer! Gelungen ... die Überraschung ... und keine Schulden wachsen: alles ist doch nur der gegenseitigen Freundschaft ge-schuldet ! - Ich danke also von Herzen ! ---- Spätestens morgen sollte dann neues Hör- & Lese-"Futter" bei Ihnen eintreffen. Und vielleicht mögen Sie morgenabend zumindest beim Livestream des WKR-Abends (ab 20.30 Uhr) dabeisein, um nebenbei auch Ihre 10 Verbote gelesen zu hören. (der direkte Link: https://youtu.be/0Qo4zW73G10 Herzlich natürlich, Michael Denhoff
PS ich hätte niemals gedacht, jemals in einem Gedicht aufzuscheinen! - nun ist es doch passiert. - Das Leben hat immer Überraschungen parat. - Gut so !!!
Di., 6. Okt., 17:34 Uhr
Wo wir einmal dabei sind, lieber Michael Denhoff, und aller guten Dinge sind schließlich immer noch drei (und heute ist so ein Tag, wie er in meinem Leben nur dreimal vorgekommen ist - höchstens! -, an dem ich drei Gedichte geschrieben habe: hier also das zweite!)
Und klar - morgen abend bin ich dabei!
TB
Di., 6. Okt., 20:50 Uhr
... und wo ist das dritte, fragt der Wortverweser da natürlich neugierig ... Lieber Theo Breuer, aber Nr. 2 der "Tages-Produktion" ist in der besonderen Kürze ja eine ganz besondere Hölderlin-Hommage (... und Celan [palaksch palaksch] ebenso nicht fern ... oder / und verweist der Titel säntis doch mehr auf die Droste?) Abermals habe ich also zu danken ! MD
Di., 6. Okt., 21:56 Uhr
In SÄNTIS steckt phonetisch in der ersten Silbe die SEINE, so daß, genau wie Sie vermuten, Hölderlin und Celan hier zusammenfinden. H. hat den SÄNTIS in HEIMKUNFT besungen, daraus zitiere ich die Verse mit TIEFE, die dann auch einschl. Hölderlins SPRACHLOS und KALT auf die SEINE. Ausgelöst wurde das Gedicht durch Richard Doves neues Buch mit Reisegedichten, die mich an eine Reise in die Schweiz erinnerten, während der wir auch den SÄNTIS sahen und mit Hölderlin-Verehrer Werner Bucher über Hölderlin und dessen Liebe zum SÄNTIS sprachen. Tja, und mit dem Zitat aus Doves Buch fielen mir die weiteren Reimwörter FALLEN und LALLEN zu, ein Glücksfall. So kommt eins zum anderen ...
PS Das dritte Gedicht kommt morgen im Vormittag.
Di., 6. Okt., 22:29 Uhr
... daß das Schweizer Gebirg phonetisch mit Celans Seine verwand ist, hatte ich nicht einmal bedacht, lieber Theo Breuer! Aber so ist es eben: "Ein Gedicht teilt sich mit, auch wenn es nicht verstanden wird" ... hat (frei zitiert) T.S. Eliot irgendwann / -wo einmal gesagt ! Und vielleicht muß Vieles von dem, was wir denken / vermuten auf besondere Art enigmatisch bleiben ... ich ahne, weiß aber nicht --- wer sensibel genug ist, dem eröffnet sich damit eines der spannendsten Universen !!!
MD
Mi., 7. Okt., 09:38 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
das Wort SÄNTIS ist ein Glücksfall. Und auch, daß ich einst vor diesem herrlichen Berg stand. Und ja, das ist Eliot: Genuine poetry can communicate before it is understood.
Anbei das dritte Gedicht.
Ich freue mich sehr, sehr, sehr auf heute abend!
Herzlich: Theo Breuer
Mi., 7. Okt., 11:55 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
eben überbrachte der Postbote zwei Sendungen, die eine mit Büchern von Josef Oberhollenzer, Navid Kermani, Sabine Gruber, Text Rubinowitz, Herbert Eisenreich, James Ellroy und Christopher J. Yates, die andere mit der SKULPTUREN-CD, dem John-Cage-Gedicht sowie der MD-60-Festschrift.
Was für ein weiterer Festtag (nachdem bereits gestern ein so besonderer, ja, herausragender Tag war) - und der Höhepunkt kommt ja erst!
Seit einer Stunde lasse ich mich mitreißen, begeistern von den SkulpturenKlavierKlängen und mache erneut die wunderbare Erfahrung, wie gut Ihre Musik und mein Schreiben zusammengehen, wie die Musik mich beflügelt.
Es dürfte sich lohnen, demnächst das gedruckte Buch zu lesen, denn da kommen weiterhin unverhoffte Verfeinerungen, Verdichtungen hinzu, die dem Ganzen naturgemäß guttun. (Seit dem 2. August arbeite ich nunmehr daran.) Die drei neuen Gedichte, von denen zwei ja unmittelbar in den Celan-Kontext gehören, dürften das vierte Kapitel auch strukturell deutlich erweitern und kommen gegen Ende des Buches auf ihre Weise auf den Celan-Zyklus im ersten Kapitel - den "Haupttext des Buches", wie Sie es formuliert haben - zurück, was die Gesamtstruktur noch einmal klarer konturiert.
Ha, da ist die Musik - nach 65 Minuten - am Ende angekommen, schwingt in der Stille nach ...
Herzlich: Theo Breuer
Mi., 7. Okt., 11:55 Uhr
... und lese nun in der Stille : COMPOSITION IN RETROSPECT und lese, was Sie dazu schreiben und finde am Ende Widmung und Signatur von John Cage. "Vielleicht ein bißchen Freude ..." Ein bißchen, lieber MD?????????????????????? TB
Mi., 7. Okt., 13:09 Uhr
Es freut mich ihr Freude, lieber Theo Breuer! SKULPTUR III halte ich übrigens selber in seiner radikalen Reduzierung für eines meiner besten Stücke ... das Gefühl schon direkt, als es fertig war ! [ ... oder es wäre mein größter Flop gewesen] Leider kann man nicht die Choreographie der Hände sehen ... ein nicht unwesentlicher Aspekt ... dafür maß man ins Konzert gehen ! Es ist viel zu tun heute - deshalb hier nur kurz. Morgen dann mehr. Herzlichst, Michael Denhoff
Mi., 7. Okt., 22:00 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
vielen Dank für die Einladung, der ich gern gefolgt bin. Über die persönliche Begrüßung habe ich mich gefreut. Karsten Gaul hat die 10 Verbote originell, lebendig interpretiert. Daß man das Gedicht im Zusammenhang der gegenwärtigen Krise als hochaktuell verstehen kann, daran hatte ich bis zu Ihren einführenden Worten gar nicht gedacht.
Am meisten aber freue ich mich, dank Ihnen immer mehr zeitgenössische ernste Musik zu erleben, der ich - mit weit offenen Ohren staunend - lausche.
Danke also noch einmal für dieses ganz besondere Abendprogramm!
Theo Breuer
Do., 8. Okt., 01:21 Uhr
... nur ganz kurz in die Nacht, lieber Theo Breuer : wie schön, daß Sie dabei waren (zumindest aus der Ferne am Bildschirm). Auch ich war durchaus zufrieden, wie Karsten Gaul Ihre 10 Verbote heute las! - (... und werde Ihr Lob an ihn weiterreichen) Wo Sie selbst nicht an die - wie ich finde - denkwürdige / scheinbar zufällige Aktualität dachten, würde mich durchaus interessieren, wie es seinerzeit zu diesem Gedicht kam ... wir haben noch nicht drüber gesprochen ...
Nach dem Konzert haben wir noch nett in kleinem Kreis bei einem Türken um die Ecke bei Wein & Kleinigkeiten zusammengesessen.
Auf bald, Ihr MD
Do., 8. Okt., 01:21 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
ja, geben Sie Karsten Gaul gern weiter, daß es eine gute Erfahrung war, das Gedicht aus seinem Mund zu vernehmen.
Das Motto von Richard Burns, das über dem Gedicht steht, gibt den Anlaß unmittelbar preis: Nach der Lektüre des sich über mehrere Seiten hinziehenden Gedichts The Easter Rising 1967, das mit dem Vers It is forbidden to dream endet, war ich dermaßen aufgewühlt, daß die 10 Verbote geschrieben werden mußten. Das war Ende der 1980er Jahre. Für Das gewonnene Alphabet habe ich das Gedicht 2012 überarbeitet.
1967 war Richard Burns (der vor einigen Jahren den Vaternamen Berengarten angenommen hat) in Griechenland, als es zum Militärputsch kam, der das Gedicht The Easter Rising 1967 auslöste.
Burns lernte ich 1980 in Griechenland (in Volos, am Fuß des Pelion) kennen - und schätzen. Wir haben einander mehrfach besucht in den 1980er Jahren, und ich habe zwei Gedichtbände ins Deutsche übertragen: Tree / Baum und Black Light / Schwarzes Licht (beide längst vergriffen).
Herzliche Morgengrüße Theo Breuer
Do., 8. Okt., 20:09 Uhr
Lieber Theo Breuer,
nun endlich finde ich Zeit, ein paar Zeilen zu schreiben. Meist geht ein halber Tag drauf, den WKR-Abend nachzubereiten, u.a. den Audio- & Videomitschnitt zu verarbeiten. Zudem waren heute private Celloschüler hier und ich mußte meinen morgigen ersten Unterrichtstag an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf vorbereiten, nach langer Pause kann ich endlich dort wieder Kammermusik unterrichten und die Studenten melden sich hier reihenweise ...
Dank zunächst auch für die ausführlicheren Erläuterungen zur Entstehung der 10 Verbote ... in die ja auch damals besondere politische Konstellationen hineingewirkt zu haben scheinen ... Unter dem Verbot zu singen leiden (wg. der angeblich hohen Aerosolenlast) z. Z. ja alle Chöre und auch bei uns an der Hochschule wird nun Gesangsunterricht nur unter besonders strikten Auflagen möglich sein. Gottseidank tauchen vermehrt beruhigende Berichte auch in den so. Leitmedien auf: vor drei Tagen (5.10.) in einem ARD-extra ... aber meine Sorge ist, daß der Angst- & Panikvirus nicht mehr so leicht aus den Köpfen der Menschen, Politiker & Journalisten zu vertreiben ist ... Und Sorge bereitet mir auch, daß Menschen wieder ihre Mitbürger denunzieren & diffamieren, Hass gegen Kritiker & Andersdenkende ... und letztlich auch um unsere Demokratie! [- auch deswegen entschied ich mich letztlich für die 10 Verbote beim gestrigen Abend.] Aber lassen wir besser dieses Thema --- das Wort "Corona" ertrag ich nur noch im Zusammenhang mit Celan ... (oder als Name eines Bieres) ...
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, so werden z.B. Ihre drei neuesten (an einem Tag entstanden) Gedichte auch noch Eingang in das Celan-Buch finden. Das klingt sehr gut! - wer weiß, was noch alles passiert --- Die Spannung auf das letztliche Endergebnis steigt somit !
Einen herzlichen Abendgruß Ihr Michael Denhoff
PS übrigens habe ich meinen eigenen Mitschnitt (ohne Störungen) inzwischen auch hochgeladen, und unter "mehr anzeigen" kann man auch die Einzeltitel direkt ansteuern: https://youtu.be/9wiF_cZD6jg
Soll ich Ihnen die beiden Breuer-Lesugen durch Timo Berndt & Karsten Gaul mal als Audio-Datei zuschicken?
Do., 8. Okt., 20:18 Uhr
... was für ein Glück für Louise Glück: heute ausgezeichnet mit dem Literaturnobelpreis ! - aber mir war der Name zugegebenermaßen bisher unbekannt; das wird bei Ihren Lyrik-Kenntnissen vermutlich anders aussehen. Ich werde versuchen, mich schlauer zu machen ...
Do., 8. Okt., 21:51 Uhr
Ich habe mich sehr über die Wahl gefreut. Ich kenne Gedichte von Louise Glück seit vielen Jahren, was auch damit zusammenhängt, daß ich so gern die englische Sprache in all ihren Varianten lese. Heute habe ich etliche Glückgedichte in den beiden Büchern, die ich von ihr habe, wiedergelesen.
Fr., 9. Okt., 09:20 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
MONUMENTAL war für mich ein Ereignis, das nachwirkt; ich freue mich sehr, dabeigewesen zu sein. Ihren Mitschnitt habe ich mir gestern abend noch einmal gegönnt. Der Pianist: hochsensibel und temperamentvoll - ein Erlebnis, das ich gern live gehabt hätte. (War mehrere Male bei Klavierkonzerten auf der Museumsinsel Hombroich, phänomenal ...)
Als Mittsechziger scheinen wir beide ja noch recht fleißig zu sein. Gut so. Ich beglückwünsche Sie zu all dem, was Sie HERVORBINGEN. (Audio-Dateien: gern.)
Und bloß kein Druck in der E-Mail- und sonstigen Korrespondenz, die ja Formel-1-Tempo aufgenommen hat.
Ab heute sind wir (mit einem Tag Unterbrechung) unterwegs in Hürth und Berzdorf.
Das Gedicht zeit der schlüsse hänge ich noch einmal an; Dato Barbakadse versucht es ins Georgische zu übertragen, will nichts, was er herausliest, außen vor lassen, das wird nicht leicht ...
Ja, die drei Gedichte sollen noch Teil des vierten Kapitels werden (sind es bereits ...) - es sei den, Sie legen Ihr Veto ein. (Deshalb hänge ich besser mal die aktuelle PDF an: ABER BITTE, siehe oben, nur ansehn, wenn Zeit und Muße ...
Es "passieren" - zum Glück - noch täglich Dinge im Manuskript, Kleinigkeiten, Feinigkeiten ...
Habe ich etwas vergessen? (Have a good time. Don't worry too much. Says the man who worries around the clock.) Gleich fahren wir los ...
Herzliche Grüße Theo Breuer
Sa., 10. Okt., 11:03 Uhr
Lieber Theo Breuer,
gestern gab es wieder einen beglückenden Klavierabend mit E. Koroliov beim Zyklus aller Beethoven-Sonaten im hiesigen Beethovenhaus! Er ist ein so feinsinniger Musiker! Da mein Unterricht an der RSH noch nicht so lang war, erreichte ich dies Konzert pünktlich. Ab morgen bin auch ich mal wieder unterwegs, diesmal für 4 Tage Leipzig (mit Frau & Tochter), der Bach- & Mendelssohn-Stadt. Eigentlich war die Kafka-Stadt Prag vorgesehen, aber ... nun ja: Sie wissen schon ... [am besten hält man es derzeit mit Pessoa, der vor allem im & mit dem Kopf reiste]
Ich freue mich, weiterhin an den Veränderungen Ihres Manuskriptes teilhaben zu dürfen! - ich werde mich hüten, ein Veto einzulegen!
Karsten Gaul hat sich übrigens über Ihr Lob für seine Lesung gefreut, schrieb mir, er habe sehr viel Vergnügen an den 10 Verboten gehabt, weil sie fast wie ein Theatertext auf ihn wirkten, jedenfalls hätten sie eine darstellerische Qualität.
Nun wünsche ich ein schönes Wochenende in Berzdorf. Die beiden Audio-Dateien mit Timo Berndt & Karsten Gaul schicke ich über WeTransfer.
Herzlichst, Michael Denhoff
Sa., 10. Okt., 18:21 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
vor zwei Stunden schrieb ich auf dem iPad (eins mit Tastatur) eine Antwort, die plötzlich weg war. Einfach weg. Heißt das denn nun auch, daß sie - im existentiellen Sinn - nicht mehr existiert?
Heute habe ich nicht mehr die Kraft, wie ich sie in der Vergangenheit immer wieder in vergleichbaren Fällen hatte, diese E-Mail aus dem Gedächtnis zu rekonstruieren.
Ich will es auch nicht. Weil auch dieser gleichsam unerhörte Fall wunderbar in unsere Korrespondenz gehört.
Heute habe ich, mächtig beeindruckt von einem Gang durch den Burgarten in Hürth mit seinen 28 Baumarten, den ganzen Tag über immer wieder an einer Seite (einem Gedicht) im Manuskript gearbeitet. Jetzt scheint es zu 'sitzen'.
Ich freue mich mit Ihnen über den "beglückenden Klavierabend" und wünsche u. a. einen schönen Abend in Auerbachs Keller, so er denn geöffnet hat.
Ich bin in der Tat stark von Pessoa und Benn beeinflußt, was das Reisen angeht, habe 2007 aus Pessoas großem Buch eine Passage in der Monographie Kiesel & Kastanie zitiert. (So treffen wir uns immer wieder!)
Vielen Dank für die Audiodateien!
Theo Breuer
Sa., 10. Okt., 21:38 Uhr
Lieber Theo Breuer,
hatte vergessen zu schreiben, daß ich früher auch sehr oft auf der Insel Hombroich war; so sind wir uns möglicherweise schon dort irgendwann mal begegnet (ohne voneinander Kenntnis zu nehmen). [vergessen ist aber nicht verschwunden ... vielleicht taucht diese unerwartet auf dem iPad verschwundene später unter den Entwürfen wieder auf. Ist mir auch mal so ergangen.]
Mit Fernando Pessoa und seinem Einfluß ist einerseits jetzt im Moment eine Überraschung, aber dann auch wieder nicht: wie soll es verwundern, wo wir nach und nach immer wieder Ähnlichkeiten / Vorlieben & Wertschätzungen der gleichen Autoren feststellten! Ich las / entdeckte Pessoa während des Villa Massimo Aufenthaltes 1986/87; las sein "Buch der Unruhe" ... tja und dann wurde dieses Buch eine Art weltlicher Bibel für mich. Nach der Fischer-TB-Ausgabe erwarb ich später die geb. Ausgabe, um das Buch erneut zu lesen (unabgelenkt von meinen Eintragungen im TB). Und Gottseidank erschien später noch eine Erweiterte Ausgabe !!! - endlich noch einmal dieses Buch kaufen zu können, erfüllte mich mit einem besonderen Glücksgefühl. Als die handliche kleinere Ausgabe davon erschien, mußte auch diese erworben werden, um tatsächlich des öfteren als "Reise-Bibel" mitgenommen zu werden ... Sie sehen: meine Pessoa-Liebe ist grenzenlos!!! - und nach Rilke & Celan in den ganz frühen Jahren, dann später vor allem Mallarmé & Beckett, hat er durchaus meine Musik (... und auch den WKR) beeinflußt. Und es liegt hier in der Schublade seit Jahren ein selbst eingerichtetes Libretto für eine mal geplante Oper auf Grundlage von "Der Seemann", dem einzigen zu Lebzeiten veröffentlichten Text von ihm (wenn ich das richtig in Erinnerung habe), eher ein "statisches Musikdrama" sollte es werden, wie eine Art Gegenentwurf zu meiner Strindberg-Kammeroper "Der Pelikan". die eher wie mit offenliegenden Nervenenden komponiert war. - Aber dazu kam es nicht, weil keine Bühne / Theater, mit dem ich deswegen Kontakt aufnahm, Interesse an diesem Plan hatte. - und mittlerweile ist es vielleicht schon zu spät, dies doch noch anzugehen .---- [Auf der anderen Seite muß / kann ich natürlich sagen: von der ersten Idee bis zur tatsächlichen Umsetzung der Bach-Variationen sind auch viele viel Jahre vergangen ! ] Als ich erstmals "Der Seemann" las (zu finden im Band "Herostrat), dachte ich: dies ist möglicherweise der Grundstein für all das, was uns Becketts Werk vermittelt ... und später bei der Recherche entdeckte ich, Beckett hat offensichtlich Portugiesisch gelernt, um Pessoa im Original lesen zu können ! - denkwürdig, wie ich fand ! ---
Nun, zum privaten Vergnügen hänge ich Ihnen mal mein Libretto an. - so schlummert es nicht nur in der Schublade ---
So viel und nicht weniger zu Pessoa ! Herzliche Grüße natürlich zudem Michael Denhoff
So., 11. Okt., 10:18 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
Pessoa : a library within the library. Das Bild, die Vorstellung: wahrhaft beeindruckend.
Schrieb ich schon mal, daß ich ein flegelrechter Opernfanatiker bin? In einer Spielzeit war ich siebenmal im Don Giovanni (1982 in Wuppertal) ... Also, eine Seemann-Oper, das wäre nicht auszudenken ... freue mich auf das Libretto ...
Have a good time in Leipzig.
Theo Breuer
So., 11. Okt., 16:06 Uhr
Angekommen in Leipzig: ein Gruß von Auerbachs Keller.
So., 11. Okt., 19:40 Uhr
Schon witzig, daß Faust und Mephisto hier mal Wein tranken! Also, in diesem Sinne: Wandeln Sie schön auf Goethes und Bachs und anderen Spuren!
Di., 13. Okt., 10:47 Uhr
Aus Leipzig ... schillernde Schiller-Grüße von MD
Di., 13. Okt., 11:54 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
Do., 15. Okt., 11:26 Uhr
Lieber Theo Breuer,
nun zurück aus Leipzig habe ich zunächst einmal herzliche Grüße von Tina Stroheker auszurichten, mit der ich zwischenzeitlich korrespondierte, und die darum bat, als ich ihr schrieb, wir stünden derzeit in engem Kontakt.
Wir haben die vier Tage gemeinsam mit unserer Tochter sehr genossen; Leipzig ist immer wieder eine Reise wert ... nicht allein wegen der so Musik-getränkten Vergangenheit & Geschichte der Stadt! Wir waren erstmals im großen Saal des Gewandhauses bei einem Konzert mit - man höre & staune - ca. 900 - 1000 Zuhörern! - Auch das Literaturfest wird dort in diesen Tagen starten. Aber auch dies: wären wir aus Köln angereist (also nicht in Bonn ansässig) hätte das Beherbergungsverbot gegolten und das Hotel hätte uns nicht aufgenommen. Absurde Zeiten !
Herzliche Grüße Michael Denhoff
Do., 15. Okt., 17:27 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
vielen Dank für die Grüße von Tina Stroheker - grüßen Sie sie doch bei Gelegenheit zurück!
Ins Gewandhaus werde ich es wohl nicht mehr schaffen - außer im Kopf natürlich!
Ich bin weiterhin mit dem Manuskript befaßt. Vor allem die neun langen Gedichte erfreuen sich weiterer Bearbeitung.
Eben habe ich ein weiteres Buch zum Celan-Komplex entdeckt, das ich bald lesen werden lese: Brigitta Eisenreichs Celans Kreidestern. Brigitta Eisenreich ist die Schwester Herbert Eisenreichs, über den sie Celan 1952 in Paris kennenlernte und zehn Jahre lang dessen heimliche Geliebte war.
Seit gestern lese ich Herbert Eisenreichs umfangreichen Roman Die abgelegte Zeit (der Fragment geblieben ist), ein großartiges Porträt Österreichs (vor allem Wiens) der Nachkriegsjahre.
Sie schreiben von den heutigen Zeiten als "absurden Zeiten". Ohne etwas verallgemeinern zu wollen - im Gegenteil -, frage ich mich, ob nicht alle Zeiten auf ihre Weise absurde Zeiten sind. Ziehen wir Kafka zurate ...
Herzliche Grüße Theo Breuer
Do., 15. Okt., 22:10 Uhr
Lieber Theo Breuer,
Ihre Nachricht über die weitere Bearbeitung Ihres neuen Manuskripts steigert die / meine Vorfreude auf die Buchausgabe zum Celan-Tag 23. November! - und ich hoffe, nicht bis zum offiziellen Veröffentlichungsjahr 2021 warten zu müssen. Heute war ich kurz in der Buchhandlung Böttger ... und es stellte sich heraus, daß sich Herr Böttger offensichtlich ein bißchen schlau gemacht hat in Sachen des Autors & Herausgebers Theo Breuer; im Gespräch erwähnte ich auch Ihre bevorstehende Neuerscheinung zu Celan ... dies schien Böttger sehr neugierig zu machen (zumal es einige Veranstaltungen zu Celan schon gab & noch geben wird (ich konnte leider bisher keine davon wahrnehmen]; jedenfalls meinte er, vielleicht könne er Sie im kommenden Jahr mal für eine Lesung gewinnen ...
Mich erreichte heute die letzte noch ausstehende Zusage für meine WKR-Planung für den 13. & letzten Jahrgang der Reihe, die ich beabsichtige mit der dann 100. Ausgabe am 6. Oktober zu Ende gehen zu lassen (beim 50. Abend hatte ich seinerzeit weitere 50 Veranstaltungen versprochen, aber nochmals 50 möchte ich nun nicht mehr zusagen) . Vorläufig vorbereitet (also noch nicht öffentlich einsehbar) habe ich eben die Übersicht. Wenn es Sie interessiert: http://www.wortklangraum.de/wortklangraum2021.htm#uebersicht [da wird sicherlich auch irgendwo ein weiterer Breuer bei der Literatur-Auswahl dabeisein!]
Morgen erwarten mich ein zweites Mal in diesem Semester einige meiner Studierenden in Düsseldorf. Es tut so gut, diese Arbeit endlich wieder tun zu können ... und ja: jeweils auf eigene Art waren wohl alle Zeiten irgendwie "absurd". Nur sehe ich im aktuellen Fall eine globale Angststörung bei allen Politikern, die bisher ihresgleichen sucht ... Ich lasse mich nicht kleinkriegen und trotze allen noch so ärgerlichen derzeitigen Unwägbarkeiten!
In diesem Sinne hoffe & wünsche ich: es geht Ihnen ebenso! - bin allerdings recht sicher, so in den Feinschliff des Manuskripts vertieft, kann Sie im Moment nichts wirklich aus der Fassung bringen / Bahn werfen!
Herzlich wie immer, Michael Denhoff
Fr., 16. Okt., 10:31 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
auch mit diesem Manuskript wird es mir gehen wie mit allen zuvor: On ne finit pas un œuvre, on l’abandonne (Gustave Flaubert). Frohen oder rohen Mutes, that is the question.
Sobald da Buch 'da' ist, werden Sie es selbstverständlich umgehend zugesandt bekommen. Möglicherweise werden wir beide es zeitgleich in Händen halten. Symbolisch ganz gewiß.
Bisweilen (immer wieder) ist da ein Wort, das mir einfällt, das mir zufällt und das zum Gedicht geformt zu werden begehrt. So ging es in der vergangenen Woche mit dem Wort notmäppchen. Beim Spaziergang heute vor einer Woche durch den Burgpark in Hürth sagte ich zu meinem Sohn: Ich will ein Gedicht machen, in dem das Wort notmäppchen auftaucht. Da er seinen nicht selten zu Späßen neigenden Vater (nicht) kennt, schaute er mich verschmitzt an ... Zwei Tage später stand (oder lag???) das Gedicht.
Seit heute morgen macht sich nun das Wörtchen worthäxel breit ... (Vielleicht wird dieses Wort nicht zu einem neuen Gedicht führen, sondern Eingang finden in eins der langen Gedichte - denke ich in diesem Augenblick und werde gleich mal sehen, ob da etwas geht ...)
Noch kennt Böttger ja nichts konkret von mir, aber es bewegt sich etwas --- dank Ihnen. (In der Tat: Menschen wie Sie fehlen mittlerweile an allen Ecken und Enden.) Das freut mich für die Bücher und den Verlag. (Und deshalb sähe ich eine Anfrage zu einer Lesung sicherlich positiv. Warten wir ab, wie sich das Leben entwickelt.)
In der Tat hätte ich den Celan-Zyklus gern am 23. November an einem guten Ort gelesen. Aber danach sieht es in diesen Zeiten einfach nicht aus.
Ich habe mir das WKR-Programm angesehen, das genauso 'forsch' weitergeht, wie die Menschen es seit vielen Jahren kennen. Immerhin ist es noch ein ganzes Jahr bis zum FINAL.
Eben habe ich Brigitta Eisenreich Buch Celans Kreidestern bestellt.
Und lese nun weiter in Herbert Eisenreichs Roman Die abgelegte Zeit.
TB
Fr., 16. Okt., 22:25 Uhr
Ja, lieber Theo Breuer, es wäre in der Tat großartig, könnten Sie genau am 23. November zum 100. Geb. Celans irgendwo erstmals aus dem Manuskript lesen! Ich habe sogar - grad zurück aus Düsseldorf - gedacht, vielleicht könnte ich spontan & kurzfristig für diesen Tag eine abendliche Sonder-Veranstaltung im Bonner Dialograum organisieren: ein Pianist spielt als musikalischen Rahmen die Nr. 1 und 7 aus meinem Zyklus ATEMWENDE und Sie lesen dazwischen (& möglicherweise in der Mitte ein kurzes Gespräch zwischen uns beiden). Ich denke, ich könnte das KBW sogar gewinnen, die Trägerschaft so kurzfristig zu übernehmen ... aber der einzige Pianist, der für so etwas derzeit in Frage käme, wäre mein ehemaliger Student Martin Tchiba; ich habe ihn sogar eben einmal angerufen, aber er fühlt sich durch den aktuellen Corona-Maßnahmen-Wahnsinn so "durch den Wind" (seine Worte) - ein größeres Projekt mit extrem viel Übeaufwand am 11./12. Nov. in Düsseldorf scheint plötzlich auf der Kippe zu stehen, was eine sehr demoralisierende Wirkung auf ihn zeitigt -, daß er mir nicht zusagen mochte. Wäre es mir gelungen, hätte es ein erster Testlauf sein können für das, was ich möglicherweise nach dem Ende der WKR-Reihe ab 2022 als neues Format anbieten möchte: BEGEGNUNGEN - Künste im Dialog / KunstDialoge (noch "Arbeitstitel"). Vier Veranstaltungen im Jahr mit Schriftstellern, bildenden Künstlern jedwelcher Couleur, Musikern, Komponisten, Choreographen, Schauspielern, etc., die jeweils paarweise besondere Beziehungen zueinander oder sogar zusammengearbeitet bzw. sich gegenseitig befruchtet haben. - Wo es nun so kurzfristig wohl kaum klappen kann, würde ich gerne dann die erste richtige Veranstaltung dieses neuen Formates mit Ihnen machen ... und warum dann nicht auch das, was nun am 23. 11. wohl nicht klappt ???-!!!
Schöne Wort-Findungen: notmäppchen & worthäxel !!! - ja, und natürlich ganz "breuersch" - kann mir denken, wie sie sich im Kopf festsetzen und als mögliches Gedicht-Samen zu keimen beginnen ... Bei mir sind es manchmal bestimmte Akkorde / Klang-Verbindungen, die ihren Ort suchen ... und irgendwann dann auch finden ...
Nun wird es Zeit für Pfeife & Wein !! --- Mit vorgenußlicher Freude - und freundschaftlichem Gruß in die Eifel MD
ps: Böttger macht am 24. 11. diese Veranstaltung: „Sprich auch du, / sprich als letzter“. Klaus Reichert, Paul Celans Lektor in den Verlagen Suhrkamp und Insel, erzählt von seinen Erinnerungen an Celan und liest aus dem Briefwechsel.
Sa., 17. Okt., 10:07 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
das liest sich alles ganz wunderbar. Ich sage grundsätzlich und gern zu allem ja.
Und vergessen wir nicht: Wir brauchen auch die nicht in die konkrete Tat umgesetzten Dinge; mehr noch: Die in die Tat umgesetzten Dinge leben von ihnen, werden durch sie erst in Gang gesetzt - siehe unten!
Klaus Reicherts Buch ist ja auch Teil des Celan-Zyklus. (Ich schätze übrigens auch Reicherts Gedichte, die ich vor Jahren las.)
Es ist eine gute Zeit, die Zeit der Nüsse, die der Wind herabweht von den Bäumen.
Theo Breuer
Sa., 17. Okt., 13:32 Uhr
Lieber Theo Breuer,
die zeit der schlüsse schickten Sie mir schon am 7. Okt. - aber gute Gedichte liest man ja bekanntermaßen gerne immer wieder! - (oder gibt es Änderungen? - habe das noch nicht abgeglichen)
Weil ich heutefrüh mit Heinz-Albert Heindrichs telefonierte, der vorgestern seinen 90. Geb. feierte (er betätigte sich - wie ich - als Komponist, Maler und Dichter; mittlerweile schreibt er nur noch Gedichte, die in mehreren Bänden beim Rimbaud-Verlag erschienen sind), die Frage: Kennen Sie ihn & seine Gedichte zufälligerweise? Vor Jahren habe ich sechs davon vertont. Das kann man bei Haikuscope finden: http://www.haikuscope.de/zikadenmusik.htm
Mittlerweile habe ich ebenfalls Brigitte Eisenreichs Buch in Händen; soeben abgeholt bei Böttger, und bin wohl ähnlich wie Sie auf die Lektüre gespannt!
Einen Mittags-Kaffee-Gruß MD
Sa., 17. Okt., 16:27 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
ein kleiner technischer Griff daneben - ich hatte das Gedicht jemand anderem - einem Michael in Berlin - geschickt und es, in Gedanken, noch einmal angehängt.
Ja, ich kenne Heindrichs' Gedichte. (Die Vertonungen werde ich mir bald anhören.)
Sie haben Brigitte Eisenreichs Buch schon! Ist ja stark. Ich erwarte es am Montag.
Eben habe ich noch ein Gedicht geschrieben. Schon länger wollte ich ein Gedicht mit dem Titel zwischen schreiben. (Vgl. hierzu auch Fußnote 40 in Winterbienen im Urftland.) Gerade bei einem solchen Titel muß ich natürlich darauf achten, daß das nichts Beliebiges wird. Wichtig ist mir auch die Darstellung: das Gedicht zwischen Motto (in diesem Fall: Motti) und Fußnote (was ich ja gelegentlich so handhabe, eben dann, wenn es sein muß) gesetzt. Und eben war dann der Glücksmoment, als ich das Wort "Gesumm" auf den letzten Seiten von Herbert Eisenreichs Roman Die abgelegte Zeit las und das Wort weiterbrummte, mich nicht mehr in Ruhe ließ, bis ich es - schreibend - zum Verstummen bringen konnte.
So sind Roman und Gedicht unter Dach und Fach.
Eisenreich beschreibt übrigens in einem Kapitel - ausführlich, intensiv, kritisch, geradezu mitreißend - ein Treffen der Gruppe 47, bei der sich Eisenreich und Celan 1952 in Niendorf kennenlernten (was im Roman keine Rolle spielt).
Herzlich grüßt Sie : Theo Breuer
Sa., 17. Okt., 16:49 Uhr
Das Zwischen, lieber MD ,wabert durchs ganze Buch, kommt im vorletzten Gedicht des Buchs zum Höhepunkt und Abschluß. Das war mir bis vor einer Minute noch nicht so bewußt, und drum fühl ich mich grade gar nicht so klein, wie es aussehen mag ... tb
So., 18. Okt., 11:12 Uhr
Guten Morgen, lieber Theo Breuer, eben fand ich in der Literaturbeilage der ZEIT diese Besprechung, die Sie sicherlich interessieren wird! Ich besitze zwar viele Aufnahmen als private Kopie, werde mir diese Edition aber wohl auch noch zulegen… Herzliche Sonntagsgrüße, MD [Hörbuch Celan liest]
So., 18. Okt., 11:46 Uhr
... welch schönes Wort: Gesumm ! - natürlich auch für mich als Musiker. [mit solch einem Gesumm habe ich mich als Kind oftmals selber über die Trance / Traum in den Schlaf gebracht]
Tja, und das neue Gedicht, welches aus dem ZWISCHEN keimte ... wird es ebenfalls noch Eingang finden in das neue Buch? Sie scheinen derzeit besonders be-flügelt zu sein !!! - wohl schon fast ein Zustand, wo nicht man, sondern es schreibt --- Ich hingegen finde mal wieder jede Menge Entschuldigungen, die Arbeit am anstehenden Sextett weiter vor mir herzuschieben. - Ich beneide Sie.
Aber: Es hat alles seine Zeit. MD
So., 18. Okt., 12:17 Uhr
Guten Morgen, lieber Michael Denhoff:
Schlaf / Trance / Traum: In nämlichem Zustand machte ich heute früh im Bett ein Gedicht, memorierte es, schrieb die bereits ziemlich lange Rohfassung vorm Frühstück auf --- und sitze nun seit Stunden daran, um es in Form zu bringen. Und jetzt ist es auch noch ein Sonett geworden. (Das einzige in diesem Manuskript.)
Ja, alle die neuen Gedichte finden noch Eingang ins Buch. Das vierte Kapitel in seiner offenen Art ermöglicht das ja ganz leicht, und jedes Gedicht ist da noch Bereicherung.
Ich will das in der Tat ja gar, aber es schreibt und schreibt ...
Und Sie - Sie schieben und schieben und werden es um so mehr --- lieben!
Theo Breuer
So., 18. Okt., 12:19 Uhr
Vielen Dank für den Hinweis! (Es nimmt kein Ende, und dann komme ich auch noch mit einem Celan-Zyklus ...)
So., 18. Okt., 12:33 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
manche Leser schreiben mir, wie sehr sie das Wortspiel in meinen Gedichten schätzen. Aber ist es immer ein Spiel? Das Paragramm, beispielsweise, (der Austausch eines Buchstabens im Wort) gehört zum festen Bestand meines Werkzeugkastens. Und das sehe ich weniger als Spiel, sondern als (enorme) Erweiterung: Reflexiv denkt der Leser das Ursprungswort --- und bildet möglicher- und wünschenswerter Wiese weitere Paragramme aus dem einen Wort und dringt so in ungeahnte Bereiche vor.
Zum dritten Mal schicke ich Ihnen das Gedicht zeit der schlüsse (ein Mehrfachparagramm, wenn man so will), da ich im zweiten Vers das letzte Wort umgebildet habe und so viel weitere Dimensionen erschließt als vorher. Oder nicht?
Theo Breuer
So., 18. Okt., 16:17 Uhr
Lieber Theo Breuer,
glut statt blut tut gut ... diesem Gedicht ! --- ja, das "Spiel-Mittel" der Paragramme fällt als besondere Art Ihres literarischen Denkens / Empfindens sofort auf, jedenfalls erging es auch mir so als neu hinzugekommenem Leser. [ ... und nun habe ich Ihnen sogar auch fast noch eines geliefert ;-) ] Daß damit auch der Spaß & Humor zur Welterkenntnis beitragen, ist eine feine Sache. Das kann nicht jeder ! Spielen ist doch ohnehin der Beginn aller Welterkenntnis ! - ich spiele Musik (nicht nur meine eigene … deshalb lerne ich ... immer mehr dazu)
Dies noch kurz, bevor wir nun zu einer kleinen familiären Geburtstagsfeier aufbrechen. Herzlich & dankbar natürlich dafür, so nah bei Ihren Gedanken sein zu können / dürfen.
Michael Denhoff
Mo., 19. Okt., 15:47 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
nun lese ich Brigitta Eisenreichs Buch und bin vom ersten Satz an fasziniert. Es ist eine wunderbare Sprache, über die die Autorin verfügt.
Ich bin sehr froh, daß dieses Buch nun auch noch seine Spur im Celan-Zyklus hinterlassen darf. (Da geht es um das eine oder andere Wort: Erweiterungen kann es nur in höchstem begrenztem Maße geben, da alle Strophen (ob Vers- oder Zeilenstrophen) in der Anzahl der Verse und Zeilen festliegen.
Übrigens sind es nun insgesamt durch die neuen Gedichte insgesamt 70 Gedichte, worüber ich ebenfalls sehr froh bin, da die Siebenzahl eine so große Rolle im Celan-Zyklus spielt. Und alles ist gut, das das Ganze zusammenfügt. (Das bedeutet, daß jetzt Schluß ist mit lustig, sollte sich noch ein neues Gedicht aufdrängen wollen.
Eins muß ich noch relativieren: Ich bestätigte gestern, daß 'es' gleichsam schreibt, mir den metaphorischen Stift aus der Hand nimmt. Dem ist nicht so. Ich würde es als Flow bezeichnen, was ich in letzter Zeit erlebe, nicht mehr nicht weniger ...
Sehr gern möchte ich Ihnen bald, sofern Sie es ebenfalls wünschen, die aktuelle PDF schicken, da Sie ja mehrere Gedichte noch nicht kennen - und zahlreiche Änderungen, Ergänzungen ebenfalls nicht.
Ich lese übrigens unmittelbar nach Nennung jedes von Brigitta Eisenreich erwähnte Gedicht Celans; auch diese Abwechslung - dieses Zwiegespräch, um mit Buber zu sprechen - ist faszinierend.
Die Sonne scheint mir ins Gesicht. Das tut gut. Ich bin zwar seit spätestens 2007 erklärter Rainman, aber in den kälteren Jahreszeiten weiß ich auch die Sonne sehr zu schätzen.
Herzliche, freundschaftliche Grüße
Theo Breuer
Mo., 19. Okt., 21:12 Uhr
... da lesen wir sozusagen fast zeitgleich das gleiche Buch, lieber Theo Breuer. Auch ich bin begeistert von der feinsinnigen Sprache und Erinnerung der Autorin; eine bewegende Lektüre! - wie schön, daß ich durch Sie auf dieses Buch aufmerksam wurde. Mir war gar nicht bewußt, daß Celan in Paris auch in der Rue des Écoles im Hotel lebte (im Haus mit der Nr. 27 habe ich in der Rue des Écoles im März vergangenen Jahres für ca. 10 Tage gewohnt und entstanden sind dort die "Huit esquisses du matin" für Violine (ich glaube, den Link zu einer Aufnahme mit meinem Bruder schickte ich Ihnen bereits; jetzt am 4. November wird er sie dann beim WKR-Abend auch spielen). Leider konnte ich bisher die Hausnummer des Hotel d'Orleans (von dem B. Eisenreich schreibt) nicht ausfindig machen, möglicherweise gibt es dies Hotel mittlerweile nicht mehr ... Immer wieder habe ich mich zum konzentrierten Arbeiten nach Paris zurückgezogen und konnte stets bestens dort schreiben. Früher war es regelmäßig eine kleine Dachwohnung in der Rue Sedaine, vor einem guten Jahr erstmals die Rue des Écoles, eine kleine Wohnung, die ein alter Freund mir zur Unterkunft anbot.
Was hat es mit der Siebenzahl bei Ihrem Manuskript auf sich? - [ gespannt - wie ein Flitzebogen - bin ich natürlich auf die Einsicht in alles Neue, was noch hinzugekommen ist / sich geändert hat ! - könnte mich aber auch bis zur endgültigen Drucklegung gedulden ]
Da das schöne Wetter heute dazu einlud, sind wir nachmittags wieder einmal geradelt und letztlich auf halber Strecke nach Wesseling zu einem frühabendlichen Glas Wein eingekehrt.
Und nun kehre ich zurück zu "Celans Kreidestern" Herzlichst, Michael Denhoff
Di., 20. Okt., 09:03 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
gestern abend war das absolut zeitgleich, denn gegen 21:15 habe ich dann auch wieder zum Buch (zu den beiden Büchern) gegriffen und weitergelesen. Sehr gut finde ich auch, daß Eisenreich immer wieder freimütig einräumt, daß sie sich nicht erinnert. Denn die Nichterinnung gehört eben auch zur Erinnerung.
Daß Sie nun auch noch diesen Bezug zu Paris (zur Rue des Écoles!) haben, macht die Denhoff-Celan-Geschichte ja noch spannender. Ich war zwar zweimal in Paris (1975 und 1981 jeweils für 4 Tage), aber das kann man nicht vergleichen.
Die Zahl 7 spricht ja zunächst für sich mit all ihren symbolischen Schattierungen. Zudem: Ihr Atemwende-Zyklus bezieht sich auf 7 Gedichte, besteht aus 7 Teilen. Die Menora hat sieben Arme. Und das zitierte und übertragene Gedicht Anredsam, das ich siebenschwarmig nenne (Zahl und Vögel zusammenbringend), besteht aus 7 Versen. Und dann - das eigentlich Wesentliche - ergaben sich eben die 7 Teile des Celan-Zyklus: ZuFall (es kommt, wie es kommen muß). Nachdem ich das Cento (zudem als Dreiklang) stehen hatte, wußte ich, daß dies der Abschluß ist. Deshalb könnte ich jetzt auch unmöglich die beiden Gedichte säntis und zeit der schlüsse noch im Celan-Zyklus unterbringen, obwohl sie grundsätzlich dorthin gehören. Aber gerade die Tatsache, daß sie nun im vierten Kapitel stehen, macht die Struktur des ganzen Buchs, durch das sich zahllose direkte und indirekte Celanspuren ziehen, für mich um so überzeugender. (Hinzu kommt, daß das vierte Kapitel dank der hinzugekommenen Gedichte ab säntis noch einmal richtig aufdreht.) Ich habe überlegt, ob ich das vierte Kapitel in wiederum vier Kapitel einteile, dann wären es 7 Kapitel im Buch gewesen, aber davon bin ich jedes Mal wieder abbekommen, denn die Zahl 4 hat ja ebenfalls etwas Magisches. Celan hat sich ja auch sehr viel mit Zahlen und deren Symbolik befaßt. Wichtig ist mir das Unaufdringliche des Ganzen, der Leser wird nicht offenen Visiers mit der 7 konfrontiert, er denkt wahrscheinlich kaum darüber nach, daß sich immer wieder die 7 ergibt: der Zyklus, Aufzählungen (die erste gleich in der ersten Strophe), Gedichte: Auch das Cento zum Abschluß besteht aus 7 Versen, die wiederum auf 7 Celan-Gedichte zurückgehen. Und so weiter: Manches habe ich sicherlich vergessen. Aber da ist ja der Wortverweser ....
Ich freue mich, daß ich Ihnen die PDF in der aktuellen Fassung zusenden darf. Das wird heute oder morgen der Fall sein.
Theo Breuer
Di., 20. Okt., 09:22 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
nun, da Sie mich gefragt haben, fallen mir weitere Dinge wieder ein, die ich mit der 7 gemacht habe, wo es geht. Die sieben Teile des Celan-Zyklus bestehen wiederum grundsätzlich aus 7 Teilen. (Das Gedicht mit / ist die Ausnahme, das waren ursprünglich auch sieben Strophen, ich habe mich dann aber für die vorliegende Fassung entschieden mit 8 Strophen, da ich natürlich auch nicht Sklave der 7 sein will und darf - obwohl man die Strophen 5 und 6 auch als eine lesen kann. Die Zahl 8 ist aber auch nicht schlecht an dieser Stelle, da sie eben unmittelbar auf die 7 folgt und hingelegt das Zeichen für UNENDLICH ist, was wiederum Assoziationen freisetzt ...
(Aber das Ganze beginnt - einschl. des Autorennamen mit 7 (Teil-)Wörtern - mit 7 Wörtern, die beiden ersten Zeilen bestehen aus 7 Wörtern usw.
TB
Di., 20. Okt., 12:48 Uhr
... jaja : die Zahlen & ihre Mystik / Symbolik, ihre vielfältigen Konnotationen; die geheimen Ordnungen, die sie schaffen, usw. --- Ich bin selbst auch "infiziert" von solchem Denken beim Komponieren, lieber Theo Breuer. Und natürlich ist / war es auch kein Zufall, daß mein Klavierzyklus eben 7 Stücke beinhaltet ! - daß die Sieben in Ihrem Celan-Poem eine Rolle spielt, erahnte ich selbstredend, dennoch merke ich nun an Ihren Anmerkungen, wie noch viel tiefer diese Zahl gestaltbildend ist / wurde. Die 8 als "Ausreißer" muß wohl sein. Nur weil Sie ja HW+NW ja schon kennen, schicke ich im Anhang mal eine Tabelle der dort genutzten Metronom-Zahlen / Tempo-Angaben, und ihr vielfältiges Proportionsverhältnis zueinander; auch dort gibt es einen "bewußten Fehler", indem 55 (statt richtig 54) vorkommt; die Erklärung ist mitgeliefert, aber nicht alle weiteren Zahlenbezüge, die dann doch zu privat wären. Ansonsten nutze ich oftmals das Proportionsverhältnis des Goldenen Schnitts, bzw. die sogenannte Fibonacci-Reihe ... und ich habe eine "Neigung" zu den Primzahlen. Aber all das muß kein Hörer wissen, dennoch bin ich überzeugt, es teilt sich unterirdisch mit und trägt bei zu einer gelungenen Statik.
Ich freue mich schon, eventuell heute erneut Ihr erweitertes / modifiziertes Manuskript einsehen zu können!
Bisher habe ich heute den ganzen Vormittag fast ausschließlich telefoniert (organisatorische & private Gespräche); nun als erstes schriftlich an Sie, bevor ich das Mittagessen kochen gehe, das in einer guten halben Stunde auf dem Tisch stehen soll, wenn meine Frau von Ihrer Arbeitsstelle Beethovenhaus hier wieder eintrifft.
Wie immer ganz herzlich Michael Denhoff
Di., 20. Okt., 17:30 Uhr
Wir verstehen einander, wir drei, und das ist gut, das ist gut, lieber Michael Denhoff! Nun erkläre ich das Manuskript für - von Kleinigkeiten, die sicherlich noch geändert werden - für beendet, nachdem ich heute noch einmal in mehreren Etappen daran gearbeitet habe. Ein schönes Arbeiten an diesem 20.10.20 - wie meistens - in dieser Phase, wenn Lesen und Schreiben auf diese Weise ineinander übergehen. Die Quersumme der Seitenzahl, die sich nun abschließend ergibt, tja, was soll ich dazu sagen - außer : nichts. Herzliche Grüße: Theo Breuer
PS Und danke für das angehängte Blatt, das ich mit Vergnügen zur Kenntnis nehme. Ich werde es nicht tun, aber vielleicht, denke ich jetzt, sollte ich ein solches Blatt ebenfalls anlegen ...
Di., 20. Okt., 21:32 Uhr
Wie nett, von uns dreien zu sprechen, die sich verstehen, lieber Theo Breuer! Und bevor ich weiterschreibe, zunächst einen kurzen Klanggruß in diesem Zusammenhang (einen meiner "Juwelen" aus HW+NW): http://www.denhoff.de/HWNW/011298.htm ... das "unweit von Dir" also mehrdeutig zu verstehen ! - A.B. / P.C. / T.B. [& eine "ferne Geliebte"]
Später werde ich in Ihr nun (fast) abgeschlossenes Manuskript schauen, doch zuvor reizt mich noch mehr (sozusagen zur Einstimmung), ein wenig weiter in das heuteabend erworbene Celan-Hörbuch hineinzuhören ... ich stellte bereits fest, daß ich selber mehr Celan-Lesungen vorliegen habe, als dort auf der Doppel-CD zu finden sind, obwohl dort angeblich auch bisher unveröffentlichte Originalaufnahmen dabeisein sollen (z.B. habe ich auch 14 Jessenin- & 11 Mandelstam-Übersetzungen von Celan gelesen!). Und gleich beim 1. Track "Zähle die Mandeln" stellte ich fest, es muß eine andere als die mir schon vorliegende Aufnahme sein, denn Celans Tonfall ist nicht identisch, unabhängig von der besseren, wohl aufbereiteten Tonqualität. Da ich mir seinerzeit die Aufnahmen von Kassetten überspielte, die mir der Musikwissenschaftler Martin Zenck (auch WDR-Redakteur war er einmal) zur Verfügung stellte, und auf diesen nicht exakt die Quellen notiert waren, kann ich bei meinen Aufnahmen nicht sagen, wann & wo sie entstanden. Dennoch denke ich, diese Aufnahmen könnten Sie interessieren, so werde ich in den kommenden Tagen mal eine Kopie machen und Richtung Sistig auf den Weg gehen lassen.
Ich kenne aus eigener Anschauung durchaus das Glücksgefühl, wenn quasi fertig, nach-lesend man noch winzige Retuschen vornimmt. Insofern muß es in der Tat ein besonders schöner Tag für Sie gewesen sein ! - und daß die Quersumme der Seitenzahl ein erneutes Mal die Sieben zeitigt, ist irgendwie ein zwingender ZuFall !!! - über ähnliche Gegebenheiten freue ich mich auch immer, wenn ich sie bemerke / entdecke.
Dies zunächst bis hierhin, in immer wieder überraschender Nähe zueinander herzlichst, MD
Mi., 21. Okt., 01:23 Uhr
Lieber Theo Breuer,
unabhängig von den teilweise doch deutlichen Änderungen & Ergänzungen [nicht zuletzt der Zuwachs an "(Kreide)stern-en/ -chen" gegenüber der früheren Fassung] bemerke ich bei der erneuten Lektüre, wie auch das Unveränderte neue Türen des Verständnisses & Bedeutungen öffnet ... Alles in Allem: es ist ein großartiges Buch geworden! Sie können / müssen / dürfen / sollten stolz & zufrieden sein mit dem, was da (Ihnen) gelang !!! ---
Daß still leben nun nicht mehr allein in's Weiß des Papieres mündet, ist an besagtem Ort wohl richtig & besser. Und wie ungewöhnlich / wie poetisch das Inhaltsverzeichnis (somit das Ende des Buches) noch mit einem Flaubert-Zitat zu "würzen"! Meine Begeisterung könnte ich noch an anderen Kleinigkeiten belegen ... aber nun sollte ich langsam mal ins Bett abrauschen ... aber zumindest eine kurze nächtliche Reaktion sollten Sie dennoch bekommen!
Auf wohl bald wieder & herzlichst Michael Denhoff
Mi., 21. Okt., 10:35 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
ich freue mich über Ihr Angebot, mir eine Kopie von Celan-Rezitation zu schicken. Ich bin gerade dabei, eine weitere Büchersendung an Sie fertig zu machen. In dem Zusammenhang möchte ich Sie fragen, ob Karsten Gaul und Timo Berndt sich wohl auch über eine kleine Auswahl meiner Bücher freuen würden. Ich würde den Herren gern auf diese Weise meine Wertschätzung und meinen Dank aussprechen. Sollten Sie das befürworten, wäre ich Ihnen verbunden, wenn Sie mich die jeweiligen Adressen wissen lassen könnten.
Auch ich freue mich täglich über die - nun ja kaum noch überraschende - Nähe zueinander!
Theo Breuer
Mi., 21. Okt., 10:55 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
bei mir wird es auch oft spät. Die Wörter/Töne geben einfach keine Ruhe - obwohl sie so oft Ruhe spenden.
Vielen Dank für die neuerliche Rückmeldung. Über den einen oder anderen weiteren Beleg würde ich mich natürlich freuen.
Ja, das ist auch eine Gratwanderung, dieses Redigieren. Zum einen will ich das Äußerste herausholen, zum anderen droht die Gefahr von Bogenüberspannung / Verschlimmbesserung. Am Ende sollte es - aufs Ganze gesehen - so sein, daß der Leser selbst hier und dort Punkte, Stern, Trennstriche, Parenthesen, Hoch- und Tiefstellungen, Klammern einfügen will.
Zum Glück habe ich kein Problem mit dem Unterlassen von Erweiterungen, egal welcher Art: Nicht mehr nicht weniger ist Celan-Zitat, Devise und Programm.
Aber nehmen wir mal das Gedicht vrotzkauz als Beispiel: Hier gibt es nun zwei Lesarten, die Vollfassung und die Kurzfassung, in der man über Klammern und Hochstellungen hinwegliest. Diese Art Schwingung zwischen Wörtern, Versen, Textteilen und dem mehrgeteilten Ganzen usw. will ich erreichen.
Ein anderes Beispiel: Die 7 Wörter von schlaf bis schlamm im ersten Strophenabschnitt beinhalten bewußt die 5 Vokale. Damit wird dann ein ganzes Spektrum abgedeckt.
Und daß das Ganze zusammenschwingt: Reime (verschiedenster Art) und andere Wortpaare (Wortgruppen) gehen immer wieder über das einzelne Gedicht hinaus, korrespondieren mit Wörtern eine, zwei, drei Seiten zuvor, klammern das Ganze zusammen. Mein Formbewußtsein läßt sich vielleicht nicht so offen erkennen (soll es auch nicht), aber es geht in der Tat um jeden Laut, um jeden Buchstaben. (Deshalb könnte man auch immer weiter daran arbeiten - so lange, bis es kein lebendiges Kunstwerk mehr wäre.) Schlüsselwörter verteilen sich übers ganze Buch, da spielt es keine Rolle, wo sie auftauchen. Einmal irgendwo genügt. (Die Suchfunktion ist da eine große Hilfe in heutiger Zeit.) Das kann am Ende nur eine gründliche Analyse (z. B. in einer studentischen Seminararbeit) bewußt machen, aber darum kann es ja nicht gehen. Der Urheber schreibt (komponiert) das Ganze zunächst und allererst für sich, für seine Ohren, sein Bewußtsein.
Herzliche Grüße Theo Breuer
Mi., 21. Okt., 12:29 Uhr
Liebe Theo Breuer,
eh ich es wieder vergesse (aber möglicherweise ist es Ihnen selbst bereits aufgefallen): auf Seite 42 ist in der 5. Zeile die abschließende Klammer in die 6. Zeile gesprungen.
Ich bin mir sicher, daß Timo & Karsten sich über solch ein überraschende Büchersendung sehr freuen würden (ähnlich wie ich, als Sie mir erstmals schrieben); deshalb hier also beide Postadressen: Timo Berndt, Bergstraße 108, 53129 Bonn Karsten Gaul, Gerhard-Rohlfs.Str. 5, 52173 Bonn
Alles, was Sie über das Schreiben (& Redigieren) schreiben (so, wie Sie es auffassen): es gilt auch beim Komponieren! - auch in einem so langen Werk wie HW+NW gibt es zahlreiche Zusammenhänge über größere Zeitabstände hinweg: Varianten, Erweiterungen, Verkürzungen, etc. Was Sie sagen, bestätigt mir auch, warum ich bei der ersten Lektüre assoziativ an Mallarmés Würfelwurf dachte ...
Übrigens bemerkte ich, daß ich doch die Quellen meiner Celan-Lesungen vorliegen habe! Heute kopiere ich das für Sie.
Zunächst herzlich wie immer Michael Denhoff
Mi., 21. Okt., 16:05 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
Sturm pfeift uns heute ordentlich um die Ohren. Eben habe ich etliche Büchersendungen auf den Weg gebracht, u. a. drei nach Bonn. Ich freue mich, daß bald auch (schon) wieder etwas auf dem Weg zu mir ist. Ein wunderbares Hin und Her von Wörtern, Büchern (Zeitschriften), CDs ...
Vielen Dank für den Hinweis. Diesen Fehler hätte ich nicht entdeckt, der steht wahrscheinlich schon länger an da, und nachdem man Manuskripte hundert Mal gelesen hat, wird man für gewisse Dinge einfach blind.
Keine Beliebigkeit, ein dichtes Netz von Zusammenhängen, Wörter, Wörter, Wörter (es gibt gar nicht so wenige Bände, in denen ich kaum ein Wort finde, das mich weckt), Korrespondenzen, Vorder- und Hintergründiges, vom Nonsens zum Tiefsinn, vom Einzeiler zum mehrseitigen Gedicht, ach, da fällt mir ein, in Scherben saufen gibt es ja dieses poetologische Gedicht auf den Seiten 43 bis 45, das alles zu fassen versucht, was ich in Gedichten sehe - und vieles davon in meinen.
Bei allem Zusammenhang: Jedes Gedicht steht für sich. (Wobei es naturgemäß alle Gewichtsklassen gibt.)
Was geht mir alles durch den Kopf ...
Ich bin müde ...
Herzlichen Dank für alles bisher und freundschaftliche Grüße Theo Breuer
Mi., 21. Okt., 21:07 Uhr
... ja, stürmig war es, aber hier heute auch 21° & sonnig, lieber Theo Breuer, deshalb schwangen wir uns nachmittags wieder auf die Räder und sind nun zurück von einem abschließenden Abendessen mit herbstlichen Kürbis-Akzenten. Zuvor hatte ich für unser Hin & Her meine Sendung an Sie in den Briefkasten befördert, neben den Celan-Lesungen auch meine 52 Stücke vom Jahr für einen Pianisten (der umfangreichste aller Klavierzyklen, von dem ich noch ein Exemplar im Nachlaß meiner Eltern fand (ansonsten besitze ich nur noch ein Autorenexemplar). Viel Freude bei den weiteren musikalischen Erkundungsreisen in mein klingendes Universum! -
Bei den so wort-spielerischen kurzen Gedichten des 4. Kapitels Ihres neuen Buches, die ich ja alle erst nach dem Celan-Haupttext kennenlernte, gibt's einige, die mir besonders viel Vergnügen bereiten: natürlich all die (***)ierzeiler, die natürlich auch an unseren Freund Hans Bender erinnern, aber doch von völlig unterschiedlicher Natur sind. Oder auch in ihrem lapidarem Witz / Humor / Nonsens ( & Weltbeobachtung /-erkenntnis): herzschmerz, in kindeseile, leibjagd, moralverkehr, punschtraum ... und und und ... immer wieder ein Vergnügen, und das sicherlich noch mehr, wenn man demnächst in der gedruckten Ausgabe hin- und herblättern kann.
In freundschaftlicher Nähe einen Gruß von Schreibtisch zu Schreibtisch Michael Denhoff
Do., 22. Okt., 11:56 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
soeben, während ich mit Korrekturlesen befaßt war (drei weitere Fehler gefunden: kleine, schwer zu erkennende ...), hörte ich, wie nicht ganz leichte Post durch den Briefschlitz geschoben wurde, und ich wußte, daß das nur das Päckchen aus Bonn sein konnte.
Vielen, vielen Dank! Ich freue mich - wie jedes Mal - sehr darüber!
Es ist wunderbar, daß ich im hohen Alter noch ein musikalisches Werk der Gegenwart in dieser Intensität kennenlerne! Dieses Jahr ist : Celan-Jahr, Denhoff-Jahr. Nein, ich vermisse nichts in diesem Jahr. Es ist in gutes, gutes Jahr. (Auch eingedenk der Familie, der Enkel, zu denen wir in wenigen Tagen wieder für drei Tage fahren: Diese Kinder aufwachsen zu sehen ...)
Und die Celan-CD ist ein Schatz, der sich schon darauf freut, Teil der kleinen Celan-Sammlung zu sein.
Erneut danke ich fürs Feedback zum Manuskript bzw. einzelnen Gedichten.
Herzliche Grüße Theo Breuer
Do., 22. Okt., 18:11 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
ich habe eine Bitte: Könnten Sie die Seiten 27 und 28 noch einmal lesen und mich wissen lassen, ob Ihnen im Vergleich zu früherer Lektüre (ohne unmittelbar zu vergleichen) etwas als neu hinzugekommen auffällt. Wenn ja: gut, wenn nicht: vielleicht besser (denn alles so ja stets fein verwoben sein, unauffällig gestaltet und geformt, you know what I mean ...).
Nach Ihrem Feedback löse ich das, worum es geht, ggf. auf.
Vielen Dank im voraus!
TB
Do., 22. Okt., 20:57 Uhr
Lieber Theo Breuer,
es ist interessant, daß aus der Erinnerung des letzten Lesens mir besagte zwei Seiten mit ihren sieben Strophen etwas kürzer erschienen, als nun. Eine Täuschung? - was geändert oder hinzukommen sein könnte, fiel mir schwer zu erraten. Nur eines eindeutig anders: aus dem "Komponisten" scheint ein "Tondichter" geworden zu sein; ja: das fällt mir (als solchem) dann doch sofort auf! Also habe ich doch die vorige Fassung hervorgeholt ,,, und es bestätigt sich mein Gefühl / Vermutung [Tondichter gefällt mir in jedem / meinem Fall auch besser!] ... und als weiteres springen mir nun gleich die hinzugekommenen & sich reimenden Wörter in der ersten & vierten Strophe ( wörter locken / im hocken) ins Auge. --- Aber Ihnen muß ich die weiteren Retuschen ja eigentlich nicht aufzählen ...
Wirklich spannend, wie sich immer noch etwas tut. Herzlich, MD
Do., 22. Okt., 21:36 Uhr
Wunderbar die Reaktion, perfekt! Es sind übrigens 7 Reime
- in jeder der sieben Strophen finden Sie ein Wort, das sich auf „trocken“
reimt. Dieses Adjektiv war bis heute morgen das einzige Ocken-Wort, und da
SAH ich auf einmal diese Möglichkeit, das Gedicht weiter zu poetisieren,
ineinander lautlich zu verklammern. Danke, daß Sie mich so selbstverständlich
begleiten, lieber MD! Ganz Ihr dankbarer: TB
Fr., 23. Okt., 09:33 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
davon abgesehen, daß Sie von Beginn an Idealleser meiner Art Texte zu schreiben gewesen sind, waren Sie gestern der idealste Leser überhaupt als jemand, der das Manuskript so oft gelesen / gesehen hat. Ich wollte herausfinden, ob die 7 Reime möglicherweise auf ungute Weise auffallen, herausragen aus dem Textfluß (was sie keinesfalls dürfen) - und das ist offenbar, wie ich erhofft/vermutet hatte, nicht so.
Interessant, daß Sie zunächst meinten, das Gedicht wäre länger geworden. Tatsächlich sind es ja nur wenige Wörter, die Verszahl der jeweiligen Strophen (4/4/4/5/5/5/5) wurde nicht angetastet. Möglicherweise ist es durch den roten Faden des Siebenreims eindringlicher geworden. Das Unterbewußte reagiert ja garantiert auf eine solche maßgebliche Einfügung.
Schrieb ich eigentlich schon, daß die Seitenzahl 133 nicht nur in der Quersumme 7 ergibt, sondern daß 133 durch 7 teilbar ist? Das fiel mir erst einen Tag später auf. Das Glück des --- Süchtigen?
Nachdem ich während der letzten drei Tage noch einmal das gesamte Manuskript durchgesehen und durchleuchtet habe, gehe ich davon aus, daß dies nun die letzte signifikante Änderung war.
Ein zweiter Leser - der Lyriker und Herausgeber der Versnetze Axel Kutsch - hat seit gestern ebenfalls die PDF. Kutsch und ich begleiten einander seit 1990. Ich habe einige seiner Gedichtbücher lektoriert, und er liest meine Manuskripte vor der Veröffentlichung und ist immer für den einen oder anderen Hinweis gut.
Ihre Mail gestern abend zu lesen waren wunderbare Sekunden des Glücks, woran Sie ermessen können, wie wichtig mir die Einflechtung der 6 auf "trocken" reimenden Wörter ist. Und es muß ja auch passen: Z. B. vermittelt der fremdling ( im hocken ) nun genau die spannungsreiche Nähe, die ich mir vorgestellt habe: zum einen Fremdling, zum anderen hockendes Kommunizieren und kein Weglaufen eingedenk der katastrophalen Gedanken, die der poetischen Persona durch den Kopf gehen. Und im Traum ist man ja auf verschiedenen Ebenen von den socken. (Usw.)
DANKE!
Theo Breuer
Fr., 23. Okt., 21:56 Uhr Lieber Theo Breuer,
freitags bin ich ja nun wieder an der RSH in Düsseldorf und finde nun erst Ihre "rockenden" Worte. Bei den großen Bögen, welche die sich reimenden Worte über den gesamten Text spannen, besteht sicherlich keine Gefahr des allzu Platten. Ich bin gespannt, wie Ihr Kollege auf das Ganze nun reagieren wird. --- Er wird doch sicherlich auch einer der Idealleser sein, wenn Sie schon über so viele Jahre sich austauschen! Mich faszinierte schon an der allerersten Fassung des Celan-Haupttextes (was durch die neue offenere Gliederung und die Retuschen noch intensiviert scheint), wie wieder einmal der lesende Poet so mit seinem "Objekt" verschmilzt, daß die Grenzen fließend werden ... und Impression mit Expression zu einer magische Einheit finden. - Mir hat dieses begleitende Beobachten durchaus Freude bereitet ! --- [... unabhängig von der Tatsache, daß wohl ein Impuls zu dieser besonderen Form durch meine Klänge mitbefördert wurde. ]
Aber in einem muß ich nun doch heftig widersprechen: in einer vergangen Mail sprachen Sie von sich als Mensch / bensch im "hohen Alter" - NEIN. - solch einen Text kann nur jemand im Vollbesitz seiner jungen & frischen geistigen Kräfte schreiben !!! - [ Die Benderschen Vierzeiler, ja, diese empfinde ich als gelassenes Alterswerk, dennoch positiv gestimmt auf all das, was da möglicherweise doch noch kommen mag ... ] Ich selbst fühle mich wie ein höchstens 45-Jähriger ! - alles andere als "alt" !! --- muß aber natürlich gestehen, der Personalausweis beweißt eindeutig, daß Gefühl & Realität nicht übereinstimmen, oder: vielleicht nur zwei verschiedene Realitäten / Wahrnehmungen sind ... [ein chinesisches Sprichwort sagt: ab 60 wird man älter - was ja wohl unzweifelhaft so zu deuten ist, daß man bis 60 jung ist! ]
In diesem Sinne herzlich wie immer Ihr Michael Denhoff
Sa., 24. Okt., 09:23 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
"die großen Bögen, die die sich reimenden Wörter über den Text spannen": That's it. Darum geht es mir.
Ich freue mich natürlich über die Gesamteinschätzung: "... und Impression mit Expression zu einer magische Einheit finden". Wenn das so ist, dann haben wir gewonnen.
Das war natürlich eine überspitzte Bemerkung mit dem Alter, um das, was folgte um so mehr in den Vordergrund zu bringen. Und: "Es ist halt alles relativ", sagt jemand wiederholt in Ödön von Horvaths Theaterstück "Italienische Nacht". Eine Stunde ist mal eine Sekunde, mal ein ganzes Leben. Ich fühle mich alt, jung, mittelalt (so ein Käse ...) - alles zusammen, rasend schnell einander abwechselnd. Bleibt : Zum Alter kann ich nicht wirklich etwas sagen. Da bleiben, wie man sieht, nur Gemeinplätze.
Als ich Bensch (bensch) erfand, ging es um eine ganze Reihe von Dingen, die ich in den Namen einbringen wollte. "Dieser Bensch ist ein Segen", jubelten Kraus und Peer Quer bei seiner 'Geburt', ohne zu ahnen, wie recht sie hatten: 'benschen' (jiddisch) heißt soviel wie 'segnen' ...
In diesem Sinne herzliche Grüße Theo Breuer
Sa., 24. Okt., 12:22 Uhr
Lieber Theo Breuer,
eben klingelte der Briefträger … überreichte mir Ihre erneute Büchersendung. Tausend Dank! Und schon blättere ich ein bißchen in diesem dicken / schwergewichtigem Buch und bemerke, es handelt sich nicht um eine der üblichen Gedicht-Anthologien, sondern vielmehr um eine durchaus persönliche / kommentierte / gegliederte Zusammenstellung. Der lesende Poet spricht … Das ist umfangreiches Lesematerial / wird vielfältige Lesefreude sein !!! – könnte über den Winter reichen … Also erneuten Dank für die großzügige Gabe & ja, natürlich in „vielfacher Verbundenheit“ !
Michael Denhoff
Sa., 24. Okt., 16:22 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
ich freue mich, daß die Sendung gut angekommen ist.
Heute morgen schrieb ich von der Relativität der Zeit und ergänze nun, daß ich gestern zwei Stunden wie zwei Minuten und gleichzeitig als ganzes Jahr er:lebte. Das war von von 10 bis 12 Uhr der Fall, als ich HEBDOMADAIRE – 52 Stücke vom Jahr für einen Pianisten am Stück hörte, mich schnell in die Arme der Musik fallen ließ, die allermeiste Zeit bloß Ohr war, oft die Augen schloß, einzelnen Tönen, Tonfolgen, Läufen folgte, das Sparsame, Stille, die lärmende Welt Ausschließende genoß und als gute Botschaft wahrnahm.
Danke!
Theo Breuer
Sa., 24. Okt., 23:33 Uhr
Lieber Theo Breuer,
wenn nicht unterwegs war ich heute damit beschäftigt, die endgültigen Texte für den letzten WKR-Abend in diesem Jahr zu suchen / finden ... nun habe ich das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein ... (und Celan wird - auch als Übersetzer von Mandelstam & Jessenin - dabei sein!) Daneben verlockte natürlich auch ein erstes Ein-Lesen / mehr ein Quer-(Peer)-Lesen in Ihr "Hinterland". Mich freute, zu bemerken, wie wertvoll Sie Michael Donhausers poetische Stimme einschätzen, die auch ich (wie Sie ja wissen) als eine ganz besondere erleb(t)e ! [ oh: ich darf nicht vergessen, ihm am kommenden Dienstag zum 64. Geb. zu gratulieren ... fällt mir grad in diesem Zusammenhang ein ] Wieder einmal erstaunen Sie mich, weil ein solches Buch über aktuelle / jüngste Lyrik ihresgleichen sucht! Mich begeistert Ihre ehrliche & nachvollziehbare Begeisterung für bestimmte Autoren, aber auch die persönlichen Zweifel an anderen (meist bekannteren) Autoren Erfrischend schon allein "Vorwort" & der "Lesende Lyriker"!
Übrigens (wo Sie gestern in einem Zug mein "Wochenbuch" durchgehört haben): dort findet man auch genau das, was ich über die größeren Bögen der Zusammenhänge / Reime etc. schrieb. Und bei aller Kürze & Dichte hat Robert Schön im Booklet-Text ziemlich gut genau dies bestens analysiert & benannt.
Herzlichst, MD
So., 25. Okt., 08:44 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
wie schön, daß Sie Bensch, Kraus und Peer Quer so verlebendigen, wie sie es verdienen. Was wäre ich ohne sie - Mrs Columbo nicht zu vergessen. (Die vier gab es zu Zeiten der Niederschrift von Aus dem Hinterland noch nicht.
Auch bei der Lektüre dieses Buches liest wieder der Idealleser: Nach wenigen Seiten bereits weiß er, wie es wo langgeht. Das freut mich ungemein, da er es auch auszudrücken vermag.
Wozu ich bei Ihrer Musik kaum in der Lage bin. Um so mehr freue ich mich, mich den jeweils sehr guten - einfühlsamen, kenntnisreichen - Booklet-Texten anschließen zu können. Was ich hiermit betont haben will. Mit jedem weiteren Hören erschließen sich dann naturgemäß auch "Bögen" u. v. a. m.
Ich befasse mich mit Musik auch immer schon auf analytischer Ebene. Schwark und Bürger haben schon manches Mal gestaunt, wenn ich während gemeinsamer Opernabende vorm Fernseher hochmoderne Inszenierungen interpretierte und ihnen auf diese Weise nahebringen konnte. Aber Oper und klassische Musik begleiten mich seit dem 16. Lebensjahr, während ich mich mit neuer Musik (aller Art: unser Sohn Andreas betätigt sich als freier Musikkritiker in der Welt des Hardrock u. ä., da kann ich nur staunen) nur sehr, sehr, sehr wenig befaßt habe und mit Ihnen gleichsam Neuland betrete. Ich fühle mich ja sehr wohl dabei. Ich bin froh, einmal nicht denken zu müssen, formulieren zu müssen, mich dieser Musik überlassen zu dürfen, die mich natürlich auch denken läßt, Wörter und Bilder evoziert, aber ich muß keine brauchbaren Formulierungen finden - auch wenn ich dem Komponisten natürlich gern eine Freude damit machen würde.
Gestern abend fielen mir noch einmal ein paar Wörter zu, die dem Gedicht da : an drei Stellen ((zweimal in der ersten - die nun mit 7 Wörtern beginnt: drei m-Wörter vorm zwischen, drei danach (da wird das summe ich viel stärker verunmittelbart als bisher), einmal in der dritten Strophe, die nun vor dem Zeilensprung viel stärker als bisher endet mit drei Wörtern; dann das Changieren von k/ein / stein / sein in der Klammer: Darauf habe ich wirklich noch gehofft)) ein weiteres Mal guttun. Es geht ja von Beginn an (dem Celan-Zitat) um den stein der leisen, den ich eben jetzt noch viel komplexer und stimmiger 'einbetten' konnte.
So., 25. Okt., 11:30 Uhr
Lieber Theo Breuer,
das so Feine an Ihrem „Hinterland“ ist ja, daß Sie als lesender Poet / Lyriker nicht Ihre eigene ästhetische Position zum Maßstab im Umgang mit den besprochenen Büchern anwenden, sondern vielmehr sich in den „Geist“ des betreffenden Autors hineinfinden und damit zu einem (fast) objektiven Urteil kommen. [ Ich denke, auch „unser“ Celan war dazu imstande! – dennoch sind seine diversen Übersetzungen immer irgendwie auch celan-gefärbt. ]
Im Bereich der Musik fällt mir spontan mein leider bereits verstorbener Freund & Kollege Dieter Schnebel ein, der vergleichsweise begeistert / begeisternd von anderer Musik sprechen / schreiben konnte!
Ja, selbst als „Fachmann / -frau“ sollte man als Musikhörer sich absichtslos den Klängen hingeben, nicht immer analytisch herangehen (wenngleich das als Komponist selbstverständlich verlockend ist!). Ich schreibe nicht für Fachleute – wie jeder zunächst nur für mich --- und erst dann natürlich gerichtet an alle offenen Ohren, wo immer diese Ohren / Sinnesorgane sich finden mögen. Bei Ihnen scheinen sie ganz weit offen ! – was mich sehr beglückt !!
Sie schreiben auf S. 28: immer wieder diese unüberbrückbaren ab-gründe zwischen gedanke und wort --- genau das ist es, was mich hat „Tondichter“ werden lassen, denn es gibt Dinge / Gedanken, die sich nicht besser & richtiger mitteilen lassen als in Klängen, die reichen auch dahin / dorthin, wo Worte versagen müssen. [ mir scheint, keine andere Sparte als die Musik kann die Seele mehr „erschüttern“ !!!, erreicht sie tiefer als die „klingende Sprache“ ]
A propos: tatsächlich auch vom Klingen / Klang sind die erneuten scheinbar winzigen Eingriffe ein Gewinn für besagten Abschnitt bei nicht weniger nicht mehr !
Herzlich in den Sonntagmorgen (sang- & klanglos) Michael Denhoff
So., 25. Okt., 13:50 Uhr
Erst jetzt komme ich dazu, die FAZ von gestern zu lesen. Dabei stieß ich auf dies zu Celan und leite es einmal weiter, nicht wissend, ob Sie es doch möglicherweise schon gesehen / gelesen haben Beim mittäglichen Kaffee einen Gruß von MD
[Frankfurter Anthologie: Celan: in memoriam Paul Eluard]
So., 25. Okt., 17:11 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
und wieder geht dieses Gedicht unter die Haut! Obwohl ich es schon mehrfach gelesen habe, ist es jedes Mal ein neuer Schmerz.
Danke für die Weiterleitung, ich schätze die Frankfurter Anthologie sehr, habe mehrere Anthologien davon. (Da ich keine Zeitungen lese, sind solche Hinweise stets willkommen.)
TB
Mo., 26. Okt., 10:44 Uhr
Lieber Michael Denhoff,
ich freue mich, daß Aus dem Hinterland auch nach 15 Jahren noch so ankommt, wie Sie es im ersten Absatz der E-Mail beschreiben. In einem Satz bringen Sie meine Grundhaltung auf den Punkt.
Um so mehr freue ich mich, daß Sie "beglückt" sind von meiner Art, mich Ihrer Musik zu widmen, die eine Bereicherung der besonderen Art für mein Leben darstellt. Ich möchte sie nicht mehr missen. Und diesen Zusammenklang von Korrespondenz, Rezeption und Produktion wird in dieser Form wohl einmalig bleiben.
Trotzdem werde ich in diesen Stunden von großen Zweifeln in die Zange genommen, nachdem ich eben mit Pop telefonierte und wir das WE für die Abgabe der Druckvorlage ins Auge gefaßt haben. (Zweifel dieser Art sind nichts Neues für mich, das schüttle ich auch nicht einfach ab, nehme sie ernst wie (fast) alles und muß sehen, bald wieder einen ruhigen und klaren Blick auf das Ganze zu bekommen.
Schön, daß die kleinen Eingriffe in da : sich tatsächlich auch klanglich bemerkbar machen, wie ich es mir gewünscht/erhofft habe.
Ja, das Celan-Zitat auf S. 28: Diese Abgründe, sie machen mich gerade jetzt, sie machen mich fortwährend verrückt. Auch in der vergangenen Nacht konnte ich wegen zwei Wörtern nicht schlafen. Diese zwei Wörter sind jetzt gelöscht, und das Gedicht endet gleichsam im Schneewirbel. Das ist genau das Ende, das ich mir vorgestellt habe, das sich aber jetzt erst eingestellt hat. (Es geht um das Ende des Gedichts auf S. 78.)
Danke auch für den Artikel zu Norbert Scheuer.
Herzliche Grüße Theo Breuer
Mo., 26. Okt., 23:08 Uhr
Lieber Theo,
zurück vom montäglichen pädagogischen Großkampftag, aber das endet bald, am 1. Februar altersbedingt. Ich kann / muß / darf in den sog. Ruhestand treten, es bleibt dann nur noch die Hochschultätigkeit in Düsseldorf für (so kürzlich vereinbart) ein weiteres knappes Jahr.
Irgendwann muß man loßlassen. -
Das gilt ja auch für unsere künstlerische Arbeit. Natürlich hat man oft das Gefühl, es gäbe immer noch etwas zu optimieren; aber: kann es das 100-prozentig perfekte Kunstwerk überhaupt geben? - und: wäre es erstrebenswert? --- ich weiß es nicht. Mein engster Malerfreund Giso Westing setzt sich - wenn scheinbar etwas noch unstimmig - so lange vor das Bild, bis "es stimmt" ... ohne nochmals einzugreifen, Vielleicht ist es auch gut, daß manchmal so etwas Banales wie ein naherückender Termin dem Feilen bis in letzte Kleinigkeiten ein Ende setzt. Hätte ich heute nicht Ihren letzten Eingriff in den Schneewirbel gesehen (der tatsächlich fast bildhaftig ist und wegen des offenen Endes auch wohl ein Gewinn!), wäre ich nicht auf die Idee gekommen, das Gedicht sei zuvor schlecht gewesen.
Wer so viel wie Sie geschrieben hat, hat wohl auch einen guten Instinkt, wo tatsächlich ein Eingriff noch zwingend nötig ist. - Mir geht es da nicht unähnlich. Und letztlich kann einem dabei keiner helfen, das ist etwas ganz Einsames.
Späte Grüße nun Michael Denhoff
Mo., 26. Okt., 23:38 Uhr
... versehentlich den "Breuer" nach dem Theo vergessen... ich entschuldige mich! (nach dem langen Tag wohl schon zu müde)
Di., 27. Okt., 09:36 Uhr
Lieber Michael,
das ist ja die Frage: Muß man loslassen? Der Künstler in E. T. A. Hoffmanns Novelle Das Fräulein von Scuderi mordet, um seine Werke zurückzubekommen.
ABER: Da ich nicht das Zeug zum Mörder habe, bleibt mir wohl nichts andres übrig ...
Aber gestern habe ich das einzig Richtige getan: Ich habe mich in die Arbeit gestürzt und bin bei einem Gedicht - so ist das - noch einmal dermaßen belohnt worden, man glaubt es nicht!
Und das kam so: Wie beim nun schneeverwirbelten Gedicht beruhigungsschnee dachte ich bei so ist das (S. 107), das Gedicht ist okay, aber eine Winzigkeit fehlt noch. Welche das war, war mir klar und nicht klar zugleich. Ich begann zu experimentieren, schrieb ein ganz neues Gedicht, das ich schnell verwarf und googelte dann das Wort Skinhead und stieß auf die punkige (und gelegentlich auch rechtsorientierte) Musikrichtung Oi. Oi oi oi, dachte, that's it und ließ das Gedicht nun mit diesen emotional/intellektuell aufgeladenen 3 Silben beginnen. Da erst sah ich, daß ich nun auch einen Reim auf neu hatte. Wow. (Es geht ja immer auch um Klangoptimierung.) Nachdem ich ein Wort verschoben hatte, ergaben sich zudem (einschl. Titel) jeweils drei Silben pro Vers. Wieder wow. Ich hüpfte ein bißchen hin und her und wollte meine Freude mit jemandem teilen und rief Sohn Andreas an, erzählte ihm das, was ich hier niederschreibe, und er meinte lachend: Tja, und der AC/DC-Song T.N.T. beginnt mit besagtem Oi Oi Oi (mehrfach wiederholt) - und wenn das ganze Stadion das zurückbrüllt (er hat das mehrfach persönlich miterlebt), dann fühle ich mich in der Tat wie neuge.... Heute morgen dann noch das Zitat aus T.N.T. als Antwort auf Hilsenraths Zitat und den Titel. JETZT stimmt's.
So wurde aus dem Tief am Morgen ein Hoch am Nachmittag, das trotz Regens (den ich aber ja liebe, obwohl ... heute nachmittag würden wir gern einen weiteren Baum zurückschneiden ...) anhält und zu weiteren kleinen Schandtaten führte: U. a. besteht das vierte Kapitel - vier Kapitel steht z. B. für die vier Jahreszeiten - nun aus 52 Gedichten ( und einem PS ) ...
So ist das mit der Einsamkeit, wenn sie buchstäblich zur Zweisamkeit wird.
Zur Frage des perfekten Kunstwerks : Siehe S. 64 unten / 65 oben.
Recht fröhliche Grüße Theo
Di., 27. Okt., 12:04 Uhr
... der Funke der Begeisterung über die neuerliche Fügung springt direkt zu mir über, lieber Theo (Breuer !!! ... sind wir nun durch meine nächtliche Schlamperei sang & klanglos zum Du übergegangen?! - meinerseits gerne, wo in den vergangenen Wochen schon so viel an Nähe, Vertraut- & Zugewandtheit sich - wie selbstverständlich - eingestellt hat.) In der populären Musik bin ich nicht so zuhause, daß ich die klingenden Bezüge richtig musikalisch ein- & zuordnen kann.
Auf jeden Fall beglückwünsche ich jeden Autor, der dem idealen "Meisterwerk" ein Stückchen nähergekommen ist ! "buchstäbliche Zweisamkeit" - welch schönes Wort ... und wohl auch Gefühl !
Herzlich bis hierhin & in Mitfreude Michael
Di., 27. Okt., 16:57 Uhr
Lieber Michael:
mit Sang und mit Klang gehen wir zum Du über, denn beflügelt durch dieses freudige Ereignis habe ich mir die die Seiten 27/28 noch einmal mit Lust zur Brust nehmen, einige Gelenkstellen 'schmieren' sowie das eine oder andere Wort, das noch Einlaß begehrte, einfügen können.
Bitte lies es nur, wenn es nicht anfängt zu nerven.
Für mich ist es jedenfalls ein weiteres Mal Grund, mich sehr zu freuen. Wenige Tage vor der Deadline gehe ich noch einmal auf eine Art und Weise in den Nahkampf, daß die Satz- und Wortfetzen fliegen.
Das ist schon Wahnsinn, dieser Komplexität in jeder Beziehung - nach und nach - Herr zu werden, denn es ist für mich absolut wesentlich, daß dieser sich über zwei Seiten ziehende Satz auch flüssig, locker, EINFACH, wie aus einem Guß lesen läßt. (Was natürlich relativ ist: Ich denke da in erster Linie an den Idealleser.)
Die Musik ist im vorliegenden Fall nicht so entscheidend wie die Richtung aus der sie kommt: Punk und vor allem Skinhead, in dessen Nähe das Ich automatisch rückt, wenn es sich wie neu geschoren fühlt.
Danke für dieses wiederum feine Feedback!
Theo
Di., 27. Okt., 18:37 Uhr
Lieber Theo,
was Du da derzeit mit dem letzten Feinschliff machst, erinnert mich sehr an die Situation, wie ich sie erlebe, wenn ich beim zigmaligen Durchgehen /-lesen der Computerreinschrift eines neuen Stückes noch wie ein Besessener an Verbesserungen arbeite, erreicht durch Ändern der Phrasierung, Artikulation, Dynamik & ev. auch noch Wegnahme oder Ergänzungen einiger / einzelner Töne. --- Gerade das sah ich soeben so beim Vergleich der Seiten 27/28 zu früheren Fassungen: --- und natürlich kein Nerven, sondern ein Vergnügen ! [kein Lügen] - das alles zu verfolgen. Bleib so beflügelt, wie ganz offensichtlich im Moment !!!
Daß die vier Kapitel auch den Jahreszeiten zuortbar wären, dachte ich schon vor ein paar Tagen (nun schreibst Du es selber!); daß aber das letzte Kapitel nun 52 Gedichte umfaßt ist ja der dazu passende Zufall: 52 Wochen hat das Jahr ... und wie Du ja mittlerweile weißt, habe ich diverse 52-teilige Jahresprojekte gehabt, zuletzt die 52 "Schönsten Lieder" vom heutigen "Geburtstagskind" Michael Donhauser. --- wer weiß: bietest Du mir nun die nächste unerwartete "Steilvorlage" für ein weiteres Jahresprojekt ?! ---
Nun ja, erst einmal mit PAUKEN & TROMPETEN (... also nicht sang & klanglos ...) herzliche Grüße Michael
Mi., 28. Okt., 15:29 Uhr
Lieber Michael,
danke für den Artikel. "Unlyrisch" ist ja Unsinn, der Autor meint 'antilyrisch', und wenn er dieses Wort benutzt hätte, gäbe ich ihm recht. Celan ist immer beides - bis zum Ende : lyrisch und antilyrisch, das geht nebeneinander und ineinander.
Man müßte selber dabei gewesen sein, um das Zusammenspiel zu beurteilen. Hört sich auf jeden Fall interessant an.
Theo
Mi., 28. Okt., 15:35 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich, daß du das in gleicher Weise erlebst ...
Heute morgen ging das noch heftig weiter (Wahnsinn, wie die Augen plötzlich riesengroß werden und Dinge sehen, für die man bis dahin blind war), aber jetzt scheint es gut zu sein.
Damit noch ein paar Überraschungen für die Buchlektüre bleiben, schicke ich dir keine aktualisierte Fassung mehr.
Wir sind nun schon bei der Gestaltung des Umschlags, der natürlich dem Reihencharakter meiner Pop-Bücher angepaßt sein wird. (Es ist immer dieselbe Graphik, die Pate steht für den Umschlag, und diese befindet sich unter den Bildwortkarten, die ich dir schickte.)
Ja, sehn wir, was die 52 noch alles möglich machen wird.
Herzlich: Theo
Mi., 28. Okt., 21:27 Uhr
Lieber Theo,
... "unlyrisch" ... ohnehin ein seltsames Wort! --- man kann ja bei Interesse am 8. 12. SWR2 anschalten, um zu hören, ob der eigene Eindruck des besagten Celan-Abends dem des Rezensenten entspricht. Ich kenne übrigens einige der mitwirkenden Musiker recht gut (seit Jugendorchester-Zeiten ...)
Ansonsten ist mir im Moment nur "zum Kotzen" zumute (entschuldige die drastische Formulierung), nachdem nun - wie eben erfahren - ein erneuter Lockdown wieder einmal das zarte Pflänzchen Kultur noch weiter in die Knie zwingt ! - damit ist wohl nun auch der WKR wieder betroffen ! Wieder einmal hat die Politik auf warnende Stimmen nicht gehört, agiert wieder nur ohne Sachverstand & Augenmaß.
Gottseidank gibt es mit Deiner Nachricht immerhin einen Lichtblick heute ! - Darf ich also - wo nun der Inhalt scheinbar seine endgültige Gestalt gefunden hat und es schon ums Cover geht - vermuten, daß Du mit dem allerletzten Zustand des Manuskriptes nach dem heutigen Morgen zufrieden bist? - es freute mich! - und ja: ich warte dann nun gerne auf die letzten Überraschungen in Buchform!
Genieße den Abend (womit immer Dir das jetzt am besten gelingt) - ich öffne eine Flasche Wein ... und werde mit zusätzlicher Pfeife mich wohl ein bißchen weiter in Dein "Hinterland" zurückziehen ... (recht spannend fand ich zuletzt den Abschnitt über visuelle Poesie & Mail Art in Japan ! - einiges Neuland für mich.)
Herzlich wie immer, Michael
Do., 29. Okt., 19:02 Uhr
Lieber Michael,
nach einem letzten arbeitsintensiven Tag - von 7:30 bis 18:30 mehr oder weniger nonstop - gebe ich gleich die Druckfreigabe für das Buch.
Ja, ich bin sehr zufrieden, nachdem ich heute morgen noch einmal zwei Stunden 'gefahndet' und hier und dort Veränderungen vorgenommen und anschließend mit Traian Pop den Umschlag und den Innenteil druckfertig gemacht habe. (Das ist stets eine professionelle, effiziente, sensible Zusammenarbeit.)
Axel Kutsch hat das Manuskript in den letzten Tagen ebenfalls gelesen, und er schreibt am Ende seiner E-Mail: TB at his best. Da sind wir nun also schon drei, die nicht weniger nicht mehr geglückt finden.
Meine Frau Birgit hat eben noch den Umschlag betrachtet und war sehr angetan von dem, was sie zu sehen bekam.
Ich freue mich, daß Aus dem Hinterland ein Rückzugsort ist, in dem du dich - mit Wein und Pfeife - paradoxerweise sogar auf Reisen bis nach Japan begeben kannst.
Und so wünsche ich dir auch für den heutigen Abend gute Stunden.
Koi Koi Koi ! Theo
Do., 29. Okt., 21:13 Uhr
... na, ich vermute mal, es sind bisher nicht nur drei frische / schon eingeweihte "Fans" Deines neuen bevorstehenden Buches, lieber Theo, Deiner Frau wirst Du wohl nicht nur den Umschlag, sondern auch das vom Umschlag Umschlagene gezeigt haben, wenn nicht gar auch vorgelesen haben. (gerne ließe ich mir bei Gelegenheit auch einmal von Dir daraus vorlesen !! ) --- Du mußt wohl - ähnlich wie auch ich - eine duldsame Frau haben, die mit einem Menschen zusammenleben kann, der oftmals abwesend anwesend ist, wenn man mitten in der Arbeit steckt. Nun: meine Martella kannte das ja schon von ihrem Vater nicht anders, der die meiste Zeit des Tages, vor allem aber die Nächte in seiner Welt der Philosophie, Literatur und den Vorbereitung für seine Vorlesungen am romanistischen Seminar der Bonner Uni vertieft war.
Morgen steht wieder Düsseldorf an, und so will ich nun noch ein wenig die Partituren der morgen zu unterrichtenden Werke studieren ...
Herzlich natürlich Michael
PS daß Liebe auf japanisch "Koi" heißt, wußte ich noch (dank einer Japanreise vor gut einem Jahr), in Hindi heißt Koi "jemand" ... ist das nicht ein zauberhafter Zufall ?! ---
Sa., 31. Okt., 10:35 Uhr
Lieber Michael,
ich hatte noch überlegt, ob du Karsten Gaul und Timo Berndt eine kurze E-Mail mit der Ankündigung einer Überraschung schicken solltest, aber da du schriebst, daß beide sich sicherlich über eine Überraschung freuen würden, habe ich es gelassen.
Nun ist die Sendung von Gaul zurückgekommen. (Was mag er sich gedacht haben - daß ich ihm eine Sendung mit Rechnung statt mit Dank und Widmung schicke?)
Also, wir haken das jetzt einfach ab. Bitte: Mach dir keine Gedanken. (Ich schicke das nicht noch mal.)
Herzliche Grüße Theo
Sa., 31. Okt., 17:17 Uhr
Lieber Michael,
heute kam Auf dem falschen Dampfer, Milo Dors autobiographisches Buch, in dem er sich mit vielen Kollegen und Freunden - Lebensgefährten - befaßt, auch seitenweise mit Paul Celan. So komme ich über Herbert Eisenreich zu Brigitta Eisenreich zu Auf dem falschen Dampfer, das wunderbar locker, humorvoll, ironisch daherkommt. (Dor spielt in nicht weniger nicht mehr ja mit dem Roman Internationale Zone eine Rolle, in dem Celan Pate steht für eine der Figuren.
Wie immer wieder in diesen herbstlichen Zeiten Stunden im Garten mit Rückschnitt, Blätter rechen ... die tausend (dichtbewachsenen) Quadratmeter wollen bewältigt sein. Will es gern abgeben, geht aber nicht, also gilt die Devise: Someone has to do it ...
Danke für den "zauberhaften Zufall" - für weitere solcher Art drücke ich die Daumen:
Toi toi toi ... Theo
Sa., 31. Okt., 22:33 Uhr
Lieber Theo,
wir waren heute mal wieder fast ganztägig mit dem Rad unterwegs, das so wunderbare Herbstwetter lockte ... und auch die Tatsache, daß uns Bürgern ab Montag erneut alle kulinarischen & künstlerischen Genüße mal wieder vom Staat verboten werden, durch Schließung der Restaurants, Theater, Museen & Konzertsäle. Wie schon vor dem letzten Lockdown waren wir wieder mittags im sehr guten "Asia" in Königswinter, um unsere Henkersmahlzeit zu nehmen und zum Schluß abends im "Weinkommissar".
Nun scheinst auch Du im eigenen Garten / Park (bei der Größe!) das schöne Wetter genutzt zu haben!
In der Früh rief ich Karsten Gaul an: er war einigermaßen betrübt, daß er sich wohl den "falschen Reim" auf Deine nette Überraschung gemacht hat; er dachte, da hat irgendwer im Internet mitbekommen, daß er Theo Breuer gelesen hat und schickt ihm dann Bücher des Autors unaufgefordert ... Na, ich denke, er wird Dir schreiben.
Morgen gibt's als Matinée um 11 hier in meinem Studio ein kleines Hauskonzert mit zwei meiner jüngeren (recht fleißigen) Privatschüler.
soi / toi / moi / noi / koi (selbst / du / mich [franz.] / wir [rumän.] / jemand [Hindi] & Liebe [jap.] ) --- hoi hoi hoi !!! ??? --- === ::: °°° ((( ]]] ))) [[[ usw / usf Herzlichst, Michael ;-) So., 1. Nov., 09:39 Uhr
Lieber Michael,
ja, das war ein sehr schöner herbstlicher Tag gestern, und ich da weder gern mit dem Fahrrad fahre (besitze deshalb auch gar keins) noch allzu gern spazieren gehe (außer mit den Enkeln in Berzdorf und, klar, immer mal wieder hier mit meiner Frau), ist mein Über-Ich ganz froh, wenn die Arbeit mich in den Garten 'zwingt'. (Von 1984 bis etwa 2014 habe ich das leidenschaftlich getan, den Garten mehrfach umgestaltet, Stauden, Sträucher, Bäume gepflanzt (im Tornado 2007 viele - nämlich etwa 40 ... - verloren sowie aus Sicherheitsgründen gefällt), Tausende Steine - z. T. auch sehr große (mit dem Auto) - gesammelt und entsprechend Steinbeete angelegt usw. Seit einigen Jahren stelle ich fest, daß dieses lebenslange Land-Art-Projekt im Grunde für mich abgeschlossen ist. Ich gäbe es sehr gern in andere Hände.)
Auf das Thema COVID 19 reagiere ich in den E-Mails, wie du festgestellt haben wirst, so gut wie gar nicht. (Und es soll auch bei dieser einen Ausnahme heute bleiben.) Birgit ist im Gesundheitswesen tätig, hat immer wieder mal - bei Blutabnahme, Impfung, EKG u. a. m. - Kontakt zu Infizierten und wird deshalb regelmäßig getestet, so daß das hier eh schon seit Beginn der Pandemie ein hochbrisantes Dauerthema ist. Wir alle müssen uns in dieser Zeit aus gewichtigen Gründen mehr oder weniger einschränken oder besser: gangbare Wege suchen und finden. Ich sehe die allermeisten Maßnahmen als notwendig an und kann sie mindestens tolerieren und vielfach akzeptieren. Es ist müßig, zu betonen, daß es z. B. schade ist, daß wir am 23. November keine feine Celan-Veranstaltung machen können. Das war ein Herzenswunsch, aber nun geht es nicht. Such is life. Oder daß Enkelin Katharina zur Zeit in Quarantäne ist (wie der ganze Kindergarten) und wir den letzten Besuch ausfallen lassen mußten. Eine meiner Lebensdevisen lautet: Ärgere dich nicht über Dinge, die du nicht ändern kannst. Vor allem aber denke ich - nicht nur in diesen Zeiten - in historischen Zusammenhängen - man denke nur an zwei 30-jährige Kriege, der erste noch durch die Pest verstärkt, der zweite - von 1914 bis 1945 (einschl. Spanischer Grippe), der um die 100 Millionen Tote forderte - und weiß, auf welch hohem Niveau das Jammern heute in Deutschland ist.
Wenn ich allein an das denke, wie ausgerechnet und dankbarerweise wir beide, lieber Michael, in dieser Zeit zusammengefunden haben und nahezu täglich (oft mehrfach täglich) korrespondiert haben. Ein Buch, das mir heute naturgemäß das wichtigste ist von allen, die ich geschrieben habe, ist nicht denkbar ohne diese Begegnung. Und wer weiß, vielleicht wurde es auch gerade durch diese Zeit ermöglicht, wer weiß.
Karsten Gaul hat mir kurz geschrieben. Okay, das ist ja leicht nachzuvollziehen, was er sich da gedacht hat. Da geht also ein Anonymus hin, läßt einen Stempel mit der Aufschrift Theo Breuer - Neustr. 2 - 53925 Sistig/Eifel anfertigen, packt Bücher zusammen, eins mit Dank und Widmung versehen und legt noch nicht einmal eine Rechnung dazu. Das alles, nachdem in mehreren E-Mails via MD der gegenseitige Respekt bekundet worden war. Wenn schon das Ganze nicht unmittelbar als das annehmen, was es ist, wäre die einzige nachvollziehbare Reaktion gewesen, dich anzurufen und sich kurz zu vergewissern. Oder einfach das Buch mit der Widmung aufzuschlagen, das ja das einzige Buch war, das nicht eingeschweißt war. (Ich werde noch ein paar Tage den Schopf rütteln, wenn ich mal wieder daran denke, aber dann wird es auch gut sein. Bei dem einen führt eine überraschende Sendung eben zu einer lebhaften - freundschaftlichen - Korrespondenz mit täglichem Austausch, beim anderen zu einer haarsträubenden Reaktion. Auch hier gilt: Such is life.)
Damit ist zu diesen beiden Themen - einem großen, einem kleinen - alles gesagt. Darf ich vorschlagen, es dabei zu belassen?
Eine Matinée heute morgen: Ich werde in Gedanken dabei sein, zur Feier des Tages eine deiner CDs auflegen und weiter Auf dem falschen Dampfer sein!
Take care, dear 'old' ... boy:
Theo
So., 1. Nov., 12:14 Uhr
... oh ja, über manche Menschen kann man nur staunen, lieber Theo ! Als Du mir das von Karsten schriebst, konnte ich's kaum glauben ... und wie Du nur ganz 'breuersch' den Schopf rütteln ! - solche Dummheit muß nicht belohnt werden. Mißtrauen mag ja manchmal ratsam sein, aber mit ein bißchen Nachdenken in diesem Fall ... nein, nein, nein !!! (- nun ja: ich sagte schon Mitte März immer wieder "das Virus scheint mehr die Hirnzellen als die Lungen der Menschen zu befallen" ---- und auch das soll dann mein letzter Kommentar zum Thema COVID19 sein.)
Das kleine Hauskonzert gerade eben lief prima, alle waren glücklich: die Eltern, Schüler & Verwandte ... sowie der Lehrer.
Gleich kommt unsere Tochter Clara zum Mittagessen zu Besuch und nachmittags wollen wir zusammen in die Klinger-Ausstellung in der Bundeskunsthalle gehen. Also nochmal ein Kulturtag, bevor ich ab morgen den Unterricht meiner jungen Schüler wieder online machen muß (was eigentlich nur eine traurige Notlösung sein kann).
Daß wir beide uns in diesen Zeiten gefunden haben, halte auch ich für den wertvollsten Gewinn des Jahres 2020, der manch Ungemach aufwiegt! Bleiben wir also furchtlos, zuversichtlich und stark / natürlich gesund.
Einen schönen Sonntag wünscht Dir von Herzen Michael
So., 1. Nov., 22:36 Uhr
Lieber Theo,
nach einem wirklich netten Tag, der nach der Klinger-Ausstellung noch mit einem ganz spontanen Treffen mit befreundeten zwei Schwestern (von Drillingen) auf ein Gläschen Wein im Bonner Zentrum endete, erfaßt mich nun doch heftige Melancholie, ein erneuter Lockdown-Blues, wie schon einmal am Abend des 15. März. Daß nun wieder (vermutlich unabsehbare) Stille auf allen Bühnen eintritt, bekümmert mich doch sehr, zumal ich fürchte, diesmal könnte es noch härtere / viel schwerwiegendere Folgen für die Zukunft der Kultur haben ( ... die ersten Vorboten sind schon erkennbar: Bamberg will seinen Kulturetat um 25% kürzen ... ) Höre in diesem Moment im WDR ein Gespräch mit dem Sänger Matthias Görne, der diese düsteren Vision bestätigt ... Es tut mir leid, daß ich somit doch noch einmal auf das leidige Thema komme ... aber ich bin ohnehin (nicht erst seit Beginn der Krise) in großer Sorge um unsere Gesellschaft, und weiß nicht, ob ich mich nur noch allein ins Private zurückziehen kann / darf ... Ich fühle, wie sich mein Hals zuschnürt ...
Für Dich als Gärtner: mir scheint es ein bißchen so, als zertrampelt man derzeit die zart wieder wachsenden Rosen, das wuchernde Unkraut aber läßt man stehen ...
Nun denn: mir fiel eben eine schon 12 Jahre alte Partitur ein, die denkwürdig gut nun in die kommende (#sangundklanglos)e Zeit zu passen scheint --- (damals hatte ich eine heftige Schreibkrise [wie ja nun irgendwie auch wieder] ... und so war ich in den rein graphischen Umgang mit Notenpapier geflüchtet): http://www.denhoff.de/pdf-dateien/silentmusic.pdf
Entschuldige, daß ich hier so offen über meine augenblickliche Gefühlslage spreche ... die sich hoffentlich bald wieder ändern mag ...
Michael
Mo., 2. Nov., 11:12 Uhr
Lieber Michael,
vor einigen Wochen habe ich mir Emily Brontes Roman Wuthering Heights in einer anderen Ausgabe als der, die ich vor Jahren las, bestellt (inhaltlich natürlich identisch), um das Buch erneut zu lesen, nachdem ich im vergangenen Jahr den Film zum wiederholten Mal sah. Das tue ich immer mal wieder, wenn ich Bücher zum zweiten- oder drittenmal lese (was ich mit vielen Büchern grundsätzlich will, aber da dräuen all die ungelesenen Bücher im Hintergrund ...). Nun sitze ich hier am Westfenster (habe also das Notebook aus dem Lyrikzimmer im Untergeschoß hier nach oben ins Eßzimmer gebracht) und höre, wie der Sturm das Haus aus dem Fundament heben will. Ja, ich lebe auf wahrhaftig auf Sturmhöhe.
Aus dem benachbarten Wohnzimmer höre ich 'deine' Töne ( hast du noch töne ), deine?, jedenfalls die, die du zu Celans Atemwende-Gedichten aufs Notenpapier brachtest.
Sturm und Klavier und Denken und Schreiben, wie geht das zusammen? Keine Ahnung. Aber es muß gehen. Es geht.
Ich bin immer schon in großer Sorge gerade um die westlichen Gesellschaften. Müßte ich den Grad der Sorgen messen, so würde ich wahrscheinlich feststellen, daß in dieser Zeit die Sorgen eher geringer sind als sonst. In dieser Zeiten hätten die Menschen die große und günstige Gelegenheit, die entsprechenden Stellschrauben zu justieren. Tun sie es????
Mit Krisen sind die Menschen - an der Oberfläche - immer noch fertig geworden. Viel, viel, viel größeren Krisen. Tausendfach größeren Krisen. Da mache ich mir die geringsten Sorgen. 1945, um nur ein Beispiel zu nennen, waren die Konzerthallen, die Opernhäuser, die Kirchen mehr oder weniger zerstört.
2000 brach die Krankheit aus, die mich bis heute - mit phasenweise großem Erfolg - zu beherrschen versucht. Ab Mitte 2007 war ich nicht mehr in der Lage, das Haus zu verlassen. Zwei Jahre später gab es einen günstigen Anlaß, es einmal wieder zu versuchen. Seitdem konnte ich wenigstens Hans Bender wieder regelmäßig - bis zu sieben-, achtmal im Jahr - besuchen. Bis zum Tod im Mai 2015 war Hans Bender der einzige Mensch, zu dem ich noch direkt, persönlich Kontakt halten, den ich besuchen konnte. Zum Glück blieb die Taubengasse 11 mir auch danach erhalten, da sich im Laufe der Jahre eine ebenso gute Freundschaft zu Hans Georg Schwark herausgebildet hatte. (2018 habe ich die Wohnung an 14 Tagen auf beiden Etagen vollständig aufgeräumt und teilweise renoviert: zentnerweise Altpapier, gebunden und ungebunden, entsorgt, und all die Tausende von Bücher neu geordnet, sortiert. Usw.: u. a. dreizehn kaputte Schreibmaschinen hinter Kleidung, Büchern, Papier gefunden, an unmöglichen Stellen ...)
Fast alle in den Jahren zuvor aufgebauten - in erster Linie literarischen - Kontakte (es waren deren mehrere hundert mehr oder wenige intensive) lösten sich in Luft auf, bis ich vor einigen Jahren - nach Peter Webers, Hans Benders, Maximilian Zanders u. a. .m. Tod - feststellte, daß aus dem offenen Haus der Lyrik hier in Sistig (das gern auch mal ein Dutzend Perser mit Kind und Kegel für drei Tage beherbergte, auch wochenweise waren Freunde aus England, Amerika hier) ein Haus geworden war, das ich (fast) nicht mehr verlassen und in das keiner mehr kommen konnte.
In den Jahren 2007 bis 2015/16 habe ich mir immer wieder sehnlichst gewünscht, nicht mehr am Leben zu sein. Es war weniger die Liebe zu Birgit, Andreas und Anna, sondern in erster Linie die Verantwortung (ich bin eher altru- als egoistisch veranlagt), die mich glücklicherweise am Leben hielt. (Sonst hätte ich nicht weniger nicht mehr nicht schreiben können: UNDENKBAR!)
Also: weitermachen, weitermachen, immer weitermachen ...
Die Jahre 2007 bis 2018 waren in erster Linie Jahre der Depression, Angst, Erschöpfung, Neurasthenie, Jahre, in denen ich dankbar war, wenn ich zwischendurch Wochen oder zwei, drei Monate erlebte, in denen es leichter war. 2019 war das erste Jahr seit 2000, das ich von Februar bis Dezember psychisch insgesamt als 'okay' - und nicht als schwer erträgliche Belastung - empfand, um Anfang 2020 wieder abzustürzen. Seit Anfang Mai ging es wieder leicht aufwärts - um ab dem 2. August steil aufwärts zu gehen. Was bedeutet, daß ich die Krankheit zwar stets in mir fühle, sie jedoch einigermaßen zu beherrschen glaube. (Ein Teil, die Neurasthenie, läßt sich allerdings in keiner Weise beherrschen: Ich bin extrem lärmempfindlich, brauche 'eigentlich' immer absolute Ruhe, denn schon irgendein Geräusch von draußen läßt mich erstarren. Und seit drei Wochen wird gegenüber mit schwerem Gerät gearbeitet ...)
Während ich diesen unkontrollierten elektronischen Brief schreibe (Eintrag ins nicht existierende Tagebuch?), höre ich den kleinen Bagger, den Sturm, die Klaviertöne. Das ist Antilyrik im besten Sinne. (In diesem Augenblick: der erste Sonnenstrahl am heutigen Tag ...)
Als 'Gärtner' (Kunstgärtner) habe ich mich in der Tat jahrzehntelang gefühlt. Seit ein paar Jahren nicht mehr. Diese Phase des Lebens ist abgeschlossen. Was ich am liebsten täte? Eine einigermaßen ruhig gelegene Wohnung/ein kleines Haus ohne Garten an der Linie 18 mieten/kaufen. Aber das geht aus partnerschaftlichen Gründen nicht.
Ich habe das Leben immer schon so genommen, wie es ist. Ein Leben voller glücklicher und unglücklicher Momente. Indem ich das Glück annehme, nehme ich auch das Unglück an. Indem ich Gesundheit annehme, nehme ich auch Krankheit an. Ich kann nicht nur die Kopfseite einer Münze annehmen, ich muß auch die Zahlseite annehmen. Daran führt kein Weg vorbei.
Unzufriedenheit habe ich nur punktuell verspürt. Insgesamt betrachtet, bin ich von dem, was das Leben mir geboten, geschenkt, ermöglicht hat (usw.): begeistert. In diesem Moment bin ich dankbar, diesen Text schreiben zu können: Jahrelang konnte ich nicht einmal mehr das. Jahrelang habe ich bei Sonne und Regen draußen überlebt: Pflanzen aller Art ein und ausgrabend, Steine schleppend und verlegend, 16 Meter hohe Bäume fällend oder auf die Hälfte zurückschneidend (Nachbarinnen schrien vor Entsetzen, wenn sie mich in der Sturmhöhe hängen sahen: Denn ja, auch bei Sturm machte ich das) und was sonst noch zu tun war.
Fitneßstudios sind für viele Menschen das, was für musikalisch orientierte Menschen Konzertsäle und Opernhäuser sind. Für unseren Sohn Andreas, dessen linkes Knie seit 2002/2004 - durch Sportunfall und vor allem mißglückte, multiresistinterkeiminfizierte OP - schwerstbeschädigt ist, ist das äußerst ungut, daß diese nun auch wieder geschlossen sind, eben auch nicht gut für die Seele. Auch hier hätte man eine andere Lösung finden können. Und nun muß er sehen, daß er wieder andere Lösungen findet - die er finden wird.
Plötzlich - im Frühjahr und Herbst 2007 - konnte ich nicht einmal mehr lesen (irgendwo in Zischender Zustand schreibe ich darüber). Jeweils drei Monate lang. Das war nicht schön.
2016 erlebten wir die Geburt von Katharina, 2019 die Geburt von Hannah. Seitdem erlebe ich die Liebe wieder in der Form, wie man sie eben nur mit den Kleinen erleben kann. Ich kann kaum erwarten, sie am kommenden Montag wiederzusehen, drei Tage mit ihnen zu verbringen. (Hoffentlich ...)
Heute lese ich Amy Blooms Lucky Us - ein zum Thema passender Titel ...
Eine ruhige, sanfte Ton-Sequenz weht in diesen Sekunden aus dem Wohnzimmer herüber ... Denhoff-Töne ...
Ja, lieber Michael, du hast noch Töne - trotz allem !
Theo
Mo., 2. Nov., 11:47 Uhr
Lieber Theo,
vielen Dank für Deinen langen (& auch sehr bewegenden) Brief. Ich verstehe durchaus, daß Du mit Deiner bisherigen Lebensgeschichte einen wohl gelasseneren Blick auf die Dinge hast, oder zu einem solchen gezwungen bist. Ja, wir haben unser Geschick nur bedingt in eigenen Händen.
Sicherlich hast Du Recht: weitermachen, weitermachen, immer weitermachen ...
Im Moment habe ich nicht die Kraft, mehr zu schreiben. - das soll später geschehen. Ich muß zu mehr innerer Ruhe kommen, das gelingt mir leider augenblicklich nicht. Aber ich bin Dir wirklich sehr dankbar, daß Du mit Deinen Zeilen doch eine so starke menschliche Nähe spüren läßt, die für solch einen Zustand notwendig ist.
Wer bin ich schon, daß ich mich so wichtig nehme?!
Einen wie auch immer guten Tag wünscht Dir, liebe Theo Michael
Di., 3. Nov., 12:25 Uhr
Lieber Theo,
gestern war ich doch einigermaßen "neben der Spur", bemerkte erst am späten Abend, als ich Deine lange Mail nochmals las, daß Du ja mit dem "Roten Haus im Park" noch ein monumentales Buch angehängt hattest. Das ist sicherlich über viele Jahre gewachsen; beeindruckend, was Du da alles gesammelt / versammelt hast! - und wahrscheinlich erweitert sich diese Sammlung ständig. Habe ein wenig geschmökert ... nach dem langen Online-Unterrichten - das extrem ermüdend war - eine willkommene Ablenkung! Aber ich war zu erschöpft, Dir noch zu schreiben ... und zu danken, was nun hiermit geschehen soll.
Ich freue mich so sehr, daß Du Dich seit dem 2. August zu solchen Höhenflügen aufschwingen konntest, nachdem, was Du zuvor erlitten hast. Nun möge dieser Zustand möglichst lange anhalten und damit auch die Erkrankung nicht erneut zugreifen. Manche Deiner Gefühle kenne ich durchaus (wenngleich möglicherweise nicht in der gleichen Heftigkeit), es gab Zeiten, da bin auch ich abends ins Bett gefallen mit dem Wunsch, nicht wieder aufzuwachen ... doch eigentlich versuche ich seit Längerem jeden Tag so zu leben / genießen, als könne er der letzte sein ... dies mit dem Genießen gelang mir gestern nicht.
Draußen scheint die Sonne und vom Dachfenster meines Studios aus sehe ich die sich rötende Baumspitze unseres Kirschbaumes. Unser Garten wird von ihm dominiert, ansonsten dürfte er nur mal ca. 65 - 70 qm groß sein: das kann man als "Nicht-Gärtner" bewältigen. Seit dem Frühjahr besteht er fast nur noch aus einer frisch gelegten Rasenfläche. Kinderschaukel, Sandkasten etc. sind - da ohne Verwendung - verschwunden. Es gibt dafür keine Verwendung mehr, weil (- überraschenderweise -) unser Gabriel als auch Clara gleichgeschlechtliche Lebenspartner haben (Gabriel sogar vor etwa zwei Jahren seinen Mann geheiratet hat!), sodaß auch keine Enkelkinder in Sicht sind ...
Daß Du versuchst, in Allem das Positive zu suchen & auch zu finden, könnte / sollte mir Vorbild sein! --- Ein Leben aber ohne direkte menschliche & persönliche Kontakte (wie es Dir wohl aufgezwungen scheint) wäre für mich schon in der Vorstellung unerträglich! Wie gut, daß Du immerhin mit Hans Bender einen (wie ich ja selber oft erfahren habe) so dichten (auch Besuchs-) Kontakt halten konntest! ... und dies nun auch mit Hans Georg Schwark fortsetzen kannst. Ich habe ihn seit der Trauerfeier 2015 (wo ich Cello spielte) nicht mehr gesehen. Grüße ihn bitte herzlich, wenn Du ihn wieder siehst / schreibst.
Einen schönen Herbsttag & und Dank auch für die kleine Aufmunterung durch Deine Worte, obwohl diese auch von der Schwermut zeugen, die Du schon durchlitten hast. Herzlichst, natürlich wie meiner, mein lieber Theo
Michael
Mi., 4. Nov., 22:33 Uhr
An einem Tag wie heute … wo ich wegen eines WKR-Abends keine anderen Termine annehme, um mich ganz um die anreisenden Künstler zu kümmern, ist es natürlich sehr seltsam, nun durch den "Lockdown light" (wie er beschönigend getauft wurde) unerwartet einen völlig freien Tag zu haben. Ich habe ihn genutzt, vor allem für Korrespondenz & lange Telefonate mit guten / engen Freunden, zuletzt eine geschlagene Stunde mit Andreas Reichel am Telefon verbracht, der mir für die Dezember-Ausgabe des WKR (so er überhaupt stattfinden kann) einen verbindenden Text zwischen Beethovens "Großer Fuge" und dem 1. Satz meines 4. Streichquartetts in wenigen Tagen "liefern" will. All diese Gespräche taten der Seele gut!
Nun, bevor ich für heute den Rechner endgültig zuklappe (um unten im Wohnzimmer noch ein bißchen mit Martella zusammenzusitzen zum Plaudern), soll zumindest auch noch an Dich, lieber Theo (dem neuen engen Freund!), ein kurzer Gruß von meinem Schreibtisch auf Deinen rausgehen. Ich habe festgestellt, ich bräuchte doch sogar 15 Exemplare Deines neuen Buches, um es an sicherlich geneigte Leser / Freunde weiterzugeben. Sicherlich hast Du mittlerweile die Druckfreigabe beim POP-Verlag erteilt, oder?
Sei herzlichst gegrüßt Michael
Do., 5. Nov., 08:39 Uhr
Lieber Michael,
das klingt alles schon wieder ganz anders als an den beiden Tagen zuvor. Die Gespräche haben offensichtlich gutgetan.
Ich habe zur Zeit regelmäßig im Garten zu tun, heute müssen zudem Reifen gewechselt und an der Garage eine Wand gestrichen werden. Vor allem aber bin ich dermaßen in die Lektüre eines Buchs nach dem anderen vertieft, daß die Lücken, die ich vor einem halben Jahr durch Bau weiterer Regale schaffen konnte, schon wieder fast verschwunden sind.
Gestern kam die über 1200 Seiten umfassende Warhol-Biographie, auf deren Lektüre ich mich sehr freue. (Neben rein literarischen Büchern haben mich Bücher aus allen möglichen anderen Richtungen stets begleitet: In einem Jahr habe ich einmal 7 Mozartbiographien gelesen. Musik, Kunst, Geschichte, Soziologie, Psychologie, Philosophie, Politik, grundsätzlich hat mich immer schon alles interessiert. Und all das kommt natürlich der Literatur - ob rezipierend oder produzierend - zugute.
Das Buch ist bereits gedruckt, wartet noch auf die Bindung. In der kommenden Woche werden wir es wohl bekommen.
Wie erfreulich, daß du nun sogar 15 Exemplare abnimmst. Vielen Dank für diese großartige Unterstützung.
Auf die lange E-Mail von gestern (die Antwort auf meine lange E-Mail) werde ich noch zurückkommen.
Herzliche Grüße Theo
Do., 5. Nov., 09:25 Uhr
Lieber Michael,
seit sieben Uhr sitze ich an den georgischen Haiku (7 Kränze à 64 Haiku), denen ich eine brauchbare deutsche Fassung zu vermitteln suche. Das vergaß ich eben in der E-Mail, obwohl ich mittendrin war. Interessant, was so ausgeblendet wird ...
Was willst du denn machen, wenn dir etwas aufgezwungen wird. Der Mensch lernt schnell, das Unerträgliche erträglich zu finden. In Wahrheit gibt es das Unerträglich nur dann, wenn es auch zum Tod führt. Ansonsten ertragen wir es, ob wir wollen oder nicht. Wem nicht alles in der Geschichte der Menschen wurden/werden die Dinge aufgezwungen ...
Zu Hans Georg Schwark geht der Kontakt in dieser Zeit so langsam verloren. Er hat nie gern telefoniert, und die E-Mails kommen von ihm aus gar nicht mehr. Er geht auf die 90 zu, da läßt die Vitalität naturgemäß nach, und dies ist die eine 'Sache', auf die ich in dieser Zeit nur ungern verzichte, weil ich spüre, daß es der freundschaftlichen Beziehung alles andere als guttut. Da ich das Bahnfahren grundsätzlich scheue (und in dieser Zeit sowieso) kann ich nichts machen - außer abwarten. (Vor Frühjahr/Sommer rechne ich nicht damit, mich einigermaßen zwanglos in eine Bahn zu setzen.)
Erde und Atmosphäre tut es weiterhin gut, daß weniger Fahr- und Flugzeuge unterwegs sind. Der Mensch ist eh bloß eine Fußnote in der Geschichte der Erde. (Vom Universum ganz zu schweigen. Aber - wie du aus Aus dem Hinterland weißt: Ich liebe und schätze die Fußnoten - sie sind oft sogar das Wesentliche auf der Seite ...)
Herzliche Grüße Theo
Do., 5. Nov., 10:53 Uhr
Eine gute Nachricht erreichte mich eben zusammen mit Deinen (die mich natürlich nicht minder freuten!), lieber Theo: die CoronaSchVO in NRW wurde nachjustiert, so daß ich kommenden Montag den Unterricht in Brühl doch wieder in "Präsenz“ abhalten kann! (Es war auch unlogisch, daß dies an der Musikhochschule möglich, aber an Musikschulen verboten war.)
Daß wir nur eine winzige Fußnote im Universum sind, vergessen / verdrängen wir gerne. Demut ist eine vielen verloren gegangene Disziplin Die eigene Vergänglichkeit zu akzeptieren, ist nicht jedermanns Sache ... und genaugenommen: ist es nicht so, daß unsereins mit seinem Tun & Wirken (in Form von Kunst) dieser Vergänglichkeit ein "Schnippchen zu schlagen" versucht ?! --- Aber: wie viel Großartiges ist so schon entstanden! - und wirkt immer noch in uns weiter - alles knüpft an und setzt fort: also doch eine unendliche Kette ! - Deine Arbeit ist bester Beweis (nicht allein wegen der wichtigen Fußnoten) !
Deinen Fleiß bewundere ich: kaum ein eigenes Manuskript fertig, stürzt Du Dich schon wieder in Übersetzungen ! - wo nimmst Du diese Kraft her?
Als kurzen Morgengruß dies Michael
Do., 5. Nov., 11:28 Uhr
Lieber Michael,
so wie der Müßiggänger sich über den Müßiggang definiert (was ich bewundere, ich denke da an eine Reihe von Bekannten), definiere ich mich über die Arbeit. Ich "stürze" mich nicht in Arbeit, ich arbeite. Auch Lesen ist für mich natürlich/e Arbeit, ich fühle mich dabei nie als Genießer usw. Auch Musikhören ist Arbeit, ich kann mich nicht hinsetzen und mich leicht fühlen usw. Symptomatisch: daß ich via deiner Musik die Celan-Sequenz zu schreiben beginnen konnte.
Und da ich mich am besten fühle, wenn ich arbeite, arbeite ich, wann immer es geht. Ich kenne auch kein Wochenende oder bestimmte Arbeitsstunden. Mit "Kraft" hat das auch wenig zu tun. Es ist einfach der Drang. Vieles will ich ja gar nicht mehr machen müssen - wie etwa die Pflege von Haus und Garten oder Reifenwechsel usw. usw. However, someone has to do it ...
Das alles hängt sicherlich auch mit der dieser Tage beschriebenen Verfassung zusammen, die in leichterer Form lebenslänglich präsent gewesen ist. Mit Arbeit halte ich die Krankheit am besten in Schach.
Die Übertragungen mache ich Pop und Barbakadse zuliebe; das sind keine Dinge, die ich unbedingt machen will. Aber wenn jemand mich anspricht und mit einem interessanten Projekt kommt, sage ich selten nein, denn es bringt mich ja stets weiter. (So kam es 2019 zu einem Buch nach dem anderen, was sich so aber nicht wiederholen wird.)
So - jetzt also raus mit Leiter und Pinsel ...
Theo
Do., 5. Nov., 23:08 Uhr
... eben rief mich Timo Berndt an, um zu fragen, wie es nach erneuter Schließung aller Kultureinrichtungen nun mit dem WKR weitergehen soll. Zudem wollte er mir sagen, wie sehr er sich über Deine Büchersendung gefreut hat, lieber Theo. Er will Dir auch noch schreiben, möchte nur erst seine Steuersachen erledigen, bevor er wieder auf seinen Olivenhain in Griechenland reist.
Ich bin nun vorbereitet für den Unterricht morgen in DÜ. Da ich morgen sehr früh aus den Federn muß (und nun abschalten sollte), melde ich mich morgenabend gerne ausführlicher.
Herzlich, Michael
Fr., 6. Nov., 21:35 Uhr
Lieber Theo,
heute in Düsseldorf merkte ich erneut, welche unendliche Freude mir das Arbeiten mit jungen begabten Musikern bereitet. Wenn in einem Jahr die Arbeit an der Robert-Schumann-Hochschule für mich aufhören wird, werde ich diese sicherlich vermissen. Irgendwie hat es das Schicksal gut mit mir gemeint, daß ich - obwohl ich zweimal auf einer entsprechenden Berufungsliste für eine Prof. für Komposition stand - solch ein Professur nicht bekam, dafür nun aber seit 13 Jahren an der RSH als Dozent Kammermusik unterrichte. (Übrigens auch darin deckt sich meine pädagogische Tätigkeit mit der von György Kurtág: auch er hat nie an einer Hochschule Komposition gelehrt, sondern ausschließlich Kammermusik & auch Klavier.) Wahrscheinlich wäre ich als Kompositionslehrer an einer Hochschule nie glücklich geworden, weil ich - vermutlich gegen Widerstände - hätte einiges ändern wollen, was mir schon als Kompositionsstudent in Köln mißfiel & vor allem fehlte, und auch an anderen Hochschulen nicht so ist, wie ich es für sinnvoll hielte. Lediglich in Rotterdam (wo ich gelegentlich als externer Prüfer zu Kompositionsexamina eingeladen war) gab es die Voraussetzungen, die mir wichtig sind ... und beinahe wäre ich sogar dort gelandet, als einer der drei Kollegen nach Amsterdam weggelobt werden sollte und man mich fragte, ob ich seine Nachfolge antreten wollte. Aber da ihm aber die Arbeitsatmosphäre in Rotterdam besser gefiel, blieb er doch dort, und somit war's dann das für mich. Zunächst war ich darüber damals traurig, aber nun aus dem Abstand sehe ich, wie gut dieser Zufall für mich war: ich bin mir sicher, fast alle meiner größeren Zyklen (und vor allem HWNW) wären niemals entstanden, hätte ich mich zu einem relativ frühen Zeitpunkt (so wie ich es für richtig & nötig befinde) in eine professorale Lehrtätigkeit als Komponist begeben / gestürzt ! ---
Wenn ich mit den Studierenden Werke aller Epochen erarbeite, lerne ich beim Unterrichten selber unendlich viel über & mit diesen Werken, nicht weniger, als würde ich sie selber als Interpret für mich erarbeiten! Und wieviel habe ich ohnehin über das genaueste Studium der Werke von Bach, Beethoven, Mahler, etc. gelernt !!! - viel mehr als bei meinen Lehrern. Ja, das alles ist für mich auch Arbeit, dennoch gleichzeitig ein beglückendes Genießen & innerliches Entspannen, bei aller Anspannung !!! --- (Damit sei nichts gegen den kreativen Müßiggang gesagt ... ) Diese Gedanken durchströmten heute mein Hirn blitzartig, als ich mit einem Ensemble an Brahms' Klavierquartett c-moll arbeitete. ---
Was Du über Dein Tun in nicht eigener Angelegenheit schreibst kenne auch ich: wenn mich jemand um etwas bittet, was mir - aus welchem Grund auch immer - irgendwie interessant erscheint, kann ich schlecht NEIN sagen. So bin ich in manchen Beiräten oder Kunstkommissionen gelandet oder Mitwirkender in Planungsgruppen geworden; und trotz Zeitaufwand mache ich das eigentlich immer gerne. Auch der WKR / die Idee dazu hat seinen Ursprung ja auch in der Anfrage für eine sinnvolle Nutzung eines nicht mehr als solchem genutzten Kirchenraums gehabt ... dann aber eine solche Eigendynamik entwickelt, daß es doch auch etwas mit "Komponieren" im ursprünglichen Sinne zu tun hat und darüber zu etwas sehr Eigenem (zu mir gehörendem) geworden ist. Da fließt sehr viel Herzblut & Energie hinein!
Während ich heute den ganzen Tag drinnen war, hattest Du ja heute nochmals einen herrlichen Sonnentag, um vielleicht das in Deinem Garten zu Ende zu führen, für das gestern möglicherweise die Zeit nicht ganz reichte.
Eben las ich ein erneutes Mal im Zischenden Zustand den Abschnitt "Am Wortstein ...": wie erfrischend dabei, nach einem ganzen Tag mit Musik im / am / ums Ohr, nun sich der Wort(e)-Musik hinzugeben ...
Dir einen herzlichen Gruß ins startende, sonnig & warm werden sollende Wochenende Michael
Sa., 7. Nov., 09:11 Uhr
Lieber Michael,
da kann man nur sagen: GEHT DOCH!
Olivenhain in Griechenland - das wäre auch etwas für mich gewesen. Wobei mein Lebenstraum stets gewesen ist, in England zu leben (seit ich dort erstmals war 1975).
Theo
Sa., 7. Nov., 09:30 Uhr
Lieber Michael,
gern lese ich diesen Abriß deines beruflichen Lebens. Es ist gut, wenn man mit 65 sagen kann, daß man zufrieden ist mit dem, was man gelebt hat, und daß es gut ist, daß es so und nicht anders gekommen ist.
Schmunzeln mußte ich bei dem, was du zu meiner/unserer Gartenarbeit schreibst: "um vielleicht das in Deinem Garten zu Ende zu führen, für das gestern möglicherweise die Zeit nicht ganz reichte." Obwohl ich es schon das eine oder andere Mal versucht habe, konkret zu beschreiben, ist es für Außenstehende, die das hier noch nie gesehen haben, nicht leicht nachzuvollziehen. Diese Art Gartenpark fordert gleichsam immerwährende Arbeit (was mit dem Mähen beginnt). Allein Sommer- und Herbstrückschnitt beanspruchen Wochen und Monate: Täte man es am Stück (was wegen des Wetters und vieler anderer Dinge ja nicht geht), wären es mindestens 14 Tage à 8 Stunden - und das zu zweit.
Jährlicher Rückschnitt (Sträucher oft zwei- bis dreimal): 22 Bäume, 44 Sträucher, 70 Meter Thujahecken (3,50 bis 3,80 m hoch; beidseitig zu schneiden, also 140 Meter ...), Stauden ohne Ende - und dann noch das Laub von den 22 Bäumen ...
Es ist schön hier, sehr schön sogar, aber seit einigen Jahren möchte ich es am liebsten verschenken. TROTZDEM: Die gemeinsame Arbeit bei schönem Wetter ist heilsam und gut, und heute nachmittag geht es weiter ... weiter ... immer weiter ...............
Morgen fahren wir für 4 Tage nach Berzdorf.
Traian Pop, das möchte ich noch einmal betonen, hat sich wie ich sehr über die Bestellung der 15 Exemplare gefreut (das Buch kostet übrigens 14,50 €). Unter uns gesagt: Finanziell geht es dem Verlag - wie vielen Kleinverlagen - miserabel. Verdienen kann er an den meisten Büchern nicht nur nichts, sondern es ist sogar so, daß 95% der Bücher rote Zahlen bringen. Auch deshalb arbeite ich soviel ehrenamtlich/freundschaftsdienstlich für den Pop Verlag. Ohne diese Handvoll Menschen gäbe es den Verlag schon längst nicht mehr.
Es ist immer wieder schön, zu erfahren, daß Menschen in meinen Büchern lesen - und vor allem auch wiederlesen!
Nun lese ich ein weiteres Buch von Milo Dor: "Tote auf Urlaub", den Roman von 1952. Ohne die Celan-Auseinandersetzung in diesem Jahr hätte ich außer "Internationale Zone", das ich von einigen Jahren las, wahrscheinlich kein weiteres Buch von ihm gelesen. Genauso wie manches andere Buch ...
Have a good time.
Theo
Sa., 7. Nov., 10:39 Uhr
Lieber Theo,
wie schwierig es heutzutage für Kleinverlage ist, kann ich mir denken, ähnlich geht es auch kleineren Labels, die oftmals nur CDs herausgeben, wenn die Musiker (oder Komponisten) fast die ganzen Kosten der Produktion übernehmen, oder zumindest 100 - 200 Exemplare zum Autorenrabatt abnehmen. Aber auch für die großen Verlage sind Lyrikbände fast immer ein Zuschussgeschäft, das durch Einkünfte aus Bestsellern gegengerechnet werden muß. Hat nicht Enzensberger (oder war es jemand anderes?) einmal gesagt: 300 verkaufte Exemplare seien ein riesiger Erfolg bei Lyrik. ( Somit trüge ich bei 15 Exemplaren mit 5% am Erfolg Deines neuen Gedichtbuches bei. Ich tue das wirklich gerne, weil ich denke, ich erreiche so ein paar sicherlich begeisterte Leser, die ohne mein Draufstoßen nicht selber darauf gestoßen wären. - und hoffe natürlich, daß diese nun selbst wieder Multiplikatoren werden könnten. ) ---
Zwar vermute ich, Deinen Park mir immer noch nicht in seiner Größe (& Schönheit) richtig vorstellen zu können, wenngleich Deine Zahlen sprechend sind, aber natürlich ist mir klar, welcher Zeitaufwand damit regelmäßig verbunden ist. Was ich meinte war eigentlich dies, daß Du nur das Dir für den Tag Vorgenommene möglicherweise nicht ganz schaffen konntest. (Das kenne ich bei mir auch bei anderen Angelegenheiten.)
So schön Olivenhain / Garten / Park für's Wohlbefinden sein können (& die ich auch zu genießen weiß !): ich bin mehr ein Stadtmensch, Martella & ich haben schon als Studenten von einer kleinen Wohnung in Paris geträumt (waren mindestens 2-mal im Jahr dort), dann ergab sich zumindest, daß ich immer wieder die Wohnungen von zwei verschiedenen Freunden dort nutzen konnte, so wie vor einem guten Jahr das letzte Mal. Aber seit dem Villa-Massimo-Jahr ist mein eigentlicher Sehnsuchtsort Rom geworden / geblieben ! Noch heute durchwandere ich manchmal nachts in meinen Träumen die Gassen dieser Stadt, etwas wehmütig ... keine Zeit in meinem bisherigen Leben war schöner als die, die ich dort 1986/87 verbrachte. (Nebenbei haben ganz wichtige Freundschaften aus der Zeit bis heute Bestand !)
Blauer Himmel draußen: wir schwingen uns gleich wieder auf die Räder gen Süden dem Rhein entlang ...
Dir / Euch natürlich schöne Tage in Berzdorf ! - Herzlichst & enjoy the weekend Michael
Di., 10. Nov., 22:12 Uhr
Lieber Theo,
nur einen kleinen / feinen / reinen musikalischen Gruß: https://www.youtube.com/watch?v=O5j9I4CauN0 (György K. spielte dies am 1. Todestag von Marta [seiner Frau] im BMC vor wenigen Tagen) Wie schlicht, so schön, seltsam schaurig ... und beglückend entrückend ! (- wenn vom lichten A-Dur der Gesang zum parallelen / eingetrübten fis-moll wechselt -)
Im Wechselbad der Gefühle Michael
Do., 12. Nov., 09:12 Uhr
Lieber Michael,
gestern abend sind wir nach wie immer guten Tagen in Berzdorf nach Sistig zurückgekehrt. Es ist immer unbeschreiblich "beglückend", Katharina (geb. 1.10.16) und Hannah (geb 23.12.19) zu erleben.
Und nun erlebe ich die Mozart-Sonate und fühle mich erneut beglückt. Danke.
Die Bücher wurden von der Druckerei ausgeliefert. Vielleicht bekommen wir sie schon heute? Du kannst ja mal bei Pop nachfragen, wenn du wissen möchtest, ob er sie schon losgeschickt hat.
Herzliche Grüße Theo
Do., 12. Nov., 18:14 Uhr
Lieber Theo,
ich kann mir das beglückende Gefühl des Zusammenseins mit Deinen Enkelkindern bestens vorstellen! (beneide Dich ein wenig um diese besondere Form von Glück, welches ich aus schon genannten Gründen nicht bekommen werde; aber auch das Glück der Kinder in ihrer Beziehung macht einen selber glücklich)
Da diese Mozart-Sonate (seine letzte), deren langsamen Satz György im Video spielte, für mich fast vom Blatt spielbar ist, habe ich sie mir in den vergangenen Tagen mehrfach durch die Finger gehen lassen ... Musik fühlen & hören, das selber spielen kann nichts ersetzen! ... und übrigens habe ich nebenbei jeden Tag Deine diversen mir vorliegenden Bücher ganz zufällig aufgeschlagen und dort dann ein paar Seiten gelesen, dabei sowohl auf schon Gelesenes gestoßen, aber mich auch an bisher noch Ungelesenem erfreut. (das zufällige Aufschlagen gerade von Lyrik-Bänden mache ich seit Jahren immer wieder mit größtem Vergnügen, staune manchmal, wie präsent ein Gedicht vom ersten, oftmals weit zurückliegendem Lesen noch ist, hingegen andere einen plötzlich "anspringen" mit dem Überraschungseffekt, als läse man sie zum ersten Mal)
Wird die Druckerei tatsächlich sowohl Dich als auch mich mit den bestellten 15 Exemplaren direkt beschicken? - Heute traf hier aber noch kein Paket ein ... Wie dem auch sei: ich freue mich schon, Dein neues Gedichtbuch nicht nur als PDF lesen zu können.
Herzlichst wie immer Michael
Fr., 13. Nov., 9:40 Uhr
Lieber Michael,
der Versand wird vom Verlag besorgt. Ich bekam heute die Nachricht, daß das Paket heute ankommt. Bei dir wird es auch sehr bald ankommen. Heute, morgen, übermorgen.
Du weißt selbst, wie schön es ist, wenn jemand dir schreibt, daß er Musik aus deiner Feder gehört hat. Und so freue ich mich jedes Mal, wenn du schreibst, daß du zu meinen Büchern gegriffen hast.
Endlich mal wieder ein Leser, der es ernst meint! (Und genug dabei zu lachen bekommt.)
Ich bin nun dabei, das Lyrikbuch Dato Barbakadses zum zweiten Mal zu bearbeiten, nachdem der Autor die erste Bearbeitung begutachtet und ggf. geändert hat, was nur an wenigen Stellen der Fall war. Er reagiert regelrecht euphorisch auf meine Bearbeitungen. Hoffen wir, daß die Leser das ebenso sehen.
Es ist wunderbar, zu lesen, wie du die Mozartsonate im Kopf spielst.
Nun freue ich mich auf das Geräusch des Postautos! (Eine Stunde wird es noch dauern.)
Herzliche Grüße Theo
Fr., 13. Nov., 21:44 Uhr
... nun, lieber Theo, brachte Dir das Postauto heute die erwartete "Ware"? - und wenn ja: sicherlich ein sehr gutes / beglückendes Gefühl für Dich, nun die Früchte der vergangenen Monate in Endgestalt in Händen zu halten !!! -
Als ich heute aus DÜ zurückkam, war solch ein Päckchen für mich noch nicht bei der Post dabei. Aber ich kann natürlich geduldig warten & ohnehin solltest - na klar! - Du als allererster das gedruckte Buch in Händen halten! (Daneben dachte ich: eigentlich hätte ich zumindest eines der 15 Exemplare natürlich gerne mit einer kleinen handschriftlichen Widmung von Dir ... aber das mußt Du dann irgendwann einmal nachholen, sollte sich doch einmal eine persönliche Begegnung ergeben; spätestens, wenn wir den gemeinsamen Celan-Abend im Rahmen der angedachten neuen Reihe von mir hinbekämen. ---
Selbstverständlich habe ich neben Deinen Büchern in den vergangenen Tagen auch die anderer Autoren in die Hand genommen, aber oftmals kam der Impuls dazu über das bei Dir Gelesene. So las in beispielsweise wieder in Scardanelli der Mayröcker oder blätterte erneut auch bei Elke Erb ...
Wer so euphorisch wie Du über / von Bücher/n anderer Autoren schwärmen kann, wird sicherlich auch ein solch einfühlsamer Übersetzer / Bearbeiter sein, daß mich die Euphorie von Barbakadse nicht wundert ! - (mich würden übrigens bei Gelegenheit diese Haiku auch interessieren, obwohl die aktivere Zeit der eigenen Dreizeiler schon etwas her ist ...)
Ich wünsch Dir einen schönen Start ins Wochenende: herzlichst, Michael
Sa., 14. Nov., 11:11 Uhr
Lieber Michael,
ich habe nun so lange mit Traian Pop sprechen müssen, daß er es wahrscheinlich heute nicht mehr schaffen wird, das Paket an dich loszuschicken. Am Montag wird er es schicken. Es eilt ja auch nicht.
Ein signiertes Exemplar bekommst du selbstverständlich - und zwar aus meinem Bestand. Das ist doch klar. Ein gemeinsamer Celan-Abend: Darauf freue ich mich schon heute. Sehr.
Wie ich schon mal schrieb: Für mich sind alle sieben Tage gleich. Womit wir wieder bei der 7 wären ...
Dir um so mehr wünsche ich ein erfreuliches Ende der Woche Theo
PS Und nach dem Mittagessen geht's wieder in den Garten ...
Sa., 14. Nov., 20:47 Uhr
... gerade schau ich als "premiere" das Konzert des Gürzenichorchesters aus der Kölner Philharmonie als sog. Geisterkonzert. Nach Ligitis 100-Metronum-Konzeptstück läuft nun Beethovens Achte. (https://www.youtube.com/watch?v=bQOulDfIAQY) 36 Zuschauer sind im Moment live dabei !!! - man möchte weinen ob all dieses Wahnsinns, der uns da grad umgibt. - Uns wird so gezeigt: klassische Musik spielt für die Menschen keine Bedeutung mehr. Oder darf man die so minimale Zuschauerzahl in andere Richtung deuten: WIR WOLLEN MUSIK LIVE ERLEBEN ::: NICHT AM BILDSCHIRM. (ich weiß es nicht. - noch vor einem Jahr wäre die Philharmonie bei solch einem Konzert nahezu ausverkauft gewesen)
Lieber Theo, nur einen kurzen Gruß & Dank für Deine morgendlichen Zeilen. Wenn der POP-Verlag das am Montag auch an mich rausgehen läßt, trifft die Sendung immer noch so rechtzeitig ein, daß ich ein paar Freunde zum 100. Celan-Geb. am 23. mit Deinem neuen Buch beglücken könnte ...
Was Dir der Garten ist mir mal wieder das Radeln an der frischen Luft gewesen ... und vor & nach Sonnenuntergang das Spiel der Farben & Wolken von "unserer Bank" aus zu beobachten. (denhoff.de/diebankamrhein.htm)
Herzlich in den Abend Michael
Mo., 16. Nov., 22:21 Uhr
Lieber Theo,
bin eben zurück vom langen Unterrichtstag in Brühl ... und finde das POP-Paket, das in meiner Abwesenheit eingetroffen ist ! Bevor ich das nun gleich öffne: wie freue ich mich schon jetzt, einen langen Abend mit nicht weniger (&) nicht mehr zu verbringen !!! ---
Herzlich in nachher lesender Nähe zu Dir Michael
Di., 17. Nov., 09:01 Uhr
Lieber Michael,
es freut mich, daß der Versand reibungslos verlaufen ist; Pop hatte das Paket doch noch am Samstag aufgegeben.
Die letzten Tagen waren extrem arbeitsreich. Ich hoffe, in den nächsten Tagen weniger beansprucht zu werden. Gestern z. B. habe ich E-Mail-Adressen von rund 150 Buchhandlungen und Bibliotheken recherchiert, die sich in besonderer Weise für Lyrik einsetzen (Es gibt da eine Liste vom Münchner Lyrik Kabinett). (Böttger ist auch dabei.)
Tja, jetzt ist die berühmte Zeit danach. Ich empfinde keine Leere (da ich ja auch noch mit den georgischen Haiku befaßt bin und eh immer viele Bücher auf dem Schirm habe, die entweder bereits unmittelbar der Lektüre harren oder unbedingt bestellt werden wollen.) Aber es ist irgendwie seltsam, nun nicht mehr täglich mit dem Manuskript befaßt zu sein.
Ein neues aphoristisches Kurzgedicht in Rohfassung ohne Zitat und Titel, das die Jetztzeit in wenigen Wörtern zusammenfaßt:
erst kommt das fressen dann ... der choral
Michael, ich bin dir sehr, sehr dankbar, daß du dich so für das Buch einsetzt. (Wenn Karsten Gaul wüßte, wie schwer es mir seit Jahren fällt, eine einzige Büchersendung vorzubereiten. Es dauert stets Tage, bis ich mich durchringe, es nun endlich zu tun, und dann dauert es stets lange, bis die einzelnen Schritte getan und endlich die Briefmarken aufgeklebt sind. Insofern ist es eine echte Entlastung, zu wissen, daß du so viele Exemplare unter die Leser bringst.)
Da das Buch offiziell am 1. Januar 2021 erscheint, lasse ich mir in diesen Tagen alle Zeit, die ich brauche, um das dann gern zu erledigen. Mal sehn, ob ich es hinkriege, das eine oder andere Exemplar zum 23. November zu verschicken. HEUTE JEDENFALLS NICHT. (Und morgen ruft schon wieder der Garten ...)
Heute lese ich Rolf Schroers' Roman Der Trödler mit den Drahtfiguren zu Ende. Interessant die Tatsache, daß Schroers dermaßen in Vergessenheit geraten ist. Für mich sind die beiden Romane Jakob und die Sehnsucht (von dem Celan außerordentlich angetan war) und Der Trödler und die Drahtfiguren jedenfalls ganz wichtige Bücher der frühen 1950er Jahre. (Wie auch die Romane Die abgelegte Zeit von Herbert Eisenreich und Tote auf Urlaub von Milo Dor, die ich ebenfalls in dieser Zeit gelesen habe.) Was da bei mir im Celan-Umfeld in diesem Jahr alles zusammengekommen ist ...
Herzliche Grüße Theo
Di., 17. Nov., 11:00 Uhr
Lieber Theo,
als ich nach einem kleinen Abendimbiss dann das Paket öffnete, bemerkte ich, daß Trajan Pop mir zu den Exemplaren Deines Buches noch einen ganzen Stapel Bücher (9) aus seinem Sortiment dazugelegt hatte ... na, da gibt's aber nun genug "Lesefutter" ... (Die Rechnung werde ich gleich heute begleichen ... und in den nächsten Tagen gehen die ersten Exemplare an ausgewählte Freunde ...)
Dein Buch hat mich nach der erneuten Lektüre nach etwas längerer Pause nachts bis in die Träume begleitet --- surreal färbten sich die Texte in Pastelltöne, atmeten, lachten, stöhnten, flüsterten, eine befremdlich entrückte Nähe --- immer wieder tauchten Worte im Halbschlaf auf, insistierend sich wiederholend, die Seiten blätterten sich wie in Zeitlupe von alleine. --- als ich heute früh erwachte, war alles / die Traumbilder noch gegenwärtiger; mittlerweile hat sich etwas grauer Nebel darauf gelegt.
Was Du über Rolf Schroers schreibst & denkst, hätte meinen Schwiegervater sicherlich sehr interessiert (noch immer vermisse ein wenig die stets sehr anregenden Gespräche mit ihm). Aber warum manche Autoren so schnell dem Vergessen anheim fallen, ist manchmal nicht nachvollziehbar. Mir scheint z.B. auch Wolfdietrich Schnurre fast vergessen; ich hatte dieser Tage nach langer Zeit mal wieder seinen "Schattenfotografen" in Händen: es ist ein großartiges Buch geblieben, jedenfalls für mich! - nicht minder lesenswert als die Aufzeichnungen von Günter Kunert u.a. Überhaupt gehören Aufzeichnungen zu den mir liebsten Büchern ... und sie haben die Genese von HW+NW heftig mitbefördert.
Solch lapidare Kurzgedichte, wie das frische von Dir, fallen bei mir stets auf fruchtbaren Boden! - auch hier: welch doppelbödige Interpretationsmöglichkeiten! - Danke!
Ich schließe hier mal, weil in wenigen Minuten "mein" Geigenbauer aus der Eifel (von dem ich die Campanula habe) vorbei kommt, um ein paar Celli zur Auswahl für eine meiner jüngeren Schülerinnen zu bringen.
Herzlich wie immer Michael
Di., 17. Nov., 11:30 Uhr
Lieber Michael,
nun bist du - definitiv! - der erste Leser von nicht weniger nicht mehr gewesen. Das paßt doch wunderbar zu der wunderbaren Geschichte, die wir einander nonstop seit Monaten erzählen. Celan, der den Dialogcharakter von Kunst so sehr betonte, hätte seine wahre Freude an unserem Dialog.
Heute ist der Tag der 'verschollenen' Freunde: Ich habe mir einen Ruck gegeben und mehrere nach sehr langer Zeit angeschrieben - wie ich das vor ein paar Wochen schon einmal mit ein paar anderen gemacht habe. Someone has to do it ... Alle freuen sich immer über die Initiative, die so gut wie immer von mir ausgehen muß, worüber ich bisweilen auch nicht ganz so amused bin. Was soll's ... Einer hat soeben umgehend geantwortet: im Zug nach Kassel sitzend ...
Auch ich liebe Aufzeichnungen, finde Schnurres Schattenphotograph ebenfalls "großartig"., habe das Buch in diesem Jahr übrigens wiedergelesen, im Februar!
Zum guten Schluß mein großer Dank für deine guten Worte zur Lektüre von nicht weniger nicht mehr. Wenn nur ein Bruchteil stimmt von dem, was du schreibst, so ist es bereits hochbeglückend! (Auch ich habe eben noch einmal im Buch geblättert und eins der langen Gedichte im dritten Kapitel gelesen, und ich dachte so bei mir - man darf es ja nicht laut sagen ... -, nicht schlecht, nicht schlecht --- oder anders gesagt: verdammt gut ...)
Schade, daß der Geigenbauer dazwischenkam, hätte gern noch mehr gelesen ...
Theo
Di., 17. Nov., 12:25 Uhr
Lieber Michael,
die "doppelbödigen Interpretationsmöglichkeiten", die du bei meinem neuen Gedicht siehst, haben mir weiter zu denken gegeben, und nun ist aus einer ersten Fassung die Endfassung geworden, die es in der Tat mächtig in sich hat ... (Aber hallo ...)
Theo Aus der Hand frißt der Herbst mir sein Blatt: Paul Celan ∙ Corona Wie ihr es immer dreht, und wie ihr’s immer schiebt … Bertolt Brecht ∙ Wovon lebt der Mensch
wisset :
erst kommt das fressen dann kommt d-e-r … c-h-o-r-a-l
17.11.2020
Di., 17. Nov., 17:37 Uhr
... oh ja, lieber Theo: that is it !!! - (ich sehe. nach dem neuen Gedichtband ist schon vor dem nächsten) - so messerscharf kann Lakonisches sein !
Die Celli sind angekommen und jeweils klanglich optimiert (Stimmstock, Steg, etc. richten); und mittlerweile ist auch der Rasen im Garten gemäht, was dringend notwendig war. Bevor ich zur Besprechung von Vorstand & Beirat in die GKG fahre (es geht um die Ausstellungsplanung für 2021), noch ein kleiner Nachtrag.
Du scheinst ähnlich veranlagt wie ich: auch ich bin in der Regel derjenige, der die Kontakte pflegt und sich meldet, wenn man länger nicht voneinander hörte. Natürlich freut einen, wenn der / die Andere darüber erfreut ist. Aber bei den allerengsten Freunden ist das doch so gut wie nie nur eine "Einbahnstraße“!
Nachdem ich gestern in der Tat / offensichtlich "Erstleser" Deines neuen Buches war, so werde ich es heuteabend auch bei einer kleinen Publikation meiner Frau sein, die heute die ersten Druckexemplare bekam. Als Jahresgabe des Vereins Beethovenhaus hat sie ein Heftchen über "Beethoven und der Wein" verfaßt (sozusagen als Ergänzung für die schon vor Jahren entstandene "Die gute Kocherey" - ein Beethoven-Kochbuch). So schaffe ich / schaffen sich immer wieder Gründe, das Komponieren weiter hinauszuzögern, oder zumindest auf dem Papier; im Kopf brutzelt es schon ein bißchen ...
Herzlich in den Abend Michael
ps Böttger bekommt nicht weniger nicht mehr morgen von mir, wenn ich mal wieder in der Buchhandlung bin.
Di., 17. Nov., 22:16 Uhr
Aller guten Dinge ... sind bekanntermaßen DREI, lieber Theo. Und so ein drittes & letztes Mal für heute. Ich vergaß kurz zu kommentieren / reflektieren, was Du heutefrüh schriebst: dachte so bei mir - man darf es ja nicht laut sagen ... -, nicht schlecht, nicht schlecht --- oder anders gesagt: verdammt gut ...) --- Hahaha, dachte ich mir, wie recht er doch hat, der Theo, ja: verdammt gut (es war ja auch nicht laut gesagt, nur leise gedacht!) - aber es stimmt ! - Ich denke / glaube, wir beide haben schon so viel an wirklich großer Kunst gesehen, gehört, gelesen, haben diese ehrfürchtig "angebetet" und haben eine recht gute Vorstellung [Ahnung?], was eben gute Kunst ausmacht (.. und sind auch wohl deshalb unsre eigenen schärfsten Kritiker), so daß es durchaus mal passieren kann / darf / muß, das Eigene mit notwendiger (auch zeitlicher) Distanz doch als tatsächlich besonders gelungen einschätzen zu dürfen ! Keine Überheblichkeit, aber: eine gewisse Sicherheit spricht da aus einem Selbst ... legales Klopfen auf die eigene Schulter ... und wenn dann geschätzte Kollegen / Freunde die eigene Einschätzung bekräftigen, ist's schon ganz nett ... oder ?!
Du hast bereits eine weitere beglückte Leserin. Als ich eben aus der GKG zurückkam (wir haben eben sogar bereits bis 2022 vorgeplant - so Corona nicht weitere "Striche durch die Rechnung" macht), sagte mir Martella, sie habe schon eine ganze Reihe "Perlen" bei der Lektüre Deines neuen Buches gefunden ... (sie hat aber bisher nur eher 'diagonal' drin gelesen, nachdem ich ihr gestern ein Exemplar in die Hand drückte) - Nun öffne ich eine Weinflasche und werde mir passend dazu ihr druckfrisch vorliegendes Bändchen zu Beethovens Weingenuß vornehmen ...
Prost auch in Richtung Sistig herzlichst natürlich, Michael
ps welch netter Zufall, daß auch Du Schnurres Schattenfotograph mal wieder in die Hand genommen hast!
Mi., 18. Nov., 03:07 Uhr
lieber Theo, lieber Traian Pop.
als Nachtlektüre erneut nicht weniger nicht mehr in der Hand verfaßte ich grad meinen "Standard-Brief" an die ausgewählten Freunde, die ich mit dem neuen Buch in den nächsten Tagen beschicken werde / möchte ... Nur zur Kenntnisnahme & herzlich
Michael
… es gibt immer wieder überraschende & beglückende ZUFÄLLE des Lebens! : Am 3. Juni hatte ich bei meiner Reihe WORTKLANGRAUM (das erste wieder öffentliche Konzert in Bonn nach dem Lockdown Nr.1 in Bonn unter den Motto „taumelnd“) u.a. einen längeren Text von Theo Breuer in’s Programm genommen, vorgetragen von Timo Berndt. (https://www.youtube.com/watch?v=KQNhILCRPLU&t=2334s) Der Autor, den ich bis dahin nur vom Namen her kannte, hatte den Livestream des Abends zufällig im Internet gesehen / gefunden … und schrieb mich daraufhin - (offensichtlich sehr begeistert) - an. Seitdem hat sich ein reger Gedanken-Austausch & ein gegenseitig sehr befruchtendes Gespräch entwickelt. Soeben ist im POP-Verlag ein neuer Gedichtband von Theo Breuer erschienen, dessen erstes Kapitel als sein literarischer Beitrag zum Celan-Jahr 2020 (100. Geburtstag / 50. Todestag) zu verstehen ist. Geplant von ihm war zunächst eine Art Essay (der aber nach eigenem Bekunden nicht gelang). – Wie er mir schrieb, war es vor allem das Hören meines Klavierzyklus ATEMWENDE (nach Celan) gleichzeitig mit Audio-Aufnahmen von Celans eigenen Gedicht-Lesungen, die ihn (ihn selbst überraschend) zu dem nun siebenteiligen Celan-Poem „nicht weniger nicht mehr“ inspirierten. Ich finde, es ist ein großartiges Buch entstanden! Und ich möchte es Dir – quasi punktgenau – zum 100. Geb. von Paul Celan am 23. November 2020 hiermit zum „innigen“ Lesen schenken, weil mir Celan schon seit meiner Jugend (& bis heute!) einer der wichtigsten Dichter wurde / geblieben ist. Es würde mich freuen, wenn Dich die Lektüre ebenso beglückt, wie sie mich beglückte! – und dann: empfehle das Buch ggf. weiter …
Mi., 18. Nov., 08:01 Uhr
Lieber Michael,
die gegenseitigen Beglückungen gehen weiter. DANKE.
Es wird ja auch mal wieder ruhiger werden, aber diese Monate 2020 nimmt uns keiner.
Vorgestern schrieb ich Dato Barbakadse zum Abschluß einer E-Mail: Jedes Jahr ist ja ein besonderes Jahr. Bei mir jedenfalls. 2020 ist geprägt von Paul Celan (von Beginn an), Michael Denhoff (ab der Mitte) und (zum Ende hin) von Dato Barbakadse. Daraufhin antwortete er gestern: Michael Denhoff war mir bis jetzt unbekannt, aber ich habe schon heute einige seiner Kompositionen in YouTube ausgesucht und mit großem Vergnügen gehört (auch ein Gespräch mit ihm). In Wikipedia ist zu lesen, dass er, unter anderen, von Olivier Messiaen beeinflusst wurde, der seit Jahrzehnten zu meinen Lieblingskomponisten zählt. Vielen Dank für diese neue Erfahrung!
Herzliche Grüße Theo
Mi., 18. Nov., 08:10 Uhr
Lieber Michael,
sicherlich war das ein schöner Abend gestern mit Weingenuß und Weinlektüre! (Ich habe in früheren Jahrzehnten auch gern und regelmäßig Wein getrunken. Nach und nach - mit dem Schwinden der entsprechenden Hausgäste aus England und Amerika - trank ich immer weniger Wein und wandte mich hochprozentigeren Getränken zu (zu denen ich allerdings nur gelegentlich greife): Am liebsten trinke ich schottischen/irischen Whisky (Single Malt).
Das ist ja schön, daß deine Frau auch Gedichte liest. (Wer liest heutzutage noch Gedichte?) Und daß sie bereits Perlen gefunden hat beim flüchtigen Lesen, macht die Sache für beide Seiten schön - bzw. für drei ...
Theo
Mi., 18. Nov., 08:15 Uhr
Lieber Michael,
da kann ich wieder nur danke sagen für gute Worte und Initiative. (Das Buch ist dank dir ja jetzt schon ein Lyrikbestseller ...)
Daß du das Buch erneut als Nachtlektüre gewählt hast, erfreut mich natürlich sehr. Ich kann mich nur immer wieder wiederholen: endlich mal wieder einen Leser gefunden. Das tut so gut!
Herzliche Grüße Theo
Mi., 18. Nov., 21:09 Uhr
Lieber Theo,
angesichts des stahlblauen Himmels heute, habe ich mich spontan entschieden, doch nicht in die Stadt zu Böttger zu fahren, sondern mich auf's Rad zu schwingen ... die Buchhandlung suche ich dann am Samstag auf, auch um Herrn Böttger druckfrisch Dein Buch zu überreichen. Morgen & Freitag bleibt dafür keine Zeit.
Wie schön zu erfahren, daß durch Dein Aufmerksam-Machen Dato Barbakadse sich auf die Suche nach meiner Musik machte ... und ich habe ein paar seiner Gedichte im Netz gefunden & mich ebenfalls via Wikipedia informiert ... (wenn Deine Übersetzung seiner Kurzgedichte erscheint, werde ich mir das Buch bestellen, und spätestens dann mehr lesen) So ziehen Bekanntschaften / Freundschaften ihre sich erweiternden Kreise. Prima so!
Von meinen englischen Freunden wird mir immer wieder vom Whisky vorgeschwärmt, aber ich trinke ihn äußerst selten ... überhaupt Höherprozentiges seit Längerem kaum noch. Aber es war eine schöne Tradition, wenn wir (solange er noch lebte) zusammen mit Martellas Vater aßen oder zusammensaßen, gab's immer einen edlen Grappa ... doch nun gehe ich wieder in den Keller einen Weißwein für heuteabend aussuchen. (In Martellas Büchlein erfährt man u.a. auch, daß z.B. Goethe beim Arbeiten Wein zur Inspiration trank, und davon sicherlich 2 Liter am Tag; Beethoven hingegen beklagte, daß er bei Wein nicht komponieren könne. - Beim Komponieren trinke ich selbst auch nie Wein, aber: ohne Pfeife in der Hand geht es nicht! - nach "Beethoven und der Wein" sollte Martella schon mal ein Büchlein zu "Denhoff und seine Pfeifen" für eine spätere Veröffentlichung im Jahr 2055 vorbereiten ... hahaha !)
Also: Dir einen vergnügten Abend, sicherlich mit irgendeinem Buch in der Hand Michael
Sa., 21. Nov., 22:51 Uhr
Lieber Theo,
nun sind schon einige Freunde mit nicht weniger nicht mehr beschickt, und auch Böttger überreichte ich heute ein Exemplar, welches er dann am Montag (wo seine Buchhandlung üblicherweise geschlossen ist) punktgenau am 23.11. lesen kann ... Mein engster Malerfreund (Giso Westing) rief gesternabend schon an, nachdem er ein bißchen in Dein Buch hineingelesen hatte; ich fand interessant, was er über seinen ersten Eindruck beim Blättern sagte: er empfinde es wie eine Partitur, die graphische Anordnung (einschließlich leerer Seiten), die "Kapriolen" (wie Hoch- bzw. Tiefsetzungen, Sonderzeichen, Punkte oder Striche zwischen den Buchstaben eines Wortes, etc. pp erscheinen ihm wie "Verzierungen" (Mordent, Triller, Vorschlagsnoten etc.) bei einem Notentext.
Eben erfuhr ich, daß mein Klangstücke-Zyklus RE-SONANZEN nun doch wohl nicht mehr vor Weihnachten, sondern erst Anfang 2021 erscheinen wird. Schade.
Dir einen an Lesefrucht reichen Sonntag & herzlich wie stets, Michael
So., 22. Nov., 09:17 Uhr
Lieber Michael,
So., 22. Nov., 15:32 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für die sieben Celan-Tage, bei deren Lektüre ich feststellen darf, wie tief ich in diesem Jahr in das Leben Paul Celans eingedrungen bin. All die Dinge, die hier angesprochen werden, habe ich in den Büchern, die im bibliographischen Gedicht auf S. 31/32 stehen, gelesen. Gute Idee, das in dieser komprimierten Form einer Celan-Woche zu bringen.
Dieser Tage habe ich weitere neue Aufsätze zu Celan gelesen, diesmal in der aktuellen Ausgabe von Sinn und Form.
Herzliche Grüße Theo
So., 22. Nov., 18:04 Uhr
... ich dachte mir, Du wirst dran Freude haben, lieber Theo, zumal in dem Text der FAS die Lebensstationen an sieben Tagen ausgemacht sind, so daß ich Dir das direkt von meiner Kaffee-Lektüre aus unkommentiert schickte. Um 15.05 Uhr gab's auch eine recht interessante Sendung zu Celan im WDR3.
Nach einer kleinen Radtour bei Nieselregen las ich dann im "Schneepart" ...
Und zwei weitere begeisterte Reaktionen auf meine Buch-Geschenke bekam ich mittlerweile: eine Galeristin aus Lindau (eh. Lebens-Partnerin meines vor drei Jahren am 23.11. verstorbenen / allerengsten Freundes & Bildhauers Wolfgang Ueberhorst [unser Projekt "Skulpturen" kennst Du]) war zutiefst angerührt, sprach von einem wunderbaren Buch ... Und "meine" Pianistin Birgitta (Wollenweber) hat gleich ihren 13- und 15-jährigen Töchtern daraus vorgelesen (Kapitel IV) ... alle haben herzhaft gelacht ! - sie will das Buch ihrerseits auch weiterverschenken, zumal sie in ihrer Berliner Buchhandlung schon auf Bücher des Pop-Verlages gestoßen ist.
Herzlichst, Michael
So., 22. Nov., 21:42 Uhr
Lieber Michael,
Mo., 23. Nov., 18:11 Uhr
Lieber Michael,
erneut vielen Dank!
Hast du das Bachmann-Celan-Buch von Helmut Böttiger "Wir sagen uns Dunkles" gelesen?
Ich liebe Celans Gedicht "Köln, Am Hof", das eins der insgeheim IB gewidmeten Liebesgedichte Celans ist.
Intensiver Tag in Berzdorf.
Herzliche Grüße Theo
Mo., 23. Nov., 22:02 Uhr
Lieber Theo,
der heutige FAZ-Artikel war eher etwas enttäuschend, nach dem guten gestern in der Sonntagszeitung. Aber in der SZ gab's heute dann doch einen wirklich guten Beitrag von Helmut Böttiger (aber vielleicht hast Du ihn schon gefunden): https://www.sueddeutsche.de/kultur/paul-celan-todesfuge-holocaust-czernowitz-biografie-1.5123449 (Sein Buch, von dem Du sprichst, habe ich bisher nicht gelesen. - sollte ich wohl nachholen ...)
Bin erst grad zurück aus Brühl ... wollte nun mal wieder in der dicken Briefausgabe lesen, die Martella mir - ziemlich frisch erschienen - im April zum 65. schenkte.
Dir erneut eine intensive Zeit in Berzdorf! Herzlichst, Michael
Do., 26. Nov., 11:05 Uhr
Lieber Theo,
eben rief mich Giso Westing an, nachdem er nicht weniger nicht mehr teilweise schon zum 2. Mal gelesen hat: er ist restlos begeistert ! (was mich, so wie ich ihn seit Jahren kenne, nicht im Mindesten wundert!) - und er wollte es gleich zum Weiterverschenken in einer Buchhandlung bestellen. Diese fand das Buch allerdings noch nicht gelistet, will aber versuchen, es direkt über den Pop Verlag für ihn zu bestellen. (Der von mir erhoffte "Schneeball-Effekt" scheint einzutreten ...) Heute treffe ich mich nochmals kurz mit Timo Berndt, bevor er sich für den Rest des Jahres und ins nächste hinein wieder nach Griechenland begibt; auch er wird nachher ein Exemplar von mir in die Hand gedrückt bekommen ... freut sich schon auf die Lektüre unter südlicherer Sonne !
Sicherlich hast auch Du bereits von anderen erfreuliche Rückmeldungen bekommen. Zunächst in aller Kürze, aber herzlich wie stets
Michael
Do., 26. Nov., 12:05 Uhr
Lieber Michael,
erneut danke, daß du mich auf diese Weise auf dem laufenden hältst. Jede Rückmeldung löst große Freude aus.
Bestellungen direkt beim Verlag oder über die Buchhandlung beim Verlag sind ja gar kein Problem, werden in der Regel am selben Tag erledigt.
Nach intensiven Berzdorftagen und arbeitsreichen Monaten drinnen und draußen lassen meine Kräfte seit gestern nachmittag deutlich nach. Da ich die Arbeit an Dato Barbakadses Manuskript auch vorläufig zu Ende gebracht habe (wenn er es demnächst zurückschickt erfolgt nur noch ein letzter Blick), werde ich in den nächsten Tagen wohl mal etwas zur Ruhe kommen und mich mehr oder weniger ausschließlich der Lektüre und Korrespondenz widmen dürfen. (Traian Pop hat täglich kleine Aufträge, aber die mache ich auch in Zeiten der Ermüdung durchaus gern.)
Werner Bliß, in Hausach/Schwarzwald beheimateter Künstler und Autor, dem Paul Celan ebenfalls viel bedeutet, ist dabei, eine Besprechung zu verfertigen, so daß es wenigstens/immerhin eine geben wird ... (Das gewonnene Alphabet wurde noch fünfmal besprochen, auch dieser Bereich des Buchmachens ist immer problematischer geworden: Die allermeisten Bücher werden gar nicht mehr besprochen. Deshalb ist es ja so wichtig geworden, daß jemand wie du sich auf diese Weise engagiert.)
Bis bald!
Theo
Do., 26. Nov., 15:51 Uhr
Lieber Theo,
ich denke, nach der so langen & intensiven Arbeitsphase darfst / kannst Du guten Gewissens mal etwas "leiser" treten. Und zur Entspannung gebe ich Dir eine Empfehlung: VIER SAITEN, eine nette & anrührende Komödie, die ich gesternabend auf 3Sat sah, über die Kraft der Musik & auch zur Flüchtlingsproblematik: https://www.3sat.de/film/3sat-zuschauerpreis/vier-saiten-102.html Ich schaue ja kaum Fernsehen, aber eine Notiz zu diesem Film in der Zeitung machte mich neugierig, denn es geht dort um einen alternden Cellisten ...
Auf die Besprechung von Werner Bliß bin ich gespannt. Er wird Dein neues Buch wohl richtig zu schätzen wissen!
Gleich kommen zwei Privatschüler zu mir zum Cellounterricht. So jetzt nicht mehr, aber auch nicht weniger Michael
Do., 26. Nov., 18:12 Uhr
Lieber
Michael, Bliß ist hellauf begeistert wie offenbar alle bisherigen
fünf, sechs, sieben Leser, von denen ich erfahren habe. Er hat auch dieses
seltene Gespür für Wörter und ——— Zeichen.
Sa., 28. Nov., 11:51 Uhr
Lieber Michael,
gestern abend haben wir Vier Saiten gesehen: Es war ein schöner Fernsehabend, und ich danke dir für die Empfehlung.
Herzliche Grüße Theo
Sa., 28. Nov., 18:17 Uhr
... freut mich, daß Du / Ihr Freude an der Filmkomödie hatte(s)t, lieber Theo. Wo Du nun somit schon auf charmante Unterhaltung eingestimmt bist, bekomme ich Mut, Dir mal meinen kleinen "Künstlerroman in Pillenform" (seinerzeit in den drei Wochen vor / zum 50. Geb. meines Malerfreundes Giso geschrieben) zum Lesen zuzuschicken. Mehr Satire, Parodie & Klamauk (... und eine versteckte "Liebeserklärung" an Th. Bernhard ...) als ernstzunehmende Literatur, aber immer wieder mit damalig aktuellem Tagesbezug (Hochzeit Windsor / Papstwahl / Ranicki über S. Kirsch / WDR-Sendung etc.). Vielleicht findest Du ja das ein oder andere zum Schmunzeln ... Ansonsten ein sonnig frisches Wochenende. Uns kommt morgen wieder unsere Tochter besuchen.
Herzlich natürlich & vielsaitig, Michael
Sa., 28. Nov., 22:29 Uhr
Lieber Theo,
untenstehende Mail erreichte mich soeben; ich will sie Dir nicht vorenthalten ... auch wenn sie eben keine Lobeshymne auf Dein neues Buch ist. KMB ist eine lesefreudige ältere private Celloschülerin von mir (ehemals Frauenärztin), die sich immer wieder gerne von mir Bücher empfehlen läßt & und auch ausleiht; so z.B. kürzlich "Winterbienen im Urftland", was ihr sehr gefiel. Ihr hatte ich auch deshalb ein Exemplar geschenkt. --- Ich bin nun etwas überrascht, aber es zeigt mir, daß sie als Leserin von nicht weniger nicht mehr ziemlich versagt, weil sie die Besonderheit Deiner Gedichte (gerade auch im Umgang mit Sprache & ihrer Möglichkeiten) gar nicht erkennt ... oder irgendwie einzuordnen weiß ... vermutlich, weil sie - nur in ihrer eigener Ehrfurcht vor Celan verharrend / erstarrt - ratlos ist ob all des ihr bisher Unbekannten / Neuen / Ver-Rätselhaften in Deinen Worten ... Nun denn: ich werde sie bitten, mir gerne das Exemplar zurückgeben zu dürfen ... denn ich habe bereits alle 15 Bücher (außer dem eigenen Leseexemplar) verschenkt, und finde für dieses sicherlich einen anderen dankbare(re)n Leser! ---
Dies als kleinen "Lese-Nachtrag" zur vorigen Nachricht an Dich. Nochmals herzlich, Michael
Guten Abend, lieber Herr Denhoff,
So., 29. Nov., 09:27 Uhr Lieber Michael,
mit einer solchen Rückmeldung kann ich durchaus leben. Ich kann nicht erwarten, nur Idealleser zu finden. Und vielleicht tut Frau Brökelmann gerade dieses Reiben an meinen Reimen gut, ohne daß sie ahnt, wie gut es ihr tut.
Rilkes Panther liebe ich auch sehr - um so mehr Grund, es so zu verwenden, wie ich es tue.
Nein, nein, das ist schon in Ordnung. Es gibt Rückmeldungen / Besprechungen, die ärgerlich sind. Diese gehört nicht dazu.
Schöner allerdings fand ich, was Horst Samson gestern schrieb:
Kein Wunder, dass ich mich im Chor der Erlauchten und deines Sprachfeuerwerks am eigenen Verschwinden und Auftauchen in der Wörterseenlandschaft eines Theo Breuer begeistere.
Mal sehn, was der heutige Tag so bringt.
Es wird kaum einen Leser geben, der nicht weniger nicht mehr so wird lesen und kennen können wie du, lieber Michael. Und diesen einen Idealleser gehabt zu haben, das ist das Wesentliche. (Der vor ein paar Jahren verstorbene Maximilian Zander war auch einer; hast du schon mal einen Blick in dessen Gedichte geworfen?) Darüber war ich mir auch mit Norbert Scheuer im vorgestrigen Telefongespräch wieder einig. Scheuer gehört auch zu den Ideallesern meiner Texte. Er be/greift meine Gedichte und Essays auch da, wo es anfängt, wehzutun.
Gleich ist mal wieder eine MD/CD fällig: Da kann AC/DC nicht mithalten! Oi, oi, oi ...
Theo
So., 29. Nov., 09:35 Uhr
Lieber Michael,
die Romane, Erzählungen und Stücke (die Gedichte weniger) von Thomas Bernhard gehören seit Jahrzehnten zum festen Bestandteil meines Leserepertoires. Phasenweise (als das bei mir noch möglich war) war er die Nummer 1. Einfach grandios.
Um so gespannter bin ich auf Herztöne.
Nebenbei, da du schon alle Exemplare verschickt hast: Solltest du noch weitere Exemplare von nicht weniger nicht mehr verschenken wollen, so würde ich Traian Pop vorschlagen, sie dir mit Kollegenrabatt zu überlassen. (Also höchstens 10 €.) Dies aber bitte zu 100% so verstehen, wie ich es meine: Wenn du das willst! Ansonsten vergiß diesen Vorschlag einfach.
Das mit dem Wochenende hatten wir ja geklärt ...
Eine schöne Zeit im Familienkreis wünscht
Theo
So., 29. Nov., 11:15 Uhr
Oh ja, lieber Theo, als Du mir Maximilian Zanders Gedichtbändchen (zusammen mit Deinem) zuschicktest, habe ich dies sofort gelesen! Zwar kannte ich zugegebenermaßen den Autor noch nicht, dachte mir aber, es wird seinen Grund haben, daß Du mir das mitschicktest. Ich war / bin sofort begeistert gewesen & habe mir ein paar der teilweise so lapidar notierten worte / gedanken angestrichen, z.B. (oh, nun muß ich das büchlein doch nochmal vorholen, um exakt zu zitieren): Nachts gehe ich zu meiner Schreibmaschine. / Was wir aushecken, / sieht man ja. - Immer wieder fand ich etwas, was mich an eigene Erfahrungen erinnerte, ohne es selber so gelungen / poetisch auf's Papier gebracht zu haben. Also: sollte ich bisher mich gar nicht richtig bedankt haben, soll dies hiermit aller Dringlichkeit nachgeholt sein!
Auf bald wieder & herzliche Grüße in den Sonntagmorgen Michael
So., 29. Nov., 11:23 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich!
ABER: Wir müssen nicht auf jedes und alles dankbar reagieren. Wir interreagieren sowieso schon dermaßen weit über dem Durchschnitt, da kann es doch nicht sein, daß man eine Nichtreaktion als Unterlassungssünde ansieht.
Hecken wir also weiter aus!
Dies schreibt beim Klang von Denhoffs Bachvariationen und der eben erstmals heute aufscheinenden Sonne
Theo
So., 29. Nov., 22:44 Uhr
Lieber Theo,
ich vergaß: all die, denen ich unbedingt ein Exemplar überreichen wollte, waren zunächst diese 14 schon "Beglückten". Sicherlich werde ich auf Dauer nochmals ein paar Exemplare für spontane Buchgeschenke beim Verlag bestellen, aber das muß nicht zu Sonderkonditionen geschehen, zu denen ich ja auch eigentlich nicht berechtigt bin! Ich zahle gerne den üblichen Handelspreis, zumal mich Traian Pop schon mit der ersten Sendung großzügig mit anderen Büchern seines Sortiments beschenkte ... und vorgestern folgte noch eine kleine Nachsendung: sein Poem in drei Akten "Schöne Aussichten" (da habe ich aber bisher nur hineingelesen ... kennst Du das?) ---
Wie freut mich, daß Du nicht müde wirst, Dir die BV immer wieder anzuhören (ganz "unbescheiden" halte ich sie auch nicht für das Schlechteste ...) - ob AC/DC wirklich keine Konkurrenz ist, sei dahingestellt: deren Titel sind sicherlich allgemein viel viel bekannter / zigmal mehr verkauft (was natürlich nichts über Qualität besagt).
Ich hatte gestern mal wieder das Matrix-Bender-Heft in der Hand: es ist wirklich beeindruckend, wen Du da alles zur Mitwirkung gewinnen konntest! - auch darunter eine Reihe mir bisher unbekannter Namen (zunächst bei erster Durchsicht war ich vor allem neugierig auf die mir noch unbekannten Texte von Hans Bender selbst) ... ach, es gibt noch so viel zu lesen !!! ---
Herzlich in den fortgeschrittenen Abend Michael
Mo., 30. Nov., 16:34 Uhr
Lieber Michael,
und nicht zu vergessen: Zu gegebener Zeit bekommst du ja von mir noch ein signiertes Exemplar.
Ja, Traians Stück kenne ich. Er ist begeistert von deinem Engagement und will dich auf diese Weise wohl ein wenig verwöhnen ...
Ich lese seit gestern die soeben erschienene Warhol-Biographie. Großartig recherchiert, minutiös beschrieben, aber das Buch ist fürchterlich schwer, da hätte man besser zwei Bände im Schuber draus gemacht.
Schön, daß die Bender-Matrix bis heute lebendig bleibt. 2012 habe ich sie ediert.
Herzlich: Theo Mi., 2. Dez., 17:15 Uhr
Lieber Michael,
ich habe heute unsere E-Mail-Korrespondenz in einem eigenen Ordner untergebracht und etliche Briefe ein weiteres Mal gelesen. Dabei wurde mir wieder bewußt, wie intensiv wir in den vergangenen Monaten im Dialog gewesen sind.
Herzlich grüßt dich
Theo
Mi., 2. Dez., 20:04 Uhr
Eigentlich ... wäre ich jetzt zu diesem Zeitpunkt nun im Dialograum für den letzten WKR-Abend dieses Jahres gewesen, lieber Theo, und hätte gleich u.a. auch seit Längerem mal wieder live "meine große Fuge" (1. Satz des 4. Streichquartetts) gehört, mit dem jungen, großartigen Eliot-Quartett. - Aber, aber, aber ... nun, Du weißt schon ... So werde ich mir gleich das vorgesehene musikalische Programm in alten Aufnahmen auf CD ersatzweise anhören.
Dir mit diesem kurzen Gedanken einen herzlichen Abendgruß ... ich hoffe, es geht Dir gut. Michael
Mi., 2. Dez., 21:47 Uhr
Erst als ich meine kurze Nachricht abschickte, bemerkte ich, daß ja schon zuvor eine von Dir (bisher unbemerkt) hier eingetrudelt war, lieber Theo. Manchmal gibt's doch denkwürdige Zufälle: während Du wohl einen extra Ordner für unsere bisherige Korrespondenz angelegt hast, habe ich mittlerweile ein Word-Doc. angelegt, in dem ich Gleiches (unseren in der Tat wirklich beachtlich intensiven Gedanken-Austausch) zusammengetragen habe ... und dabei auch teilweise nochmals nachgelesen habe. - [in Tahoma 10p bereits unglaubliche 103 Seiten lang] Hätte man mir vor einem Jahr gesagt, man werde im Jahr 2020 fast global mit Maske rumlaufen, hätte ich es nicht geglaubt ... vermutlich aber auch nicht, hätte man mir vorausgesagt, in diesem Jahr würde ein ganz wichtiger, gegenseitig befruchtender neuer Kontakt entstehen ... (doch das vielleicht eher, weil es eben eine erfreuliche Aussicht gewesen wäre; --- und nun ist seit Monaten diese Aussicht Realität !!!) Mich freut unser Zusammenfinden wirklich außerordentlich ! - und ich bleibe neugierig, was daraus noch alles erwachsen könnte / wird -
Mittlerweile habe ich Schnittkes 3. Streichquartett, Beethovens Große Fuge & die "meinige" (die Partituren mitlesend, was ich im Konzert nicht getan hätte!) gehört (alle drei Stücke könntest Du bei Interesse auch irgendwo /-wie auf Youtube finden). - Nachgeholt werden soll der WKR "drumherum" nun am 2. Juni 2021.
Also: nochmals grüßt Dich, Michael
Do., 3. Dez., 09:47 Uhr
Lieber Michael,
ich habe schon mehrfach mit dem Gedanken gespielt, das zu tun, was du nun getan hast: unseren Austausch in einem Word-Dokument zu speichern. Vielleicht wäre - zumindest eine Auswahl - mal etwas für eine Schwerpunktausgabe von Matrix. Traian Pop ist stets offen für Interessantes.
Interessant ist auch der Beitrag zu nicht weniger nicht mehr, den Werner Bliß mir gestern vorab zukommen ließ. (Er soll wohl, wenn möglich, im Netz und in Matrix veröffentlicht werden.) Ich habe (mit Bliß' Genehmigung) für dich eine PDF erstellt, da du vor ein paar Tagen schriebst, du seist interessiert daran, den Text zu lesen.
Bliß' Ansatz ist originell, zumal der Vergleich sowohl am Anfang als auch später gut für mich nachvollziehbar ist: am Anfang die Treter, später die südamerikanischen Künstler, die mit dem Ball umzugehen wissen wie der Autor mit dem Wort. Bliß, selbst Autor und Künstler und (wie ich) einst leidenschaftlicher Fußballer, weiß, was er tut. Und daß er belesen ist, zeigen schon Titel und Eingangszitate.
Seien wir also gespannt auf Weiteres ...
(Eben schrieb ich das zweite neue kleine Gedicht nach nicht weniger nicht mehr ...)
Herzliche Grüße Theo
Do., 3. Dez., 12:25 Uhr
Lieber Theo,
das ist aber eine prächtige & umfangreich-detaillierte Besprechung Deines Buches von Werner Bliß ! - man merkt, da spricht jemand, der aus eigener Anschauung & Praxis kompetent einschätzen kann, was er da vor sich hat. Ja, irgendwie originell der Fußball-Rahmen. - Hoffentlich finden sich bald noch weitere Rezensenten. -
Ob Auszüge unsere Korrespondenz (in welchem Zusammenhang auch immer) zur Veröffentlichung geeignet sind, vermag ich nicht einzuschätzen. - Aber - um Dir Arbeit zu ersparen - schicke ich Dir im Anhang mal das Word-Doc. (Tippfehler sind da schon [wohl größtenteils] eliminiert).
Üblicherweise mache ich das mit möglicherweise auf Dauer relevanten Korrespondenzen (den rein digitalen). - Übrigens hatte ich z.B. die Korrespondenz mit Michael Donhauser im Jahr der Vertonung seiner "Schönsten Lieder" sogar mal so vorbereitet, daß man diese hätte online lesen können: http://denhoff.de/schoenstelieder_korrespondenz.htm Dieser Link ist aber nicht öffentlich, weil wir uns entschlossen haben, dies doch nicht allgemein zugänglich zu machen. - Dich mag es vielleicht interessieren ... Ich kam seinerzeit auf die Idee, weil Hans-Werner Henze (bei dem ich ja studierte) sein Phaedra-Tagebuch bei Wagenbach veröffentlichte, also auch eine schriftliche Begleitung des Komponierens.
Und ja: bleiben wir gespannt auf Weiteres ... Herzlichst, Michael
Do., 3. Dez., 17:03 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich sehr, daß du das als Idealleser so siehst. Ich habe Werner Bliß von deiner Reaktion in Kenntnis gesetzt, und er hat sich ebenfalls sehr gefreut.
Mit weiteren Besprechungen ist nicht zu rechnen. 2012 gab es von Das gewonnene Alphabet noch deren fünf, bei den letzten drei Büchern jeweils eine. Bücher werden kaum noch besprochen, die allermeisten kein einziges Mal.
Korrespondenz dieser Art ist immer zur Veröffentlichung geeignet. Nun bin ich auch niemand, der das unbedingt will; es war ein spontaner Gedanke. Ggf. könnte man an eine Auswahl denken. Jedenfalls weiß ich ja nun, daß du das alles sammelst und sicherst. (Denn ich bewahre E-Mails nur eine Zeitlang auf, riesige Korrespondenzen habe ich im Lauf der Jahre in den Orkus geschickt. Meine Art der Entlastung, die notwendig ist, um genügend Luft für das Leben zu haben, das ich führe.)
Die schwere Warhol-Biographie (1380 Gramm) ist von der Art, daß ich in Leben und Werk und New York usw. dermaßen hineingezogen werde, daß es kein Halten gibt. Großartig.
In jene Jahre in New York hätten wir beide sicherlich auch gut gepaßt. Sehnsüchte ...
Herzliche Grüße Theo
So., 6. Dez., 01:44 Uhr
... noch
schnell einen kurzen Gruß in die Nacht, lieber Theo. Da es heute (bzw. inzwischen gestern) nicht möglich war, irgendeine kleine nette Wochenend-Reise zu machen oder irgendwo gut essen zu gehen, an "unserem" Tag (seit nun exakt 43 Jahren zusammen mit Martella) sind wir nach Köln gefahren für einen kleinen Geschäftsbummel, der mich vor allem in meine Pfeifengeschäfte und die Lengfeldt'sche Buchhandlung führte, und haben danach in Beuel bei einem "unserer" Italiener einige vorbestellte Antipasti zum häuslichen Verzehr abgeholt. Um Dir den Mund nicht wässrig zu machen, verrate ich nicht, was wir zu einem guten Sauvignon Blanc aus eigenem Keller verspeisten. Das Leben war schon immer endlich, also genießen wir es - solange eben möglich - jeden Tag, auch wenn die Politik mit ihren zweifelhaften Maßnahmen es uns derzeit zu vermiesen bemüht scheint ...
Was unsere (& andere) Korrespondenzen angeht: auch ich habe natürlich 'ne ganze Menge in den Orkus geschickt, wie Du, aber nicht das, was zumindest mir bisher in irgendeiner Weise aufhebenswert schien. Mögen später andere (z.B. die eigenen Kinder) entscheiden, was damit auf Dauer geschehen mag. - Immerhin freute mich sehr, was in diesem Zusammenhang unsere Tochter Clara mir gegenüber kürzlich äußerte: selbstverständlich werde sie nie meine Bibliothek später mal loswerden wollen, sondern sie freut sich auf alles Mögliche dort dann zu Entdeckende ... (als ich kürzlich "ausmistete" und Bücher "entsorgen" wollte, von denen ich sicher wußte, ich brauche sie nicht mehr, hat sie doch fast die Hälfte davon wieder für sich "herausgefischt")
Und ja: Sehnsucht, ... mal an anderem Ort ... in anderer Zeit gelebt zu haben: nicht nur NY ... ich stelle mir auch Paris in den Zwanzigern äußerst spannend vor. Oder Gustav Mahler oder Alban Berg hätte ich gerne in Wien mal getroffen ... oder mal ein Gläschen Rheinwein zusammen mit Beethoven noch ein paar Jahre früher ... Doch bevor ich nun anfange, weiter zu träumen von unmöglichen Begegnungen im realen Leben, ziehe ich mich nun zurück ins heimische Federbett zu hoffentlich anderen inspirierenden Träumen ...
Eine gute Nacht also auch Dir Michael
PS die Buchbesprechung von Werner Bliß ist natürlich sehr speziell, findet beim Matrix-Magazin aber sicherlich eine gute & verständige Leserschaft. Ich wünschte mir für Dich aber noch mehr eine in den Literaturbeilagen der SZ, FAZ, ZEIT etc. (die dann sicherlich auch knapper ausfallen würden / müßten). Leider aber kenne ich persönlich keinen der dort Schreibenden, um ihnen Dein Buch besonders ans Herz legen zu können ... sonst täte ich es umgehend! (Als Musiker habe ich naturgemäß mehr Kontakte zu der in diesem Bereich agierenden Rezensenten-Szene, die sich allerdings mittlerweile auch immer seltener mit meiner Musik beschäftigt ...)
So., 6. Dez., 10:48 Uhr
Lieber Michael,
das sind gute (harte) Arbeitstage gestern und heute in Berzdorf - gerade habe ich ein paar Minuten Pause: Wir haben Katharina eine neue Zimmereinrichtung geschenkt, da sie von einem Zimmer ins andre umzieht, und das führte zu Neuanschaffungen in mehreren Zimmern. Heißt, Altes abbauen, Neues aufbauen.
Jahrzehntelang waren unsere Existenzen, was Reisen, Restaurants usw. usw. angeht, vergleichbar. Nach der letzten Reise 2003 ging das bei mir nicht mehr, und ich habe mich drinnen eingerichtet. Du kannst dir längst ein Bild von meinem Leben machen. Ich bin allerdings nie ein Genießer im Sinne, wie du es von dir/euch beschreibst, gewesen (auch wenn ich sekunden-, minuten oder stundenlang mal etwas genossen habe). Zu keinem Zeitpunkt in mehr als 64 Jahren habe ich gedacht, daß Politiker mir das Leben vermiesen wollten. (Auch nicht bei Entscheidungen, die meine Existenz unmittelbar betrafen.) Das wollten und wollen sie sicherlich nicht. Im Gegenteil. Politiker müssen gezwungenermaßen auch immer - mehr oder weniger - populistisch denken, kein Politiker will (und darf ...) es sich mit dem Wähler verderben. Zum anderen ist der Beruf des Politikers vielleicht der Beruf, den fast niemand wirklich zur Zufriedenheit einer Mehrheit ausüben kann. Das ist wie Trainer beim 1. FC Köln sein, das funktioniert, wenn überhaupt, meistens nur für eine ganz kurze Zeit. Die "zweifelhaften Maßnahmen" (in meinen Augen sind sie insgesamt nicht zweifelhaft, sie könnten/sollten differenzierter ausgestaltet sein, aber das ist einfacher gesagt als getan) sind auch Ausdruck der Hilflosigkeiten gegenüber denen, die aus verschiedensten Gründen 'unvernünftig' sind und dafür sorgen, daß das Ganze nur schwer noch zu kontrollieren ist. (Ich kenne Einzelfälle, bei denen Leute trotz klarer Symptome zu Feiern, Veranstaltungen usw. gegangen sind und etliche Mitmenschen angesteckt haben.) Ich habe noch nie Politiker gebraucht, um das Leben zu leben. Ich habe mich noch nie von Politikern eingeengt gefühlt. Wenn ich mich eingeengt gefühlt habe, habe ich nach Auswegen, Lösungen gesucht und oft gefunden. Wenn überhaupt, sehe ich das Problem im Umgang mit der Pandemie bei Menschen, die nicht gelernt haben, sich so zu verhalten, daß sie ihre Mitmenschen nicht in Gefahr bringen. Viele, sehr viele Menschen können schlecht oder gar nicht 'bei sich' sein. Sie brauchen die immerwährende Zerstreuung, sehen nicht, daß alles, was Menschen brauchen, in ihnen selbst ist. Es ist ihnen nie beigebracht bzw. - viel wesentlicher - vorgelebt worden, daß es etwas Gutes und Richtiges ist, sich, wo nötig, zu bescheiden, sich auf Situationen einzustellen usw. Du verstehst, was ich zum Ausdruck bringen will, ohne daß ich das jetzt weiter ausführe. Alle Menschen gehören in die Gesellschaft, ich will niemanden ausschließen, auf keinen Fall, auch wenn die Sekundenwut immer wieder durchbricht bei Nachrichten, die mich soviel kotzen lassen wollen, wie ich nie im Leben essen kann ...
Wir werden nie diesen sich dem Ideal annähernden menschlichen Zustand erreichen, der der Menschheit geholfen hätte, die Pandemie schnell zu überwinden. Aber was schert mich die Pandemie? Es geht mir immer schon ums Ganze. Ich bin ein Mensch, der an den Menschen leidet. Immer schon. Der längst erkannt, hat, daß ein Barack Obama (den ich nicht idealisiere) von Beginn an keine Chance hatte. Der, der, der ... Meinst du, ich hätte nicht auch immer wieder die Schnauze voll? However, rolling in the muck is the worst way of getting clean, las ich einst bei Aldous Huxley.
So, ich werde gerufen ...
Herzliche Grüße Theo
PS Vergiß das mit weiteren Besprechungen. Es wird sie nicht geben. In den großen Zeitungen schon gar nicht. Das habe ich mir längst abgeschminkt, und zum Glück brauche ich das auch nicht - auch wenn es 'nett' wäre, das einmal zu erleben, 'nett', nicht weniger nicht mehr ...
So., 6. Dez., 12:04 Uhr
Guten Morgen, lieber Theo,
herzlichen Dank für Deinen ausführlichen & gedankenreichen Morgengruß. Es klingt ja großartig, was Du da grad in Berzdorf für Eure Enkelin bewerkstelligst: sicherlich eine schöne Sache / Gefühl, solch ein patenter Großvater sein zu können! Ist das Finale für heute absehbar?
Was die sog. Pandemie angeht: was mich persönlich betrifft, kann ich damit (auch mit der ein oder anderen Einschränkung) gut umgehen, bin aber doch darüber entsetzt, daß Kultur(leben) von den Regierenden für entbehrlich gehalten wird; das wirtschaftliche Leben darf / soll aber weiter funktionieren. - Wir wissen doch, sollten es wissen, die Menschheit hat vor allem / nur durch Kultur & Bildung sich weiterentwickeln können. Musik, Theater, Oper, Möglichkeiten & Orte der Begegnungen & des Diskurses etc. sind viel wichtiger als rein pekuniärer Wohlstand! (Selbst in schlimmsten Kriegen, gab es unter oftmals schwierigen Bedingungen Konzerte etc., die für die gebeutelten Menschen so (lebens)-notwendig waren.) Ich will mich hier nicht weiter auslassen über so manche Ungereimtheiten in der allgemeinen Kommunikation um die sog. Corona-Krise (z.B. scheint ja seit Corona die Influenza ausgestorben). Mir macht das Virus keine Angst, obwohl mit 65 Jahren zur sog. Risikogruppe gehörend, aber ich beobachte mit allergrößter Sorge, was das Virus bei den Menschen schon im Kopf & Verhalten angerichtet hat, daß Denunzierung anders Denkender selbstverständlich hingenommen wird, Kritik nicht erwünscht ist, daß man in jedem Gegenüber eine potentielle Virenschleuder sieht, die Blockwart-Mentalität fröhlich Urständ feiert ... daß man Kinder ängstigt, indem man ihnen sagt, sie würden ihre Großeltern umbringen, wenn sie diese besuchen & in die Arme schließen, usw. usw. usw. ---- (für mich gleicht das einer Hirnwäsche: der homo sapiens wird zum homo hygienicus umerzogen) --- Damit aber nun definitiv Schluß mit dem leidigen Thema.
Ich hoffe aber doch sehr, Du kannst auch genießen! - das muß natürlich beileibe nicht allein auf Essen & Reisen bezogen sein !!! ich genieße auch großartige Konzerte, wunderbare Ausstellungen, elektrisierende Bücher, die Wunder der Natur ... und manchmal auch nur still & leise für mich meine Pfeife ...
PS ... warum soll nicht doch mal geschehen, was Du für unmöglich hältst ?! (mich hat auch mal eine Kurzbespr. der Bach-Variationen in der FAZ überrascht: http://www.denhoff.de/pressestimmen.htm#Bachvariationen)
So., 6. Dez., 13:56 Uhr
Lieber Michael,
ja, ein Ende ist abzusehen. Jetzt ist Mittagspause (wegen der Kinder unabdingbar), danach noch mal zwei Stunden, dann dürfte es geschafft sein. Mich hat das seit gestern morgen über die Maßen angestrengt, da zum Teil sehr schwere Sachen über mehrere Etagen geschleppt werden mußten. Die Hauptarbeit macht Bernd, der bei der Arbeit nicht wie ein RAR im BMU wirkt, sondern wie ein Schreinermeister. Da Katharina (4) auch schon hilft, wo sie kann, und Hannah (knapp 1) das Ganze fröhlich aus dem Laufstall verfolgt, sind hier also mit Birgit und Anna 6 gute Geister am Werk, die Hand in Hand dafür sorgen, daß gleichsam umgehend alles Verpackungsmaterial entsorgt, geputzt und gesaugt auf aufgeräumt wird.
Im (krankhaften) Kapitalismus (von dem auch wir ja auch enorm profitieren) steht Wirtschaft weit, weit über allem. Als jemand, der von klein auf Kultur mehr als alles andere schätzt und liebt, bin ich traurig, daß der Wirtschaft alles untergeordnet ist. Das habe ich als Sohn von Selbständigen schmerzhaft an eigenem Leib und eigener Seele erlebt. Das alles ist seit mehreren tausend Jahren in die falsche Richtung gegangen. Und Krisen zeigen dann eben, wo der Mensch steht - denn durch Corona hat sich in der kurzen Zeit nichts und niemand verändert: Es kommt jetzt nur zum Vorschein.
Ein jeder, er dazu in der Lage ist, finde seinen Weg. Zum Jammern haben wir noch Zeit, nachdem wir in die ewigen Jagdgründe eingegangen sein werden. Und dann, vermute ich mal, werden wir dafür eh zu weise sein.
Es lebe der Stein der Leisen!
Theo
So., 6. Dez., 15:02 Uhr
der Stein der Leisen ... was für ein denkwürdiges Wortspiel, lieber Theo! Aber Du hast Recht: das Gewicht / die Bedeutung dessen, was die oftmals Stillen im Stillen (leise & weise) schaffen, das ist eigentlich das, was unsereins besonders zu schätzen weiß: unser Lebenselexier eben! - (wertvoller als alles, was der Turbo-Kapitalismus an materiellen Werten zu schaffen imstande ist!) A propos Wortspiel: beim Lesen der Zeitung sah / las ich kürzlich - mittlerweile "geschult" durch Breuer-Lektüre - statt Wiedergutmachung "Liedergutmachung" (na da spielte wohl auch mein Musikerdasein hinein); da ich nicht Dichter bin, "schenke" ich Dir dieses Wort gerne zur Weiterverarbeitung ... ;-)
Ich muß mich unbedingt etwas bewegen ... und da es wohl im Moment ein kleines Regenloch zu geben scheint, werde ich mich mal für ein gutes Stündchen auf's Rad schwingen ...
Euch in Berzdorf ein grandioses Finale der Umgestaltung! Und herzliche Grüße natürlich auch dazu Michael
So., 6. Dez., 19:05 Uhr
Lieber Michael,
"Liedergutmachung" - ein starkes Paragramm!
Es wurden noch zwei Stunden mehr, weil die große Schranktüren auf Rollen nicht so wollten, wie wir es uns dachten. Dabei hatten sie natürlich am Ende recht ... Ende gut, alles gut, seit einer halben Stunde ist es geschafft.
Jetzt freuen wir uns alle auf ein gemeinsames Abendbrot. (Katharina und Hannah sind übrigens ganz zauberhafte Kinder; trotz zweier so arbeitsintensiver Tage verliefen diese in einer wunderbaren Harmonie, ständig belohnt von liebevollen Worten und Blicken der beiden.
Ciao: Theo
So., 6. Dez., 19:53 Uhr
... ich vergaß, Dich zu fragen bzw hinzuweisen, lieber Theo: mir schickte Urs Engeler den Hinweis auf diese Neu-Publikation: http://www.engeler.de/kuppelblacklist.html In Deinem bibliographischen Gedicht in nicht weniger nicht mehr ist der Autor Jean Daive nicht erwähnt; so vermute ich, Du kennst das Buch nicht ... aber es könnte Dich interessieren. Mich interessiert es in jedem Fall ... und so habe ich es eben bestellt. (Zuvor mal wieder in Celans Übersetzungen aus dem Französischen gelesen, eben auch die vom damals recht jungen Jean Daive.) Herzlich nochmals, Michael
Mo., 7. Dez., 09:58 Uhr
Lieber Michael,
es gibt noch so manches Buch, daß ich im Celan-Kontext lesen will und werde. Das von Daive gehört dazu.
Das Portal FIXPOETRY schließt zum Jahresende die Pforten (Bleibt als Archiv vorläufig noch online), schau mal heute: https://www.fixpoetry.com/
Herzliche Grüße Theo
Mo., 7. Dez., 10:24 Uhr
Lieber Michael,
noch ein Wort zu "Es lebe der Stein der Leisen". Den stein der leisen habe ich aus nicht weniger nicht mehr zitiert, gleich zu Anfang des Gedichts da : im Celan-Zyklus: morgens moosgrün .... liegt der stein der leisen ...
Theo
Mo., 7. Dez., 11:17 Uhr
Lieber Theo,
natürlich war mir bewußt, wo ich den Stein der Leisen erstmals las ... wollte aber diesmal auf das Wortspiel / Paragramm kurz eingehen, wo Du Deine Nachricht damit beendet hattest ... da gibt's ja noch so viele weitere, auf die ich im Detail bisher nicht reagierte / eingegangen bin ... ---
Wie soll man all das überblicken, was im Zusammenhang zu Celan 100 / 50 in diesem Jahr erschienen ist ?! - und vielleicht muß man auch nicht alles lesen - aber wie ein junger Autor Celan erlebte, das macht mich neugierig! - erst recht, wo Celan ihn für übersetzungswürdig erachtete.
Prima, daß Fixpoetry ein Gedicht aus Deinem neuen Buch zum Text des Tages machte! Woher weißt Du, daß die Seite (auf der ich mich schon einige Male aufhielt) nun ihren Betrieb einstellen wird? - Schade, daß dem wohl so zu sein schient, auch wenn man darauf dort noch keinen Hinweis findet.
Gleich muß ich wie immer montags nach Brühl aufbrechen ... Herzlichst, Michael
Mo., 7. Dez., 12:25 Uhr
Lieber Michael,
die Betreiberin Julietta Fix kenne ich seit 12, 13 Jahren persönlich, und ich hab ihr immer wieder Beiträge geliefert. Sie hatte mir die Entscheidung vor längerem anvertraut, bevor sie sie in der vergangenen Woche publik machte. Nach dem Poetenladen, der schon seit einigen Jahren nur noch Archiv ist, der zweite hebe Verlust für die Literaturwelt. Es gibt natürlich viele (zu viele?) Literaturseiten, aber wirklich gute gibt es nur ein paar.
Aber ehrlich: Irgendwo nehme ich diese Dinge zur Kenntnis, und das war's. Außenwirkung ist nett, für mich aber schon lange nicht mehr wesentlich. Ich freue mich hundertmal mehr über einen Leser des Buchs, als +ber zehntausend Internet-Leser.
Was ich dich fragen will: Wie und wann bist du erstmals auf mich resp. Texte von mir gestoßen? War das im Zusammenhang mit der Suche nach taumelnden Texten?
Herzlich: Theo
Mo., 7. Dez., 23:06 Uhr
... nun bin ich etwas erschöpft zurück aus Brühl, lieber Theo. Zu Deiner Frage, wann ich erstmals über Deinen Namen "stolperte": ich weiß nicht mehr genau, wann es war, ich suchte damals online Texte von und über Fr. Mayröcker und dabei stieß ich u.a. auch auf Deinen Text bei Matrix (wo ich ohnehin gelegentlich online vorbeischaute), der mir auffiel, den ich mir merkte, weil er mir in gewisser Nähe zu Franz Mon zu stehen schien, dessen "Zuflucht bei Fliegen" ich gerade gelesen hatte, dort u.a. mit Vergnügen den längeren Prosatext "Es, im Zustand wie gesehen", der ja auch konsequent das Alphabet durchgeht ... (ah ... grad beim Nachschauen seh ich, das Buch habe ich Okt. 2016 erworben, also es muß bald danach gewesen sein.) Erst als ich Anfang dieses Jahres anfing, die definitiven Texte für den WKR-Abend "taumelnd" zusammenzustellen, erinnerte ich mich plötzlich wieder an Deinen Mayröcker-Taumel-Text und fand ihn gottseidank ganz schnell wieder in Netz ... that's the story.
Hoffentlich bleiben die Inhalte von Fixpoetry im Netz. Auch wir haben damals alle Inhalte auf HAIKUSCOPE im Netz gelassen, auch wenn es keine Aktualisierungen mehr gab. Noch immer werden diese Inhalte eifrig abgerufen & genutzt, wie ich als Webmaster ja verfolgen kann.
Dies noch kurz für heute. Herzlich, Michael
Di., 8. Dez., 17:41 Uhr
Lieber Michael,
der Versuch, Mayröckers Verwendung des Worts "Corona" als nachträgliche Einschleusung zu verunglimpfen ist einfach blödsinnig. Ich erinnere mich gut daran, wie ich das Buch - und eben diese Stelle - vor über einem halben Jahr las und mich darüber freute, daß es so unterschiedliche Bedeutungen des Worts "Corona" gibt und vor allem nicht auf die Idee kam, das dort Geschriebene auf die Situation von heute zu beziehen. Auch in Harald Gröhlers im Dezember 2019 Buch "Dichter! Dichter!", das ich ebenfalls im Februar/März las, wird "Corona" mehrfach in anderem Sinn als dem pandemistischen verwendet.
Nach vier arbeitsreichen Tagen geht's gleich Richtung Sistig!
Herzliche Grüße Theo
Di., 8. Dez., 21:24 Uhr
Lieber Theo,
ich dachte mir schon, daß Du diesen Unsinn des Rezensenten anspringen wirst! (irgendwie sehr entlarvend ... wie kann man nur ?! ...) Nun denn, ich habe mir dennoch heute mal dieses jüngste / letzte (wohl hoffentlich nicht!) Buch der Mayröcker bestellt ... sagen wir lieber: weil ein Bezug ja in Deinem Celan-Text (in direkter Nähe zum Stein der Leisen) auch gegeben ist ...
[meine Nutzung der (auch in der Besprechung zitierten) Fragmente aus Celans "Corona" bei meinem kleinen Vokalquintett, dem Dir gewidmeten, ist eben auch kein Reflex, sondern eher als Anti-Reflex auf / zu seine/r aktuell überstrapazierten Bedeutung / Konnotation zu verstehen]
A propos Celan: mir fiel ein, daß ich Dir wohl bisher noch zwei weitere Celan-Bezüge / Vertonung verschwiegen habe. Bei "Tenebrae" für Viola & Klavier (man könnte es schon vermuten) war Celans Gedicht gedankliche Folie & Nährboden für diese dunkle Klangwelt ... an deren Ende mit Bach gebetet wird ... (übrigens 1997 kurz vor HW+NW entstanden) Es gibt einen mich seinerzeit sehr beglückt habenden Konzertmitschnitt aus Würzburg mit einem wunderbaren jungen Duo: https://youtu.be/_-alzkakSSo (...oder hast Du das doch schon zufällig mal entdeckt?) Etwas später (2003) erscheint gleiches Gedicht tatsächlich gesungen / vertont in meiner großen Credo-Komposition IN UNUM DEUM. Dazu kann ich Dir aber keinen YouTube-Link schicken ... aber vielleicht mal die CD (wenn ich mir Nachschub besorgt habe)
Nun Dir einen von den Berzdorfer Aktivitäten erholsamen Abend in Sistig. Herzlich wie immer, Michael
Mi., 9. Dez., 11:56 Uhr
Lieber Michael,
schon verrückt, daß ich an so arbeitsreichen Tagen auch noch ein Kinderbuch - Die flinke Maus - für den Pop Verlag lektorieren/korrigieren konnte. Es waren in der Tat vier Tage, die es in sich hatten. Aber am Ende des vierten Tages waren auch die letzten Fehler behoben, und alles steht nun wie am Türchen.
Nun sind wir zurück, und ich erfreue mich während der Arbeit am Sonnenschein - bei schneebedeckter Wiese!
Das in diesem Jahr erschienene ist ein weiteres Mayröcker-Buch, das ich als herausragend bezeichnen möchte. Friederike Mayröcker ist eine Gipfelstürmerin, die ihresgleichen sucht. In den 1990er Jahren habe ich mit erster Mayröcker-Lektüre begonnen, nach 2000 (als die Dichte und Originalität - das Mitreißende - ihres Werks noch einen - und einen und einen und einen ... - Zahn zulegte) ging es dann so richtig los bei mir, so daß ich bis heute fast alles von FM gelesen habe. Das ist eine Bibliothek für sich.
Zwei von Mayröckers Büchern haben ja in den Celan-Zyklus Eingang gefunden. Zum einen gibt es in Paloma eine Sequenz zu Celan (der sie Ende der 50er Jahre in ihrer Wiener Wohnung besucht und einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat - obwohl FM sich nicht an Einzelheiten des Gesprächs erinnert, an nichts), zum anderen las ich das neue Buch während der Celan-Phase, das so seine Spuren hinterließ.
Während ich dir schreibe, höre ich Tenebrae, das auch im Celan-Zyklus Spuren hinterlassen hat, wie ich jetzt beim Wiederlesen erinnere: augen, bild, blut, maar, mund ... Ja, auch Tenebrae ist ein großes Gedicht, dem du eine würdige Vertonung schenkst.
Theo
Mi., 9. Dez., 23:27 Uhr
Lieber Theo,
kannst Du schreiben & hören zugleich? - mir gelingt das mit der doppelten Aufmerksamkeit nur bedingt - aber ich hoffe, ein paar Klangspuren von TENEBRAE haben sich doch in Dein Ohr eingebrannt ... als das Duo entstand, befand ich mich in keinem allzu guten Zustand ...
Ich habe von der Mayröcker einiges gelesen, aber natürlich lange nicht den umfassenden Einblick / Überblick wie Du! - bin nun erst einmal gespannt auf das jüngste Buch.
Mittlerweile erreichten mich von Engeler die Celan-Erinnerungen von Jean Daive, habe eben schon ein bißchen hineingelesen und bin mir sicher, auch Dir wird es gefallen. Eine Sammlung mehr oder weniger knapper Notate ... in Manchem durchaus überraschend ...
Mit einem herzlichen GuteNachtGruß Michael
PS mir fällt grad ein: da Du noch nicht darauf reagiertest, gehe ich davon aus, daß Du mit meinem skurrilen "Herztönen" nicht so viel anfangen konntest, die Lektüre für Dich wohl keinen sonderlichen Unterhaltungswert hatte ... aber nicht schlimm: ich bin eben kein Schriftsteller, hatte aber vor 15 Jahren beim Verfassen ein diebisches Vergnügen ...
Do., 10. Dez., 08:57 Uhr
Lieber Michael,
wenn ich zwei, drei Dinge mehr oder weniger gleichzeitig tun will, tue ich es ohne nachzudenken. Anschließend entscheide ich, ob ich mich einer Sache eingehender widmen will - wie gestern dem Duo, das deine Tenebrae-Komposition so phantastisch spielt. Das war beim zweiten Hören ein unerhörtes Erlebnis. 18 Minuten große Musikkunst.
Notate lese ich sehr gern, das Buch werde ich mir also irgendwann anschaffen.
Zur Zeit lese ich Jo Bakers A Country Road, A Tree, ein Roman über Samuel Becketts Jahre in Paris während des Zweiten Weltkriegs.
Ich lese Literarisches ausgesprochen ungern am Bildschirm (auch Kopien umgehe ich, wo ich kann). Beim Lektorat läßt sich das nicht umgehen, ansonsten soll es möglichst das Buch in der Hand sein. Darum habe ich nur ein paar der Texte gelesen. Und das in einer Zeit, in der ich schon wieder so viele Bücher besorgt habe, daß ich sie alle auf einmal lesen möchte ... Du bist Tondichter, den ich unmittelbar außerordentlich zu schätzen gelernt habe - erst gestern wieder war ich regelrecht überwältigt: was für eine kongeniale Nachempfindung / musikalische Auseinandersetzung mit dem Gedicht Tenebrae, , und mehrere Kompositionen höre ich immer wieder. Ich bitte also um Vergebung.
Die große Entwicklung nach 2000 bei Mayröcker ist das Proem. Auch das neue Buch sind keine Gedichte, keine Prosatexte, sondern die dritte Gattung: Proeme. Es gibt niemanden, der diese Kunst so beherrscht wie Friederike Mayröcker.
Herzliche Grüße Theo
Do., 10. Dez., 22:09 Uhr
Lieber Theo,
schön, daß Dich auch TENEBRAE in der aus meiner Sicht wirklich gelungenen Interpretation (mit allen anderen zuvor war ich unzufrieden) scheinbar ähnlich gefesselt hat wie die anderen Kompositionen mit Celan-Bezug. Das freut mich!
Ich schicke Dir gleich via WeTransfer auch mal die "Vertonung" (in: IN UNUM DEUM) Sicherlich spannend, zwei verschiedene Musiken zum gleichen Text zu hören ...
Was Du übers Lesen schreibst, verstehe ich und teile es auch so: Lesen am Bildschirm (PDF) ist nur eine (manchmal notwendige) Notlösung, kann in keinem Fall das Buch als Leseobjekt ersetzen! So habe auch ich in Deinem monumentalen ROTEN HAUS bisher nur das ein oder andere am Bildschirm gelesen ... aber in solchen Sammlungen geht das ja ... Ist das denn mal für eine Publikation vorgesehen? --- [Mein kleiner Pillen-Roman macht aber nur zusammenhängend einen Sinn, bis auf's Ende zu ... (aber verschwende Deine kostbare Lese-Zeit nicht für solch eine leichtfüßige / zwielichtige Geschichte ...) ]
Morgen erwarten mich ab 9 Uhr wieder meine Studierenden in Düsseldorf; sollte nun mal alle Partituren dafür zusammenlegen.
Einen herzlichen Abendgruß Michael
Fr., 11. Dez., 09:10 Uhr
Lieber Michael,
fünf Mal hintereinander habe ich nun Tenebrae gehört. Es macht mich froh, daß es nach Beendigung der Arbeit an nicht weniger nicht mehr derart beeindruckend weitergeht mit der gleichsam entgrenzenden Celan-Rezeption. Vielen, vielen Dank erneut für dieses tiefgreifende, ergreifende Musikerlebnis, das ich mir gleich zwei weitere Male ZU GEMÜTE führen werde. Und so wird es Teil dessen, was offen bleiben soll für das, was noch an Gutem kommt.
Über eine mögliche gedruckte Zukunft des Roten Hauses im Park denke ich nicht nach, das würde mich nur belasten.
Ich habe nichts gegen leichtfüßige, schon gar nichts gegen zwielichtige Geschichten. Im Gegenteil.
Theo
Sa., 12. Dez., 00:25 Uhr
... Du meinst mit dem wiederholten Hören nun sicherlich die Tenebrae-Vertonung aus der großen Credo-Komposition, die natürlich - weil sie direkt dem Text folgt - durchaus anders ist / ausfällt als die rein instrumentale, die deswegen auch völlig anders in das "Innere" des Celan-Gedichts vordringt, eigentlich nicht unähnlich, wie sich der Mallarmé-Zyklus seinem großen Poem von verschiedenen Blickwinkeln her nähert ... Aber es freut mich natürlich, lieber Theo, Dich erneut über Dein Ohr tiefergreifend erreicht zu haben! - So wünscht man (bzw. ich) sich das ja auch eigentlich -
Ich verstehe Dein Zurückschrecken vor einer richtigen Publikation des ROTEN HAUSES ... aber leider kommen so nur wenige in einen besonderen & auch eigenwilligen Genuß; nur die eben, denen Du diese monumentale Gedicht-Galerie via PDF zukommen läßt.
Herzlichst, Michael
PS habe gestern eine kleine Nachbestellung bei POP getätigt, weil mir noch ein paar Freunde eingefallen sind, die Dein Buch lesen (können) sollten ...
So., 13. Dez., 10:14 Uhr
Lieber Michael,
ja, klar, die meinte ich! Ein von Mal zu Mal tiefer greifendes Hören. Dieses Gedicht - eine Anrufung - hat auf eine solche Vertonung gewartet.
Rotes Haus im Park ist meine Art lyrisches Tagebuch. Vor genau einem Jahr gab es sogar einmal ein ernsthaftes, gutes Gespräch mit der Kunststiftung NRW, die das Projekt tatsächlich gern voll finanziert hätte. (Wir reden da von einer fünfstelligen Summe.) Norbert Scheuer hatte das - ohne mein Wissen - in die Wege geleitet, weil er so begeistert von dieser Sammlung ist. Die Sachbearbeiterin und ich verblieben damals mit der Absicht, daß sie mich im Frühjahr 2020 besuchen komme. Dann kam die Pandemie, und ich war regelrecht erleichtert, als ich nichts mehr hörte. Vielleicht kann ich in einigen Jahren anders damit umgehen, aber bis auf weiteres ist es so, daß ich über das hinaus, was das work in progress seit dem 20. Dezember 2013 für mich bedeutet und ist, gar nicht weiter denken will.
Über die Nachbestellung freue ich mich sehr. Dank deines Einsatzes ist nicht weniger nicht mehr bereits in einer nennenswerten Leserschaft angekommen.
Adventliche Grüße Theo
So., 13. Dez., 11:33 Uhr
Lieber Theo,
solche sehr speziellen Anthologien wie Dein ROTES HAUS sind natürlich großartige Nachschlagewerke für entsprechend interessierte Leser ... und solch eine Sammlung kann nur über Jahre wachsen! - und sie bleibt (das liegt in ihrer Natur) stets 'nur' work in progress. Aber möglicherweise könnte eine online-Publikation eine Alternative sein, weil die Sammlung relativ unkompliziert immer wieder erweitert werden kann ... nur das mit den Rechten bleibt - wie bei einer Buchpublikation auch - wohl bei diesem Umfang ein unlösbares Problem! Ich nutze selber recht gerne auch diese beiden Online-Sammlungen / Datenbanken (bin da auch in beiden vertreten): Musik nach Bildern: http://www.musiknachbildern.at Klingende Texte: http://www.klingendetexte.at Ich kenne die beiden hauptverantwortlichen Musikwissenschaftler der Uni Innsbruck, da ich dort auch mal einen Vortrag hielt, im Zusammenhang mit programm-bezogenem Komponieren: https://www.uibk.ac.at/musikwissenschaft/programmmusik/ Eine wirklich löbliche Arbeit hat man dort geleistet.
Auch Dir einen netten Adventssonntag Michael
Museumstag. Man sieht viele Menschen, keine Bilder.
Mo., 14. Dez., 09:39 Uhr
Lieber Michael,
danke für den feinen - fehlenden - Einblick in einen typischen Museumstag. (Vielleicht das Wörtchen 'viele' weglassen, da die Vorstellung der "vielen" Menschen beim Lesen reflexartig evoziert wird? Zudem gewänne die Dreifachalliteration an Intensität.)
Aber was ich dir heute schreiben will, weil ich es gestern abend einmal wieder so intensiv dachte: Seit einigen Jahren will ich über Kunst, Musik, Literatur am liebsten schweigen, schweigen, schweigen - und nicht analysieren, interpretieren, werten. Ich will betrachten, hören, lesen. Die Gedanken und Gefühle, die sich daraus ergeben, sind oft so überwältigend stark, daß sie unmöglich in Worte gefaßt werden können. Der Gedanke - als Celan-Zitat - steht ja auch schon in nicht weniger nicht mehr.
In der vergangenen Nacht las ich den Roman Martin Sloane zu Ende, der auf der Biographie des Künstlers Joseph Cornell basiert, den ich außerordentlich schätze.
Richard Dove schrieb mir gestern zu nicht weniger nicht mehr: Dein Gedichtbuch ist, ganz klar, ein Labyrinth Borgesschen Ausmaßes, und ob ich einen Faden finde, der mich zurück zu einem halbwegs sicheren Ausgang leitet, steht in verdunkelten Sternen. So soll Literatur sein - Gefahr und das Rettende, das nur den unerschrockensten Reisenden zuwächst. Ich melde mich wieder, falls das Ungeheuer (oder der eigene Kleinmut) mich nicht vorher erwischt.
Herzliche Grüße Theo
Mo., 14. Dez., 11:08 Uhr
Lieber Theo,
Dank Dir für den kleinen Tipp der Streichung eines Wortes bei dem schon älteren Dreizeiler (... solch ein Museumstag ist ja seit März gar nicht mehr möglich). Vielleicht sollte ich Dir als einem besonders geschätzten Wortmenschen meine alten Dreizeiler unter diesem Gesichtspunkt mal vorlegen zur Optimierung ...
Aber ich verstehe, was Du schreibst ... und was ich auch immer wieder sage (und weswegen ich Komponist geworden bin): es gibt Dinge / Emotionen, die nicht richtiger / ehrlicher gesagt werden können als in Klängen. Oder: Musik fängt da an, wo das Wort nicht mehr hinreicht (ähnlich hat es ja auch Rilke gesagt). Mit dem Reden über Musik können wir nur an der Oberfläche bleiben, das tief Empfundene läßt sich nur bedingt in Worte fassen.
Was Dir Richard Dove schrieb, trifft die Eigenart Deines Buches sehr gut, wie ich finde! - und großartig formuliert ist es zudem!
Herzlichst, Michael
Di., 15. Dez., 09:57 Uhr
Lieber Michael,
nun ist die Vorstellung des Gedichtbuchs im Netz abrufbar: https://www.fixpoetry.com/feuilleton/kritik/theo-breuer/nicht-weniger-nicht-mehr-gedichte.
Gestern ist mir ein Malheur passiert, das dank dir kein wirkliches Malheur ist: Ich habe den gesamten Ordner D und damit auch den Unterordner "Denhoff", den ich ja erst kürzlich angelegt hatte, versehentlich gelöscht. (Passiert ist das durch den Denkfehler, den Ordner D mit C zusammenzuführen und D sodann zu löschen, ohne daran zu denken, den Unterordner zu verschieben.
Ich würde mich freuen, wenn du mir bei Gelegenheit das entsprechende aktuelle Word-Dokument schicken könntest.
Ich wünsche uns allen ruhige Momente, stille Augenblicke
Theo
Di., 15. Dez., 10:08 Uhr
Lieber Michael,
da ich noch nicht gefrühstückt und somit noch keinen belebenden Darjeeling zu mir genommen habe, bin ich wohl noch etwas benommen von nächtlichen Träumen, in denen ich mal wieder in urvorzeitlichen Räumen schwebte.
Also: Der vollständige Unterordner "Michael Denhoff" ist da, wohin ich ihn verschoben zu haben glaubte! Der Glaube hat mir geholfen ...
Hurra!
Theo
Di., 15. Dez., 11:02 Uhr
... da hatte ich grad auf Deine erste Mail hin, das Word-Doc. mal wieder auf den neuesten Stand gebracht, um Deiner Bitte nachzukommen, da trudelt - wo ich Dir schreiben will - Deine "Entwarnung" ein, lieber Theo. So hat sich die Sache ja erledigt.
Gesternabend fand ich bei meiner Rückkehr aus Brühl auch schon die Nachbestellungen bei POP zusammen mit dem neuesten Matrix-Heft bei der Post, in dem ja auch Dein labyrinthisches Celan-Poem zu finden ist ... werde wohl heuteabend auch mal den ausführlichen Celan-Beitrag von Dieter Schlesak lesen. Prima, daß Fixpoetry die erste Besprechung noch vor dem angekündigten Ende veröffentlicht. (Die Seite wird hoffentlich im Januar nicht im Netz gelöscht.)
Einen kurzen herzlichen Zwischengruß hiermit Richtung Eifel ... Michael
Di., 15. Dez., 11:14 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für deine umgehende Bemühung, die sich ja per se gelohnt hat.
Auf die neue Matrix werde ich noch ein paar Tage warten müssen (als PDF kenne ich sie eh schon), da Pop mir in den nächsten Tagen ein Paket mit allen Neuerscheinungen schicken wird (an denen ich ja immer irgendwie mit Beratung, Formulierung der Vita, Korrektorat, Lektorat, Übersetzung (...) beteiligt bin.
Ja, schön, daß der Celan-Zyklus auf diese Weise noch ein paar Leser mehr haben wird.
Fixpoetry bleibt vorläufig als Archiv erhalten. Und wer weiß, ich habe das Gefühl, daß da noch nicht das allerletzte Wort gesprochen ist. Es geht ja ausschließlich um finanzielle Fragen, die womöglich irgendein öffentlicher oder privater Sponsor doch noch positiv beantworten wird.
Jetzt freue ich mich - nach der üblichen Korrespondenzaktivität am Morgen - auf die Lektüre.
Liebe Grüße aus dem herzbau
Theo
Di., 15. Dez., 17:36 Uhr
Lieber Theo,
eben erreichten mich folgende Zeilen zu Deinem Buch, von Bernt Hahn, einem der prominentesten Rezitatoren beim WKR, dem ich es eigentlich vergangene Woche bei einer geplanten Lesung in der Böttgerschen Buchhandlung überreichen wollte. Da diese aber Corona-bedingt ausfiel, schickte ich es ihm auf dem Postweg, sozusagen als Lockdown-Lektüre. - ich will Dir das nicht vorenthalten:
Das Buch ist eingetroffen, hab vielen Dank ! Beim ersten, noch ganz oberflächlichen Schnuppern Schien es mir, als sei da einer der Sprache an die Wäsche gegangen, habe mal nachgeschaut, was die denn „drunter trägt“ und sei dabei auf überraschende, teilweise zwerchfellerschütternde Befunde gestoßen. – wie gesagt ein erster, zugegebenermaßen nicht besonders tiefgehender Eindruck. Großartig fand ich das Zusammenspiel mit den kursiv gedruckten Kommentaren, darunter besonders das kluge Statement von Jürgen Becker . Kurz, alles das macht große Lust, tiefer einzudringen, still genug dafür dürfte es ja in den kommenden Tagen werden, insofern vielen Dank, lieber Michael.
Herzliche Grüße natürlich auch! - Michael
Mi., 16. Dez., 00:46 Uhr
... in Ergänzung (kommentarlos) dies noch zur Nacht, weil ich es grad erst finde, lieber Theo. Lieber Michael - Gerade habe ich nochmal überflogen, was Du mir zu dem Buch von Theo Breuer geschrieben hattest, und habe dabei festgestellt, dass mein erster Eindruck wohl wirklich unverhältnismäßig an der Oberfläche gekratzt hat. Ich nehme es als Aufforderung, Deiner Anregung zu folgen und genauer und tiefer einzutauchen. Man sollte eben mit ersten Begegnungen skrupulöser umgehen. Ein Gedicht ist ja ein Wesen und kann durch falsches Lesen für den Leser verletzt und beschädigt werden. Das habe ich im Theater gelernt, die erste Begegnung mit einem Text kann ihn öffnen oder auch verschließen. Das fiel mir just ein – Mit herzlichem Gruß, Dein Bernt
Mi., 16. Dez., 09:42 Uhr
Lieber Michael,
Bert Hahn soll sich mal keine Sorgen machen: Er hatte doch in der ersten - durchaus originellen - Reaktion all das schon gesagt, was er nun noch einmal wiederholt. Ich hatte von Beginn an den Eindruck, daß es hier jemand ernst meint mit der Lyrik. Und die Aussage mit der Wäsche finde ich doch richtig gut - und originell.
Gleich skype ich mit Dato Barbakadse in Tiflis, um die endgültige Fassung des Manuskripts zu bestätigen. Ich werde die Haiku vorlesen, um auch auf diese Weise sicherzugehen, daß das lauter geglückte Versionen sind. Er spricht fließend deutsch und ist sehr angetan von meinem Ansatz, aus den Übersetzungen der georgischen Germanistin kongeniale Übertragungen zu machen.
Derweil hat der offenbar bekannteste georgische Germanist und Übersetzer die beiden Gedichte zeit der schlüsse und säntis übertragen. Dato meinte, es sei ihm "glänzend" gelungen, nachdem er wohl eine Woche lang daran gearbeitet hat. Für mich ist wesentlicher, daß da jemand in einem fernen Land diese Gedicht liest und sich von ihnen 'begeistern' läßt.
Herzliche Grüße Theo
Mi., 16. Dez., 12:27 Uhr
... auch ich war über Bernt Hahns Nachtrag überrascht, lieber Theo, denn er hatte ja durchaus einen Aspekt Deiner Dichtkunst sehr treffend benannt ... auch der saloppe Tonfall gefiel mir dabei! - Er weiß in der Tat sehr gut mit Lyrik umzugehen ... und hat als Sprecher eine sehr angenehme Stimme! (die Du sicherlich schon gehört hast, so oft sie im Rundfunk zu hören ist!)
Nun bricht mit dem heutigen Geburtstag von Beethoven erneut der verschärfte Stillstand an ... und damit werde ich wieder zur Untätigkeit an der Düsseldorfer Hochschule gezwungen. Mir tun alle Studierenden wirklich leid, die um so wichtige Erfahrungen & Erlebnisse / Erkenntnisse durch all die Verbote in einer der wichtigsten Phasen ihrer künstlerischen Ausbildung gebracht werde.
Wo Du schreibst, daß Du heute mit Dato Barbakadse "skypst": vielleicht können wir ja auch mal auf diesem Weg miteinander von Angesicht zu Angesicht sprechen ...
Nun will ich erst einmal um den Wocheneinkauf kümmern. Dir herzliche Grüße, Michael
Sa., 19. Dez., 14:51 Uhr
Lieber Michael,
das Arbeitstreffen am Mittwoch mit Dato Barbakadse ging von 10 bis 18 Uhr. Nach weiteren Tagen Arbeit am Manuskript habe ich eben die Druckvorlage vollendet, am Montag wollen wir uns aber ein letztes Mal austauschen, um ggf. noch Verbesserungen vorzunehmen.
Arbeitsreiche Tage ohne Pause liegen wieder hinter mir, zumal wir auch noch mehrfach im Garten tätig waren.
Mit Telefon und Skype haben wir natürlich weitere Möglichkeiten des Austauschs, aber die E-Mail-Korrespondenz mit dir ist mir dermaßen ans Herz gewachsen, daß ich mich zur Zeit noch gar nicht vorstellen kann, diese nicht in dieser Weise fortzuführen.
Aber 2021 wartet mit 365 Tagen - und im späteren Verlauf wohl auch mit Tagen, an denen man sich auch einmal persönlich kennenlernen kann.
Herzliche Grüße Theo
Sa., 19. Dez., 18:24 Uhr
Lieber Theo,
ich muß gestehen, derzeit innerlich nicht in allerbester Verfassung zu sein, zu sehr deprimiert mich doch die augenblickliche Situation. – mir fehlen Motivation & Kraft, irgend etwas Gescheites in Angriff zu nehmen. So trödele ich – mal dies, mal jenes Buch aufschlagend, die Zeitungen lesend, dies und jenes im Netz anschauend – durch den Tag. Am Klavier sitze ich ein bißchen klimpernd vor den wenigen Skizzen zu einem neuen Stück, aber komme nicht recht voran. Dann beginnt das „Spiel“ von vorne: etwas lesen, etwas hören usw. ---
Immerhin sind mir Deine Nachrichten stets eine nette Ablenkung! – wie gut, daß Du völlig unbeirrt Deiner Arbeit nachgehen kannst. Wann soll denn das Buch mit den Kurzgedichten von Dato Barbakadse erscheinen?
Auch mir ist unser Austausch in schriftlicher Form natürlich ans Herz gewachsen, und ich denke, wir werden diesen auch im kommenden Jahr unverändert fortsetzen.
Zunächst herzliche Abendgrüße, Michael
So., 20. Dez., 09:50 Uhr
Lieber Michael,
Dato Barbakadses Buch ist ja nun schon in der Phase der Fertigung - auch wenn noch ein abschließender gemeinsamer Lektoratsgang durch die 448 Haiku ansteht. Wenn nichts dazwischenkommt, wird das Buch wohl im Januar erscheinen. In meiner Vita in nicht weniger nicht mehr wird ja auch schon darauf hingewiesen.
Woran es im einzelnen liegt, daß wir uns matt, melancholisch, müde, mutlos erleben, wer weiß das schon immer zu sagen? Immer wieder schieben wir es auch auf äußere Dinge und ahnen nicht, daß an diesen oder jenen Tagen (auch) innere Faktoren es sind, die uns das Leben schwer machen. So oder so (und jetzt wird's banal) - wir wissen, daß erst ALLES Leben ausmacht: Alles gehört zusammen, alles gehört dazu.
Glaub nun bloß nicht, daß ich nicht ernstnehme, was du schreibst. Und glaub schon mal gar nicht, daß ich das so locker wegstecke. Ich verhandle das in erster Linie mit mir allein und natürlich mit Frau und Kindern, denn die Weihnachtstage in Berzdorf und anschließende Ferientage mit Katharina in Sistig stehn an, und wir hoffen und gehn heute auch davon aus, diese gemeinsam verleben zu können.
Heute - am 20. Dezember 2020, dem 96. Geburtstag Friederike Mayröckers - jährt sich zum 7. Mal der Tag, an dem ich mit Gabriele Frings in Bonn (!) das Projekt Rotes Haus im Park aus der Taufe gehoben habe. Gabriele Frings hat das Projekt ca. drei Monate lang begleitet - und ob es ohne sie überhaupt ins Leben gerufen wäre, ist äußerst unwahrscheinlich. (Der Prolog gibt darüber ausführlich Auskunft.) Erfreulicherweise konnte ich gestern und heute nach der Lektüre des Jahrbuchs der Lyrik 2017 zwei weitere Gedichte hinzufügen. (Die Jahrbücher der Lyrik habe ich seit 1993 zu lesen und sammeln begonnen (bis zu den Anfang der 80er Jahren erschienenen ersten Bänden), seit 2017 habe ich die Zügel schleifen lassen, um nun nach und nach die seitdem erschienenen der Sammlung einzuverleiben.)
Gestern schrieb ich ein weiteres Gemäldegedicht:
Das kleine Format ist seine Sache nicht. Adrienne Braun
frittengemälde
claes oldenburg : shoestring potatoes, spilling from a bag canvas filled with kapok stiffened with glue painted with acrylic 274.3 x 132.1 x 101.6 cm ( 1966 )
Herzliche Grüße Theo
So., 20. Dez., 11:45 Uhr
Lieber Theo,
Dank für Dein Mitgefühl. Ich muß selber sehen, wie ich die derzeitige Stimmung abschütteln kann, welche Ablenkung helfen könnte. Natürlich ist Lesen keine unnütze Tätigkeit, aber die lange kompositorische Untätigkeit zerrt an den Nerven ... es gibt dann aber auch immer wieder zwischendurch beglückende Momente, wenn ich beispielsweise eine fein & optisch bestens gemachte Notenausgabe beim Hören z.B. eines späten Beethovenquartetts in der Hand halte ... (auch ein rundum ästhetisches Vergnügen !) -
Die für 2021 angekündigte Barbakadse-Herausgabe hatte ich selbstverständlich in der Kurzbio gelesen, aber daß dies schon so bald sein wird, konnte ich nicht wissen ... bin aber sehr neugierig, wie Du Dir denken kannst (... zumal Haiku & Dreizeiler bei mir eine gewisse Rolle spielten.)
Ich kante auch eine Frau Frings (deren Vorname mir aber entfallen ist), die vor einigen Jahren im Dialograum St. Helena hier in Bonn (wo ja der WKR seit Anfang an vor 12 Jahren beheimatet ist) für dort stattfindende Kunst-Installationen verantwortlich war. Sie starb vor ein paar Jahren in relativ jungem Alter an Krebs. Und oh, wo heute die Mayröcker ihren unglaublichen 96. Geb. hat / feiern kann, sollte ich heuteabend mal wieder in ihren Büchern blättern ...
Doch zunächst erwarten wir in diesen Minuten den Besuch unserer Tochter Clara. So schließe ich hier erst einmal ... nicht aber ohne Dir auch für das erweiterte ROTE HAUS zu danken und Dich herzlich zu grüßen
Michael
So., 20. Dez., 23:36 Uhr
Mit Humor & Ironie ... wird's erträglicher. Zur Nacht nur kurz noch einmal heute, lieber Theo:
--- Lok ... down --- Lo(c)k-down --- #Lockdown ---
--- TACET ---
Mo., 21. Dez., 08:56 Uhr
Na also!
Mo., 21. Dez., 09:57 Uhr
Lieber Michael,
da du mich im "wir" mit einschließt, kommt hier eine heftige Protestnote. (Bitte - lies sie nur, wenn du sie lesen willst. Bitte lösch sie jetzt, wenn du sie nicht lesen willst. Denn es wird ungemütlich.) ______________________________
All das Gute und Schöne - gleichsam Wundersame -, das (beispielsweise) gerade wir beide in einer geradezu 'unerhörten', wie Enzensberger sagen würde, korrespondierenden, einander reich beschenkenden Begegnung erlebt haben, wird schlicht ignoriert, als unwichtig abgetan, unter den Teppich gekehrt. (Und nicht nur das, wenn ich mir die vielen schönen, tiefgehenden Stunden mit deiner Frau, deiner Tochter vorstelle, die stillen Stunden mit Buch und Wein und Pfeife am Abend, wie du es in den E-Mails immer wieder hast anklingen lassen: Was für ein Leben! (Ich habe jahrelang - 1987 - 1995, 2015/16 - Flüchtlinge betreut, auch mehrere Tag mit bis zu zwölf Personen in unserem Haus willkommen geheißen, mit Essen und Kleidung und Kommunikation versorgt, Menschen, die zu Fuß von Afghanistan und Persien gekommen sind, am Ende mit NICHTS dastanden ...)
Dieser Tage habe ich - in einem langen, differenzierenden, das ganze Jahr mit seinen Höhen und Tiefen Revue passieren lassenden Jahr zu Birgit (für die es aus beruflichen und privaten Gründen - alte, sehr kranke Mutter - ein höchst anstrengendes Jahr ist) gesagt: 2020 habe ich über weite Strecken als großartiges Jahr erlebt - und bei meinen Aufzählungen auch ausführlich über dich gesprochen, nicht zum erstenmal! (Angst, Anstrengung, Verdruß, Verlust, Verzicht usw. gehören selbstredend dazu, sind unser täglich Not.) Ich habe mich fast immer selbstbestimmt und frei gefühlt, und es ist mir einfach zu billig, die entscheidungstragenden Politiker an den Pranger zu stellen.
Mehrfach habe ich den Vorschlag gemacht, das Thema Pandemie in unserem Dialog ruhen zu lassen - die unterschiedlichen Standpunkte waren ja längst offenkundig -, aber gerade die heutige E-Mail wird erneut davon dominiert.
Das ist für mich, der sich täglich konkret mit diesem Thema auseinandersetzen muß, weil zum Beispiel meine Frau als im medizinischen Dienst Tätige permanent und konkret der Infektionsgefahr ausgesetzt ist, heute schwer zu ertragen.
Ohne das "wir" hätte ich die E-Mail stillschweigend ad acta gelegt, auch wenn ich bei der Formulierung Ein Leben ohne lebendige Kultur lähmt und ist bedrückend geradezu an mich halten muß, um nicht loszupoltern: Denn das, lieber Michael, weiß doch jeder Kulturliebende (und solche schreibst du in erster Linie heute an), ohne daß es hier ein weiteres Mal geschrieben hinausposaunt werden muß. (Außerdem: Ich habe das ganze Jahr - jeden Tag, jede Nacht - Kultur - Musik, Literatur, Kunst in allen möglichen Spielarten - lebendig erlebt, und jeder, der Kultur liebt und lebt, hat leicht die Möglichkeit, Wege zu finden, Kultur zu leben: Die Möglichkeiten werden uns in dieser Zeit auf dem Silbertablett serviert. (Ich schließe die Augen, höre Zerlina ... und bin im Opernhaus!) Was du zum Beispiel auch in diesem Jahr getan hast.
Unsere Gesundheit hängt nicht zuletzt von gelebter Nähe, Zuwendung & Kommunikation ab.
Wow. Wer hätte das gedacht.
Was bleibt da vom so geliebten Pessoa, vom Buch der Unruhe im Bewußtsein haften?
Warum nicht die Lichtblicke aufzählen, die Radtouren, die Städtereise mit großartigem Musikerlebnis, die Lektüren, die dich gleichsam berauschende Manuskriptlektüre, die dazu geführt hat, daß du das Buch zwanzig Mal verschenkt hast, die guten Gespräche, die neue Komposition (die du mir gewidmet hast), die Begegnung mit einem Menschen, die in einem von dir so geschätzten Buch gipfelte - u. v. a. m.
Was war nicht alles möglich bei dir in diesem Jahr. Mann, Mann ... Was für ein Leben!
Glück - als gestern deine Tochter vor der Tür stand ... Besonnenheit - brauchen wir in guten Jahren nicht, brauchen wir in der Krise ... Zuversicht - dito ... Optimismus - dito ...
Die Wünsche am Ende kommen da einfach zu spät - die Suppe ist versalzen!
Du hast geschrieben. Ich habe geantwortet. Dabei soll, dabei muß es bleiben. Das ist erledigt. Abgehakt. (Freund sein heißt Feind sein können.)
Frohes Fest!
Theo
Mo., 21. Dez., 10:36 Uhr
... das hat sich aber gewaschen / gesessen !!! Nun muß ich mich erst mal setzen, lieber Theo. (wie sollte ich ein Nachricht von Dir vor dem Lesen löschen ?!?!?!)
Soll ich Dir danken für die gründliche / notwendige Hirnwäsche? - muß ich? In jedem Fall aber entschuldigen dafür, daß Du Dich so geärgert hast, daß die Wut so aus Dir herausbrechen mußte. Aber: für mich heißt Freund nicht Feind sein können !!! ---
Vermutlich wären meine Weihnachts- / Neujahrszeilen anders ausgefallen, spürte ich in den vergangenen Wochen nicht mit zunehmender Verzweiflung, daß das, was mich im Innersten ausmacht, mir zu entgleiten scheint ... diese Lähmung ist eine gravierende, und ja, sie hat mit dem zu tun, dem man mit wachem Verstand nicht entgehen konnte ... keine Entschuldigung soll dies sein, nur die Hoffnung auf einen Funken Verständnis Deinerseits ...
Zu Recht erinnertest Du mich an all das Erfreuliche (nicht zuletzt unsere überraschende Freundschaft), die das Jahr auch brachte ... der schwarze Vorhang einer Depression hatte sich davorgezogen ...
zu mehr fehlt im Moment die Kraft ... und es soll auch so reichen ...
Bleiben wir in vertrauter / verständiger Freundschaft verbunden! Michael
Mo., 21. Dez., 10:56 Uhr
Lieber Michael,
eben klingelte es, und der Postbote hatte ein großes Paket (vom Pop Verlag) sowie zwei braune Versandtaschen vor die Haustür gelegt.
Eine Sendung war von dir - und voller Musik, die hier in wenigen Minuten erklingen wird. Ich danke dir von ganzem Herzen dafür. Ich gehe davon aus, daß es mir in ein bis zwei Stunden wieder so gehen wird, wie ich es mir wünsche.
Eine Sendung an dich habe ich schon vor einigen Wochen im Kopf mit Lust und Freude vorbereitet. Ich freue mich sehr, daß es mir möglich ist, gerade dir - neben dem signierten nicht weniger nicht mehr - ein Exemplar eines ganz besonderen - in jeder Beziehung wertvollen - Buchs zu schenken, das sich nach dem Leser, wie du einer bist, sehnt. Ich habe jedoch entschieden, die Postboten nicht noch mehr zu belasten in diesem Jahr und werde mehrere für Weihnachten gedachte Sendungen nach dem 1. Januar 2021 versenden, so auch diese Sendung an dich. Da Vorfreude die größte Freude ist, möchte ich dich das auf diese Weise wissen lassen.
Dir entgleitet gar nichts, lieber Michael! Lies die 110 Seiten unserer Korrespondenz, und du wirst feststellen wie lebendig du bist und was du auch in diesem Jahr geleistet hast. (Leistung wird nicht bloß durch neue Notenblätter sichtbar. Mach dir, bitte, klar, was du allein mit den 20 hierhin und dorthin versendeten Büchern geleistet hast, wie du Kultur am Leben erhalten hast, Menschen beglückt hast.)
Nimm ein wenig von der (keineswegs rosigen, aber lebenszugewandten, lebenschätzenden) Stimmung an, die ich in diesen Tagen empfinde und die mich auch auf die letzten Tage des Jahres freuen läßt. Wir schmeißen doch keine Lebenszeit weg! Wir haben nur dieses eine, eine, eine Leben!
Herzliche Grüße Theo
Mo., 21. Dez., 17:43 Uhr
Lieber Michael,
wie geschrieben, hörte ich heute morgen die CD mit den drei Kompositionen Désastres de la guerra, Nachtbild, Innenräume ... erinnernd.
Du weißt, in welcher Stimmung ich mich heute morgen befand. Schon nach wenigen Sekunden begann ich aufzumerken, nach kurzer Zeit war ich restlos gefesselt von dem, was ich da hörte. (Große Musikernamen schwirrten mir sekundenweise durch den Kopf.) Und nach einer guten Stunden schüttelte ich nur noch den Kopf.
Die Musik drang in mich ein, beherrschte mich und ließ mich teilhaben am menschlichen Schicksal, das hier phasenweise so eindrücklich musikalisch dargestellt wird, wie ich es beispielsweise aus Sinfonien Schostakowitschs kenne.
Und die Orchesterbilder nach Goya auch noch gespielt vom Wuppertaler Sinfonieorchester unter Leitung von Hans Martin Schneidt! Wie oft habe ich diese Menschen im Opernhaus von Wuppertal erlebt, als wir in den Jahren 1980 bis 1983 dort lebten. Sicherlich fünfzig Mal. (In manchen Wochen ging ich mehrfach hin ..., Don Giovanni habe ich in einer Spielzeit siebenmal erlebt ...)
Was für ein --- ZuFall.
Dieses tiefgreifende Erlebnis war so nur in dieser speziellen Stimmung möglich.
Erst vor wenigen Tagen schrieb ich unserem Sohn Andreas, wie sehr ich an das Gute, das sich immer wieder aus dem Schlechten ergibt/entwickelt, glaube. Man muß es nur wollen, den Blick nach vorn richten.
Daß ich heute diese Bergundtalfahrt mit solchen Gipfelblicken erleben durfte, das macht mich demütig und dankbar.
Herzliche Grüße Theo
Mo., 21. Dez., 22:41 Uhr
... es war wohl gut, daß der Tag für mich heute bisher so extrem gefüllt war (vor allem Online-Unterricht der Brühler Schüler von Zwölf bis fast eben) und mir so kaum Zeit blieb, über Deine morgendlichen Zeilen (die mich schon umgehauen hatten) zu lange nachzugrübeln, was ja vor allem ein Grübeln über mich selbst bedeutet hätte. Ich wollte es - wohl auch aus Selbstschutz - nicht, weil ich ahnte, es würde mich nur weiter ins Dunkle treiben.
Nun, nach einem längeren Telefonat mit meinem ältesten & allerengsten Freund Giso, habe ich den Rechner hochgefahren und finde Deine so offensichtlich tief bewegten Notizen nach dem Hören meiner Orchesterstücke, lieber Theo. Sie tun - das merke ich - der in den letzten Tagen / Wochen irgendwie innerlich so geschundenen Seele gut. Eine Aufmunterung / Aufhellung !! (- nach dem so empfundenen "Dolchstoß" von heutemorgen). So danke ich Dir von Herzen ! - Du weißt, wie wertvoll mir Deine Gedanken & Worte sind ! -
Ich fühle mich ausgelaugt ... möchte am liebsten mal für wenigstens einen Tag alles Denken abschalten können; einen traumlosen langen Schlaf ... und dann von strahlendem Sonnenlicht geweckt werden ... Aber ich kenne mich: irgendwann - man weiß nie wann & warum - gewinnt der Optimismus doch wieder Oberhand. - Ich versuche, halbwegs gelassen darauf zu warten ...
Herzlich, Michael
Di., 22. Dez., 09:08 Uhr
Lieber Michael,
nun höre ich seit einer halben Stunde die Original Compositions ... sitze ruhig (erschöpft) im Lyrikzimmer im frühmorgendlichen Dämmer des Untergeschosses mit halbgeschlossenen Augen, denke kurz (dir Licht, Licht, Licht wünschend), daß gestern der Tag der Wintersonnenwende war, gebe mich der Musik hin.
Herzliche Grüße Theo
Di., 22. Dez., 20:41 Uhr
Lieber Theo,
vermutlich hat Dich die Selbstspielklaviermusik etwas überrascht, denn sie ist doch völlig anders als das, was ich sonst dem Instrument anvertraut habe. - Aber doch war J.S. Bach der gar nicht so weit entfernte Pate (... seine Goldberg-Variaritionen hörte ich heute mal wieder in der mich zutiefst bewegenden Interpretation von Evgeni Koroliov. - ein Hören mit fast "medizinischer" Wirkung )
Ansonsten saß ich heute sehr lang auf dem Rad (bei erstaunlich milden Temperaturen & nur wenigen Regentropfen) ... diese Art der Fort-Bewegung ist mir immer wieder die liebste! - um etwas abzuschalten / innerlich durchzulüften usw. (... und auch der Gedanke: ab nun werden die Tage wieder länger ...)
Herzlich wie stets, Michael
Di., 22. Dez., 22:08 Uhr
… und noch ein Nachtrag ... zum eben weitergeleiteten FAZ-Artikel der Hörbuchseite; fand erst jetzt Gelegenheit die gestrige FAZ zu lesen. - Im Anhang noch ein kurzer Text eines Freundes, der mich ebenfalls gestern erreichte. Er war ursprünglich gedacht für das Saarbrücker Kulturmagazin OPUS. Wolfgang Korb war Musikredakteur beim SR (einer der angenehmen alten Sorte ... in jede Richtung offen) und seine von dem Heine-Gedicht ausgehenden Gedanken lese ich fast wie eine Erklärung für den Zustand, der mich in diesem Jahr immer mehr erfaßt hat(te) ...
Nochmals herzlich, M.
Mi., 23. Dez., 10:14 Uhr
Lieber Michael,
ich höre immer wieder die von Glenn Gould gespielten Goldberg-Variationen. - Überrascht war ich vor allem, weil ich als Laie nicht ahnte, daß so etwas möglich ist. Es war ein ebenfalls mitreißendes musikalisches Erlebnis - ganz anders als tags zuvor, als ich - auch - in Abgründe gerissen wurde. Diese Einspielung mit dem Wuppertaler Sinfonie-Orchester werde ich noch oft hören.
Heute vor einem Jahr wurde unsere Enkelin Hannah geboren. Sie hatte ein grandioses erstes Jahr - auch und gerade wegen der besonderen Umstände, die ihr die Ruhe bescherten, die sich ihre Mutter gewünscht und die nur in einem solchen Jahr möglich gewesen ist.
"Es ist halt alles relativ", heißt es in Ödön von Horvaths Theaterstück Italienische Nacht.
Herzliche Grüße Theo
Mi., 23. Dez., 10:39 Uhr
Lieber Michael,
Wolfgang Korbs Beitrag, dessen Spekulation am Ende ich nicht teile, könnte ja glatt von dir geschrieben sein.
Nicht nur weil ich selber, wie du weißt, dieses Jahr insgesamt anders erlebe (auch die 'Ergebnisse' sprechen dafür), sondern auch, weil ich in Gespräch und Korrespondenz mit etwa einem Dutzend schreibenden Kollegen (darunter auch mehrere alleinlebende ältere) erfahren habe, daß sie ähnlich wie ich mit der 'Situation' umgehen, bleibe ich dabei, Lage und Aussicht ganz anders einzuschätzen. Ich bin mehr oder weniger lebenslänglich vom historischen Blick geprägt, der mich andauernd erinnern und vergleichen läßt und mich immer wieder mit Walter Kempowski, der jahrelang in Bautzen saß, sagen läßt: Uns geht's ja noch gold ...
Natürlich gilt - in Jahren wie diesen vielleicht besonders: Verlust ist immer, aber wo Verlust ist, da ist auch Gewinn. (Siehe, was ich eben zu Hannah und ihrer Familie schrieb. Oder fragen wir die Natur.)
Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch. (Friedrich Hölderin)
Zuversicht wünschende Grüße Theo
Mi., 23. Dez., 13:25 Uhr
Lieber Theo,
ich bin zwar nicht eine "Rampensau" (wie man so schön sagt), aber ich liebe es, auf der Bühne zu stehen, für ein Publikum da zu sein / zu spielen / zu erläutern etc. ... (und gerne höre ich meine Musik live gespielt) ... und das ist es wohl auch das, was meinem Freund Wolfgang Korb, der gerne intelligente Programme zusammenstellt, in diesem Jahr so fehlte ... Nun hoffen wir auf ein in dieser Hinsicht besseres Jahr 2021. Aber was Du berichtest, sagten mir meine älteren Schriftstellerfreunde auch am Telefon: Heinz-Albert Heindrichs, Georg Oswald Cott - als "Eremiten" konnten sie recht gut mit der Situation umgehen.
Wo Deine / Eure Enkelin heute ihren 1. Geburtstag feiern kann, ist sie ja ein regelrechtes "Christkind" ... ich denke, ihr werdet das in diesen Tagen schön feiern! Ich wünsche Euch glückliche Stunden zusammen!
Glenn Goulds Aufnahmen der Goldberg-Variationen haben mich in mehrfacher Hinsicht geprägt: die letzte von 1980 war Impulsgeber, irgendwann selber einmal ein solch großes Variations-Werk zu schreiben ... was aber (wie Du weißt) noch Jahre dauerte. - Es gibt aber zudem ein halbstündiges Klavierwerk (das erste des Zyklus' MONOLOGE, seinerzeit in Rom komponiert, das als Basis-Material 7 Fragmente aus der großartigen ungeheuerlichen 25. Variation nutzt. (Leider gibt's davon weder CD noch Video ... nur einen privaten Audiomitschnitt ... aber den kann ich Dir ja bei Gelegenheit mal zukommen lassen.)
Nun freue ich mich erst einmal auf Deine angekündigte & natürlich extrem neugierig machende Sendung in den ersten Tagen des neuen Jahres!
Hier schon aber herzliche Grüße Michael
Do., 24. Dez., 09:51 Uhr
Lieber Michael,
während ich mich diesem musikalisch-filmischen Erlebnis hingebe: https://www.youtube.com/watch?v=EqsF7jsbSOI&feature=youtu.be , denke ich zurück an die Zeit vor vielen Jahren, als ich das 365 Verse lange Gedicht TREE ins Deutsche übertrug. (Das Gedichtbuch erschien 1989 und ist längst vergriffen.)
In diesem Augenblick kommt die Sonne zwischen den Wolken hervor. Nach dem guten Regen der letzten Tage ein anderer guter Moment - der des Lichts.
Ich wünsche dir und den deinen schöne - hoffnungsfrohe - Festtage und eine gute Zeit 'zwischen den Jahren'.
Mit Dank für alles, was 2020 uns gemeinsam 'beschert' hat und herzlichen Grüßen Theo
Do., 24. Dez., 11:34 Uhr
Lieber Theo,
den Link zum Video nutze ich später einmal ... Zunächst auch Dir und den Deinen friedvolle Festtage, wo und wie auch immer diese verbringen werdet. Dein Hinweis auf Richard Burns "Tree" paßt ja ideal zum Ende des Jahres mit 365 Versen / Tagen. (Leider kenne ich dies Großpoem noch nicht ... obwohl ich ja ein Fabel für solche Projekte / Objekte / Formen mit Jahresbezug habe.)
Was uns beiden das Jahr 2020 beschert hat, ist in jeder Hinsicht bemerkenswert! So danke ich Dir von Herzen für die nicht endende Ausdauer.
Auf bald wieder & herzlich Michael
Fr., 25. Dez., 14:12 Uhr
Lieber Michael
Theo Breuers Compendium sprüht nur so vor Originalität und Tiefgang! Grossartig! Mit diesem Büchlein hast Du mir eine riesengrosse Freude gemacht. Lesestoff für lange, lange Zeit! DANKE!
Gerne möchte ich Dich via untenstehendem Link an einem 40-minütigen Video teilhaben lassen: https://vimeo.com/hmfproductions/review/491075998/f7a5ed231a
... so, lieber Theo, beginnt eine ganz frische Nachricht meines uralten Freundes Christian Sutter, dem ehem. Solobassisten der Baseler Philharmoniker (wir lernten uns 1977 kennen bei der von H.W. Henze initiierten 2. Cantiere in Montepulciano). Christian hat am 1. 12. (unter Pandemie-Bedingungen) bei einem kleinen Hauskonzert für die Freunde mit Sir András Schiff (an seinem Blüthner-Flügel) drei Auszüge aus Heinrich Heines 1832 für die „Allgemeine Zeitung“ verfaßten Bericht aus Paris: „Französische Zustände - Ich rede von der Cholera“ gelesen. Vielleicht hast Du - sozusagen als besonderer Weihnachtsgruß - auch Deine Freude an diesem privaten Mitschnitt. Mich hat dies eben mächtig beglückt, während meines Mittagskaffees!
Herzlichst, Michael
Fr., 25. Dez., 18:47 Uhr
Lieber Michael,
Sa., 26. Dez., 14:40 Uhr
Lieber Theo,
natürlich freut auch mich (für Dich), daß es mittlerweile schon einige hocherfreute Leser Deines neuesten Buches gibt! - und Du siehst: nicht nur ich bin ein "Idealleser"! Ich denke, auch Norbert Scheuer wird in seinem Bekanntenkreis 'Werbung' machen, wo er offensichtlich ebenso begeistert war! Ich war bisher gerne ein Teil dieses Schneeballeffektes, und werde es weiterhin bleiben ... Dir / Euch schöne Stunden zusammen in Berzdorf. Unsere beiden Kinder kommen nachher mit ihren jeweiligen Partnern, wir werden zusammen spielen (auch sicherlich Musik) und uns zudem etwas zu essen bereiten ...
Einen (noch weihnachtlichen) Gruß zwischendurch, Michael
Mo., 28. Dez., 10:52 Uhr
Lieber Michael,
das klingt nach schöner Gemeinsamkeit. Was gibt es Schöneres, als mit Kindern (und Kindeskindern) zusammenzusein?!
Wir sind gestern nachmittag mit Enkelin Katharina 'im Gepäck' aus Berzdorf in die seit dem 24. Dezember weißte Eifel zurückgekehrt. Das ist natürlich ein Traum für Katharina, die solches aus Berzdorf nicht kennt. Sie bleibt bis zum 1. Januar. Wir lieben es, sie bei uns zu haben. Und zum Glück ist Sistig so etwas wie eine zweite Heimat für Katharina: Allein 2020 ist sie nun schon vier Mal für jeweils 5 Tage hiergewesen.
Idealleser ja, aber auch Norbert Scheuer gehört zu den ca. 99,9% aller Schriftsteller, denen es nie in den Sinn käme, auch nur in annähernd vergleichbarer Weise wie du oder ich auf Bücher anderer Autoren hinzuweisen. That just doesn't happen. Ich habe es längst gelernt, mich nicht nur zu bescheiden, sondern mich an den einzelnen Stimmen, die sich zu Wort melden, zu erfreuen.
Gleich werde ich mit Katharina einen Gang durchs winterliche Sistig machen. Sie möchte unbedingt einmal Schnee schmecken und freut sich darauf, diesen eiskalt auf der Zunge zu spüren ...
Darüber hinaus freue ich mich auf viele ruhige Tage mit den Büchern, die auch in diesem Jahr wieder reichlich für mich auf dem Gabentisch lagen.
Herzliche Grüße Theo
Mo., 28. Dez., 21:57 Uhr
Lieber
Theo,
Di., 29. Dez., 10:22 Uhr
Lieber Michael,
Di., 29. Dez. 2020 23:35 Uhr
Lieber Theo,
ja, mit der Schreibmaschine und erst recht mit den Computer-Möglichkeiten ist der handschriftliche Brief heutzutage eine scheinbar ‚senile’ Randerscheinung der Kommunikation geworden. Dennoch halte ich mit wenigen Freunden immer noch fast ausschließlich auf diese ‚antike’ Art Kontakt. (… auch wenn ich natürlich die heutigen Möglichkeiten durchaus zu schätzen weiß! – ohne diese wäre z.B. auch unser ‚digital schriftliches Gespräch’ sicherlich wesentlich spärlicher ausgefallen.) Bis ungefähr ins Jahr 2000 habe ich fast ausschließlich handschriftlich korrespondiert. Allein die Briefe mit Martella (bevor wir zusammenzogen & noch später heirateten) füllen zwei dicke Ordner … und damals, als ich noch kleine Reste meiner jugendlich malerischen „Ambitionen“ verspürte, gab’s auch oft als Briefkopf kleine Zeichnungen dazu … Die Zeiten ändern sich … und mit dem Verlust auf der einen Seite geht manchmal auch ein Gewinn auf anderer Seite einher …
Gesternnacht sah ich mir in der ARD-Mediathek zeitversetzt zur abendlichen Ausstrahlung den dreistündigen Film „Werk ohne Autor“ an, der sich eng an der Biographie von Gerhard Richter orientiert. Ich fand ihn gar nicht mal so schlecht gemacht … hatte ihn seinerzeit, als er vor zwei Jahren im Kino lief, verpaßt … aber natürlich damals in der Presse mitbekommen, daß Richter selber nicht so sonderlich begeistert war, als er den Trailer gesehen hatte … Möglicherweise könnte Dich das auch interessieren … so Du einmal Abwechslung von frischer Buch-Lektüre verspürst …
Herzlich, Michael
Do., 31. Dez. 2020 13:55 Uhr
Lieber. Michael,
Do., 31. Dez. 2020, 14:51 Uhr
im alten Jahr einatmen und ausatmen im neuen Jahr
Lieber Theo,
auch Dir und den Deinen heuteabend / -nacht einen schönen Übergang von 2020 auf 2021 !!! Und auch Dir sei zutiefst gedankt für unseren so überraschenden, intensiven & anregenden Dialog, den ich in solcher Dichte bisher mit niemandem führte ! Bleiben wir gespannt, was das neue Jahr für uns parat hält ...
Ganz in diesem Sinne mit herzlichen Grüßen wie immer Michael
PS "Werk ohne Autor" steht glaube ich nur noch 4 Tage in der ARD-Mediathek zur Verfügung. Fr., 1. Jan. 2021, 10:20 Uhr
Lieber Michael,
unter uns gesagt: Jahreswechsel interessieren mich nicht besonders. Silvester ist für mich - ebenso wie Neujahr - ein ganz normaler Arbeitstag mit ganz normalem Abend. Gestern bin ich sogar schon gegen 22:30 zu Bett gegangen.
Der gestrige Tag war herrlich: Leise rieselte der Schnee, Katharina baute mit Oma stundenlang Schneemann und Schneeburg, während ich gelegentlich vom Buch aufschaute und den beiden zusah und zuwinkte.
Alles Gute wünschen kann man ja an jedem Tag, als auch am 1. Januar, warum denn nicht?!
In diesem Sinne also viel Glück und Sonnenschein (bei ausreichend Regen/Schnee) für heute, morgen, übermorgen, nächste Woche, nächsten Monat, den Winter, den Frühling, den Sommer, den Herbst und weiter, weiter, immer weiter ...
Theo
Fr., 1. Jan. 2021, 11:48 Uhr
... um 23:59 Uhr kann man noch "philosophieren", daß morgen heute schon gestern ist, lieber Theo ... aber ansonsten ist der Jahreswechsel vor allem ein Zahlenwechsel im Datum, an den ich mich gelegentlich gewöhnen muß, was ich daran merke, daß ich manchmal noch das alte Jahr schreibe ... und Silvester / Neujahr steht immer die etwas umfangreichere Änderung der Website an: die Konzerttermine des neuen Jahres werden erstmals sichtbar, anderes rutscht ins Archiv. - Dennoch war's ein besonders ruhiger Jahreswechsel, den wir uns mit Woody Allens Komödie "Whatever works" passend & vergnüglich gefallen ließen ... Beim ersten Tee des Vormittags sehe ich Dich grad mal wieder vom Buch aufschauen und nach draußen winkend ... ich winke Dir hier vom Schreibtisch aus nur virtuell, aber nicht minder herzlich zu ... Michael
Fr., 1. Jan. 2021, 15:35 Uhr
Lieber Michael,
Fr., 1. Jan. 2021, 20:34 Uhr
… so viel Schnee habe ich schon länger nicht mehr gesehen, lieber Theo! Aber die Sonne schien auch hier, was – wie Du richtig vermuten wirst – uns wieder auf die Räder getrieben hat. – Da mein Blick aus dem Westfenster meines Studios nicht solch einen Ausblick bietet wie bei Dir, hier nur ein aktueller Blick auf das Westfenster zu im Studio … Und einen netten Abend wünsche ich natürlich, Michael
Di., 5. Jan. 2021, 16:56 Uhr
… auch Alfred Brendel ... der große Pianist, hat heute Geburtstag (nicht nur Dürrenmatt), lieber Theo, er wird heute (bei offensichtlich guter Gesundheit) 90 Jahre alt ! - so habe ich eben mal wieder - zum zwischenzeitlichen Ausspannen - ein bißchen in seinen Gedichten geblättert, die zwischen Sarkasmus, (Selbst)-Ironie, Skurrilem aber auch Nachdenklichem hin- & herspringen. - Kleine Kostprobe:
Über mich selbst gebeugt sehe ich
Wir haben ein paar Tage nicht voneinander gehört. Sicherlich steckst Du (wie immer) gut in der Arbeit. Ich selbst taste mich mal wieder zögerlich an das dringend zu schreibende Sextett heran, das eigentlich am 23. April in Köln uraufgeführt werden soll ... (der Druck steigt) Ansonsten habe ich heute mal das in Computer-Reinschrift gebracht, was ich mir so täglich seit Beginn des erneuten Lockdowns notiert habe: einen Klang für jeden Tag, an dem Musiker / Künstler zum zweiten Mal binnen Jahresfrist öffentliches Auftrittsverbot auferlegt bekommen haben ... davon sind auch zwei komponierende Freunde betroffen, die nun nur im engsten Familienkreis ihren 70. Geburtstag feiern konnten / können (den beiden ist diese seltsame Musik mit noch offenem Ende gewidmet) ... (vielleicht magst Du ja in den aktuellen Stand hineinsehen ... siehe Anhang)
Herzlich wie immer, Michael
Mi., 6. Jan. 2021, 08:59 Uhr
Lieber Michael,
wenn der Postbote gleich kommt, gebe ich ihm die gestern vorbereitete Sendung an dich mit, die dann hoffentlich zügig zu dir findet.
Danke für die beiden E-Mails, die Lektüre von Dürrenmatts Werk liegt vierzig Jahre zurück, einige Bücher habe ich so oft gelesen, daß sie weiterhin präsent sind. Brendels Gedichte weiß ich ebenfalls sehr zu schätzen.
Ich bin wieder auf Reisen, ein Höhepunkt jagt den anderen: In den letzten drei Tagen war ich in New York, Berlin und am Yukon.
Faszinierend!
Theo
Mi., 6. Jan. 2021, 11:10 Uhr
Lieber Michael,
vor einigen Wochen schrieb ich das angehängte kleine Gedicht.
Herzliche Grüße aus weiterhin herrlich verschneiter Landschaft
Theo
PS Ich bin zwar schon lange kein Schneefan mehr (vor allem wegen der 70 Meter Gehweg und des vor der Garage liegenden Hofs), aber wenn ich an Katharinas Begeisterung zurückdenke und wenn ich aus dem Westfenster blicke ...) Mi., 6. Jan. 2021, 13:36 Uhr
Lieber
Theo,
Do., 7. Jan. 2021, 09:36 Uhr
Lieber Michael,
Fr., 8. Jan. 2021, 12:19 Uhr
Lieber Theo,
eben hörte ich unten den Briefkasten klappern ... weil ich ahnte, es könnte Deine Sendung dabeisein, sprang ich gleich runter ... Was für eine wunderbare Überraschung !!! - ich fühle mich geehrt und bin zutiefst gerührt, mit solch einem ganz besonderen handschriftlichen Buch beschenkt zu werden! Schon allein als Objekt ist dies Buch ja ein einmaliges Juwel - den Inhalt (bisher nur einmal kurz geblättert) werde ich mir bei Gelegenheit in Ruhe ansehen / lesen. Natürlich auch tausend Dank für die Widmung in nicht weniger nicht mehr ! Ich kann meine Gefühle kaum in Worte fassen ... So schlicht & einfach ein ganz großes DANKE DANKE !!!
Soviel im Moment. Herzlichst, Michael
PS heuteabend besucht mich / uns ein Kollege & Freund aus Athen, der grad ein paar Tage in Köln ist. Er stemmte im November 2019 ein kleines, schönes & sehr erfolgreiches B.A. Zimmemann-Festival in Athen, am dortigen Konservatorium, dessen Leiter er da noch war. Ich war auch eingeladen (mit zwei Stücken) und hatte zudem einen Kompositions-Workshop in dem Rahmen.
Fr., 8. Jan. 2021, 15:56 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich, daß die Büchersendung so schnell zu dir gefunden hat!
Erschöpft vom andauernden Schneeschippen:
Theo
Fr., 8. Jan. 2021, 16:58 Uhr
... nicht daß Du nun einen Muskelkater in den Armen bekommst, lieber Theo ! In den Nachrichten hörte ich vom Schneechaos in der Eifel. - Sicherlich aber ein schöner Anblick! - nur Autofahren möchte man nicht müssen. In Vorfreude auf einen sicherlich netten Gesprächsabend Michael
So., 10. Jan. 2021, 20:42 Uhr
Lieber Theo,
in einer Nachricht von Andreas Reichel, die mich heute erreichte (ihm hatte ich auch Dein neues Buch in die Hand gedrückt), stand am Ende dieses: ich habe in das t. breuer werk mich schon öfters eingelesen. hüte mich aber davor, es zu konsumieren. jede seite ist freilich ein komplexes und filigranes konstrukt, das man gar nicht sorgfältig genug lesen kann. es ist hervorragend! ... offensichtlich auch ein bedachter, kluger Leser!
Nun müssen sie wohl in Madrid nicht weniger Schnee wegräumen als Du in Sistig ... hier lag gesternfrüh nur eine sehr dünne Schneeschicht auf den Sitzbänken des kleinen Platzes vor dem Haus und die unteren Dachziegel hatten ebenfalls noch ein paar Flocken festgehalten, die sich aber bis Mittag auflösten.
Es grüßt Dich Michael
Mo., 11. Jan. 2021, 09:10 Uhr
Lieber Michael,
mit Madrid verglichen ist das hier ja wirklich noch sehr überschaubar, was die Menge angeht. Aber der Blick in die Landschaft wirkt wie ein Traum. Es ist, um es ganz platt zusagen, wunderschön.
Was Andreas Reichel schreibt, erfreut mich sehr. Das sind die Leser, die ich suche - und so selten nur noch finde. Aber, wie du weißt, freue ich mich über jeden einzelnen wahrhaften Leser. Sehr.
Ich kann gar nicht oft genug danke sagen, daß du die Rückmeldungen immer wieder an mich weiterleitest.
Gisela Hemau, eine in Bonn lebende Autorin, die übrigens sehr gute Gedichte schreibt (ihr neues Buch wird in der dir vorliegenden aktuellen Matrix besprochen), schrieb mir, daß sie den Zyklus nicht weniger nicht mehr in Matrix gelesen und wie sehr sie dieses "hochpoetische" siebenteilige Gedicht "beeindruckt" habe. Darüber war ich natürlich auch sehr erfreut.
Derweil schreibe ich weiter Gedichte vergleichbar mit denen des vierten Kapitels in nicht weniger nicht mehr.
Herzliche Grüße Theo
Mo., 11. Jan. 2021, 10:35 Uhr
Guten Morgen, lieber Theo,
die ungewöhnlichste Reaktion auf Dein Buch fand ich eben im Briefkasten: mein Komponisten-Freund Hans-Joachim Hespos - dem mittlerweile 82-jährigem "enfant terrible" der Neue-Musik-Szene - schickte mir das Reclam-Heftchen (mit persönlicher Widmung & zur Anregung) W. Heisenberg, Quantentheorie und Philosophie. Zuvor war nur ein großgeschriebenes D-A-N-K-E per Mail eingetroffen. - Das ist ganz "hespos-mäßig"! ... und eine nicht unkluge Reaktion auf Deine Texte, wie ich finde !!!
Gisela Hemau kenne / kannte ich bisher nicht; und schon gar nicht wußte ich, daß sie sogar in Bonn lebt! - Sie scheint ja durchaus auch einen Bezug zur Musik zu haben ... was man der Besprechung in MATRIX entnehmen kann ...
Gleich steht wieder Online-Cello-Unterricht an ... grrrr ....
Herzlich, Michael
Mo., 11. Jan. 2021, 11:01 Uhr
Lieber Michael,
daß mit Büchern beschenkte Menschen überhaupt reagieren, ist keineswegs selbstverständlich. Schon Virgina Woolf klagte über die Nichtreaktionen der vielen Bekannten und Freunde, die ihr für das jeweils neue Buch kaum bis keine Reaktion zukommen ließen.
Seit ich den Zyklus nicht weniger nicht mehr schrieb (der als tour de force begann, dann aber schnell, wie von selbst, zu fließen begann), denke ich täglich daran, was dieses Siebengedicht mir bedeutet - bzw. was es für mein Werk bedeutet. Es steht ganz oben. Dieses Zusammenfließen von Denken und Lauschen hat ein unerhörtes langes, siebenteiliges 'Gedicht' ermöglicht.
Theo
Di., 12. Jan. 2021, 22:51 Uhr
Lieber Theo,
als ich eben Fixpoetry öffnete, um zu schauen, was dort zu Gisela Hemau zu finden ist, mußte ich feststellen, daß die Seite tatsächlich ihren aktiven Betrieb eingestellt hat. Schade!
Was Du zu Buchgeschenken anmerkst, ist - glaube ich - ganz grundsätzlich verloren gegangen: die Fähigkeit "Danke" zu sagen. (Merkte es auch, wenn ich z.B. CDs als Neuerscheinung verschickte.) Die Leute halten alles für selbstverständlich ... und / oder ein persönliches Buchgeschenk womöglich für Werbung o.ä. (siehe die mir bis heute völlig unverständliche Reaktion von Karsten Gaul auf Deine persönliche Sendung hin).
Ich taste mich denkend & lauschend (nach innen) ganz langsam, taktweise in die Klänge vor, die das neue (still melancholische) Stück ausmachen sollen ... noch weiß ich nicht, was Bestand haben wird / wieviel Um- & Nachjustieren noch ansteht ... ob ein weiterer Neustart notwendig wird ... aber immerhin arbeite ich dran! ----- Und jeden Tag ein neuer Klavierklang, der "sounds count time" fortschreibt ...
... und bei Dir entstehen (auch beim Denken & Lauschen) wieder neue Kurzgedichte ... das freut mich! Soweit ich Dein Werk bisher zu überblicken vermag, ragt - wie Du es ja selber offensichtlich auch einschätzt - das große siebenteilige Celan-Poem sicherlich besonders heraus ... was aber die Qualität andere Texte / Bücher nicht schmälert! (bin - wie Du merkst - zur Stunde wieder in die Literatur "geflüchtet" - und bin dabei auch mal wieder im gewonnenen Alphabet hängen geblieben.)
Herzlich wie immer, Michael
Mi., 13. Jan. 2021, 10:55 Uhr
Lieber Michael,
Fixpoetry hat am 31.12.2020 die Publikationstätigkeit eingestellt. Als Archiv bleibt Fixpoetry vorläufig online.
"Denkend und lauschend in die Klänge vortastend", das klingt gut ...
Nachdem die Redaktion der 62. Ausgabe von Matrix abgeschlossen ist, widme ich mich nun der abschließenden Durchsicht von Dato Barbakades "Und so weiter".
Der bekannteste Germanist und Übersetzer Georgiens hat die beiden Gedichte "säntis" und "zeit der schlüsse" ins Georgische übertragen. Laut Dato ist er ein Übertragungskünstler, der Gedichten seine ganz eigenen Versionen zu vermitteln vermag. Bald werden die Gedichte in einer georgischen Literaturzeitschrift erscheinen.
Heute wurde auf KUNO ein Gedicht aus "Das gewonnene Alphabet" veröffentlicht. Netter Zufall ...
Herzliche Grüße Theo
Fr., 15. Jan. 2021, 00:51 Uhr
... ja, ein netter Zufall ! - und auf Kuno hatte ich - wenn ich recht erinnere - auch die "Lust am Taumel" erstmals gelesen, lieber Theo. Und auch ich taumele derzeit ... aber mit weit weniger Lust ... denke immer mal wieder: es reicht. - Ende. - Der Komponist MD hat sein Pulver verschossen. - Abtreten bitte ... (selten mit solch inneren Qualen nicht mal fünf Takte geschafft am Tag ... und vermutlich auch die für die Tonne!) Gar nicht lustig, Michael
Fr., 15. Jan. 2021, 09:35 Uhr
Lieber Michael,
ich habe bereits 2012 - mit dem Erscheinen von Das gewonnene Alphabet - 'losgelassen'. Für mich ist diese Freiheit wichtig, ja, wesentlich. Ich habe das, was ich sagen bzw. schreiben wollte, gesagt. Habe alle Möglichkeiten ausgelotet. Wenn aus diesem befreiten Bewußtsein heraus dann doch noch einmal oder zweimal oder dreimal oder viermal Neues erwachsen ist (und wird ...), so empfinde ich das natürlich als WUNDERBAR. Daß diese vier weiteren Bücher nach 2012 möglich gewesen sind, das ist einfach großartig. Da möchte ich noch nicht einmal ein Buch herausheben, auch nicht nicht weniger nicht mehr. Ich habe ein Leben in derart privilegierter Situation leben dürfen, seit ich mich aus dem kleindörflich bäuerlichen Milieu, das mir schon als Kind nicht behagte, herausgearbeitet habe, daß ich schon längst große Zufriedenheit empfinde. Ich hätte es nie für möglich gehalten, so weit zu kommen in intellektueller Hinsicht. Und damit meine ich eher das Innere, nicht den äußeren Erfolg. Arbeit bestimmt weiterhin mein Dasein. Diese Arbeit mit und in der Literatur erfüllt mich. Daß ich zudem eine Familie habe gründen können, die ich stets über alles gestellt habe (die Verbindung von Arbeits- und Familienmensch stellte nie ein Problem dar, das ist immer fließend ineinander übergegangen: Drei Jahre lang habe ich, beispielsweise, gemalt, 1987, 1988, 1989, und was haben die Kinder getan: Sie waren bei mir und haben ebenfalls gemalt, und genauso ist es immer mit dem Lesen - und sogar dem Schreiben - gewesen ...), erfüllt mich jeden Tag mit tiefen Glücksempfindungen, die mich auch in Jahren über Wasser gehalten haben, als ich drohte, unterzugehen.
Soweit mein telegrammatischer Lebenskurzroman für heute.
Herzliche Grüße Theo
Fr., 15. Jan. 2021, 19:55 Uhr
Lieber Theo,
wie nett, daß Du versuchst, meine Krise durch Deinen kurzen Lebensabriss weniger tragisch erscheinen zu lassen. - In der Tat war es bei mir schon nach dem Abschluß von HWNW so, daß ich dachte, damit könne ich guten Gewissens abtreten, das Wichtigste sei gesagt; immerhin 1999 war das schon! Und dann kamen als größere Arbeiten noch die "Inventionen" für Selbstspielklavier(e), die Jahresprojekte "Strophen" & "Schönste Lieder", und zuletzt die Bach-Variationen und die bald auf CD erscheinenden 5 "Klangstücke".
Aber was hilft einem die Erkenntnis, daß es doch weitergehen kann just in dem Moment, wo die Selbstzweifel mal wieder überhand nehmen?! Ich wäre vielleicht gelassener, wäre das zu schreibende Sextett nicht ein Auftrag für hervorragende Musiker und der UA-Termin rückte immer näher ...
Immer wieder habe ich die Worte meines ersten Mentors und späteren Freundes Günter Bialas im Ohr, der mal sagte: "Wer früh anfängt, hört früh auf, wer später startet, kann länger schreiben ..." - Und ich hatte tatsächlich schon in jungen Jahren als Komponist beachtliche Erfolge! - wenn ich heute höre, was ich mit 18-20 schrieb, staune ich manchmal über die damalige Reife! (z.B. "Champs de Mars" - Inventionen nach Marc Chagall, 1975 geschrieben: https://www.youtube.com/watch?v=hK8rg29laDI&list=PLfNekSnn90yvwfHEFNUZ6avMjHE7KY5M6)
Das Malen kann bei mir - anders als bei Dir wohl - keine Alternative sein, weil es genau die Malerei, die mir entspricht, schon gibt: mein Freund Giso Westing malt sie! Als ich ihn in der Villa Massimo kennenlernte und seine großen Ölbilder sah, wußte ich sofort, ich brauch nicht mehr zu malen! ... obwohl ich mir das als Option sogar in die VM mitgenommen hatte, zumal ich früher mal Maler werden wollte, mein erstes "Taschengeld" damit verdient hatte, sogar Mitglied der Esslinger Künstlergilde war und auch an Gruppenausstellungen teilgenommen hatte.
Aber vermutlich hast Du Recht: ich sollte mehr Geduld mit mir selber haben ... auch wenn es derzeit sehr schwerfällt.
Herzlich, Michael
Sa., 16. Jan. 2021, 09:19 Uhr
Lieber Michael,
tragisch heißt schuldlos schuldig werden, und davon kann - außer im allgemeinen bzw. philosophischen Sinn des Lebens als einem einzigen Schuldlos-schuldig-Werden - kann wohl keine Rede sein.
Die Mühen der Ebene hat auch Bertolt Brecht immer wieder beschrieben, und diese erlebe ich nun auch wieder. Such is life, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht. Ich habe Leben - auch als Kind schon - als immerwährenden Kampf erlebt. Und das ist es wohl auch. Mal mit mehr Einsatz, mal mit weniger. Mal mit mehr Glück, mal mit weniger. Mal läuft es von selbst, so scheint es jedenfalls, mal helfen die härtesten Maßnahmen nicht, den Tag in Gang zu bringen.
Was deine bevorstehende Aufgabe angeht, so kann ich kaum mitreden. Ich habe es tunlichst vermieden, Aufträge anzunehmen (ich kann sie an einer Hand abzählen), habe stets die Gelegenheiten beim Schopf gepackt. Schauen wir auf die letzte Arbeit: Es hat viel Energie gebraucht, um nicht weniger nicht mehr in Gang zu setzen. Wäre es nichts geworden, kein Hahn hätte danach gekräht, nur ich hätte ja davon gewußt.
Und so können wir einander - letztlich - nur sehr begrenzt verstehen, nur sehr eingeschränkt helfen. Jeder ist und lebt und kämpft und stirbt für sich allein. Such is life. Das annehmen, das akzeptieren, daran arbeite ich weiterhin jeden Tag. Ist bei mir auch immer wieder mit viel Trauer verbunden.
Herzliche Grüße Theo
Sa., 16. Jan. 2021, 15:31 Uhr
… und Arnold Schönberg sagte: "Inspiration ist auch 'ne Menge Transpiration" (frei zitiert). Ja, lieber Theo, es läßt sich wohl nichts erzwingen ... manches muß hart erkämpft werden (mit vielen Verlusten), anderes fällt einem fast zufällig in den Schoß. Das sind die Glücksmomente, für die es sich lohnt, zu leben! - Auch ich fühle mich durch Aufträge fast immer bedrängt und eigentlich alle (mir) wichtigen Arbeiten sind ohne solchen Druck entstanden, haben sich unerwartet als Idee eingestellt ... wie etwa zuletzt die "Schönsten Lieder". Nur einmal konnte ich einen Auftraggeber dafür gewinnen, das als Auftrag abzuliefern zu dürfen, was ich ohnehin vorhatte und was schon begonnen war: der "Mallarmé-Zyklus", der allerdings eigentlich in nicht so dichter Folge entstehen sollte, wie dann durch den Auftrag geschehen. Er sollte so etwas wie ein äußerer Kreis um das eigentliche (bisher noch nicht geschriebene) Hauptwerk / Zentrum bilden: ein größeres Werk, bei dem Mallarmés "Würfelwurf" auch in Teilen vertont / gesungen würde, für drei Sänger, drei Flöten, drei Klarinetten & drei Violoncelli (also auch 12 Musiker!) - vielleicht kommt das mit ähnlichem Zeitverzug von der ersten Idee bis zur tatsächlichen Realisierung wie bei den Bach-Variationen ja doch irgendwann noch ... wer weiß ... und wenn nicht, dann eben nicht; es weiß ja dann nur ich (... und nun auch Du) davon, was hätte sein können ... ja: kein Hahn würde danach krähen! -
Ich starte nun meine täglich Radtour und laß ansonsten gewähren, was kommt und was nicht ... will sagen: ich laß die Arbeit am Sextett ruhen, bis es 'natürlich' (und nicht erzwungen) weitergehen könnte ...
Herzlich wie immer, Michael
Mo., 18. Jan. 2021, 01:19 Uhr
... zwar ruht - wie ich Dir schon schrieb - derzeit mal wieder die Arbeit am Sextett, lieber Theo, aber immerhin: das tägliche Notieren eines neuen Tagesklangs zu "sounds count time" (anknüpfend / fortsetzend / überraschend / leise oder laut hereinbrechend) hat mittlerweile soweit seine eigene Dynamik erreicht, daß ich zunehmend das Gefühl bekomme, das könnte was werden ... eine beklemmende (Klang-)Dokumentation in verknappter / verdichteter Form über eine Gefühlssituation, die mich seit Monaten begleitet. Vielleicht in seiner gnadenlos nackten Radikalität und unerbittlichen Konsequenz dabei auch etwas ganz Neues (zumindest so von mir empfunden), was über das hinausreicht, was andere tagebuchähnlichen Notate festhielten. - Mal sehen ... Dies noch schnell, bevor ich hier die 'Segel streiche' ... Michael
PS bist Du / seid ihr mal wieder in Berzdorf?
Mo., 18. Jan. 2021, 10:22 Uhr
Lieber Michael,
ist es nicht so, daß weniger wir das Leben, sondern das Leben uns lebt? Was bedeutet, daß die Werke, denen wir zum 'Da-Sein' verhelfen, ebenfalls den Rhythmus des Entstehens zumindest stark mitbestimmen. Für mich klingt das ganz natürlich, wie du die Entstehung beschreibst. Mal geht etwas schnell, mal langsam, mal im Fluß, mal mit Unterbrechungen.
Ich habe heute das 17. Gedicht seit der Herausgabe von nicht weniger nicht mehr geschrieben. Gerechnet hatte ich mit keinem einzigen.
Jeder Mensch muß sein Leben leben. Muß zunächst einmal allein damit fertig werden. (Passenderweise schreibe ich das, während ich drei Tage allein zuhause bin.) Ich lebe seit nunmehr fast auf den Tag genau 22 Jahren mit der Depression und ihren Begleiterscheinungen. (Ich werde den Tag des ersten kolossalen Zusammenbruchs Ende Januar 1999 natürlich nie vergessen.) Auch wenn ich in den letzten Jahren immer noch mehr gelernt habe, damit zu leben, so ist die Krankheit doch immer gegenwärtig. Sie gehört zu mir wie all das Gesunde, das mich charakterisiert. Wie das mehrfach operierte Knie. (Usw.) Das zwingt mich zu einem - innerlich und äußerlich - extrem disziplinierten Leben. Wenn ich das so nicht lebe, läuft schnell alles aus dem Ruder. Unruhe, eine der von mir erlebten Begleiterscheinungen (wie alles im Leben, so wird auch Depression von jedem Menschen unterschiedlich erlebt), zwingt mich, permanent nach Ruhe zu suchen. Für mich ist daher wesentlich, Dinge, die ich nicht ändern kann, möglichst nicht nahe an mich heranzulassen, mich schon gar nicht zu ärgern. Das Tagesgeschäft da draußen muß ich versuchen, draußen zu lassen. Ich habe meinen Weg einigermaßen gefunden. (Du weißt, ich bin literarisch permanent auf Reisen, das kann ich ja nur so intensiv leben, weil ich so zurückgezogen lebe. Was also will ich mehr???) Aber nahezu jeder Schritt wirkt wie auf einem slippery slope getan. In jeder Sekunde droht Unheil. In jeder. Das ist keine Übertreibung. An vielen Tagen ist JEDES Geräusch von draußen: Bedrohung. So ist das, lieber Michael, da gibt es nichts zu beschönigen. Und deshalb die immerwährende Sehnsucht nach Ruhe. (Eines Tages betrat ich das leere Büro der Station der psychiatrischen Klinik, in der ich Anfang 2008 war. Ich ging zum Schreibtisch und sah einen Zettel dort liegen: Herr Breuer braucht Ruhe.)
Ich möchte über diese Dinge nicht mehr groß sprechen bzw. schreiben. (Viele Jahre lang war es geradezu zwanghaft, selbst mit Fremden darüber zu sprechen, zu korrespondieren.) Ich bin froh, daß ich den aktuellen Status seit einigen Jahren erreicht habe.
Ich habe das jetzt noch einmal aufgeschrieben, um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen, wenn ich über diese und jene Dinge nicht korrespondieren will - besser: darf.
Und ja, so wie du das beschreibst, an dem du täglich arbeitest: Das wird etwas. Das ist ja schon etwas!
Theo
Mo., 18. Jan. 2021, 12:56 Uhr
Lieber Theo,
gleich das vorletzte Mal die Brühler Schüler unterrichten ... (online nur ... leider). Nächsten Montag dann ist Ende: ich habe die Altersgrenze erreicht: 65 Jahr + 9 Monate. - Es beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Immerhin übernimmt eine ehemalige Düsseldorfer Studentin von mir nun meine Schüler ...
Es stimmt, was Du schreibst: das Leben lebt uns (mit allen Höhen & Tiefen)! Ich finde beachtlich, wie Du es gelernt hast (wahrscheinlich gibt es keine Alternative zu diesem prozeßhaftem Lernen!), mit Deinem Leben, Deiner Lebenssituation fertig zu werden ... ja: es sogar zu meistern! Dafür bewundere ich Dich. Und natürlich verstehe ich doch auch, daß man dann nicht zu Allem etwas sagen möchte / kann / darf.
Es sind ja eben auch die Lebensgefährten (auch Familie), die einem den einsamen eigenen Weg immer wieder auch mitgestalten. - Und in diesem Zusammenhang bin ich sehr glücklich, auch in Dir solch einen "treuen / teuren" Freund gefunden zu haben, der vielleicht auch mitfühlend versteht, wenn einem zwischendurch die Last der dunklen Wolken niederdrückt.
Auf Deine neuesten Gedichte bin ich naturgemäß neugierig! Herzlichst, Michael
Do., 21. Jan. 2021, 14:39 Uhr
Zum Mittagskaffee ... lese ich grad in nun gedruckter Form die Würdigung von Werner K. Bliß zu Deinem Gedichtband in der aktuellen MATRIX, die heute mit der Post eintraf, lieber Theo. Gefallen hat mir auch die Gedichtauswahl von Charlotte Ueckert ... grad auch die ganz lapidaren, wie "Einfaches Gedicht" ... Bist Du verantwortlich für die Autoren, die in der MATRIX mit einer Auswahl an Gedichten vorgestellt werden?
Herzlich zwischendurch, Michael
Do., 21. Jan. 2021, 17:35 Uhr
Lieber Michael,
Fr., 22. Jan. 2021, 01:22 Uhr
… und nun zur Nacht … lieber Theo,
gerade schon in der 1. Stunde des 22. Januar den nun heutigen Tagesklang notiert, denn es ist der 70. Geburtstag eines schottischen Komponisten-Freundes heute, dem dies ungewöhnliche Klavierstück (wie zudem einem anderen Komponisten-Freund noch aus gemeinsamen Studienzeiten, der bereits am 2. Januar auf die 70 rundete) gewidmet. Er soll das zum Frühstück vorfinden. - Vielleicht erfreust Du Dich an der musikalischen Graphik ... so mal im Anhang den aktuellen Stand (wie Du mich ja auch hast teilhaben lassen an den Entwicklungsstufen von nicht weniger nicht mehr).
In der MATRIX habe ich auch weitergelesen, und mit Interesse die Buchbesprechung gelesen zu Petro Rychlos Celan-Erinnerungen. - Hast Du das Buch schon? - man kommt ja kaum nach bei all den Neuerscheinungen zu Celan ...
Zunächst eine gute Nacht wünscht Dir Michael
Fr., 22. Jan. 2021, 11:25 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für den Blick auf die frischen Notenblätter: Darüber freue ich mich immer!
(Ich gehöre übrigens, vielleicht ahntest du es schon, zu denen, die Geburtstage - zumal 'runde' - in splendid isolation verbringen wollen (hach, dieser herrliche Aphorismus von Hans Bender: Splendid Isolation - Ich allein mit einem Buch). Gerade diesen Tag - das ist das schönste Geschenk, das man mir machen kann - wünsche ich mir als Tag wie jeden anderen.
Heute, während ich mit Dato Barbakadse noch einmal eine Runde durch das Manuskript drehte (die noch einmal eine ganze Reihe von Verfeinerungen möglich machte), kam Matrix 62.
Nein, Peter Rychlos Buch habe ich noch nicht. Ich werde es eines Tages lesen, aber das darf ruhig in zum Beispiel fünf Jahren sein. Das Kapitel Paul Celan, in dem ich seit nahezu fünfzig Jahren lese, werde ich nie beenden wollen.
Gestern in der Nacht begann ich mit Manfred Enzensbergers Buch tage, mäuse, himmelfahrt - gedichte, notate, prosaminiaturen, das ich gleich zu Ende lesen werde.
Herzliche Grüße Theo
Fr., 22. Jan. 2021, 22:47 Uhr
Lieber Theo,
auch ich vermag durchaus splendid isolation zu genießen, dies vor allem in den Nächten, wenn alles um einen herum still ist / wird, auch kein Freund o.a. mehr anruft ... nur "im Lichtkegel der Schreibtischlampe" ... und ja: dann gilt auch bei mir oft: ich allein mit dem Buch (... oder auch: ich allein mit meinen Klängen ... wenn mitten in der Arbeit an einem neuen Stück). Erst seit meinem 50. Geb. gefällt es mir dennoch, gerade runde(re) Geb. im auch größeren Kreis meiner Familie, Freunde & Bekannten zu feiern. Und gerade der 60. war ein wirklich rundum schönes Fest, mit so vielen netten & unerwarteten Überraschungen ... (dafür war der halbrunde vor einem Dreivierteljahr extrem beschaulich ... im Lockdown Nr. 1) Nun rundest ja auch Du bald halb ... ich werde rechtzeitig für "Lesefutter" für den von Dir bevorzugten Zustand an jenem Tag sorgen ...
Eben passierte, was einen erfreut ob eines unerwarteten "Geistesblitzes": ... count time ... time counter ... countertime ... countertimecounter schwirrte es plötzlich durchs Hirn, als ich erneut die letzten Tagesklänge am Klavier spielte, um deren Stringenz / Dringlichkeit nochmals zu prüfen. Das ist viel besser: Gegenzeitzähler / countertimecounter ... das ist es !!!, dachte ich ... und damit hat das "work in progress" seinen neuen Titel !!! ( --- und dabei sogar noch einen versteckten Verweis / Bezug auf / zu Aldous Huxleys Novelle "Point Counter Point" ! ... na, das hättest Du vermutlich auch gleich assoziiert, oder !? --- )
Herzlich, Michael
Sa., 23. Jan. 2021, 09:37 Uhr
Lieber Michael,
obwohl ich alle Bücher von Huxley gelesen habe und den Titel gut erinnere, habe ich im ersten Moment keine Assoziation gehabt. Zum einen ist es viele Jahrzehnte her, zum anderen ist der von dir gefundene Titel von der Art, daß er nicht unmittelbar diese Assoziation hervorruft - und das ist gut!
Aber noch mal zur splendid isolation: Es ging ja speziell um den Geburtstag, vor allem den sogenannten 'runden' (mich nervt schon diese Bezeichnung ...). Das soll jeder halten, wie er will. Ich würde mich wahrscheinlich wohler fühlen in Zeiten, als diese Feste vielleicht mit dem 80. Geburtstag eine Rolle zu spielen begannen. In der Tat ist es so, daß sich viele Menschen seit einigen Jahrzehnten geradezu verpflichtet fühlen, spätestens mit dem 30. Geburtstag große Feiern/Partys zu veranstalten, weil sie ja auch ständig zu solchen Anlässen eingeladen werden. Daß das bei dir nicht so ist, davon bin ich überzeugt, ohne dich sooo gut zu kennen. Und es ist schön, solche Erinnerungen an schöne Feste zu haben wie du. Meine Frau hat ihren 60. Geburtstag 2018 auch mit Kindern, ihren Geschwistern und deren Partnern gefeiert. Es war ein sehr schönes Fest mit knapp 20 Personen (im Berzdorfer Haus übrigens), zu dem ich auch mit einer lustigen Musikeinlage beigetragen habe. Ich bin doch kein wet blanket, das anderen die Stimmung vermiesen will. Mir geht es einzig und allein um meinen Geburtstag: Der 60. war herrlich. Ich habe den Tag in der Tat ganz allein verbracht. Da es nämlich zufällig der Wochentag war, den meine Frau bei ihrer Mutter verbringt, war nicht einmal sie zuhause. Der Tag wird unvergessen bleiben mit Buch, CD und Ruhe. (Kaum etwas gegessen, dazu ein paar Gläser Wasser aus der Leitung: Das Wasser hier ist das beste der Welt!)
Herzliche Grüße Theo
Sa., 23. Jan. 2021, 11:38 Uhr
... nicht zum Inhalt, sondern allein zur A-B-A-Konstellation des Titels war natürlich gemeint, lieber Theo. Mit dem Feiern soll es jeder halten, wie er will. Meine Frau wollte z.B. ihren 60. ganz unspektakulär halten: wir sind zu zweit in den Rheingau gefahren (vor allen möglichen Gratulanten geflüchtet), haben uns in einem netten Hotel eingemietet und sind dort bei herrlichem Wetter zwei Tage geradelt! Sollte man nicht jeden Tag, der einem auf besondere Art gelang, feiern?! ---
Eben einen weiteren Tagesklang weiter grüße ich Dich ins Wochenende Michael
Sa., 23. Jan. 2021, 11:45 Uhr
Lieber Michael,
genau das ist meine Devise! Zum unseligen 'Muttertag' sage ich schon immer: Entweder ist jeder Tag auch Muttertag oder gar keiner.
Frohes Feiern!
Theo
Sa., 23. Jan. 2021, 16:22 Uhr
Lieber Michael,
das ist eine traurige Nachricht. Bis vor einigen Jahren stand ich in regelmäßigem Kontakt mit Ursula Haeusgen; gelegentlich haben wir auch telefoniert.
Theo
[zu: FAZ-Artikel „Lyrik raus aus dem Eckerl“ – Zum Tod der Mäzenin U. Haeusgen]
Sa., 23. Jan. 2021, 17:59 Uhr
Lieber Theo,
ich dachte mir schon, daß Du Ursula Haeusgen gekannt haben wirst. Deshalb schickte ich Dir den Nachruf. Mir war nur ihr Name geläufig ...
Michael
Mi., 27. Jan. 2021, 20:57 Uhr
Lieber Theo,
der Begriff Literatur schreckt ab ... las ich heute in der FAZ. Man reibt sich die Augen; da sind wir also mittlerweile angekommen im Land der Dichter & Denker ... (hab mich in den vergangenen Wochen schon öfters über das immer seichtere Programm auf WDR 3 geärgert ... vor allem bei der Musikauswahl) — Immerhin auch eine gegenläufige Notiz, daß in Großbritannien der Buchverkauf in der Pandemie um gut 5 Prozent zugenommen hat ...
Bist Du gut beschäftigt? - entstanden weitere Kurzgedichte? Ich „bastle“ wieder ein bißchen am Sextett weiter (... „komponieren“ wäre noch reichlich übertrieben ...)
Wie immer grüßt Dich herzlich, Michael
[angehängt: FAZ-Artikel vom 27.1. – Ohne Worte (von Jan Wiele)]
Mi., 27. Jan. 2021, 23:28 Uhr
... habe erst soeben den heutigen "Tagesklang" fixiert, lieber Theo, und ich bin eigentlich / irgendwie jeden Tag gespannt, wie es weitergeht ... wie (und wann) es enden wird ... dürfen / können wir auf den 14. 2. hoffen ??? ... ich fürchte: nein ! - (Und dann fiele / fällt auch noch zu den jeweils 70. Geburtstagen meiner beiden Studienkollegen auch der 95. Geb. meines Freundes György Kurtág am 19.2. in die "Gegenzeit" dieser seltsamen Musik ... die womöglich noch radikaler klingen wird, als die Klaviersonaten der von mir so geschätzten Galina Ustwolskaja!) Jedenfalls dauert dieser Lockdown No. 2 morgen mittlerweile so lange, wie eine Klaviatur lang ist = 88 Tage / Tasten ... was ich deshalb weiß, weil die unerbittlich aufsteigende chromatische Linie, die sich wie ein roter (Blut-)Faden durch die Klänge zieht (... vom tiefsten A bis zum höchsten C ...) , dieses obere Ende der Klaviatur morgen erreicht !!! ---- wobei ab dem verschärften Lockdown am 11. Januar (beim dreigestrichen G) gleichzeitig schon wieder eine absteigende Skala startet ... Das Ganze ist & soll "unbequem" zu spielen sein: also linke & rechte Hand wie notiert mit dadurch erzwungenem diversen Überkreuzspiel ...
Dies noch kurz hinterher Michael
Fr., 29. Jan. 2021, 09:38 Uhr
Lieber Michael,
Deutschland ist spätestens seit Mitte des 20. Jahrhunderts doch schon kein Leseland mehr. Auf die paar mehr oder weniger Leser kommt es schon längst nicht mehr an. Aber die Schlagzeile stimmt trotzdem nicht: Die meisten Menschen wissen gar nicht, was Literatur überhaupt ist.
Von Mo bis Do war ich in Berzdorf, wo ich wie immer intensive wunderbare Tage erlebte.
20 neue Gedichte sind geschrieben, in der vergangenen Woche waren es ein paar Einwortgedichte.
Ich bin entsetzlich müde.
Herzliche Grüße Theo
Fr., 29. Jan. 2021, 09:53 Uhr
Lieber Michael,
Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt. An dieses Diktum von Karl Marx denke ich, wenn ich deine Zeilen lese. Ich versuche in meinem Dasein, es andersherum zu leben. Der 14. Februar interessiert mich als Datum jedes Jahr sehr, weil an diesem Tag im Jahre 1983 unser Sohn Andreas in Wuppertal, wo wir damals einige Jahre lebten, geboren wurde. Es war klirrend kalt bei herrlichem Sonnenschein.
Im Gegensatz zu dir hoffe ich sehr darauf, daß der Lockdown verlängert wird (obwohl ich als Großvater unmittelbar betroffen bin - wir wechseln einander nun wöchentlich ab mit dem Fahrten nach Berzdorf), weil zu viele Menschen einfach nicht in der Lage sind, sich selbstbestimmt entsprechend zu verhalten.
Es wäre für meine Befindlichkeit wirklich hilfreich, wenn wir das Thema 'Pandemie' künftig ausblenden können. Es ist zum wiederholten Mal alles gesagt.
Daß du dich musikalisch an dieser Thematik abarbeitest, ist der erfreuliche Aspekt deiner Nachricht: Da wächst eine offenbar höchst ungewöhnliche Komposition heran, auf die du eines Tages nicht mehr verzichten möchtest.
Und überhaupt: Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch. (Hölderlin)
Theo
Fr., 29. Jan. 2021, 11:31 Uhr
Lieber Theo,
Dreizeiler, Zweizeiler, Einzeiler ... das kenne ich bei Kurzgedichten ! --- aber: Einwortgedichte, das ist etwas ganz Neues, was Du da scheinbar neuerdings schaffst. Das scheint mir ja doch schon fast auch verwandt zu einem Klang (vom Tag) bei mir derzeit !!! - eine extreme AusdrucksverDICHTUNG ! - Kannst Du mir (wenn es Dir gelegen kommt) mal eine kleine 'Kostprobe' zukommen lassen? - würde mich freuen.
Eigentlich wollte auch ich die derzeitige Krise nicht in meine Arbeit hineinwirken lassen, was mir auch weitestgehend gelang (... was schwierig genug ist, weil fast jeder, den man trifft oder spricht, ungefragt darauf zu sprechen kommt; es kann nicht verwundern, weil seit nun einem Jahr gefühlte 80 Prozent der Nachrichten & Informationen in allen Medien von dieser Thematik handeln / bestimmt werden), auch wenn es bei mir mehr ein künstlerisches Schweigen wurde. - Als ich von der Zeitschrift "MusikTexte" (wie auch andere Kollegen) für die Juni-Ausgabe 2020 gebeten wurde, zu berichten, welchen Einfluß die "Stummschaltung" des Kulturbetriebes auf die eigene Arbeit hat, habe ich 'ausweichend' einen kleinen poetischen Text verfaßt: http://www.denhoff.de/diebankamrhein.htm
Ja, ich hoffe - wie wohl auch Du - mit Hölderlin auf das Rettende ...
Interessant an was man sich erinnert vom Tag des In-die-Welt-Hineintretens des Erstgeborenen ! - bei mir ist es weniger das Wetter (es wird schön gewesen sein am 22. Juni, dem Tag der Sonnenwende!), vielmehr an die erste Stunde allein mit Gabriel, bis meine Frau nach dem Kaiserschnitt aus der Narkose erwachte, die Blicke des neuen Erdenbürges ... : als sei es erst gestern gewesen.
Heute war im Bonner GA Gerhard Richters "Ruhrtalbrücke" im Feuilleton abgebildet: eine Bildkomposition (bis in die Farbwelt) in frappantester Nähe zum "Mönch am Meer" von CDF !!! (Neben Klees "Hauptweg und Nebenwege" (& Dürers "Melencolia I") mir das wichtigste Bild meines Lebens! -) Ein schöner Tagesauftakt !
Herzlich, Michael
Sa., 30. Jan. 2021, 21:22 Uhr
Lieber Theo,
gestern noch war es eher eine Ahnung und ein Kribbeln am Abend, nachdem ich weiter Skizzen notiert hatte, heute nun ist es endlich durchgebrochen: die Schreibblockade scheint sich aufzulösen. Ich konnte heute mehrere Stunden ohne innere Ablenkung / Widerstände konzentriert arbeiten ... und bin dabei erstmals ein spürbares Stück voran gekommen beim Sextett. Dabei fügte sich Manches fast selbstverständlich! Endlich !!! - nun geht das Denken auch schon über das bisher Entstandene hinaus; eine hoffentlich gute Voraussetzung, morgen den Schwung wieder aufgreifen zu können ... aber das merkt man erst, wenn man sich erneut aufmacht. Jetzt reicht die Konzentration einfach nicht mehr dafür. (...muß ohnehin noch dringende / liegengebliebene Korrespondenz erledigen! - Dir hier zu schreiben, ist der nette Auftakt dazu!) Auch ein möglicher Titel für das Stück hat sich bereits eingestellt : ... IMMERHIN ... (... und die nochmalige Teil-Lektüre Deines druckfrischen Buches & zudem Gedichte von Tanikawa Shuntarô haben auch hineingespielt ... warten wir ab ... mehr dazu später ...)
Zunächst ein entspanntes / ruhiges Wochenende wünscht Dir, Michael (... nun bereits einen ersten Tropfen Wein genießend, nebst obligatorischer Pfeife dazu ...)
So., 31. Jan. 2021, 09:50 Uhr
Lieber Michael,
das klingt alles sehr gut und ist hocherfreulich.
Ich spüre seit einigen Wochen, wie wichtig dir das Vorankommen mit diesem Sextett ist. (Während ich zur Zeit eher in einer, was Produktivität angeht, eher zurückgezogenen Haltung bin: Die neuen Gedichte sind schöne ZuFälle, über die ich mich freue, die aber überhaupt nicht mit der Gewichtung von nicht weniger nicht mehr zu vergleichen sind. Vorläufig beherrscht mich das Gefühl, einen Höhepunkt erreicht zu haben, den ich vielleicht nicht noch einmal erreichen kann. Damit kann ich leben.)
Ich glaube, ich hatte es schon einmal am Rande erwähnt, daß ich die Woche (immer schon) mit ihren sieben Tagen mehr oder weniger unterschiedslos nacheinander lebe und nicht zwischen Wochenanfang, Wochenmitte und Wochenende unterscheide. Wenn ich denn einen Tag nicht besonders mag, ist es der Sonntag, weil an dem Tag z. B. keine Post kommt. (Obwohl die Zeiten der täglich selbstverständlichen Post ja auch längst vorbei sind.) Charles Bukowski schrieb einmal: Sundays kill more men than bombs ...
Da ich zur Zeit - also auch heute am ungeliebten Sonntag - Henry Roths From Bondage lese, werde ich einigermaßen über die Runden kommen.
Herzliche Grüße Theo
So., 31. Jan. 2021, 12:01 Uhr
... da der Postbote an Deinem deswegen "ungeliebten" Sonntag heute nicht kommt, sollst Du zumindest elektronische Post bekommen, lieber Theo. Für mich / uns spielt das Wochenende insofern eine Rolle, weil das die Tage sind, wo Martella nicht im Beethoven-Haus arbeitet und an einem der beiden Tage in der Regel unsere Tochter (zumindest zum Mittagessen) vorbeikommt.
Daß Du nach solch einem "Wurf" wie nicht weniger nicht mehr nicht gleich wieder zur größten Meisterschaft auflaufen kannst, scheint mir natürlich. Das geht auch mir nicht anders. - Der Akku muß sich erst wieder laden ... Trotzdem bleibe ich neugierig auf Deine ersten "Einwortgedichte"! -
Derzeit habe ich viel mit meinen Studierenden zu korrespondieren (weil der Unterricht vor Ort an der Robert-Schumann-Hochschule im Moment bei den aktuellen Bestimmungen nicht möglich ist); sie alle sorgen sich um die eigentlich zum Semesterende angesetzten / stattfindenden benoteten Modul- & Abschlußprüfungen. Die Verwaltung hat noch keine zwingende Lösung gefunden. (auch deshalb hoffe ich auf ein baldiges Ende des Lockdown)
Aber mit Brühl bin ich durch! - da wird nun eine ehemalige taiwanesische Studentin von mir ab morgen für mich den größten Teil meiner dortigen Schüler übernehmen (zwei Erwachsene bleiben - nun privat - bei mir). Unglücklicherweise muß sie online starten ... nicht erfreulich.
Nach dem Mittagessen werde ich mich wieder dem Sextett zuwenden. Gutes & Schlechtes / Trauriges halten sich die Waage: das Glück, endlich richtig in die Arbeit eingestiegen zu sein, wurde gestern gleichzeitig getrübt: ein guter Freund (aus Studentenorchestertagen) ist gestorben; und Karsten Gaul (der Deine 12 Verbote las) rief aus dem Krankenhaus an, um seine WKR-Mitwirkung abzusagen, er liegt mit Magenkrebs (und sehr schlechten Aussichten wegen schon zwei überstandener Darmkrebs-Operationen) in der Klinik ... Aber so ist das Leben !
Viel Freude Dir nun bei Deiner "Sonntags"-Lektüre. Mit herzlichen Grüßen natürlich, Michael Do., 4. Feb. 2021, 11:01 Uhr
Lieber Michael,
ob aus einem Wort oder aus tausend Wörtern gemacht, das spielt keine Rolle. Jedes Gedicht ist, wie es ist. Grundsätzlich will ich nicht seriell arbeiten. Das geschieht ganz ohne Absicht. Ich bin selber überrascht, daß ich seit einiger Zeit immer wieder kurze und ultrakurze Gedichte schreibe. Ich denke nie daran, etwas Neues zu kreieren, was noch keiner vor mir gemacht hat (Michael Lenz hat z. B. auch Einwortgedichte geschrieben, vor Jahren schon bei S. Fischer veröffentlicht, vielleicht hat er gerade den Fehler gemacht, seriell zu arbeiten, denn viele dieser Einwortgedichte finde ich uninteressant: Es muß sitzen. Punkt.). Was ich will, ist, nie den gleichen Weg über längere Zeiträume zu gehen: Die vier Kapitel im neuen Gedichtbuch machen das so deutlich wie nie zuvor. Obwohl alle meine Gedichtbücher ja ziemlich variabel sind. Viele, viele Autoren von Gedichten schreiben stets in vorhersehbarer Art, stets in der einen Form. Das ist meine Sache nicht. Das Gedicht bestimmt mit, wo es lang geht. Oder kurz.
Das angehängte Gedicht fiel mir eben während der Lektüre von Nadine Gordimers Prosabuch JUMP zu.
Theo
Do., 4. Feb. 2021, 22:00 Uhr
... WOW ... was für ein Gedicht, lieber Theo! - ja, das sitzt, kürzer geht's kaum! - aber genaugenommen ist es natürlich ein Zweiwortgedicht, denn ohne Überschrift (ein natürlich wunderbar passendes Paragramm & gleichzeitig Wortneuschöpfung) funktioniert es nicht. - Aber nun versteh ich an diesem Deinem heutigen Beispiel, was (& mit welchem Sprachwitz) ich mir bei Dir "Einwortgedichte" vorzustellen habe. (Die von Michael Lenz kenne ich nicht, um mitreden zu können. Habe erst ein Buch von ihm vor längerer Zeit gelesen, das aber keinen nachhaltigeren Eindruck hinterließ.)
Ich denke, es ist gut & richtig, sich nicht ständig zu fragen: mache ich da grad was ganz Neues, noch nie Dagewesenes. Es reicht doch in diesen Momenten das Gefühl zu haben, für sich selbst neues Fruchtland zu entdecken (... nur nicht Handwerk abspulen ... )
Das Sextett wächst langsam aber stetig weiter; der erste Partitur-Entwurf (nach zig Ansätzen & Abbrüchen) ist mittlerweile schon relativ weit gediehen; aber ich weiß natürlich, wie viel an Nacharbeit / -justieren bei der Computer-Reinschrift noch ansteht ! - aber das gehört dann zu den vergnüglichen Seiten des Feinschliffs. - Na, das kennst Du ja auch !
Michael
Sa., 6. Feb. 2021, 15:32 Uhr
Ha, das Buch lese ich zur Zeit, lieber Michael, bin auf S. 555 von 1200. Das Manko für mich ist, daß es nicht die amerikanische Originalausgabe ist, aber da der deutsche Verlag es mir als Rezensionsexemplar anbot, habe ich nicht nein gesagt. Für mich als großer Verehrer der amerikanischen bzw. New Yorker Kunst- und Literaturszene jener Jahre eine wahres Geschenk! Theo
[zu: FAZ-Artikel „Der Altmeister der Suppendose“ – zur Andy Warhol Biographie]
Sa., 6. Feb. 2021, 22:00 Uhr
Du hattest mir vor einiger Zeit von der "kiloschweren" Lektüre erzählt, lieber Theo, und da dachte ich bei dieser FAZ-Besprechung heute natürlich an Dich. Ich selber lese gerade mit größtem Vergnügen - auch weil es bei den philosophischen Gedankengängen die Sprache selbst zum Objekt der Befragung und Logik macht - das soeben bei Matthes & Seitz erschienene Büchlein von Hannes Böhringer: Leben im Dativ. Herzlichst, Michael
So., 7. Feb. 2021, 09:12 Uhr
Die ersten 300 Seiten habe ich vor ein paar Monaten gelesen und die - spannende - Lektüre dann bewußt unterbrochen, um sie seit vorgestern fortzusetzen. Hannes Böhringer interessiert mich auch (er hat ebenfalls - in Auf der Suche nach der Einfachheit - über Andy Warhol geschrieben), ich habe aber noch kein Buch von ihm gelesen. Da ich immer auf der Suche nach der Einfachheit bin, was schwer genug ist, suche ich stets nach Mitstreitern. T.
Mo., 8. Feb. 2021, 01:13 Uhr
In der Neuerscheinung von Hannes Böhringer gibt es als 2. Text übrigens einen mit der Überschrift "einfach", der ist aber wohl nicht identisch mit dem, von dem Du sprichst, lieber Theo. Die Suche nach Schlichtheit / Einfachheit treibt auch mich seit Längerem um ... und gelegentlich scheint mir etwas fast in diesem Sinne gelungen zu sein (wie etwa bei SOUNDS AND SHADOWS ...
Nun hab ich auch heute fast den ganzen Tag am Sextett gearbeitet ... und: eben ist der Bleistift-Entwurf fertig geworden ! - (einen 78er [!!!] Rioja habe ich aus dem Weinkeller zu diesem Anlaß geöffnet ... und er schmeckt trotz seiner fast 43 Jahre großartig!) - Es bleibt nun sicherlich noch mindestens eine gute Woche Arbeit mit der Computer-Reinschrift und dem damit einhergehenden Feinschliff - nebst sorgfältigem Layout - aber "immerhin": der Rohbau steht !!! - ein gutes Gefühl nach so langer Zeit Pendeln zwischen Resignation, Verzweiflung & immer wieder zögerlichem Herantasten ---
Da ich in solchen Momenten ohnehin kaum zur innerlichen Ruhe finde (immer wieder liest man im Manuskript um noch kleine Schwächen zu finden) und an Schlaf so schnell noch nicht zu denken ist, Dir hiermit noch einen herzlichen Nachtgruß zwischendurch
Michael
Di., 9. Feb. 2021, 11:24 Uhr
Lieber Michael,
die Lektüre der Warhol-Biographie erlebe ich als Rausch. Es ist wahnsinnig und wunderbar, der Komplexität dieser Erscheinung, dieses Arbeitstiers "Andy Warhol" auf diese Weise näherzukommen.
Rolf Dieter Brinkmann war ebenfalls ein Arbeitstier, ein Schornstein, der immerwährend rauchte. Nonstop. Seit er zu schreiben begann, schrieb er und schrieb und schrieb, bis er mit 35 in London vors Auto lief und auf der Stelle tot war.
Aber er lebt und verhalf mir zu einem weiteren Einwortgedicht.
Theo
Do., 11. Feb. 2021, 01:08 Uhr
Lieber Theo,
nun habe ich fast eine Woche rund um die Uhr, oft bis tief in die Morgenstunden gearbeitet ... und das Ergebnis kannst Du im Anhang "bewundern": die Computer-Reinschrift des Sextetts (nach den ersten Korrektur-Durchgängen). Und Du kannst dort auch sehen, welche "Rolle" Du bei dieser Musik spielst ...
Dein jüngstes Ein- (Zwei-)Wortgedicht habe ich grad erst mit Freude gelesen (da ich mich völlig unabgelenkt auf die Arbeit konzentrieren wollte, habe ich auch keine Mails gelesen in den letzten Tagen) ... aber natürlich mit Vergnügen, wie immer ... (... was so zwei ausgewechselte Buchstaben an neuem Horizont eröffnen können ... !!! )
So wie Du die Warhol-Biographie als Rausch erlebst / erlebtest, so ging es mir (gottseidank) schlußendlich bei der aktuellen Arbeit !
Sei herzlich zur Nacht gegrüßt Michael
Mo., 15. Feb. 2021, 10:17 Uhr
Lieber Michael,
Rausch bedeutet gleichzeitig Rückzug, wir können und wollen das nicht anders, weil wir es müssen (und zum Glück dürfen).
Der Rauschzustand hält an, geht von der Warhol-Biographie, deren Lektüre besonders auf den letzten Seiten sehr, sehr wehgetan hat, unmittelbar ins ebenso gewichtige Brinkmann-Handbuch über, das mich nun gefangenhält. Und im Hintergrund scharrt bereits der Riesenwälzer mit dem endlich zu lesenden Gesamtwerk von Lovecraft mit den Hufen. Unbedingt will ich bald auch Wilhelm Raabes Stopfkuchen lesen. Raabe: grandios!
Ich freue mich sehr mit dir über das Gelingen des Sextetts. Die beiden Zitate korrespondieren wunderbar miteinander.
Aber - ist es wohl der Ehre zuviel? Der Titel meines Buches ist ein Zitat von Paul Celan aus dem Meridian (ich habe allerdings das Komma weggelassen). Natürlich ist es beim künstlerischen Zitieren, Plagiieren, Verfremden immer so, daß Neues entsteht und man so quasi 'neuer' Urheber (Erweiterer) geworden ist. Celan, Brinkmann, Warhol sind da leuchtende Vorbilder. (Mozart, Tarantino fallen mir auch noch ein ...)
Das neue Gedichtmanuskript umfaßt mittlerweile 31 Seiten, das Buch Barbakadses ist im Druck, und an mehreren Übertragungen von Admiel-Kosman-Gedichten war ich nun auch wieder beteiligt. Dazwischen immer wieder vier Tage in Berzdorf, deren Lebendigkeit umwerfend ist.
Eins, zwei, drei im Sauseschritt saust die Zeit, wir sausen mit ...
Michael, ich gratuliere zum neuerlichen Kompositionserfolg!
Theo
Mo., 15. Feb. 2021, 21:00 Uhr
Lieber Theo,
ich habe den Schwung ausgenutzt und mir gleich anschließend drei der Schumannschen "Waldszenen" op. 82 für eine Bearbeitung für Flöte, Klarinette, Violine und Violoncello vorgenommen. In dieser Quartett-Besetzung soll ich mit meinen Studierenden aus Düsseldorf 6 Kurzkonzerte in der Skulpturale-Galerie in Lindau vom 8. - 11. April gestalten, und es soll natürlich zur derzeitigen Ausstellung passen, Blumen, Natur, Wald etc.: http://www.skulpturale.eu/weltgartenschau.htm Da passen die Schumannschen Titel eben wunderbar: Einsame Blumen / Vogel als Prophet / Freundliche Landschaft ! - Gerade bin ich mit der Arbeit fertig geworden. Nun hoffen wir / alle Beteiligten, daß dann bis dahin die Einschränkungen insoweit gelockert sind, daß alles so stattfinden kann, wie die Galerie sich das vorstellt ...
Der eigentlich für den 3. März geplante WKR-Abend, der vom April vergangenen Jahres auf diesen Termin geschoben wurde, kann erneut nicht stattfinden. Nun plane ich, ihn in der sonst üblichen Sommerpause (am 7. Juli) durchführen zu können. Die fehlende Planungssicherheit / andauernde Perspektivlosigkeit zurrt an den Nerven ... nicht nur den meinen !!! ... (Eigentlich hatte ich gehofft, gestern meinen "countertimecounter" beenden zu können ... nun setzen sich diese Klänge mindestens drei weitere Wochen fort ... )
Ich finde natürlich auch, die beiden Zitate, die ... immerhin ... als Motto vorangestellt sind, ergänzen sich wunderbar! - und auch wenn mit Komma Celan, so dachte ich allerdings schon an die Gestalt Deines Buches und seines Titels, der ob der kompositorischen Textur & Anlage meiner sechs kurzen Teile in der in ihnen angelegten Offenheit bestens zu passen schien ... (also nicht der Ehre zuviel)
Ja, der Rückzug (so selbst gewählt) ist in der Tat ein Luxus, den wir uns immer wieder einfordern dürfen / müssen. Und es klingt spannend, was Du von dem besagten Rausch erneut zu berichten weißt !!! - nicht zuletzt das bereits 31 Seiten umfassende neue Gedichtemanuskript macht mich hellhörig / neugierig ! ---
Ich lege mir nun Mozarts A-Dur-Quartett KV 464 binnen einer Woche schon zum 2. Mal zum andächtigen Hören & gleichzeitigem "Entschlacken" von der eigenen Arbeit nach Fertigstellung einer neuen Partitur in den CD-Spieler ... die Aufnahme mit dem Amadeus-Quartett (wie immer bei diesem Ritual) ...
Vergnügt (ohne Karnevals-Feeling allerdings) grüßt Dich wie immer herzlich Michael
PS es gab diverse Gelegenheiten, Dein Buch bekannten Menschen mit empfehlenden Worten ans Herz / zum Lesen zu empfehlen; mal sehen, wer es daraufhin bestellt ...
Mi., 17. Feb. 2021, 00:30 Uhr
Habe irgendwie Probleme mit meinem Mailprogramm, denn seltsamerweise bekam ich gestern & heute mehrfach die Nachricht, daß meine Mails nicht zugestellt werden konnten, so auch offensichtlich die an Dich, so kopiere ich deren Inhalt mal hierhin & versuch’s über meine t-online-Adresse:
Mi., 17. Feb. 2021, 09:13 Uhr
Lieber Michael,
wie du siehst, ist diese nachgeschobene E-Mail angekommen, die vorherige in der Tat nicht.
Ich habe soeben vom Tod eines hochgeschätzten Kollegen erfahren, mit dem ich seit vielen Jahren in freundschaftlichem Kontakt stand: A. J. Weigoni.
Alles andere steht jetzt erst einmal zurück.
Diese kurze Nachricht, um dich nicht im Ungewissen zu lassen, daß ich diese E-Mail erhalten habe.
Theo
Do., 18. Feb. 2021, 10:48 Uhr
Lieber Michael,
literarisch bin ich nun erstmals in das überwältigende Prosawerk H. P. Lovecrafts vertieft, das mich wohl in den nächsten zehn Tagen weiter in Atem halten wird - nach Warhol-Biographie und Brinkmann-Handbuch ein weiterer Wälzer (der in der Tat schwerste, den meine Hände je halten mußten). Alle drei Bücher haben mir Gedichte beschert. Gestern habe ich lange an einem - ein wenig längeren - gearbeitet.
Ohne entsprechenden offensiven Einsatz geht das nicht mit den Nerven, wenn sie einem mal wieder einen Streich spielen: Also, beispielsweise, einfach aufhören zu planen (ich plane, kein Scherz, grundsätzlich - was notwendige Ausnahme impliziert - stets nur zwei Minuten im voraus), einfach mal im Heute leben, denken, gehen, lauschen, lesen, loslassen. Wenn nicht du, wer dann ... Die E-Mail schließt mit "Vergnügt" - eine Stimmung, die ich seit Jahrzehnten nicht mehr kenne. Und so freue ich mich, Menschen zu begegnen, die mir vermitteln, daß es so etwas gibt. Wunderbar.
Ich liebe Christoph Waltz, vielleicht magst du das Interview lesen: https://www.gq-magazin.de/entertainment/artikel/christoph-waltz-corona-diese-leute-die-sich-querdenker-nennen-denken-entlang-des-brettes-das-sie-vorm-kopf-haben.
Ich freue mich und bin dankbar, daß du weiterhin auf nicht weniger nicht mehr aufmerksam machst. Autorenkollege Manfred Enzensperger schrieb dieser Tag in einer E-Mail von einem "großen Wurf"; er ging sogar auf ein Gedicht kurz ein. (So etwas ist selten.)
Du bist der einzige, der sich klar und konkret vor allem zu Zyklus nicht weniger nicht mehr geäußert hat. Von dem guten Dutzend sehr erfreulicher Rückmeldungen aus jeweils berufenem Munde geht eine einzige auf diesen ein, allerdings auch hier nur auf einzelne Gedichte, die gelobt werden, ohne näher darauf einzugehen. (Vielleicht hat es auch damit zu tun, daß so wenig begriffen wird von dem, was ein komplex strukturiertes Werk so alles in sich trägt.)
Ich tue letzteres heutzutage auch nur selten noch (was in erster Linie damit zusammenhängt, daß ich mich über Jahrzehnte so ausführlich geäußert habe), aber ich bin in besonderem Maße erfreut, wenn es denn einmal geschieht wie in deinem Fall.
Ein Leser (und damit meine ich: Leser) genügt. Wenn man das gelernt und verinnerlicht hat, ist man wieder ein Stück freier. (Ich habe es einigermaßen gelernt und ziemlich verinnerlicht; in 'schwachen' Momenten mache ich mir immer noch 'falsche' Gedanken.)
Ich erlebe - notgedrungen - auch immer wieder Zeiten, in denen ich aktiv keine Musik höre. Notgedrungen, weil eben beides oft nicht geht. Und das Buch ist nun einmal prima inter pares in meinem in erster Linie von Kunst, Literatur und Musik geprägten intellektuellen Dasein.
Mehr und mehr verzichte ich auf den Gruß unter elektronischen Briefen, denn ist es nicht so, daß die ganze Botschaft als Gruß gedacht ist? Bei mir und dir ist das jedenfalls so.
Theo
Do., 18. Feb. 2021, 14:46 Uhr
Lieber Theo,
das mit dem Vergnügtsein ist so eine Sache … mir gelingt es vor allem dann, wenn eine neue Arbeit mit einem grundsätzlich guten Gefühl abgeschlossen ist; dann reicht das Gefühl für einige Tage. (Nun: das wirst Du doch wohl auch irgendwie kennen, denke ich.) Aber ansonsten hast Du ja durchaus mitbekommen, wie schwankend die Gefühlslage auch bei mir sein kann … Eigentlich glaub(t)e ich, mit zunehmendem Alter auch ein gewisses Maß an größerer Gelassenheit mir selbst gegenüber gewonnen zu haben … aber, aber … nicht immer gelingt es. Da kann man nur bewundern, was Christoph Waltz im Interview zum Thema von sich gibt.
Schön, daß Enzensperger so lobende Worte zu Deinem Buch findet. Daß es ein „großer Wurf“ ist, ahnten wir beide ja recht früh … aber ich verstehe, was Du meinst, daß man ein so komplex strukturiertes Werk eben nicht wie einen Roman ‚verschlingen’ kann, sondern langsames, sich wiederholendes Lesen die tieferliegenden Schichten erst erahnbar macht. Man muß wohl nicht alle Anspielungen als solche zuordnen können (dafür müßte man schon so belesen sein wie der Autor selbst!), aber ist man erst einmal auf die Spur gesetzt, beginnt das besondere Faszinosum gerade beim siebenteiligen Celan-Poem! Da ich ja bereits so viele Exemplare verschenkt habe, beschränke ich mich bei Gesprächen, die zufällig auf Dich zu sprechen kommen, auf eine eindringliche Empfehlung; so zuletzt gestern bei einem längeren Telefonat mit meinem Freund & Kollegen aus gemeinsamen Studientagen Volker Blumenthaler, der stets neugierig auch einen Blick & Interesse an etwas abseitigeren Autoren hat und zudem mit einigen Schriftstellern befreundet ist.
Im Moment stelle ich das Programm für Lindau zusammen und habe bereits ein ansehnliches Repertoire erstellt, aus dem sich abwechslungsreiche sechs Kurzkonzerte gestalten lassen, habe dafür gestern auch noch die „Shakespeare“-Strophe aus meinem riesigen Melodienprojekt von 2009 für besagte Quartettbesetzung eingerichtet, wie schon die Schumann-Stücke aus den herrlichen „Waldszenen“.
Es gibt eine Zeit des Lesens, eine Zeit des Hörens, eine Zeit des Pausierens, etc. --- Und wenn – wie bei Dir – einem beim Lesen sogar Einfälle für Eigenes zufallen, umso schöner! Es geht mir manchmal auch so, wenn ich in einem guten Konzert sitze, daß über das konzentrierte Zuhören / Lauschen sich unerwartet Ideen für Neues einstellen … aber nicht immer sind diese so tragfähig, daß wirklich etwas tatsächlich Neues entsteht, wenn man dann zu Hause daran „herumbastelt“ …
Gleich kommen zwei private Schüler zu mir. So schließe ich hier mal (und sende Dir diese Nachricht mal von beiden Mail-Adressen aus, um zu sehen, ob das aufgetauchte Problem sich aufgelöst hat … es scheint nur Sendungen an t-online-Adressen zu betreffen, was ich daran bemerkte, daß auch Martella meine letzten nicht zugestellt bekam.)
Dir vergnügliches Weiterlesen bei H. P. Lovecraft Michael
Do., 18. Feb. 2021, 16:26 Uhr
Lieber Michael,
du stehst zum Wort 'Vergnügen', was zeigt, daß du es auch so meinst. Ich könnte dieses Worte nie verwenden, da ich 'Vergnügen' (auch ausnahmsweise) nicht Teil meines Wesens ist. Ich bin einfach nie vergnügt. (Die Grundierung ist immer melancholisch.) Und so gehen bei mir auch Vergnügen und Lesen nicht zusammen. (Es gibt viele Wörter, die ich nicht verwende, nicht verwenden kann - aus verschiedenen Gründen.) Lesen ist bei mir Lesen, ist Leben, ist Arbeit, ist eine Art zu schreiben - siehe auch das dazu passende Gedicht in nicht weniger incht mehr. Da ich mich in erster Linie als Arbeiter definiere, ist das meine Art, das Leben einigermaßen hinzukriegen. Ich arbeite, wenn es irgendwie geht, immer. Alles andere ist diesem lebenslangen Begehren untergeordnet. Deshalb kann ich auch nichts mit Wörtern wie 'Feierabend' oder 'Wochenende' anfangen. Und so gern ich schlafe: Könnte ich darauf verzichten, täte ich es. Es ist dieses immerwährende Arbeiten an der sozialen Plastik Theo Breuer (die angesichts der - jahrelang durch Literatentreffen verlebendigte - BuchKunstMusikInstallation manifest wird), die mich ausmacht. Dazu gehören auch E-Mail-Korrespondenz oder die vor Jahren über einen längeren Zeitraum praktizierte Wikipedia-Arbeit. Und nicht von ungefähr kommt es, daß ich immer wieder Gedichte träume und in den meisten Fällen nach dem Aufwachen aufschreiben kann. Diese Unterschiede in Lebens- und Sprachauffassung machen u. a. das Faszinosum 'Mensch' aus. Oder auf rheinländisch: Jede Jeck is anders ...
Theo
Do., 18. Feb. 2021, 20:32 Uhr
Nun gut, im Innersten kann ich den Melancholiker auch nicht abstreifen, lieber Theo, dennoch würde mir etwas fehlen, gelänge nicht doch manchmal auch ein unbeschwertes Vergnügen (das kann ganz Unterschiedliches befördern! – Musikhören, Lesen, ein guter Wein, ein Gespräch usw usf etc … und wenn ich es richtig bedenke, müßte Dir das Zusammensein mit Deinen Enkelkindern in Berzdorf doch auch Vergnügen (und nicht Arbeit) bereiten / bedeuten … oder?! --- Und so wenig ich manchmal schlafe, würde ich ungern darauf verzichten, sind es doch die Träume, ihre seltsame Realität, die oft in den folgenden Tag hineinwirkt, die ich nicht missen möchte! Und ja: auch mir ist Musik im Traum mit solcher Plastizität erschienen, daß sie auch (natürlich mit einiger Arbeit) klingende Realität werden konnten. Die Idee zum Melodienprojekt ‚erschien’ mir z.B. in solch einem Traum. Noch ist es für’s Schlafen & Träumen zu früh … so werde ich gleich, da nichts Drängendes heute mehr ansteht, (mehr wohl ziellos als gezielt) in meiner Bibliothek auf Reisen gehen … anfangen möchte ich (wie so oft in solchen Fällen) mit & bei Pessoa, da kommen mir immer wieder unerwartete Anregungen, zu welchem Autor / Buch ich weitergehe … Michael
Fr., 19. Feb. 2021, 09:17 Uhr
Lieber Michael,
das ist ja der Punkt: Dir würde etwas fehlen. Mir fehlt das nicht. Ich erkenne am wiederholten Beschreiben der Abende (oder Restaurantbesuche) mit Wein und Pfeife, wie wesentlich das "unbeschwerte Vergnügen" für dich ist. Und das ist gut so.
Mir scheint, wir beginnen uns im Kreis zu drehen. Was ist nicht gut an unterschiedlichen Lebensauffassungen - zumal, wenn sich so viele - unglaubliche - Gemeinsamkeiten wie bei uns beiden auftürmen? "Unbeschwertes Vergnügen" - das gibt es nicht in meinem Leben.
Lesen, Musikhören, Kunstbetrachtung und Wein kann ich nicht in einem Atemzug nennen. Literatur, Musik, Kunst sind für mich die weiten Felder, die ich Tag und Nacht ohne Unterbrechung beackere, auf denen ich von einer Furche zur anderen jage. (Simultan auch dann, wenn ich mit anderem befaßt bin.) Das ist pausenloses Erkenntnisinteresse, das zufriedengestellt werden will, da ist die immerwährende Unruhe, wieder einen Schritt weiterzukommen. Und das natürlich auch im Schlaf, in den Träumen. (Darüber habe ich gestern ein Gedicht geschrieben: Bei Lovecraft spielt der Traum eine Riesenrolle.) Heute morgen wurde ich wie so oft früh wach und ließ wie immer Wörter und Sätze vor dem geistigen Auge abrollen, klopfte sie auf Hohlräume ab, paragrammierte, und auf einmal war sie da: die Idee zu einem Gedicht, das einschl. der beiden Zitate noch im Bett verfertigt und anschließend aufnotiert wurde. Und dann der prüfende Blick: Ja, alle Komponenten korrespondieren miteinander, gehen (dialektisch) aufeinander ein, rufen verschiedene Bedeutungsebenen auf. Einsilbige Verse münden in den Dreiwortvers. Ein Buchstabe macht den Unterschied, der die Räume öffnet. (Ich hänge es an.)
Und wenn du es schon ansprichst: Das Leben mit den Enkeln ist das Entscheidende in meinem Dasein geworden. Es ist die Basis meiner Lebendigkeit. Das sind unbeschreiblich schöne Tage, die ich alle zwei Wochen mit ihnen verbringe. Aber gleichzeitig ist das nun wahrhaftig harte Arbeit: 13 Stunden - von 8 bis 21 Uhr - geht das immer, immer, immer weiter mit dem buchstäblich hauteng miteinander verlebten Tagesprogramm. Das ist nicht mit Weingenuß und einem Gespräch im Gasthaus in Zusammenhang zu bringen. Auch deshalb sind Anna und Bernd ja so dankbar, da wir ihnen soviel Arbeit abnehmen. Gibt es etwas Schöneres: nein. (Zumal ich nicht Äpfel mit Birnen vergleiche: Literaturleben ist das eine, Familienleben das andere. Das sind die zwei Seiten der Lebensmünze, die naturgemäß die Gestalt bilden, die ich bin.)
Arbeiten ist das, was ich will. Gerade gestern habe ich mich anläßlich unseres aktuellen Gedankenaustauschs beim Lesen noch einmal unter besondere Beobachtung gestellt: dieses immerwährende Wort für Wort aufnehmen, es abklopfen, in Zusammenhänge bringen, Wörter, Sätze fortschreiben, Assoziationen aufgreifen und weiterdenken, in das grelle Licht der in den Text getropften Namen blicken und ganze Werke sehen und hören ...
In Winterbienen im Urftland habe ich dem Thema ein langes Kapitel gewidmet.
Theo
Fr., 19. Feb. 2021, 10:28 Uhr
Guten Morgen, lieber Theo,
die morgendliche Sonne scheint in mein Studio, ein schräger Lichtstreifen über viele Bücherrücken … es stimmt mich fröhlich / vergnügt … auch weil ich weiß, heutenachmittag lassen die frühlingshaften Temperaturen wieder einmal eine längere Radtour zu! --- Du hast es so schön rheinländisch gesagt: Jede Jeck is anders ... Ja, ich vermag die Freude / das Vergnügen auch während der Arbeit als beglückend zu empfinden – und ich bin froh darüber! – denn was ist es Anderes, wenn bei der Arbeit (wenn richtig im „Flow“) sich Vieles fast zufällig fügt, sich wie selbstverständlich von selbst fortschreibt, die Hand fast nur noch Ausführende beim Festhalten ist ?! – nur ist der Weg in diesen Zustand manchmal ein sehr beschwerlicher und langwieriger! (und auf diesem Weg bin ich nicht vergnügt, eher mißmutig, je länger es dauert) Vielleicht geschieht bei Dir gleiches, Du benennst es nur anders, oder erlebst es anders … Sei’s drumm: Dein mitgeschicktes morgenfrisches Gedicht erfreut mich, auch weil – wie immer – nur ein Buchstabe die über Rimbaud hinausweisende (sie dennoch einschließende) Erkenntnis zeitigt ! Und gleichermaßen erfreut mich unser nicht endender Dialog über Worte, in Worten, auch Klängen und ihre Resonanz …
Michael
Do., 25. Feb. 2021, 21:13 Uhr
Lieber Theo,
eben stieß ich auf folgende Nachricht in der NZZ: Philippe Jaccottet ist vergangene Nacht gestorben (immerhin 95-jährig!) Für mich gehörte er seit vielen Jahren zu den mir wichtigsten Autoren (so tauchte er auch recht oft beim WKR auf...), gerade das letzte erschienene Buch “Die wenigen Geräusche” hat mich zutiefst berührt! Eine Sprachgewalt im Pianissimo! Kein einziges Wort zu viel. – und gegen Ende noch eine Verneigung vor Handke - Du wirst ihn sicherlich ähnlich schätzen. Dies nur kurz für den Moment ... ich muß jetzt seine Bücher in die Hand nehmen.
Michael
Fr., 26. Feb. 2021, 10:45 Uhr
Lieber Michael,
nach Lawrence Ferlinghetti, der vor wenigen Tagen im Alter von 101 Jahren starb (und dessen Werk mich seit Jahrzehnten begleitet) nun Philippe Jacottet (dessen Werk für mich ein großes weißes Blatt ist). Ich habe eben die die französische Sammlung vollständig durchgesehen, um mich zu vergewissern, ob ich nicht doch vor langer Zeit ein Buch von Jacottet gelesen habe, aber nein, mein Gedächtnis trog mich nicht: Bislang kenne ich nur Namen und Bedeutung ...)
Dato Barbakadses Buch Und so weiter. Sieben Haiku-Kränze ist nun im Pop Verlag erschienen. Es ist ein sehr schönes Buch geworden. Ich habe eine eigenwillige Nachdichtung verfaßt, die sich in dieser Form (ohne daß ich das zunächst wußte, allerdings ahnte) stark den georgischen Oringinalformen annähert.) Innerhalb von 4 Monaten habe ich das Manuskript zigmal bearbeitet, mehrere Male in unmittelbarer Zusammenarbeit mit dem Autor, der sehr glücklich ist mit dem Ergebnis.)
Nach mehreren Jahren andauernder intensiver Auseinandersetzung mit so vielen verschiedenen literarischen Projekten scheine ich zur Zeit einmal für längere Zeit Atem holen zu müssen. Selbst die grundsätzlich so selbstverständlich scheinende Lektüre ist alles andere als das. Das geistige Leben verharrte zur Zeit im Zeitlupenmodus. Es ist gut, daß kein aktuelles Projekt drängt. Denn auch das mittlerweile auf 41 Seiten angewachsene Manuskript Gehenden Fußes sehe ich nicht als solches. Jedenfalls drängt es nicht, auch wenn es mich Tag und Nacht beschäftigt und immer wieder neue kleine Gedichte zeitigt.
Allerdings neige ich immer schon dazu, gerade in solchen Zeiten die tägliche geistige und psychische Arbeit zu unterschätzen. (Das immerwährende Grübeln: Wieviel Energie das beansprucht ...) Was fällt nicht allein an Korrespondenz an: Immer wieder vergehen sogar Jahre, ehe man wieder anknüpft an jahrzehntelange Bekanntschaft - wie zuletzt, um nur zwei Beispiele zu benennen, mit Bert Brune, dem Kölner 'Stadtwanderer', dem ich nicht weniger nicht mehr und Winterbienen im Urftland schickte, sowie Manfred Enzensperger.
Und auch die aktuelle Lektüre ist nicht zu unterschätzen - im Gegenteil: H. P. Lovecrafts Complete Fiction mit ihrer präzisen Rhetorik, ihrem ausgesuchten Wortschatz ist zum einen wunderbar zu lesen, zum anderen von einem Gewicht, das einem Vorschlaghammer vergleichbar ist. Und das sei auch bildhaft gemeint. Dieses 1101 Seiten starke - großformatige - Buch ist ein Hammer, der permanent auf mich einschlägt. Und weißt du was: Es hämmert schon wieder, ruft mich rüber ins andere Zimmer, wo die Seite 451 ungeduldig wartet.
Theo
Fr., 26. Feb. 2021, 11:38 Uhr
Lieber Theo,
was für ein subtil politisches Kurzgedicht hast Du da mitgeliefert; genial die paragrammatische Wortschöpfung Völkerlachtdenktmal ! --- Wie beruhigend, daß selbst eine so umfassend belesene Person wie Du noch weiße Flecken kennt! – auch ich kann unmöglich alle Musik kennen, obwohl ich Besitzer einer riesigen Audiothek bin und grad auch immer wieder auf die Suche nach Abseitigem bin. - Lovecraft & auch Ferlinghetti sind z.B. für mich als Leser noch weiße Seiten … Wo nun das mit Deiner Übersetzungshilfe entstandene Haiku-Buch von Dato Barbakadse erschienen ist, werde ich es mir umgehend bei Traian Pop bestellen! – und damit einen Autoren näher kennenlernen, der mir zuvor auch weitestgehend unbekannt war.
Ich habe eine ganze Reihe Freunde, mit denen der Kontakt nicht durchgehend ist, aber auch nach längerer Zeit so weitergehen kann, als habe man sich nie aus den Augen verloren. Das ist gut so.
Du wirst diese Nachricht finden, wenn Du die Hammer-Lektüre mal wieder zum durchatmenden Reflektieren unterbrichst. --- Ich möchte versuchen, in den nächsten Tagen die längst geplante 2. Folge „Greguerías“ – diesmal für Bariton und Kontrabaß im spanischen Original – konkret anzugehen. Mal sehen, wie schnell das gehen wird … Doch zunächst sind noch einige „weltliche“ Dinge zu organisieren.
Michael
Sa., 27. Feb. 2021, 09:24 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich, daß das Gedicht so gut bei dir ankommt. Der Titel lagelied ist auch ein Paragramm, abgeleitet von Klagelied - dem dritten Klagelied des Jeremias ist das Zitat entnommen. Durch dieses Paragramm (eingedenk des Ursprungsworts) wird in der Folge aussichtslos zum 'Kippwort' (sowohl Adjektiv als auch neologistisches Nomen).
Theo
Sa., 27. Feb. 2021, 09:35 Uhr
Lieber Michael,
Sa., 27. Feb. 2021, 10:35 Uhr
… da hast Du einem der feinsinnigsten Gärtner unter den Schriftstellern aber ein feines Kurzgedicht abgelauscht / gewidmet, lieber Theo ! – Danke, daß ich es gleich zu lesen bekomme ! - Beim Paragramm Lagelied ist das fehlende K natürlich unüberlesbar; aber beim Völkerlachtdenktmal ist es eben besonders subtil, weil das eingeschobene t die besondere „Würze“ ausmacht.
Nach dem eher ziellosen (Wieder)-Lesen in den Büchern von Jaccottet in den gestrigen Tagen, war ich erneut bezaubert von der Art, wie Naturbeobachtung die Worte / die Sprache färbt … auch eine besondere Art der Verschmelzung.
Dem „Endergebnis“ eines Kunstwerkes (egal ob Gedicht, Bild, Musik) darf man m. E. nicht anmerken, wie der Weg zur Gestaltwerdung verlief, ob hart erarbeitet oder sehr zügig hingeworfen; es sollte – wie Du ja schreibst – wie in einem Guß dastehen. Auch Musik wird nicht aus Ideen gemacht, sondern aus Tönen & Klängen / Formen & Proportionen (… um nochmals auf Mallarmés Diktum zu verweisen) . – und da kann ich Dir aus meiner Sparte nur zustimmen: das scheinen grad manche jüngeren Kollegen zu vergessen.
Mit Deinen beiden Mails kam eben auch eine von Traian Pop herein: noch heute gehe der Barbakadse an mich heraus …
Jetzt setze ich die Keats-Lektüre fort, die ich gesternabend begann: seine Briefe an Fanny
Michael
Sa., 27. Feb. 2021, 11:07 Uhr
Lieber Michael,
nachdem du es gelesen hast, schiebe ich noch diesen kleinen Hinweis nach. (Selbst für den Idealleser ist es vielleicht nicht ganz so selbstverständlich wie beim lagelied ...): Die beiden wörter war und mal, die das lakonisch klingende deutsche 'war mal' ergeben, können, für sich betrachtet, auch als ein englisches und ein französisches Wort gelesen werden.
Ja, am Ende sollen alle Begleitumstände sich am besten in Luft aufgelöst haben.
Ich lebe übrigens gern damit, daß vieles gleichsam im Verborgenen bleibt in meinen Gedichten. Das ist bei jedem Kunstwerk der Fall. Und das macht ja auch den Reiz aus, immer wieder zu lesen, zu hören, zu betrachten. (Aber unter uns Klostebrüdern kann man vielleicht mal auf das eine oder andere hinweisen; das hat wohl auch mit der Frische des Prozesses zu tun ...)
Theo
Sa., 27. Feb. 2021, 12:28 Uhr
… auf die Idee, den Titel auch englisch / französisch zu lesen, kam ich in der Tat bisher nicht, lieber Theo, sondern nur in der naheliegenderen Vergangenheitsform. Und auch ohne diesen weiteren Aspekt schien mir alles stimmig. Ja, auch ich „verstecke“ in meinen Klängen oftmals mehr, als ein normaler Hörer es erahnen könnte … dies manchmal sehr Private muß nicht unbedingt entschlüsselt werden. Überhaupt ist es ja bei wirklich Gutem so, daß es bei jeder intensiven Beschäftigung immer wieder neue Aspekte eröffnen kann ! So entdecke ich manchmal in mir scheinbar umfassend vertrauten Musik doch unerwartet noch Neues, was z.B. an internen Bezügen mir zuvor nicht aufgefallen war. Das sind stets beglückende Momente der erneuten Rezeption!
Dank also für Deinen ergänzenden Hinweis! Michael Di., 2. März 2021, 22:33 Uhr
Lieber
Theo,
Do., 4. März 2021, 10:05 Uhr
Lieber Michael,
Do., 4. März 2021, 21:59 Uhr
Lieber
Theo,
Fr., 5. März 2021, 09:52 Uhr
Lieber Michael,
Fr., 5. März 2021, 10:23 Uhr
Lieber Theo,
die Greguerías würden Dir sicherlich sehr gefallen! Es ist eine ganz eigene literarische Form, die Ramón Gómez de la Serna damit gefunden hat (ca. 11000 hat er verfaßt!) Seine Definition dieser aphoristischen Einsätze: Humor + Metapher = Greguería. Vor knapp zwei Jahren wählte ich (in deutscher Übersetzung / Nachdichtung) 33 aus für einen Zyklus für Sopran (mit Klavierstuhl & diversen Utensilien): https://youtu.be/nE164D49SlY Nun möchte ich eine 2. Folge (diesmal im spanischen Original) für Bariton & Kontrabaß schreiben ... nun 22 Nummern. Ich hänge Dir mal die 33 der 1. Folge an ... dann: ein weißer Fleck weniger für Dich.
Gute Arbeit beim Lektorieren & einen sonnigen Tag wünscht Dir Michael
Fr., 5. März 2021, 10:29 Uhr
Lieber Michael,
das sind ja wahrhafte Stimmungsaufheller, vielen Dank dafür.
Und, ja, ich warte auf die Sonne ...
Theo
Fr., 5. März 2021, 10:46 Uhr
Ist das eine gute Antwort?
Die Fliege setzt sich auf das Geschriebene, liest es und fliegt weg, als hielte sie nicht viel davon. Sie ist der anspruchsvollste Literaturkritiker. Ramón Gómez de la Serna gleichwohl ( in verhörenden zeiten )
bensch verbucht : dem lesen gute seiten abgewinnen
Fr., 5. März 2021, 11:18 Uhr
... so schnell zeugt Lesen neue Dichtung !!! – Prima !
So., 7. März 2021, 21:56 Uhr
Lieber Theo,
als ich den Titel Deines spontan auf Gómez de la Serna reagierenden Gedichtes laß, war ich etwas verblüfft: gleichwohl (so sollte zunächst der 6. & letzte Teil meines Sextetts betitelt werden ... dann entschied ich mich aber für's nicht so ferne wenngleich ) ... und das Paragramm verhörend ließ mich fast vermuten, Du habest meinen kurzen Einstimmungstext zu meinem "work in progress" countertimecounter op. 122 bei den Werkkommentaren auf meiner Website gelesen (den ich vor gut 2 Wochen einstellte) und wolltest auch darauf verweisen (dort steht u.a. auch das Wort verstörend !!!) Nun denn, es schien mir aber doch alles zu unwahrscheinlich ... aber dennoch halte ich es für einen denkwürdigen Zufall ! ---
Nun scheint ja (nach den neuesten Beschlüssen der Regierung) in zwei Wochen 'dezentes' Konzertleben wieder erlaubt zu werden ... also hoffe ich somit auch auf ein Ende [nach selbst verordneter 'Spielregel'] dieses seltsam spröden Klavierstückes in verstörenden Zeiten (... in denen man sich gern oder / und ungern auch mal ver-hört ...) Der aktuelle Stand mal wieder im Anhang - auch weil Du dort nun Eingang gefunden hast ! - Wenn uns keine Überraschungen mehr ereilen, fehlen nun nur noch die jeweiligen Klänge der kommenden 14 Tage ... genau so viel, wie derzeit dort noch als Pausenzeit notiert ...
Zuversichtlich, Michael
Mo., 8. März 2021, 09:58 Uhr
Lieber Michael,
Zufall ist, was uns zufällt. Es gibt darunter diese wundersamen Zufälle, wie du sie heute beschreibst, die uns den März aufgehen lassen. (In diesem Augenblick blinzelt die Sonne hinter der Wolkendecke hervor.)
Ich bin - momentlang - einigermaßen sprachlos und freue mich sehr über das, was da auf herrlich heimliche Weise geschieht. Freue mich über die erneut so ideale paragrammatische Interpretation der Wörter, die du - zurecht verblüfft - bei mir vorfindest. Freue mich, nun schon mehrfach - auf diese oder jene Weise - Eingang gefunden zu haben in Kompositionen.
Unheimlich fast schon die immer wieder erkennbare Ähnlichkeit der Denk- und Arbeitsweise ...
Angehängt das 47. neue Gedicht, das ich - wie so oft im letzter Zeit - lange, noch im Bett liegend, vorbereitet und eben aufgeschrieben habe. (Es gab die verschiedensten Richtungen, in die 'es' gehen wollte, bis es sich - gemeinsam mit mir - für die vorliegende entschied.)
Theo
Mo., 8. März 2021, 11:16 Uhr
Lieber Theo,
bin freudig überrascht, wie es Dir gelingt, einen dichtenden & doppelbödigen Kommentar zum Jubilar des Jahres Joseph Beuys in so knapper Form zu verfassen ! - und wie großartig, daß der Schreibfluß bei Dir trotz (& vielleicht sogar wegen) des so gelungenen letzten Gedichtbuches weiter anhält ! (Für mich ist Beuys der John Cage der Kunst: umstritten, aber unstrittig beide weg-weisend auf ihre sehr eigene Art ! - mit Nachwirkungen bis heute ... ich schließ mich da gar nicht aus. )
... ich warte hier noch auf erste Sonnenstrahlen, Michael
Mo., 8. März 2021, 11:31 Uhr
Lieber Michael,
ich bin geradezu in euphorischer Stimmung, da ich soeben ein weiteres Gedicht 'vollendet' habe, das mir in Gänze während des Wiederlesens von Kafkas Schloß (das ich nie zuvor in dieser 'Klarheit' lesen konnte) zufiel - siehe Anhang. Unglaublich dieser Rhythmus dieses gefundenen Gedichts.
An Beuys' 100. Geburtstag habe ich bislang noch gar nicht gedacht ... (Das ist ja ein echter Mehrwert.) Vielleicht sollte ich einmal alle meine Gedichte zur Kunst als kleine Sammlung in Matrix publizieren - oder nur die drei oder vier Gedichte, die ich im Lauf der Jahre zu Beuys geschrieben habe. Mal sehn ...
Theo
Mo., 8. März 2021, 13:09 Uhr
Lieber Theo,
ja: man kann immer wieder staunen über Kafkas poetische Sprachgewalt, auch in Prosatexten ! Ein großartiges Fundstück ! - und so ein gelungenes Gedicht. - Ich kann Deine Euphorie bestens nachvollziehen ! --- und ich freue mich, erneut Erstleser sein zu dürfen. Warum nicht: einmal eine Auswahl dieser Art Gedichte in MATRIX. Ich hatte schon überlegt, ob ich Traian Pop (nicht zuletzt als Dank für so viele geschenkte Bücher) mal anbieten sollte - auch zu optischen Auflockerung - countertimecounter als Erstveröffentlichung (auf A5 verkleinert) in MATRIX zu bringen. Es wird natürlich bald nach Beendigung auch bei meinem Verlag erscheinen.
Nun ab zum Mittagessen, Martella ist grad eingetroffen Michael
Di., 9. März 2021, 09:22 Uhr
Da ist man offenbar stark von der neuen Biographie beeinflußt, und das ist gut so!
[zu: FAZ-Artikel „Ansturm auf Andy Warhol“]
Di., 9. März 2021, 09:41 Uhr
Und heute, lieber Michael, erlebe ich wieder die Mühen der Ebene, um es mit Brecht auszurücken: grauer Himmel, leichter Schneefall, kein neues Gedicht bahnt sich an. Aber gestern kam ja sogar noch ein drittes hinzu, was nun eine ausgesprochene Seltenheit ist. Ich habe im übrigen auch nichts gegen die Mühen der Ebene, ich schrieb das nur auf, weil es von gestern auf heute so auffällt ... Und indem ich das schreibe, habe ich eine Idee zu einem Einwortgedicht, mal schaun, und schon geht's aufwärts ...
Wie ich Traian kenne, würde er sich über das Angebot freuen.
Nun ab zum Frühstück ...
Theo
Di., 9. März 2021, 10:22 Uhr
Lieber Michael,
heute wurden beim poetischen Grübeln Erinnerungen an das Musical Hair wach ...
Hier also das 50. neue Gedicht.
Ich persönlich bin nicht betroffen, da ich seit Jahrzehnten mein eigener Frisör bin. Beste Voraussetzung dafür, das Material kalt zu halten, wie Gottfried Benn postulierte ...
Theo I’m just a hairy guy. Galt MacDermot
frisöre verboten
kamm drüber
Di., 9. März 2021, 10:35 Uhr
... hahaha !!! Genial & witzig ! in Breuerscher Manier wollte ich zunächst fast lesen: frisöre vorboten
Später mehr, es kommt in wenigen Momenten eine Schülerin ... Michael
Di., 9. März 2021, 22:55 Uhr
... um Deine Brecht-Worte aufzugreifen, lieber Theo, auch ich befinde mich nun wieder mehr in den "Mühen der Ebene"... aber es sind da vor allem die Telefonate & zu organisierenden Dinge, die einer Konzentration auf's Schöpferische zuwiderlaufen ... Aber immerhin: so reine Fleißarbeit, wie letzte kleine Schriebfehler in der Computerreinschrift des Sextetts ausmerzen & Details im Layout noch verbessern, das schafft man dann auch mal zwischendurch.
Daß Du schon bereits wieder 40 neue Gedichte (scheinbar wie nebenbei !) zusammentragen konntest ... ich kann nur staunen ... (da ragen in der Ebene vielleicht noch keine neuen Gipfel am Horizont auf, aber über einen Maulwurfhügel auf dem Weg dorthin kann man auch schon mal gewinnbringend stolpern ... )
Als Genuß-Mensch hol ich mir nun ein Glas Wein zur Fortsetzung der heuteabend begonnenen Lektüre der Gedichte von Hadaa Sendoo (die mir Traian Pop kürzlich zu den "Haiku-Kränzen" dazulegte)
Michael
Mi., 10. März 2021, 09:03 Uhr
Das freut mich vielleicht am meisten - der Leser als Mit- und Umgestalter: In Breuerscher Manier wollte ich zunächst fast lesen: frisöre vorboten
Mi., 10. März 2021, 09:28 Uhr
Lieber Michael,
es würde mich wundern, wenn du von Hadaa Sendoos Gedichten nicht angetan wärst; ich bin es jedenfalls. Sendoo ist langjähriger Freund Dato Barbakadses, von dem ich nun erfuhr, daß Sendoo meinen Namen u. a. wegen einer Besprechung kennt, die ich zu einem chinesischen Gedichtbuch geschrieben habe. (Zudem habe ich ja zwei Gedichtbücher von Richard Berengarten (aka Richard Burns) ins Deutsche übertragen, und mit diesem ist Sendoo ebenfalls gut bekannt.)
Der international geschätzte und gut vernetzte Sendoo gibt seit Jahren eine internationale Jahresanthologie heraus, zu der er mich nun auf Barbakadses Empfehlung eingeladen hat. Da die Gedichte in englischer Sprache veröffentlicht werden und kaum eins meiner Gedichte sich für die Übersetzung eignet (außer jemand geht hin, wie der georgische Spezialist und macht sein eigenes 'Ding' draus), werde ich ihm das eine oder andere ursprünglich bereits von mir auf englisch verfaßte Gedicht schicken.
Da ich gestern noch ein Gedicht schrieb, an dem ich heute morgen weitergearbeitet habe (du findest es im Anhang), sind es nun 51. (Du schreibst von 40.) Es fehlt nur noch ein Gedicht mit dem Buchstaben Y, alle anderen Buchstaben sind minestens einmal besetzt. Und somit sind wir (fast) - wie beim 4. Kapitel von nicht weniger nicht mehr - bei 52.
Wenn du Lust hast, freue ich mich über eine kurze Einschätzung des Gedichts. Ich werde im Anschluß auch noch etwas dazu schreiben.
Theo
Mi., 10. März 2021, 11:23 Uhr
Lieber Theo,
richtig vermutet: beide Gedichtbände von Sendoo gefallen mir sehr. Was eine Übersetzung Deiner Gedichte in eine andere Sprache angeht, so gibt es da verständlicherweise Schwierigkeiten besonderer Art, das müßte so jemand wie ein Dieter H. Stündel machen, dem es aus meiner Sicht kongenial gelungen ist, Kalauer & Sprachwitz bei James Joyce "Finnegans Wehg" (Kainnäh ÜbelSätzZung) aus dem Englischen ins Deutsche zu übertragen ... Und Dein neuestes Gedicht scheint mir aus dem Zusammensein mit Deinen Enkelkindern "geboren" zu sein ... die korrespondierenden Vokalhäufungen auf E bei legendeeren / beerenschweren und auch die Doppelpaare Hinz & Kunz / Krethi & Plethi zeugen wieder einmal von "kompositorischem" Denken! - Fein !!!
Michael
Mi., 10. März 2021, 14:43 Uhr
Lieber Michael,
Traian hat dir sogar beide Gedichtbücher von Hadaa Sendoo geschickt! Ich habe eben auch wieder darin gelesen.
Ich kenne Stündel und seine Übertragung nicht, aber ich schätze, das ist genau der Ansatz, den ich meine. Mal sehn ...
Ich habe jedenfalls acht Gedichte gefunden, die ich in englischer Sprache geschrieben bzw. gefunden habe. Das ist für die erste 'Begegnung' mit Sendoo mehr als genug. (Es gibt noch das eine oder andere mehr - aber bei denen ist der haken, daß der Titel deutsch ist, z. B. beim Gedicht frittengemälde.
Ich bin überrascht und freue mich deshalb sehr über deine Vermutung zu treffen sich ... drei. Denn dieses Gedicht ist ein forciertes Gedicht, was bei mir sozusagen nie vorkommt. 'Geboren' wurde es ganz banal aus dem Wunsch heraus, ein Gedicht mit einem T im Titel zu machen. Nichts war ansonsten im Kopf. Und dabei fing es sogar damit an, daß ich ein Gedicht mit dem Buchstaben Y machen wollte, was aber nicht gelang. Aber - aus diesem nicht geglückten Versuch ergab sich das Wort 'treffen', zu dem ich einen Zweizeiler schrieb, der sich in den folgenden Stunden zu der Fassung weitete, die ich dir geschickt habe.
Mir ist es in einem solchen Fall (der, wie gesagt, bei mir so gut wie nie vorkommt: Ich schreibe grundsätzlich Gelegenheitsgedichte, keine Laborgedichte) besonders wichtig, daß dieser Ursprung keinesfalls irgendwo negativ mitschwingt. Und deine Einschätzung bestätigt, daß dies nicht der Fall ist. Viele Stunden habe ich gestern und heute daran gearbeitet, und auch deswegen muß es wie leichthin hingeworfen wirken. Wie aus einem Zusammensein mit den Enkelkindern geboren ... (Und ein Gedicht mit y gibt es seit heute auch - ich fühle mich total kaputt nach den letzten drei Tagen: abschalten unmöglich (du kennst das ...).
Also: Vielen Dank.
Theo
PS Die Lyrikwelt krankt an Laborgedichten; Anthologien sind davon oft überschwemmt. Laborgedichte sind nie ganz schlecht, aber auch nie wirklich gut. Die Ausnahme bestätigt die Regel.
Mi., 10. März 2021, 16:21 Uhr
... dies ist doch die schönste Form der Erschöpfung, lieber Theo, und ja: das kenne ich !; wenn nach Tagen innerer Anspannung (& konzentrierten Arbeitens) etwas Zufriedenstellendes zustande kam, darf / muß man auch mal wieder den Kopf lüften ... Da hast Du ja bald schon den nächsten Gedichtband fertig !!! ---- Es zählt doch nur das Endergebnis, der Weg dorthin sollte den Leser / Hörer nicht interessieren. Ich gehe sogar soweit zu behaupten, auch alle biographischen Hintergründe dürfen keine Rolle spielen ! - ich sag das auch deshalb, weil gerade bei der Musik (als besonders emotionale Ausdrucksform) manche, die über sie schreiben, dies ständig versuchen. Aber beispielsweise bei Mozart & Schubert funktioniert dies keineswegs: in schwierigen Lebensphasen entstand manchmal Heiteres und umgekehrt ...
Nun kommen wieder Cello-Schüler. Somit nun nicht mehr. Michael
Do., 11. März 2021, 09:10 Uhr
Lieber Michael,
ich kann das nur voll und ganz bestätigen: Das Ergebnis ist das Wesentliche, alles andere ist unwesentlich. Vom Heiterkeitsgrad eines Werks auf Befindlichkeit des Urhebers in dieser Lebensphase zu schließen ist in der Tat lächerlich und irreführend.
Arbeiten wir weiter in stürmischen Zeiten ...
Theo
Fr., 12. März 2021, 20:56 Uhr
Lieber Theo,
wieder einmal ein Tag, der durch unerwartet viel Organisatorisches komplett ausgefüllt wurde, u. a. die erneut notwendige Verschiebung des WKR-Abends am 7. April, weil das kath. Bildungswerk als Veranstalter vom Bistum verordnet bekam, bis zum 11. April keine Präsenzveranstaltungen durchzuführen ... und das, obwohl ja ab dem 22. März kleinere Konzerte (mit Hygiene-Maßnahmen) wieder grundsätzlich erlaubt werden ... (da gab es nun viel hin & her zu telefonieren) Man wird langsam aber sicher mürbe. Und mich erreichte heute die traurige Nachricht, daß Karsten Gaul (der übrigens ursprünglich als Rezitator jetzt im April vorgesehen war, aber schon aus dem Krankenhaus anrief, um abzusagen) vor drei Tagen seiner schweren Erkrankung erlegen ist. - Im Oktober hatte er ja noch Deine 10 Verbote gelesen.
Aber es gab gottseidank auch Erfreuliches: ich bekam vom Calmus-Ensemble heute einen Probenmitschnitt von dem Dir ja gewidmeten Vokalquintett "...ZEITEN...". Am Montag wird dies dann richtig produziert. Es gibt zwar bei wenigen Klängen noch winzige Intonationstrübungen, aber ansonsten klingt es sehr gut! - vielleicht hast Du Freude daran, schon jetzt den ersten Klangeindruck der Musik zu bekommen. So schicke ich Dir das mal als mp3-Datei.
Bin gespannt, wie das über die Ohren bei Dir ankommt ... Michael
Fr., 12. März 2021, 22:55 Uhr
Lieber Theo,
ich weiß ja, daß Du - wie auch ich - ein Freund der literarischen Wort-Tiraden eines Thomas Bernhard bist. Deshalb folgender Link zum Herunterladen einer Video-Produktion von "Alte Meister" des Theaters Münster, die zu Corona-Zeiten ohne Publikum entstand. Ich bekam das heute via WeTransfer vom befreundeten Schauspieler Gerhard Mohr, der dort mitwirkte und den ich heute gewinnen konnte, den WKR-Abend zum Motto "traumhaft", bei dem ich als Cellist zusammen mit einem ehemaligen Schüler eigentlich am 7. April als Cellist aufgetreten wäre, nun am 30. Juni als Rezitator für Karsten Gaul zu übernehmen. Ich habe mir das gerade angesehen und bin sehr begeistert, auch von der Bühnen-Adaption ! ... und habe (wie schon seinerzeit bei der Lektüre des Buches) herzhaft lachen müssen über so genial verbale & geradezu rauschhafte Überzeichnungen & -treibungen ...
Vielleicht hast auch Du auch Spaß daran, als einen "digitalen Theaterabend" – wie ich ihn gerade hatte: ALTE MEISTER mit Frank-Peter Dettmann, Wilhelm Schlotterer, Daniel Fries und Gerhard Mohr / Regie: Frank Behnke (der Link ist 7 Tage abrufbar)
Michael
Sa., 13. März 2021, 11:16 Uhr
Lieber Michael,
ich höre die Musik wie nüchtern - mit sarkastisch-elegischen Untertönen - vorgetragene Nachrichten.
Danach Alte Meister (die vierte Rezeption nach der Romanlektüre 1985 und 1995 und der Graphic Novel 2015).
Was für ein Morgen! (Bei heftigem Sturm.)
Vielen, vielen Dank!
Theo
So., 14. März 2021, 12:08 Uhr
... ich wußte gar nicht, daß es von den "Alten Meistern" auch eine graphic novel gibt, lieber Theo, aber ich konsumiere diese Art Bücher eigentlich nicht, mir ist diese Art Lesen zu "anstrengend" ...
Ab übermorgen bin ich für drei Tage in Essen als Juror beim Landeswettbewerb "Jugend musiziert" tätig. Gottseidank fällt dieser Wettbewerb, eine so löbliche Einrichtung in diesem Jahr nicht aus (wie corona-bedingt im vergangenen !!!), aber nur die Jury tagt in Präsenz: wir werden zig Videos der jungen Musiker sehen und zu beurteilen haben.
Noch immer ist es draußen stürmisch ... Michael
Do., 18. März 2021, 00:31 Uhr
Lieber Theo, nun bin ich seit zwei Tagen in Essen ...
irgendwie gespenstisch die Atmosphäre im Intercity-Hotel an Bahnhof, wo die
wenigen Gäste sich nur zufällig treffen, wenn man - wie ich grad - mal wieder
der „Rauchsucht“ vor dem Hoteleingang draußen nachgeht. Ich hatte Dir zuvor
schreiben wollen, aber dann verschwand alles unerklärlich hier auf dem iPad
... und nun bin ich zu müde, alles zu erinnern, was ich Dir mitteilen wollte
...
Do., 18. März 2021, 09:35 Uhr
Lieber
Michael,
Fr., 19. März 2021, 12:01 Uhr
… wenn Mails so unvermutet verschwinden: greift da eine heimliche Zensur, lieber Theo? Na, Spaß beiseite: mir passiert das nur gelegentlich beim iPad (wahrscheinlich weil ich am Touchscreen irgendwo versehentlich drankomme … was am normalen Rechner eigentlich nicht so leicht geschieht. Wovon ich Dir schreiben wollte: bekam eine Mail von Michael Stegemann (den ich auch persönlich kenne), der als langjähriger freier Mitaberbeiter des WDR stets hochkompetente Moderationen mit spannenden Akzenten in abseitigerem Repertoire im morgendlichen Klassik-Forum präsentierte. Nun hat er am vergangenen Samstag seine letzte Sendung nach vielen vielen Jahren gemacht und sich dabei (im schon ikonographischen Bild des Klimawandels) mit dem Eisbär auf der schmelzenden Scholle verglichen und vom wohl ebenfalls unaufhaltsamen Kulturwandel gesprochen … er fühle sich zu alt, die diktierten Neuerungen bei der Ausrichtung des WDR-Programms mitzumachen. Das war höflich & dezent formuliert; aber in einem Interview beim VAN-Magazin (https://van.atavist.com/stegemann) wird deutlich, wohin die Reise gehen soll. das dort ausgesprochne „nicht diskutierbar“ (was die Programm-Vorgaben angeht) erinnert mich fatal an das „alternativlos“, was uns die Politik seit einem Jahr zu ihren Corona-Maßnahmen suggeriert ... Gestern stand dazu auch in der FAZ ein Artikel, den ich Dir in getrennter Mail gleich hinterherschicke; vielleicht interessiert es Dich …
Die drei Tage in Essen waren schön, aber auch anstrengend, weil wir ohne größere Pausen von 9:30 – ca. 19:00 Uhr Videos sichteten und die jungen Wettbewerbsteilnehmer zu beurteilen hatten, die ihr Können unter erschwerten Bedingungen dokumentiert hatten. Diese Leistungen der Kinder & Jugendlichen bleiben ein Hoffnungsschimmer in düsteren Zeiten !!! --- Und draußen strahlt die Sonne, etwas Frühlingsgefühl trotz Kälte stellt sich ein.
Michael
So., 21. März 2021, 11:54 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für die erneute Zusendung der Komposition, die ich wieder mit Freude betrachtet habe. Ich habe sie an Axel Kutsch weitergeleitet, der sich wie ich freuen wird, sich darin zitiert zu finden.
Eben erhielt ich erstmals eine E-Mail von Hadaa Sendoo, dem ich vor einigen Tagen geschrieben und meine in englischer Sprache verfaßten Gedichte geschickt hatte. Wie gern ließe ich ihn den Zyklus nicht weniger nicht mehr lesen. Aber immerhin, auf dem Wege der 10 englischen Gedichte, die ich insgesamt geschrieben habe (nicht dazu zähle ich die englisch geschriebenen Gedichte, die einen deutschen Titel haben, ohne den das Gedicht nicht wirken kann), kann Sendoo sich einen winzigen Eindruck verschaffen. Denn das ist viel mehr als nichts.
Theo
So., 21. März 2021, 21:39 Uhr
Lieber Theo,
sicherlich ist es fast unmöglich, nicht weniger nicht mehr halbwegs adäquat ins Englische zu übertragen. Das spricht natürlich in keinster Weise gegen dieses so besondere Großpoem! Bei Deinen englischen Gedichten mit deutschem Titel denke ich, diese wären doch auch für ein Lesepublikum ohne explizite Deutschkenntnisse zugänglich; gibt es nicht auch deutsche Gedichte mit einem englischen Titel ?! – aber wie schön, daß sich die Dichter der Welt so selbstverständlich untereinander ‚vernetzen’, wie Du es nun von Deinem Kontakt mit Hadaa Sendoo berichtest. Sicherlich gelingt das am besten unter Größen, die nicht allzu egoman sind, sondern auch die Qualitäten völlig anderer ästhetischer Positionen als der eigenen erkennen können.
Gestern waren wir nach exakt 20 Wochen erstmals wieder im Museum (mit notwendiger Voranmeldung natürlich): „Hannah Arendt und das 20. Jahrhundert“ in der Bundeskunsthalle. Dort sahen wir zuletzt am 1. November die Klinger-Ausstellung. Irgendwie tat es richtig gut … auch zu sehen, daß man nach der langen erzwungenen Pause nicht der einzige ist, der sich nach solchen Möglichkeiten sehnte …
Nun werde ich ein bißchen ausführlicher im neuesten MATRIX-Heft lesen … das Editorial von Traian Pop gefiel mit in seiner dezenten Art kritischer Beobachtung schon gesternabend …
Herzlichst, Michael
Di., 23. März 2021, 18:42 Uhr
Lieber Michael,
[zu: FAZ-Artikel „zum Tod des polnischen Dichters Adam Zagajewski“]
Di., 23. März 2021, 21:58 Uhr
Lieber Theo, ... und ich habe Zagajewski (den auch ich sehr schätze !) vor ca. 5 Jahren bei einer Lesung in der Buchhandlung Böttger erlebt ... Michael
Sa., 27. März 2021, 22:36 Uhr
Lieber Theo,
beim gestrigen Besuch in der Böttgerschen Buchhandlung fielen mir zwei Bücher in die Hände, die mir beide nach erstem Hineinlesen außerordentlich gefallen: nun quasi posthum eine Sammlung von Essays von Zagajewski, die gerade in diesen Tagen bei Hanser erschienen ist. Zudem eine zweisprachige Anthologie "Die Lyrik der Romandie" mit feinsinnigen Einführungen zu mir größtenteils unbekannten Autoren durch Philippe Jaccottet (schon 2008 bei Nagel & Kimche erschienen) ... was mich fast ein bißchen an Deine Anthologie "Aus dem Hinterland erinnerte ... Und heute waren wir (bevor möglicherweise in wenigen Tagen schon wieder geschlossen) im hiesigen Kunstmuseum, um die Jawlensky-Ausstellung (eine beachtliche Zusammenstellung !), aber auch die Beiträge der Videonale zu sehen. Eine Wohltat, sich dabei unter Gleichgesinnten / -interessierten zu wissen / spüren ... und es waren eine ganze Menge (Kunst-Ausgehungerte)! Alles trägt dazu bei, dabei den Wahnsinn um einen herum für einen Moment ausblenden zu können ...
Morgen wird hier im kleinen Familienkreis der 24. Geburtstag unserer Tochter Clara gefeiert ... auch darauf freuen wir uns.
Und wie geht's Dir? Herzlich, Michael
So., 28. März 2021, 10:39 Uhr
Lieber Michael,
schön, diese wieder sehr erfreulichen Dinge von dir zu lesen. Diese Nähe zur Kultur (und in diesem Fall zur originalen Kunst) wünsche ich mir, seit mir die Mobilität abhanden gekommen ist, sehnlichst.
Aus mancherlei (wenn nicht vielerlei) Perspektive betrachtet, ist modernes menschliches Leben immer (auch) Wahnsinn. (Wer's nicht glaube, lese bei Kafka und Konsorten nach.)
Ich habe eine Woche harter, schwerer Heckenrückschnittarbeit im Garten hinter mir. Da reden wir von - beide Seiten zusammengerechnet - 140 Metern Hecke, die mehr als 3,50 Meter hoch ist. (Du siehst, das nimmt kein Ende, und fertig bin ich immer noch nicht, aber das Ende ist nun immerhin absehbar: Noch einmal ca. drei Stunden, dann ist der Baum-, Hecken-, Stauden-, Strauch-Bestand (der ja schon wieder zu wachsen begonnen hat ...) der tausend Quadratmeter mal wieder vollständig 'frisiert'. Aber wie meinte einst Sepp Herberger: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel ...)
Ja, die Entdeckungen sind immer wieder erfreulich. Ich hatte Evelyn Schlag seit Jahren auf dem Schirm, nun lese ich endlich ein Buch von ihr: L wie Laura. Und bin begeistert von der lyrischen Sprache dieses feinsinnigen Romans.
Morgen geht's wie alle zwei Wochen für drei Tage nach Berzdorf. Da erwarten uns wohl sommerliche Temperaturen.
Das zweite Gedicht im Anhang ist ein Beispiel für die Unübersetzbarkeit des Titels. Dieses Gedicht ist aus meiner Sicht nur interessant im Zusammenspiel von deutschem Paragramm und Ursprungswort mit dem englischen Text.
Eine fröhliche Geburtstagsfeier wünscht:
Theo
Di., 30. März 2021, 10:09 Uhr
... nun hast auch Du, lieber Theo, heute das Alter erreicht, mit dem früher für gewöhnlich der sog. 'Ruhestand' begann ... (ein seltsames eigentlich unsinniges Wort, was vor allem in unsereiner Ohren besonders befremdlich klingt ! - aber ich weiß ja von Dir, daß Dir all solche Daten ohnehin nichts / wenig bedeuten ... dennoch: ich möchte Dir als einem in so Vielem Seelenverwandten von Herzen zu diesem Anlaß gratulieren!) Dich werden diese Glückwünsche wohl in Berzdorf erreichen, und ich denke, Du wirst diesen Tag im Kreis Deiner Familie irgendwie richtig & schön zu gestalten wissen ... die Sonne strahlt heute schon fast sommerlich wärmend dazu ... In Sistig wird Dich eine kleine Ergänzung erwarten ...
Wie immer in Nähe, freundschaftlicher Verbundenheit & herzlichst Michael
Di., 30. März 2021, 11:31 Uhr
Die hiesige Geburtstagsfeier war durchaus vergnüglich, lieber Theo ... wir haben viel gelacht ... und gestern ist Clara wieder ein bißchen bei uns eingezogen: hat in ihrem Keller-Zimmer sozusagen ihre kleine Schreinerwerkstatt untergebracht, da sie sich nun bei einem Umzug in eine andere WG "verkleinern" muß und vor allem nicht mehr - wie zuvor - einen Keller für ihre Werkstatt zur Verfügung hat.
So sehr ich Dich um Deinen großen Park beneide, so froh bin ich dennoch, daß wir hier nur ca. 100qm Gartenfläche zu pflegen haben ... so ein großer Garten bedeutet sicherlich Pflege nahezu rund um das Jahr: ist man mit dem Beschneiden einmal durch, kann man schon wieder von vorne beginnen ... aber es bedeutet sicherlich auch, der Natur kontinuierlich verbunden zu sein ... Wachsen & Vergehen immer wieder vergegenwärtigt zu bekommen ... also: dem Leben ganz nahe zu sein !
Die Lyrik der Romandie entpuppt sich mir immer mehr als eine besondere literarische Kostbarkeit ! - Wenn Jaccottet z.B. zu Pierre-Louis Matthey schreibt, daß er "sich bemüht, dieselbe Leidenschaft in Glück wie in Trauer 'musikalischer' auszudrücken, mit größerer Fülle und stets gleicher metaphorischer Erfindungsgabe und wahrhafter Eloquenz", wie zuvor "in beispielloser Heftigkeit und Offenheit einer noch 'verbotenen' Leidenschaft" so werde ich als geneigter Leser auf eine besondere Art eingestimmt.
Die fast sommerliche Temperaturen werden mich heute nachmittags wieder zu einer längeren Radtour animieren ...
Michael
PS Dein frittengemälde kenne ich ja bereits; aber schön wieder einmal die neuerliche hintersinnige Beuys-Hommage! Do., 1. April 2021, 12:04 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für die guten Wünsche, das Schattenbild und die überraschende Sendung mit zwei sehr schön ausgewählten Büchern, auf deren Lektüre ich mich sehr freue.
Gab es eigentlich schon eine gute Gelegenheit, mehr als einen Blick in das handgemachte Buch zu werfen? (Davon abgesehen, daß ich nur noch drei Exemplare übrig hatte, habe ich unter diesen bewußt dieses Künstlerbuch ausgewählt - weil eben Tina Streheker darin vertreten ist.)
Theo
Do., 1. April 2021, 12:25 Uhr
... aber natürlich habe ich längst das so besondere Künstlerbuch in Gänze gelesen, lieber Theo! : eine wirklich wunderbare Idee, etwas so wirklich Einmaliges zu schaffen! Auch dort ja eine Reihe mir zuvor unbekannter Autoren ...
Die RE-SONANZEN-Cd ist angeblich fertig, ich werde wohl kommende Woche meine Exemplare bekommen ... von denen Du selbstverständlich als einer der Ersten ein Exemplar bekommen wirst.
Michael
Do., 1. April 2021, 12:58 Uhr
Lieber Michael,
die Künstlerbuchreihe ist von 1999 bis 2007 in Karl Friedrich Hackers edition bauwagen (Itzehoe) erschienen, in der Sistiger Edition YE ist von 1993 bis 2008 die Kunstschachtel YE erschienen. Das Prinzip ist vergleichbar, nur daß die Arbeiten in der Schachtel eben nicht gebunden sind. Ich habe seit Jahr und Tag noch 25 leere Schachteln für eine letzte Edition vorrätig: Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach ...
Auf neue Musik von dir freue ich mich immer.
Theo
Sa., 3. April 2021, 10:54 Uhr
... ein lesenswerter Beitrag in der NZZ, lieber Theo, verbunden mit guten Wünschen für ein schönes Osterfest Michael
Dieser Artikel wird Ihnen empfohlen: https://www.nzz.ch/feuilleton/die-geschlossene-gesellschaft-und-ihre-neuen-freunde-warum-es-falsch-ist-die-gesundheit-hoeher-zu-gewichten-als-die-menschenwuerde-ld.1609287?mktcid=smsh&mktcval=E-mail
Sa., 3. April 2021, 11:18 Uhr
Lieber Michael,
auch ich wünsche dir frohe Ostern. Ich lese zur Zeit weitere Bücher von Elazar Benyoëtz (aphoristische Gedichte) und Ivan Klima (Roman). Es ist kalt, aber immerhin schaut zwischendurch die Sonne hervor.
Theo
Sa., 3. April 2021, 11:50 Uhr
... oh ja, kann mir denken, daß Dir Benyoëtz gefällt, lieber Theo ! Auch ich las mit großem Vergnügen & Erkenntnissen zuletzt (aber auch schon sicherlich drei Jahre zurückliegend) "Fraglicht" ... hatte ihn auch ein paar Mal beim WKR dabei ... Ich bin natürlich bei Gelegenheit ebenso gespannt, was Du zum jüngsten Böhriner Büchlein sagen wirst ... Martellas kleines Beethovenbrevier hatte vor wenigen Tagen schon eine kurze Besprechung im hiesigen Bonner GA. Kalt, sonnig, aber nicht ganz so windig wie gestern ist's; mal sehen, wie lange ich heutenachmittag auf dem Rad bleibe ...
Michael
Di., 6. April 2021, 21:45 Uhr
Lieber Theo,
im Moment verfolge ich das Marathon-Konzert aus der Kölner Philharmonie zum heutigen 50. Todestag von Igor Strawinsky auf YouTube ... und ich merke dabei ein erneutes Mal, wie ich immer schmerzlicher musikalische Liveerlebnisse vermisse! - fühle mich als Mensch & Musiker amputiert ... das Hören & Sehen am Bildschirm erscheinen mir wie Phantomschmerzen, die kaum auszuhalten sind ... Innerlich weint es in mir und ich sehe meine Zuversicht dahinschmelzen. - Mir fehlt seit Tagen auch jegliche Kraft, irgendetwas Vernünftiges in Angriff zu nehmen. Der eigentlich für morgen vorgesehene Wortklangraum mußte ein weiteres Mal verschoben werden, das anschließende viertägige Konzertprojekt mit meinen Studierenden in Lindau fällt ebenfalls aus / mußte ebenfalls auf ein noch unbekanntes Datum verschoben werden ... und wo nun der schöngeredete "Brücken-Lockdown" eher wie ein Damokles-Schwert hereinzubrechen droht, stehe ich kurz vor der Kapitulation: am liebsten würde ich alles hinschmeißen, mich als Igel in ein Erdloch zurückziehen, bis dieser ganze kafkaeske Spuk endlich ein Ende hat ... Ich bin im Moment mal wieder total am Ende, fühle, wie sich mir der Hals zuschnürt ... mein Studio wird mir zur Gefängniszelle: ich brauche dringend die frische Luft der Freiheit (nicht nur die der Gedanken, die bekanntermaßen immer frei sind / sein könnten ... (tauge nach einem Jahr Wahnsinn nicht mehr zum stoischen Eremiten)
Michael
Di., 6. April 2021, 23:26 Uhr
... entschuldige, daß ich Dich (mal wieder) mit meiner augenblicklich depressiven Stimmung belästigte ... (irgendwo / irgendwie mußte ich es los werden ... auch, um vielleicht anschließend die gefühlte Enge & Perspektivlosigkeit loszuwerden ...)
Mi., 7. April 2021, 10:58 Uhr
Lieber Michael,
nachdem ich mich mehrfach gefragt habe, ob ich überhaupt der richtige Adressat für diese Art E-Mail bin (besser also gar nicht antworte), habe ich lange überlegt, was ich schreibe. Alles ist Leben ist Versuch, und manches ganz besonders. Also, ich versuche es ... nicht weniger nicht mehr. Alles von dem, was du hier liest, kommt von Herzen, nichts ist ironisch oder gar sarkastisch zu verstehen.
Gleich lese ich einen Roman von Arthur Honegger zu Ende, den ich gestern begann. Dieser spielt in der Schweiz der mittleren 1930er Jahre und erzählt von der Not der Menschen, die sogar im Extremfall sich und ihre Familie umbrachten, weil sie nicht wußten, womit den nächsten Laib Brot bezahlen. Beim Abendbrot berichtete ich meiner Frau von den Leseeindrücken und verband diese mit einem historischen Umriß der Jahre 1914 bis 1989 - betrachtet aus der Perspektive eines 1896 in Ostdeutschland geborenen, dort aufgewachsenen und gebliebenen Menschen, der mehr oder weniger unparteiisch sein Leben fristen wollte und als Belohnung für seine freigeistige Haltung in zwei Weltkriegen dienen durfte, die spanische Grippe knapp überlebte, 1923 zunächst einmal alles verlor, was er geerbt hatte, 1957 aus Rußland heimkehrte (wo er einen Arm verloren hatte), um bis zum Tod (er wurde tatsächlich uralt) - einschl. seiner Familie - von der Stasi drangsaliert zu werden.
Ausriß gen Westen - zum Thema "Wahnsinn": 1923 verkauften meine Großeltern eine Kuh - aus Geldmangel. Der Wohnzimmertisch lag voll mit Papiergeldbündeln, Billionen und Aberbillionen. Mein Onkel, damals 11 Jahre alt, bat darum, sich von ein paar Scheinen ein Stück Lakritz kaufen zu dürfen, was ihm natürlich verweigert wurde. Drei Tage später bekam man für das ganze Geld - Billionen und Aberbillionen - nicht mal mehr ein Stück Lakritz.
Prost Mahlzeit!
Von Walter Kempowski habe ich viele Bücher gelesen. Ein hochinteressantes Werk mit unterschiedlichsten Büchern. In einem der letzten Gespräch heißt es: Und auf dem Grabstein solle ein Satz seiner Mutter Margarete Kempowski stehen: „Es könnte alles so schön sein.“ Da er mich ja ermuntert hat, alles zu fragen, frage ich: Ist das Ihr letzter Wille? Nur kurz denkt Kempowski nach, antwortet dann: „So ein einziges Wort wie ‚schade‘ tut es auch.“
Zum "stoischen Eremiten" tauge auch ich nicht. Wenn es mir möglich ist, prüfe ich morgens nach dem Aufstehen, was möglich ist. Und so beginne ich den Tag und erlebe, was das Leben so mit mir macht. Als chronisch depressiver Grübler ist das alles ja nun nicht gerade selbstverständlich. Und darum arbeite ich daran, Tag für Tag (nein, Stunde um Stunde).
Du beschreibst ziemlich drastisch, wie du dich zu fühlen glaubst. Ich glaube, daß es dir besser geht, als du glaubst. Du glaubst mir nicht? Wurde dir schon einmal der Hals mit einem Seil, mit einem Draht zugeschnürt? Ich las gestern morgen von einer solchen unglückseligen Situation in dem - auf Tatsachen beruhenden - Roman Turbulence von Giles Foden, und es schnürte mir regelrecht den Hals zu. Du siehst, ich kann nachvollziehen, was du beschreibst (aber das tatsächliche Erlebnis, das kann ich nicht nachvollziehen). Das Studio wird zur Gefängniszelle? Warst du schon einmal in einer solchen eingesperrt - in Bautzen zum Beispiel? Und wenn du dich im Studio tatsächlich so zu fühlen glaubst, dann hilft nur eins: Raus aus dem Studio.
Theo
Do., 8. April 2021, 19:00 Uhr
Lieber Theo,
die Sonne schien heute endlich wieder … und es war nicht so mörderisch kalt & windig wie die vergangenen Tage: also endlich wieder auf’s Rad! – was mir immer gut tut. Und so verlaß ich auch mal wieder mein Studio. --- Ich mag Dir zwar möglicherweise übertrieben & zu drastisch meine Stimmungslage vor ein paar Tagen übermittelt haben, aber: es entsprach (vielleicht zu bilderreich) meiner tatsächlichen Gefühlslage in jenem Moment. Aber Du hast wohl Recht: es geht mir besser, sicherlich auch besser als Dir, der mit Einschränkungen gelernt hat, positiv umzugehen … das muß ich ohne Zweifel noch lernen …
Habe gestern angefangen, im zweiten kürzlich erschienenen Band der Erzählungen von Clarice Lispector zu lesen, ihrem faszinierenden Sprach- und Erzählstil (soweit man das bei einer Übersetzung sagen kann) bin ich erlegen, seitdem ich vor Jahren auf Michael Donhausers Anregung hin ihren Roman „Nahe dem wilden Herzen“ las. Die Lektüre schafft es, alles Äußere / Äußerliche (dr)außen zu lassen …
Wieder mehr bei mir selbst angekommen … auch nach dem ersten Rasenschnitt des Jahres eben, Michael
Fr., 9. April 2021, 09:05 Uhr
Lieber Michael,
während es bei dir Clarice Lispector ist (die ich noch nicht kenne), war es bei mir gestern Manfred Chobot, von dem ich endlich ein Buch - mit Gewinn - gelesen habe. Die Welt der Literatur ist wie das Universum, erweitert sich permanent.
In den nächsten Tagen (wenn ich denn dazu komme - s. u. ...) werde ich Böhringer und Lippet lesen. Freue mich sehr auf diese Bücher. (Während ich bei Böhringer Neuland betrete, gehört der in Heidelberg lebende rumäniendeutsche Autor Johann Lippet aus dem Banat zu den Autoren, von denen ich seit Jahren alles lese, was in in die Finger kriege. Und so ist auch die aktuelle Matrix, die du ja schon länger hast, von besonderem Interesse für mich, zumal darin Lippets erstes Buch abgedruckt ist, das ich noch nicht kenne.
In der Nacht las ich das Beethoven-Büchlein, das mir - mit Bild und Wort - viel Freude bereitet hat. Vielen Dank also noch einmal für diese feine Gabe.
Hier hat es tagelang reichlich geschneit, die Landschaft ist grün-weiß gefleckt. Und die Aussichten für Sonntag sind von der Art, daß es wieder kräftig schneien könnte.
Gut also, daß wir ab heute nachmittag bis einschl. Mittwoch in Berzdorf sind, wo u. a. Malerarbeit auf mich wartet.
Theo
So., 11. April 2021, 02:13 Uhr
... noch immer finde ich keine Ruhe, lieber Theo. Du wirst vermutlich nach den angekündigten Malerarbeiten in Berzdorf wohl mittlerweile tief erschöpft & zufrieden schlummern ... Ich habe mich gerade entschlossen, mein "akustisches Protokoll" des scheinbar nicht enden wollenden Lockdowns (countertimecounter) am 23. April - sozusagen "unvollendet" - enden zu lassen. An dem Freitag in knapp zwei Wochen werde zumindest ich nach einer gefühlten Ewigkeit erstmals endlich wieder ein Konzert live hören / erleben dürfen! Da wird im Japanischen Kulturinstitut in Köln mein Sextett "... IMMERHIN ..." seine Uraufführung haben, ziemlich sicher nun eben leider nur als reines 'Geisterkonzert', ohne Publikum also ... aber ich als Komponist werde dabeisein dürfen (mit Corona-Schnelltest vom Tag) - der DLF schneidet mit & es wird wohl auch eine Videoaufzeichnung geben; beides dann später zu sehen / hören --- Was mir eben gerade auffiel: dann wird countertimecounter (an dem Tag endend) zufällig exakt aus 173 Klängen bestehen (für 173 Tage Lockdown vom 2. 11 bis zum 23.4.) = eine Primzahl (bemerkenswert, wo ich doch ein besonderes Fable für Primzahlen habe und diese schon des Öfteren in meiner Musik eine Rolle spielten!)
Dies noch schnell an Dich in dieser Nacht Michael
PS Martella freute sich, daß Du ihr kleines Beethoven-Brevier offensichtlich mit Gewinn gelesen hast!
Do., 15. April 2021, 22:37 Uhr
... eingetroffen sind heute die Belegexemplare der Re-Sonanzen-CD (die ursprünglich schon im vergangenen Jahr erscheinen sollte). Ein Exemplar ist bereits für Dich eingetütet, lieber Theo, und geht morgen auf die Post zu Dir. Wie erging es Dir als "Malermeister" in Berzdorf? Herzlichst, Michael
Fr., 16. April 2021, 09:06 Uhr
Lieber Michael,
das war eine intensive Woche in Berzdorf. Die Malerarbeiten konnten erfolgreich abgeschlossen werden. Und manche Arbeit darüber hinaus. Beim Abschied weinte die vierjährige Katharina so herzzereißend, daß die fünfzehnmonatige Hannah (die sich, wie Katharina, sehr für Bücher begeistert ...) sich solidarisch erklärte und ebenfalls losheulte ... Es war aber auch wieder zu schön gewesen ...
In der vergangen Nacht habe ich Leben im Dativ zu Ende gelesen. Ich danke dir sehr dafür, daß du mich auf diesen Autor aufmerksam gemacht hast. Für mich gehört die Lektüre philosophischer Bücher seit Jahrzehnten zum Programm, wie ich überhaupt stets auch Bücher aller geisteswissenschaftlichen und anderer Richtungen gelesen habe, nie also ausschließlich auf Literatur fokussiert gewesen bin. Es sind zwar immer zu wenig, was diese anderen Bereiche angeht, aber ich kann immer noch nicht mehrere Bücher gleichzeitig lesen. Was ja vielleicht auch gut ist.
Ich freue mich auf die CD!
Theo
Fr., 16. April 2021, 22:07 Uhr
Lieber Theo,
eigentlich wäre ich heute noch in Hannover gewesen / geblieben, zu Besuch bei meinem engsten Malerfreund Giso Westing, so war es vorgesehen im Nachspann einer gestern in Hannover anberaumten Jury-Sitzung für einem deutsch-polnischen Kulturpreis, einer Jury, in der ich seit Jahren sitze. Aber, aber, aber (weswegen wohl?) … diese wurde nun online abgehalten, so also keine Reise nach Hannover. Immerhin hatte mein Vorschlag für den Förderpreis in diesem Jahr Erfolg: ihn bekommt das Deutsch-Polnische Jugend-Jazz-Orchester. Einer der beiden Hauptpreise ging an die Autorin Roswitha Schieb (kennst Du ihren Namen zufällig? – mir scheint sie eine würdige Preisträgerin zu sein), der andere Hauptpreis geht an den polnischen Filmemacher Sylwester Checinski, der bald 91 wird. Giso & ich säßen jetzt sicherlich bei wie immer anregenden Gesprächen über die Kunst, die Musik, die Philosophie mit einem guten Tropfen Rotwein in seinem Atelier …
Daß Dir der Böhringer ein Gewinn war, freut mich sehr! – ich schätze seine Art des Denkens, sein Beobachten, Hinterfragen in durchaus leichtfüßiger, lapidarer und auch manchmal fast zufällig (von einem Wort ausgehend) mäandernder Richtung & Losigkeit. – Alles weniger „Bedeutungs-schwanger“ als bei manch anderem seiner Kollegen, aber dennoch messerscharf in knappen Sätzen formuliert ... und für das eigene Denken stets anregend!
Mittlerweile habe übrigens auch ich das letzte Matrix-Heft – und damit viel von Johann Lippet – eingehender gelesen. ---
Es muß Dir gut gehen – trotz Abschiedschmerzes der Enkelkinder – solche Gefühle zu spüren, die sich in Tränen lösen. Inzwischen denke ich manchmal: wie schade, daß es bei mir / uns wohl zu keinen Enkelkindern kommen wird … aber ich weiß natürlich, wie egoistisch dieser Gedanke ist! – vielmehr sollte (und bin) ich glücklich, daß unsere beiden Kinder offensichtlich in guten Beziehungen & zufrieden leben.
Michael
PS … noch exakt eine Woche bis zur UA von „…immerhin..“ & bis zum Ende von „countertimecounter“ (es ist fast ein bißchen das Gefühl, wie ich als Kind die Tage bis Heiligabend rückwärts zählte …)
Sa., 17. April 2021, 10:43 Uhr
Lieber Michael,
nun sitze ich hier und kann nicht anders, als deine Musik zu hören. 'Deine' Musik, die nun zu 'meiner' Musik wird. Vorsicht also mit dem Possessivpronomen, das ich - wie manches andere Wort - in der Tat mit Vorsicht genieße, nein, überhaupt nicht genieße. Ich plädiere für die Abschaffung des Possessivpronomens.
Du beschreibst die Lektüre Böhringers exakt so, wie auch ich sie erlebt habe.
Von Johann Lippet habe ich viele Bücher gelesen. Er gehört zu denen, die mir das Banat - jene weltweit einzigartige kleine Landschaft (wie auch das Appenzeller Land eine weltweit einzigartige kleine Landschaft ist) - nahebringen.
Derweil schreibe ich an einem neuen Gedicht (das ich gestern begann), in dem es an einer Stelle so klirrt, wie ich es nun an etlichen Stellen höre.
Das Leben mit Katharina und Hannah ist nahezu unbeschreiblich. Ich bin froh und dankbar, daß wir sie alle zwei Wochen sehen, und das jeweils tagelang. Beide malen auch schon grandiose Bilder, die ich rahme und aufhänge zwischen den 'renommierten' Künstlern, deren Bilder ich seit 40 Jahren sammle. Kunst, Musik, Literatur, dieser - klirrende, schwirrende - Dreiklang, that's it.
DANKE.
Theo
Sa., 17. April 2021, 11:05 Uhr
Resonanz auf Re-Sonanzen:
Lieber Michael,
was
für eine
tonwimmelnde
Klangwelt!
Theo
Sa., 17. April 2021, 11:53 Uhr
Lieber Michael,
viel, viel, viel zu schnell rast der Morgen dahin mit Hören, Grübeln, Schreiben, Denken, Schauen. All dies unter tiefblauem Himmel, den ich hinter mir ahne.
So vergehen wir. Nicht Zeit vergeht. Wir vergehen. Gehen mit wehenden Fahnen unter. (Putzmunter ...)
Theo
Sa., 17. April 2021, 12:09 Uhr
… war es nicht Salinger, der in „Fänger im Roggen“ sagte: Kinder können malen, daß man kaputtgeht?! Lieber Theo, auch wir haben hier einige Kinderzeichnungen unserer beiden hängen, neben zig Arbeiten namhafter Künstler. Ich suche gleich mal zwei Beispiele raus … und hänge sie an.
Meine Freude, daß Du so intensiv in die Klangstücke hineinhorchst! – und natürlich nimmt jeder Hörer beim aufmerksamen Lauschen die Musik für sich ‚in Besitz’. So sollte es im glücklichsten Fall ja auch sein! Viel Freude beim wiederholten Hören also … und beim Grübeln, Denken, Schauen ... unter tiefblauem Himmel
Michael
Gabriel (2001) – 12 Jahre damals
Clara (2003) – 6 Jahre damals
Sa., 17. April 2021, 14:05 Uhr
Lieber Theo, ein lesenswerter Artikel des Autors Wolfgang Hegewald; wir waren gleichzeitig Stipendiaten der römischen Villa Massimo ... und haben seitdem ein gutes freundschaftliches Verhältnis.
[FAZ-Artikel: Wider den Analphabetismus im Umgang mit den Hochschulen]
Di., 20. April 2021, 12:12 Uhr
Lieber Michael,
es gibt schon lustige Zufälle: Bevor ich diese E-Mail erhielt, hatte ich mir Wolfgang Hegewalds Buch Der Saalkandidat zum Lesen bereitgelegt (erworben habe ich es bereits vor einiger Zeit). Du kennst ihn also persönlich, stehst sogar seit Jahrzehnten mit ihm in Kontakt! Buch und Artikel habe ich nun gelesen und freue mich darüber, nun auch Wolfgang Hegewald kennengelernt zu haben, den ich bislang nur dem Namen nach kannte.
Seit Tagen arbeite ich an einem Gedicht (ich glaube, ich erwähnte es bereits), und nun beginnt das Gefühl sich breitzumachen, daß ich es loslassen kann. Ich schließe nicht aus, daß sich noch das eine oder andere Wort findet (und dafür das eine oder andere Wort verschwindet), aber ich wage es, das Gedicht anzuhängen.)
Theo
Mi., 21. April 2021, 11:32 Uhr
Lieber Theo,
ja, die Zufälle sind manchmal erstaunlich ! - ich las von Wolfgang Hegewald als letztes sein "Lexikon des Lebens". Den "Saalkandidaten" habe ich noch nicht gelesen. Als er seinerzeit - wenige Monate nach mir - in der Villa Massimo eintraf, war er gerade aus der DDR ausgebürgert, und viele Gespräche rankten sich um dies Thema ...
Dank Dir natürlich für Dein neuestes Gedicht, welches im Moment noch recht enigmatisch auf mich wirkt. Wiederum erstaunliche Wortschöpfungen, wie etwa "hohnhecheln" oder "tausendmundgejammer" (... was man als Beschreibung sogar auf mein Klangstück IV anwenden könnte ...) - ich werde Dein Gedicht wohl noch öfter lesen müssen, um vielleicht mehr entschlüsseln zu können ---
Ich war gestern im Japanischen Kulturinstitut (mit Schnelltest) in Köln zur Probe mit den sechs Musikern für die UA übermorgen ... nur für den DLF-Mitschnitt ... und wohl nur den drei Komponisten als Zuhörern. (Stellte fest: man kann wohl auch heute noch "Ohrwürmer" schreiben: ein fünftöniges Motiv aus dem 3. Teil schwirrte anschließend für den Rest des Tages durch meinen Kopf ...)
Herzlich wie immer, Michael
So., 25. April 2021, 09:37 Uhr
Lieber Michael,
mir gehen die Regelungen nicht weit genug.
Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen. (Blaise Pascal)
Ich habe zu keinem Zeitpunkt eine Verbindung zwischen Freiheitstrechten und Maßnahmen hergestellt. (Es ist traurig, daß sogar FDP-Bundestagsabgeordnete nun dauernd von "Eingesperrtsein" faseln. Das ist billigster Populismus, der vor allem nur 'einfach' zu denken vermögende Menschen aufwiegelt.)
Ich möchte dich, lieber Michael, noch einmal - zum wievielten Mal nun? - bitten, mir keine E-Mails mehr zu schicken, in denen das Thema angesprochen wird.
Das Leben ist schwer genug.
Ich verbreite, wo und wann immer ich kann, positive Gedanken, um die Menschen zum Lächeln, zum Lachen zu bringen. Das tue ich nicht nur in pandemischen Zeiten, sondern tatsächlich lebenslang, wie ich von meinen Eltern weiß. Hoffnung spenden und vermitteln - wie Hölderlin: Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.
Aber gerade in pandemischen oder kriegerischen Zeiten achte ich ganz besonders bewußt darauf, keinesfalls negativen Gedanken zu verbreiten. Auch heute nicht, ein Tag, an dem ich in dem besonderen Bewußtsein lebe, morgen nicht für drei Tage nach Berzdorf fahren zu können.
Ich bitte dich zudem herzlich, lieber Michael, auf diese Antwort-E-Mail nicht zu antworten. Die total unterschiedlichen Standpunkte sind ausgetauscht und klar und bedürfen keiner weiteren Einlassungen.
Viele Grüße auch von meiner Frau, die seit über einem Jahr Tag für Tag Schwerstarbeit unter schwierigen Bedingungen im Labor der Arztpraxis leistet und deren andauernde Überlastung ich zuhause - so gut es geht - aufzufangen versuche.
Es leben Friedrich Hölderlin und Blaise Pascal. (Und Charlie Chaplin: Das Leben ist halb so schlimm.) Und die Musik.
Theo
So., 25. April 2021, 11:37 Uhr
... der Grund, Dich unter die Adressaten genommen zu haben, war schlicht und einfach dieser: alle drei zur Sprache kommenden Stücke haben auch mit Dir zu tun, lieber Theo: bei countertimecounter & ... immerhin ... sind es die vorangestellten Zitate (und nun ist das eine abgeschlossen, sodaß Du die Noten nun komplett hast; das andere ist nun erstmals erklungen) ...und das im PS erwähnte Vokalquintett ist Dir ja sogar gewidmet! Die nun definitive Aufnahme des Calmus Ensembles ist berückend / beglückend schön gelungen! - Vielleicht magst Du Dir das in versöhnlicher Stimmung bei Gelegenheit (bei- ...ZEITEN...) anhören ... Ich habe im JKI auch mein privates Mikro angestellt, damit ich nicht bis zur Sendung des DLF warten muß, um das Sextett nochmals (auch erneut kontrollierend) hören zu können. Solltest auch Du "... immerhin ..." schon jetzt einmal hören wollen: unter diesem WeTransfer-Link könntest Du Dir in den nächsten 6 Tagen die Audiodateien (& auch Partitur) herunterladen: https://we.tl/t-vVXuwvHkpg
Zu Deinem Lieblings-Unthema hier natürlich kein weiteres Wort (wenngleich ich über Deine Fähigkeit staune, etwas aussparen zu wollen / können, was weltweit die Menschen in Atem hält.)
Die Sonne strahlt heute zu einem besonderen Tag, Clara ist im Hause ... wir haben ein kleines Fest-Menu bei einem guten Restaurant abgeholt ... und dem Freiheitsdrang werden wir nachmittags zu zweit oder dritt auf den Rädern nachgehen ... Herrlich, wie derzeit die Natur explodiert ! - Die ganze Bonner Altstadt im Moment ein Farbrausch in Rosarot (s.u.)
Mit dem Ende der Arbeit am Klavierstück & auch ansonsten derzeit gut gelaunt und fröhlich grüßt Dich und Deine Frau herzlich wie stets Dein Michael
Mo., 26. April 2021, 01:03 Uhr
Lieber Theo, zur Nacht nur schnell noch dies: nun ist offensichtlich gerade das komplette Musaik2020-Projekt als Website mit Zusatzinformationen ins Netz gegangen. Hier der Link zu meinem kleinen Beitrag: https://calmus-mosaik.de/michael-denhoff-zeiten/ ... das Calmus-Ensemble hat wohl keine Mühen gescheut, eine ansprechende Sache draus zu machen ... Eine gute Nacht wünscht Dir Michael
Mo., 26. April 2021, 09:24 Uhr
Lieber Michael,
du hast in dem kurzen Beitrag gute Worte zum Wort CORONA gefunden. Das hat mich gefreut. (Bitte gestatte mir den Hinweis, daß Paul Celan das Anagramm Celan auf der ersten Silbe betont wissen wollte (ich habe das in einem seiner Briefe gelesen), es reimt sich also - wie auf S. 15 in nicht weniger nicht mehr nachzulesen - auf W-Lan.)
Ich habe keine Lieblingsthemen. Allein die Vorstellung ... Alles, was Welt ausmacht, ist Thema. Und: Nichts kann nicht Thema sein (oder gar: UnThema ...). (Bei allem immer wieder verblüffenden - geradezu wundervollen - Verständnis im Künstlerischen, so gibt es auch bei uns das eine oder andere eklatante Mißverstehen: Ich hatte mir bei der Antwort gestern soviel Mühe gegeben, das möglichst gut zum Ausdruck zu bringen, was mich nach Kenntnisnahme deiner E-Mail zum wiederholten Mal beunruhigte (das klagend Anklagende), aber die Reaktion (ich hatte inniglich um eine Nichtreaktion gebeten) zeigte, daß das das überhaupt nicht angekommen ist. Was natürlich, aber das - natürlich - nur im Sinne des wunderbar sandigen Bennschen Gedichts, schlimm ist. Oder - im Sinne Kempowskis - schade. Oder - im Sinne des Kynikers - egal ...
Genau dieses Hin und Her wollte ich vermeiden. Wir werden da sowieso nicht zusammenkommen. Muß ja auch nicht sein. Das Leben geht trotzdem weiter.
Also: Schwamm - Kamm (?) - drüber.
Theo
Mo., 26. April 2021, 09:51 Uhr
Lieber Michael, anbei ein kleiner Gruß am Montagmorgen mit einem Gedicht, das ich gestern schrieb. Theo Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre, und wenn’s köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen; denn es fährt schnell dahin, als flögen wir davon. Psalm 90:10
Über die Narben streicht, wirklich, manchmal, der Zweig eines Brombeerstrauchs, ... Werner Söllner
gesellenglück
in die leere gehn
Mo., 26. April 2021, 12:01 Uhr
... zunächst herzlichen Dank für Deinen dichterischen Montagmorgengruß, lieber Theo: sehr fein, lapidar und zudem so wahr & richtig! Zu dumm: eigentlich weiß auch ich seit geraumer Zeit, das mit der Betonung auf der ersten Silbe bei Celan ... aber der Mensch ist ein Gewohnheitstier; seit meiner Jugend habe ich den Namen Celan auf der somit falschen Silbe betont ... und nun ist es wieder passiert ... (bei Schostakowitsch geht es mir ähnlich: ich muß bewußt dran denken, ihn richtigerweise auf der zweiten - nicht dritten - Silbe zu betonen beim Sprechen)
Ich finde das große Gemeinsame in der gegenseitigen künstlerischen Wahrnehmung bei uns beiden bedeutend wichtiger als das aus Deiner Sicht "eklatante Mißverstehen" ... ja, ich mag manchmal auch der klagend Anklagende sein, aber ich kann aus meinem Herzen keine Mördergrube machen, es muß raus, sonst verknote ich mich innerlich. - Du hast hoffentlich bemerkt, daß ich das gesellschaftliche Dauer-Thema aber eigentlich weitestgehend in unserem Dialog auf Deinen Wunsch hin vermeide. Und so soll es auch bleiben.
Der relativ spontane Entschluß, countertimecounter genau an diesem Punkt enden zu lassen, war nicht allein den äußeren Umständen geschuldet (das auch), sondern vielmehr auch eine rein künstlerische Entscheidung: so stimmt die formale Gesamtanlage & musikalische Dramaturgie aus meiner Sicht. Und so fühle ich mich im Moment recht gut, damit ein sicherlich ungewöhnliches aber für mich selbst bemerkenswertes Klavierstück geschaffen zu haben, das nichts wiederholt, was ich bisher in meiner vorigen Klaviermusik zur Sprache brachte ... und zudem zufrieden, weil ich nun beim Sextett merkte, die ganze - zum Teil verzweifelte - Mühe hat sich gelohnt: es stimmt nun so! - Auf Deine Reaktion bin ich bei Gelegenheit gespannt ...
Als Lamm (eigentlich): Schwamm - drüber - auch von mir - Michael
Fr., 30. April 2021, 11:22 Uhr
Lieber Michael,
nachdem ich Peter Handkes ersten Roman Die Hornissen eben zu Ende gelesen habe (es ist das vierundzwanzigste Buch, das ich von diesem Autor gelesen habe), bin ich nun vertieft in George Taboris im Jahre 1943 in Italien angesiedelten Roman Gefährten zur linken Hand, der mich von der ersten Zeile an fesselt. Auf Taboris Werk wurde ich in den frühen 1990er Jahren mit dem starken Stück Jubiläum aufmerksam; seitdem habe ich mehrere Romane von ihm gelesen, die mich allesamt begeistert und sehr nachdenklich gemacht haben.
Zwischendurch sitze ich am Westfenster, blicke in den Garten, nehme die winzigen Veränderungen wahr (erste mausohrgroße Blätter an Birken und Büschen), lausche dem Gezwitscher der Amseln, sehe die Bienenmeise im Kasten verschwinden, der im Kirschbaum hängt, der ganz zart hier und dort eine Blüte andeutet.
Theo
Fr., 30. April 2021, 12:20 Uhr
Lieber Theo,
sicherlich habe ich nicht 24 Bücher von Handke gelesen, wie Du nun, - etwa 15 werden es bisher gewesen sein - aber ich schätze diesen Autor sehr, besonders seine tagebuchartigen Aufzeichnungen nehme ich immer wieder gerne zur Hand. Tabori ist für mich noch zu entdecken ... Deine Zeilen befördern die Neugierde ...
Das Lesen und im Moment das noch intensivere Musikhören (oftmals mit Partitur zum Mitlesen) über meine wirklich fantastischen Klangschallwandler (Lautsprecher), die ich mir vor einem guten Jahr gönnte, gelegentlicher Unterricht der Privatschüler und tägliches Radeln (und ja, auch die Korrespondenz mit Freunden) gliedern die Tage dezent abwechselnd ... Und im Vorgarten erblüht der Flieder.
Michael
Fr., 30. April 2021, 11:53 Uhr
Lieber Michael,
die 24 erwähnte ich nur, weil ich nach so vielen anderen erst jetzt den ersten Roman von Handke las - und unmittelbar zuvor den zweiten (Der Hausierer) ... Es kommt ja wahrhaftig nicht auf die Quantität an: Vielleicht ist es sogar besser, ein großartiges Werk eines Autors nur zu lesen - und dieses wieder und wieder. (Ein verstorbener Freund las Buddenbrooks lebenslänglich einmal im Jahr. Das war für ihn ein Lesefest.)
Ich habe noch nie erwähnt, welche Musik die ist, die ich seit Mitte 2018 am meisten höre: Bruckners 4. und 5. habe ich seitdem sicherlich jeweils 60/70mal gehört, zudem auch im Sommer und Herbst 2018 in der Kölner Philharmonie bzw. der romanischen Kirche Sankt Maria im Kapitol erlebt.
Theo
Fr., 30. April 2021, 13:55 Uhr
... a propos Handke: las dies grad in der FAZ beim Mittagskaffee:
[FAZ-Notiz: Handke bleibt Österreicher]
Fr., 30. April 2021, 14:05 Uhr
... auch dies noch aus der heutigen FAZ; eine gelungene Interpretation, wie ich finde. (Wohl als kleine Hommage zum 95. (!!!) von Mon gedacht ...)
[FAZ – Anthologie: Franz Mon: „worttaktik“ / Michael Lentz]
Fr., 30. April 2021, 20:45 Uhr
Lieber Theo,
nach der heutigen Radtour (wieder einmal nach Siegburg) will ich nochmals kurz antworten. Es gibt so Autoren, da ist man bemüht, möglichst alle greifbaren Bücher in der eigenen Bibliothek zu haben, und hat dann auch (fast) alles gelesen. Wenn dann überraschend noch etwas aus dem Nachlaß ans Licht der Öffentlichkeit kommt, freut man sich ganz besonders! - so erging es mir seinerzeit, als 1997 bei Suhrkamp die Gedichte aus dem Nachlaß von Celan erschienen: es war ein besonderer Glückstag, als ich das Buch beim Stöbern in einer Buchhandlung fand & sofort erwarb! Bei Pessoa, habe ich mir das "Buch der Unruhe" sogar insgesamt fünfmal gekauft (... aber auch, um es bei erneuter Lektüre wieder ganz frisch zu erleben, ohne Ablenkung von den eigenen Eintragungen beim vorigen zurückliegenden Lesen ...). Alle anderen Bücher von ihm habe ich stets kurz nach Erscheinen erworben. Beim von uns beiden ja so geschätzten Jaccottet bin ich (nur die deutschen Ausgaben) fast vollständig ... es fehlen nur zwei frühe Publikationen.
Bruckners Fünfte war mit ca. 17 Jahren der Einstieg der Auseinandersetzung mit seinen Symphonien ... damals als Solocellist im Landesjugendorchester NRW unter Martin Stephani. Heute ist mir die (unvollendet - vollendete) Neunte die Liebste! - Mein Großonkel, der Dirigent Bruno Vondenhoff, der nach dem 2. Weltkrieg als GMD das Musikleben in Frankfurt wieder aufbaute, war ein leidenschaftlicher Verfechter der Brucknerschen Musik! - wenn wir uns trafen, schwärmte er fast regelmäßig von der Genialität dieses "einfachen" gottgläubigen Musikers.
... vielleicht eine gute Idee für den heutigen Abend: Bruckners Fünfte mal wieder mit Partitur zu hören; habe hier die Aufnahme mit Heinz Wallberg (Duisburger Philharmoniker) und Günter Wand (WDR Orchester), zu letzterer werde ich gleich wohl greifen ...
Michael So., 2. Mai 2021, 20:36 Uhr
Lieber Theo,
ich möchte Dich doch teilhaben lassen an einem Glücksmoment, den ich heute hatte. Über das völlig sinn- & zielfreie "Vor-mich-hin-Improvisieren") am Klavier (das mache ich immer mal wieder) kam ich unerwartet auf die Idee, mir einmal wieder das 4. Streichquartett von Dvorak mit Partitur anzuhören. Ich kenne dieses Quartett eigentlich bestens, aber nun - nach längerer Zeit mal wieder [ erstaunlicherweise taucht dieses Quartett so gut wie nie in Konzertprogrammen auf ! ] - erschütterte mich der mittlere langsame Satz mit einer Heftigkeit, die ich in diesem Moment nicht erwartete! Das Besondere: gut siebeneinhalb Minuten verharrt das Cello auf dem tiefen Fis als Orgelpunkt; was darüber als sich verwebende melodische Linien stattfindet, ist wohl das Erstaunlichste, was Dvorak je zustande brachte! Dann wächst aus diesem Fis für einen Takt lang eine kurz aufbäumende Linie des Cellos heraus, fallt aber danach wieder zurück auf diesen Orgelpunkt, diesmal sind es nur noch etwa zwei Minuten ... und dann beginnt ein sich steigerndes Aufbäumen, das direkt in den vehementen dritten Satz führt ... Ich habe hier eine CD-Aufnahme mit dem Prager Streichquartett, die findet man auch im Netz: https://www.youtube.com/watch?v=tiBv-GptHV8 ... sie ist m.E. nicht überwältigend gut, aber leider gibt es fast keine andere Aufnahme von diesem so besonderen Streichquartett. - vielleicht kann das Hören auch bei Dir Ähnliches auslösen wie bei mir ... Ansonsten wünsch ich Dir einen schönen Restabend
Michael
Mo., 3. Mai 2021, 10:07 Uhr
Lieber Michael,
wie ich mich freue!
Und solch tiefgehende Momente, wer hat die, wer kann die überhaupt haben? Es sind die 'happy few', zu denen du nun mal gehörst. Und deshalb hast du auch allen Grund - und vielleicht sogar die 'Verpflichtung' -, auch in ungewohnten Zeiten den Kopf hochzuhalten (auch mal gegen eine innere Empfindung). Denn das Land braucht keine dummschwätzenden Lindners, es braucht empfindende Menschen wie du einer bist!
Und nun klicke ich und höre ich die Musik, die dich so glücklich gemacht hat!
Theo
Mo., 3. Mai 2021, 11:45 Uhr
Lieber Michael,
nun entdecke ich mit dem großartigen Romanerstling Die Stimme der Dunkelheit das Werk des finnischen Autors Asko Sahlberg. Ich schätze Übersetzungen grundsätzlich nicht, aber was bleibt mir übrig, wenn ich die Weltliteratur kennenlernen will?
Also: zum einen Entdeckungen machen in alle geographischen und zeitlichen Richtungen, zum anderen die Werke einzelner Autoren bis in letzte Verästelungen lesen. Von wie vielen Autoren habe ich alles gelesen, das sind in manchen Fällen 30, 40, 50, 60, 70 oder gar 80 Bücher ... Dieser Tage traf ich einen 72jährigen Bekannten nach zehn Jahren wieder, der seitdem viel mehr liest als je zuvor, aber deutliche Vorbehalte gegenüber zeitgenössischer Literatur äußerte. Soll jeder lesen, wie er will; für mich ist die offene Haltung entscheidend, und das habe ich nie bereut. Na ja, Lesen (Literatur, Sprache) ist halt mein Hauptberuf seit mehr als 60 Jahren (das war es, wie du aus Winterbienen im Urftland weißt, schon mit 3 oder 4 Jahren so, als ich noch gar nicht lesen konnte), und mit den Wörtern ist es bei mir wie bei dir mit den Noten.
Bruckners Musik ist in der Tat grandios. Ich freue mich, das durch den Großonkel bestätigt zu sehen. Und die beiden Sinfonien gehören zu den Musikstücken (einige Opern - wie Salome, Zauberflöte, Don Giovanni ... - gehören dazu), die ich so oft gehört habe, daß ich sie so wahrhaft erleben kann, wie du es mit Dvorak beschreibst.)
Danke für ein wunderbares Musikerlebnis.
Theo
Mo., 3. Mai 2021, 15:03 Uhr
Lieber Theo,
eben las ich die heute eingetroffene Mai-Ausgabe der NMZ (Neue Musikzeitung) ... und finde dort zu meiner Überraschung einen netten, gar nicht mal so winzigen Hinweis auf countertimecounter ... auf der Online-Seite der NMZ ist das auch zu finden, wie ich soeben feststelle: https://www.nmz.de/artikel/urauffuehrungen-202105 Nun wechsle ich beim Mittagskaffee zur FAZ ...
Ganz sicher sind Dir Worte das, was mir die Klänge! - das ist unser jeweiliges Zuhause - was uns beide aber nicht daran hindert, auch in die jeweils andere Richtung Ausschau nach innerer Berührung zu halten ... und dies wohl auch mit "Glücksmomenten"! - nicht anders verstehe ich Deine Worte zu Bruckner, Dvorak u.a.
Daß Du schon als 3 oder 4-Jähriger die Neigung zu Büchern hattest, bevor Du lesen konntest, erinnert mich daran, daß meine Eltern mir erzählten, ich habe schon ganz sauber (mit Text) singen können, bevor ich richtig zu sprechen begann ... Die Wurzeln zur späteren Profession scheinen früh gelegt zu sein ...
Weiterhin Freude bei der Lektüre von Asko Sahlberg. Michael
Di., 4. Mai 2021, 10:26 Uhr
Lieber Michael,
ich habe die hocherfreuliche Besprechung gelesen sowie die erste Seite (1:18) gehört, die du auf der Website anbietest.
Derweil stürmt es ziemlich heftig.
Ich verzieh mich hinter die Buchdeckel.
Theo
Di., 4. Mai 2021, 15:03 Uhr
... was hast Du denn da gehört? - auf der Website gibt's von countertimecounter noch nichts zu hören, lieber Theo. Auch hier beugen sich Bäume & Sträucher ... es wird bei dem Sturm draußen wohl heute kein Fahrradwetter sein! Der Idee, sich stattdessen hinter Buchdeckeln zurückzuziehen, könnte auch ich folgen.
Michael
Mi., 5. Mai 2021, 09:02 Uhr
Lieber Michael,
ich habe das Notenblatt auf der Startseite angeklickt.
Theo
Mi., 5. Mai 2021, 10:11 Uhr
... ah, dann hast Du einen winzigen Ausschnitt aus "Sounds and Shodows" gehört, lieber Theo, aber das Ganze hast Du ja auch als CD vorliegen ... Es meldete sich mittlerweile ein Pianist, der möglicherweise schon im Juni/Juli "countertimecounter" aufnehmen möchte. Mal sehen. --- Gestern las ich (nur weil unsere Clara es empfehlend ausgeliehen hatte) Bill Gates Buch zum Klimawandel zu Ende; nun : recht populärwissenschaftlich ... und nicht wirklich neue Erkenntnisse, die wir nicht von anderer Seite auch schon hören & lesen konnten.
Beim Frühstück regnete es noch ... nun lacht schon die Sonne durch's Studiofenster ... Michael
Mi., 5. Mai 2021, 14:43 Uhr
... mit herzlichen Grüßen in "Dein Haus der Sprache", Michael [Frankfurter Rundschau: Franz Mon zum 95. Geburtstag: Das Haus aus Sprache, an dem er lange baut]
Do., 6. Mai 2021, 09:28 Uhr
Lieber Michael,
danke für den Link zum Artikel.
Mit Franz Mon bin ich gemeinsam in einer in einem Berliner Kleinverlag erschienenen Kunstschachtel mit originalgraphischen Arbeiten vertreten. Das hat mich damals gefreut und freut mich immer noch.
Theo
So., 9. Mai 2021, 22:30 Uhr
Lieber
Theo,
Mo., 10. Mai 2021, 18:48 Uhr
Lieber Michael,
Mo., 10. Mai 2021, 21:06 Uhr
Lieber Theo,
na, da könnte doch nach der Phase des „Dauerviellesens“ jetzt eine Phase des Dauerhörens beginnen … einige Empfehlungen könnte ich geben. Zum Einstieg vielleicht aus der Romantik die Siebte von Dvorak, m.E. seine großartigste ! (wo ich Dir kürzlich schon sein 4. Streichquartett empfahl.) Überhaupt ist es erstaunlicherweise bei Dvorak so, daß – so genial auch die populären Werke sind – die wirklichen Meisterwerke von ihm nur ganz selten oder nie im Konzert zu hören sind.
Ich werde Christine Lavant wohl dosiert weiterlesen … und ja, Du hast sie im „Hinterland“ erwähnt ! Aber dort sind so viele mir noch unbekannte Autoren genannt, daß mir ihr Name bei der Lektüre nicht sonderlich aufgefallen war. Aber nun ist sie entdeckt ! Heute las – oder besser gesagt: beschäftigte ich mich mit Beuys’ Kleinsten Aufzeichnungen „Mysterien für alle“. Höchst spannend, sich so in bißchen in sein Denken einzudenken: Links als Facsimile das handschriftliche Blatt und rechts eine ziemlich exakte / lesbare Übertragung seiner Notate. Ein großartig gemachtes Buch (ein Geb.-Wunsch, der mir erfüllt wurde). Aber vermutlich kennst Du es.
Nun erst mal weiterhin Freude beim Neusortieren der Büchersammlung.
Michael
Di., 18. Mai 2021, 23:09 Uhr
Lieber Theo,
überraschend lange (das natürlich nur im Verhältnis zu vorigen Zeiten in unserer immer so anregenden & dicht(erisch)en Korrespondenz) habe ich nicht mehr von Dir gehört ... was ich mir mit einer sicherlich intensiven derzeitigen geistigen Arbeit Deinerseits erkläre ... denn so kenne ich es ja selbst : steckt man tief in der Arbeit, bleibt manches nicht wirklich Drängendes mal einfach einige Zeit liegen ...
Ich habe mittlerweile einiges - mit zig dafür notwendigen Telefonaten - organisiert (u.a. nun ein kleines "WKR-Nachhol-Vorsommer-Festival" : im Wochenrhythmus die nun schon zum 2. mal verschobenen Termine meiner Reihe; ich hoffe irgendwie inständig, es kann so bleiben, kann nun endlich so stattfinden: http://www.wortklangraum.de/wortklangraum2021.htm#uebersicht ... und stelle zudem grad eine musik-literarische "Sprachklangphantasie" für den 17. Juni im KuBa in Saarbrücken mit Wolfgang Korb zum Thema "Flora" zusammen ... (das wird dann auch live im SR2 zu hören sein)
Gestern bekam ich von meinem Verlag (Edition Gravis) den 1. Entwurf zur Druckausgabe von countertimecounter ... der muß aber noch verändert werden, bin so (aus "buch-gestalterischen" Gründen) noch nicht zufrieden.
Ansonsten: viel gelesen ... und auch diverse interessante Gespräche mit klugen Leuten gehört / gesehen, z.B. mit Michael Esfeld, Ulrike Guérot, Jochen Kirchhoff, Markus Gabriel, u.a.
Irgendwie geht es also immer weiter - (als zwischenzeitlichen Gruß in die Eifel) Michael
Mi., 19. Mai 2021, 10:33 Uhr
Lieber Michael,
ich lese heute Raj Kamal Jhas Roman If You Are Afraid Of Heights. Ein märchenhaft schönes - also auch sehr trauriges - Buch.
Ich sitze immer wieder am Westfenster, lausche den Vögeln, beobachte sie. Gestern erstmals den Dompfaff gesehen, der seit Jahren im Garten zu nesten scheint.
Davon abgesehen, daß die Lebensarbeit/Lesensarbeit mich immerwährend bindet, ist diese Zeit keine, die durch besonders intensive geistige Arbeit an einem konkreten Projekt geprägt ist. Dem Lyrikmanuskript wächst gelegentlich ein Gedicht zu - wie zuletzt das angehängte.)
Ich bin entsetzlich müde.
Theo
Mi., 19. Mai 2021, 14:54 Uhr
Lieber Theo,
so unendlich müde, wie Du Deinen Zustand beschreibst, klingt das kleine mitgelieferte Gedicht allerdings nicht ... trotzdem spüre ich eine Ambivalenz von Leichtigkeit & Schwere ... und bei den blauen Pferden muß ich fast zwanghaft an Franz Marc denken ... Müde bin ich auch ... aber nur davon, wovon hier nicht die Rede sein soll ...
Nebenbei tönt aus den Lautsprechern grad Mahlers Zehnte im Bartók-Radio [Internet]... eine Endzeitmusik (unvollendet) ... oder ein weit ins 20. Jahrhundert geöffnetes Fenster !!! ...
Michael
Do., 20. Mai 2021, 13:41 Uhr
[FAZ-Artikel: Hedonisten erwünscht - Manfred Enzenspergers lyrische Pensionsnotate]
Do., 20. Mai, 14:44 Uhr
Lieber Michael,
Do., 20. Mai 2021, 22:02 Uhr
Lieber Theo,
Du hattest mir ja seinerzeit geschrieben, daß Manfred Enzensperger auf nicht weniger nicht mehr sehr positiv reagiert hatte, so dachte ich mir, Dich könnte diese Rezension interessieren ... und vermutlich hast Du besagtes Buch auch schon gelesen ... ich bekam nach der Besprechung auch Lust dazu.
Gestern entdeckte ich während einer Recherche in anderer Sache, daß Heinz-Albert Heindrichs Mitte März gut 90-jährig gestorben ist. Kennst Du seine Lyrik, die ja in 20 Bänden beim Rimbaud-Verlag erschienen ist? - Wir kannten uns lange, waren befreundet, schon vor vielen Jahren habe ich einige seiner Gedichte vertont. Er war zudem ein brillanter Zeichner & auch gar nicht schlechter Komponist! (habe auch seine Musik gespielt) --- und nun ist er tot ... und ich erfahre es zufällig aus dem Internet ... es war mir ein betrüblicher Moment. ---
Heute gab's dafür wieder einmal einen besonderen Glücksmoment: ich durfte im Macke-Museum die derzeitige (aber leider - wegen Corona - zu keinem Zeitpunkt öffentlich zugängliche) Ausstellung mit Arbeiten von Douglas Swan allein & privat sehen, bevor sie in wenigen Tagen wieder - quasi ungesehen - abgebaut wird. Ich kannte Douglas noch, einen feinen in der Bonner Südstadt lebenden schottischen Menschen & Maler mit Neigung zur Musik, der im Jahr 2000 mit 70 bei einem Verkehrsunfall starb. Eine wirklich grandiose Zusammenstellung, gut gehängt, rundum beglückend! - und was für ein Luxus (nur weil ich mit einem Mitarbeiter des Macke-Museums befreundet bin und auch die Leiterin des Hauses mich schätzt, wurde mir das heute möglich gemacht.) Bin richtig dankbar für solch ein einzigartiges Kunsterlebnis! Seine vier Bilder mit unübersehbaren Macke-Bezug hänge ich Dir mal an ...
Einen schönen Abend Dir Michael
Fr., 21. Mai 2021, 10:57 Uhr
Ja, lieber Michael, entsprechende Freunde/Bekannte haben (gut vernetzt sein), das ist schon eine feine Sache. Und wenn man schon in einer Stadt wie Bonn lebt, will man ja auch als Kulturmensch die Kultur erleben.
Ja, von Heindrichs habe ich das eine oder andere Buch gelesen.
Das Buch von Enzensperger empfehle ich uneingeschränkt.
Theo
Mo., 24. Mai 2021, 14:57 Uhr
Lieber Theo,
morgen habe ich das Vergnügen, mal wieder als einer der ganz wenigen live bei einem Konzert dabeizusein: das befreundete Auryn-Quartett (sie spielten seinerzeit die UA meines 4. Streichquartetts und auch die UA von "Hauptweg und Nebenwege") spielt im Bonner Beethovenhaus ein Streamkonzert mit Werken von Haydn, Bartók und Mendelssohn. Die Aufzeichnung ohne Publikum ist mittags (da bin ich dabei) und abends um 20 Uhr wird es ausgestrahlt. Wenn es Dich interessiert: unter folgendem (internen) Link könntest Du das sehen / hören: https://ihrliveevent.de/auryn-quartett/
Jetzt - wo zumindest einige Museen wieder geöffnet haben - fahren wir gleich erst einmal in die Aby Warburg Ausstellung in der Bundeskunsthalle ...
Du bist möglicherweise in Berzdorf (?) Herzlichst, Michael
Mo., 24. Mai 2021, 15:35 Uhr
Lieber Michael,
ja, ich bin in Berzdorf, und hier ist Konzert und Museum nonstop!
Freue mich, daß du diese Gelegenheiten nutzen kannst!
Enjoy.
Theo
Di., 25. Mai 2021, 00:45 Uhr
... I will enjoy ... M.
Di., 25. Mai 2021, 19:25 Uhr
Wenn Du irgendwie Zeit hast, hör Dir das Konzert gleich um 20 Uhr mit dem Auryn-Quartett an, lieber Theo! Es lohnt sich! - es war wunderbar, heutemittag live bei der Aufnahme dabeigewesen zu sein!
Michael
Mi., 26. Mai, 09:32 Uhr
No chance …
Mi., 26. Mai 2021, 22:19 Uhr
… sehr schade! M. Di., 1. Juni 2021, 22:00 Uhr
Lieber Theo,
nun ist seit heute das Konzert mit dem Auryn-Quartett auch auf dem YouTube-Kanal des Beethovenhauses hochgeladen, und Du könntest es nun jederzeit - wenn es Dir zeitlich paßt - ansehen ... wo kürzlich keine Chance für Dich bestand, wie Du schriebst: https://www.youtube.com/watch?v=-UY-XeEm-5I
Mit dem meteorologischen Sommerbeginn heute stellten sich erste Sommergefühle ein ... und schon gestern genoß ich die endlich angenehmen Temperaturen bei einer Radtour zum Schloß Türnich (bei Kerpen).
Ansonsten beschäftige ich mich im Moment ein bißchen mit den frühen Hitchcock-Filmen, die ich bisher noch nicht kannte, die ihn aber auch schon dort als einen genialen Meister im filmischen Erzählen erkennen lassen, wie wir es von seinen großen Klassikern kennen & gewohnt sind ...
Sitze in der Dämmerung im Garten, lausche dem Abendgesang einer Amsel im Kirschbaum ... und sende Dir von hier herzliche Grüße
Michael
Mi., 2. Juni 2021, 08:32 Uhr
Lieber Michael,
während bei dir das Wort "Sommergefühle" positiv konnotiert ist, ist bei mir das Gegenteil der Fall. "Sommer" - außer es ist regnerisch - bedeutet für mich seit vielen Jahren in erster Linie Streß, und Streß macht die Depression stark. (Spätestens 2007 bin ich zum Rain Man mutiert, sehne mich im Sommer täglich nach Regen: Der diesjährige kühle und nasse Mai war ein Geschenk für mich.) Mir geht es zur Zeit so, daß ich fast gar nicht lesen und Musik überhaupt nicht hören kann. Ich hangle mich von Berzdorf-Besuch zu Berzdorf-Besuch.
Theo
Mi., 2. Juni 2021, 21:55 Uhr
Lieber Theo,
ich mag den Regen natürlich auch (zumal so wichtig für die Natur!), aber ich lechze nach Sonnentagen & Wärme: dann blühe auch ich innerlich auf! Kaum lesen zu können & keine Musik hörend zu ertragen ... das stelle ich mir einigermaßen deprimierend vor ... und ich frage mich, was Dich in diese Situation gebracht hat, was Auslöser war, bei 'gutem Wetter' in Streß zu verfallen ... (die menschliche Psyche bleibt in Vielem ein unentschlüsselbares Geheimnis) --- Ich kenne ja aus eigener Anschauung durchaus auch depressive Phasen, und meist sind mir auch die Gründe dafür sogar halbwegs bewußt - auch wenn ich dagegen kaum etwas unternehmen kann - aber ich weiß auch: in den meisten Fällen waren es überschaubare Zeitspannen, die ich einfach nur akzeptierend dulden mußte ... bis aus 'heiterem Himmel' sich die Gefühle wieder zu lichten beginnen ...
Ähnliches wünsche ich Dir von Herzen Michael
Do., 3. Juni 2021, 09:18 Uhr
Lieber Michael,
seit einigen Jahren möchte ich grundsätzlich gar nicht mehr über die Krankheit sprechen. Bei uns hat sich das Thema - auch im Zusammenhang mit der Arbeit oder um Mißverständnissen vorzubeugen, wenn ich das recht erinnere - ergeben, aber jetzt möchte ich das auch wieder beenden.
Es ist für mich - bei aller Offenheit - besser, wenn ich nicht mehr darüber rede. Es ist so ermüdend.
Es ist alles gesagt in all den Jahren.
Der Unterschied ist, das noch zum Abschluß, daß der eine an einer chronischen Krankheit leidet - in diesem Fall Depression gepaart mit Angststörung und Erschöpfung, die dazu führt, daß ich mich fast immer - und das ist keine Übertreibung - todmüde fühle, der andere - nachvollziehbare! - Phasen erlebt, die wohl fast jeder Mensch kennt, zumal wenn er eine Künstlernatur ist.
Wenn ich also künftig immer wieder - auch über längere Zeiträume - zurückgezogen, wortkarg, schweigsam wirke, weißt du, woran es liegt.
Immerhin, heute soll es regnen ...
Theo
PS Ernest Hemingway, dessen Bücher viele durchaus kompetente Leser überhaupt nicht schätzen, gehört seit Jahrzehnten zu den Autoren, von denen ich alles gelesen habe. Er hat mit 61 seinem Leben ein Ende gesetzt, die Depression hatte ihn endgültig besiegt. You can't get away from yourself by moving from one place to another. Der immerwährend rastlos durch die Welt reisende, Gefahren, Abenteuer suchende Hemingway hat uns großartige Bücher hinterlassen. In den letzten Wochen habe ich die Collected Stories sowie den Roman The Sun Also Rises wiedergelesen. Und wenn es nur eine Seite am Tag war, Hemingways total reduzierte Sprache tut mir immer gut.
Do., 3. Juni 2021, 11:28 Uhr
Lieber Theo,
selbstverständlich respektiere ich Deinen Wunsch, auch diese offensichtlich chronische Erkrankung nicht weiter zu thematisieren … und natürlich weiß ich die Begleiterscheinungen – wie Wortkargheit etc. – entsprechend einzuschätzen. Dennoch werde ich mich weiterhin über jede Zeile von Dir freuen, aber es soll Dir nicht auch noch das Schreiben zum „Streß“ werden … schreibe / antworte einfach, wenn Dir danach ist … nicht weniger nicht mehr …
Wir hatten eigentlich geplant, heute für drei Tage nach Münster zu reisen: Besuch des Picasso-Museums & vor allem radeln von dort zu Burgen im Münsterland. Nun haben angekündigte Unwetter uns Abstand von dem Plan nehmen lassen. Ja, es sieht auch hier schon nach Regen aus …
Michael
Do., 3. Juni 2021, 12:10 Uhr
Lieber Michael,
ich danke dir für diese verständnisvolle Reaktion.
Ich sitze müde und ausgelaugt am Westfenster und schaue dem guten Regen zu, wie er Wiese, Bäume, Sträucher, Blumen benäßt. Amseln und Bienenmeisen fliegen hin und her, und ich muß sehen, wie ich irgendwie weiterkomme. Und übrigens: Wenn es mir gutginge, ginge es mir verdammt gut ... Das denke und sage ich so seit vielen Jahren. Es ist kein Selbstmitleid, wenn ich schlicht und ergreifend SCHADE dazu sage. (Das muß erlaubt sein - oder?)
Am Montag fahren wir wieder für drei Tage nach Berzdorf.
Theo
Do., 3. Juni 2021, 22:06 Uhr
Lieber Theo,
wenn ich mich richtig erinnere, habe ich Dich schon vor einiger Zeit in einer Mail dafür bewundert, wie "gelassen" Du mit Deiner besonderen Situation umgehst - eben auch ohne Selbstmitleid (was mir zugegebenermaßen in meinen depressiven Phasen nicht [immer] gelingt ... na, das hast Du ja bereits mitbekommen) ... so paßt auch das lapidare Wort SCHADE jetzt wieder ... Ja, irgendwie weiterkommen, darum geht's letztendlich, und was es jeweils ist, was dies ermöglicht, muß man wohl bereit sein, erwartungslos auf sich zukommen zu lassen. Für mich weiß ich immerhin inzwischen, daß mich die täglichen Klangschritte bei "countertimecounter" für eine gewisse Zeit gerettet haben!
In meinem Studio-Westfenster dezente Abendröte am Horizont unter dominanten dunkelgraublau-schweren Wolken ... aber auf der Fensterscheibe noch die letzten Regentropfen
Michael
Fr., 4. Juni 2021, 20:45 Uhr
Du hast
es sicherlich längst mitbekommen, lieber Theo: Friederike Mayröcker starb
heute. … ich nehme es zum Anlaß, gleich bei einem Glas Wein mal wieder in Deinen „Zischenden Zustand“ zu lesen … Dies in aller Kürze, Michael
Sa., 5. Juni 2021, 10:47 Uhr
Lieber Michael,
ich habe anläßlich des Todes von Friederike Mayröcker etliche E-Mails erhalten, die mir gezeigt haben, daß Menschen reflexartig auch an mich denken, wenn sie von Friederike Mayröcker hören oder lesen. Ist doch gut.
Friederike Mayröcker ist für mich so lebendig wie eh und je. Sie ist gleichsam unsterblich.
In der Nacht habe ich im Halbtraum ein kleines Gedicht geschrieben, das ich gleich aufschreiben werde. Mal sehn, ob es was ist. Theo
Sa., 5. Juni 2021, 17:09 Uhr
Ein geglückter - liebevoll geschriebener - Artikel!
[FAZ – Andreas Platthaus: Zum Tod der Dichterin Friederike Mayröcker]
Do., 10. Juni 2021, 22:35 Uhr
Lieber Theo,
nun geht es endlich wieder los: das in den Dornröschenschlaf versetzte öffentliche Kulturleben erwacht langsam wieder ... gottseidank! ... und gleich bin auch ich wieder mit im Spiel. Plötzlich ist wieder so viel auf einmal zu tun, was man fast verlernt hat in der überlangen Phase des faktischen Stillstandes.
Habe gerade die Laudatio zum Deutsch-Polnischen Jugendjazzorchester, welches ich für den diesjährigen Kulturpreis Schlesien vorgeschlagen hatte, ans niedersächsische Innenministerium abgeschickt ... da drängte nun auch der Termin wegen der Festschrift und der zuvor noch anstehenden Übersetzung ins Polnische.
Tja, und am Samstag feiern wir mit einjähriger Verspätung in Köln endlich den 80. Geb. meiner Harfen-Freundin Helga Storck mit zwei Konzerten (es erklingt auch ein kurzes Stück für 9 Harfen von mir)
Nächsten Donnerstag trete ich als Cellist in Saarbrücken bei einer "Sprachklangfantasie Flora" im KuBa auf; das wird live im SR2 übertragen ... vielleicht hast Du ja Zeit & Lust hineinzuhören: https://www.kuba-sb.de/veranstaltungen/detail/hoerbar-sprach-klang-fantasie-floetentoene-1 (Am Sonntag probe ich erstmals mit Wolfgang Korb dafür.)
Direkt von Saarbrücken fahre ich nach Braunschweig, wo mein Bruder (dort seit vielen Jahren 1. Konzertmeister im Staatstheater) am Sa. & So. seinen Abschiedsauftritt als Solist mit Beethovens Violinkonzert bestreitet.
Und nun ist es auch wieder so warm, daß ich abends lang im Garten sitzen kann (wie im Moment) ... aber auch der Rasen wieder gesprengt werden muß ...
Herzlich wie immer, Michael ( ... aufblühend ... )
Fr., 11. Juni 2021, 09:07 Uhr
Lieber Michael,
wie extrem unterschiedlich wir doch ticken, was die Dinge angeht, die du heute beschreibst.
Das einzige, das ich bis auf weiteres noch auf der Agenda habe, ist ein gemeinsamer Celan-Abend. Mal sehn, ob und wann es dazu kommen kann. Vielleicht im kommenden Jahr.
Viel Glück und Freude mit allem!
Theo
Fr., 11. Juni 2021, 10:14 Uhr
Lieber Theo,
Deine lakonischen Zeilen klingen mir fast wie ein Abschiednehmenwollen … oder lese ich das falsch? : als reduziere sich für Dich inzwischen alles Gemeinsame nur noch auf den angedachten Celan-Abend. Es stimmt mich traurig, daß Du das unterschiedliche „Ticken“ so betonst; fühle ich unberechtigt eine Distanz entstehen? ---
Michael
Fr., 11. Juni 2021, 10:28 Uhr
Lieber Michael,
ja, lieber Michael, das liest du ganz falsch. Es geht mir von Tag zu Tag eher schlechter. Ich beschrieb es ja dieser Tage schon mal.
Also, mach dir keine Sorgen, lieber Michael.
Theo
Fr., 11. Juni 2021, 11:08 Uhr
… ich wünschte, ich könnte ein wenig von meiner derzeit wieder aufblühenden Lebensfreude an Dich abgeben / weitergeben, lieber Theo ! – wobei ich weiß, diese Lebensfreude muß / müßte nicht die gleichen Gründe haben. Mich beruhigt erst einmal Dein Widerspruch in Sachen Distanz … Was soll ich sagen? – nun: eigentlich wissen wir beide, nach einem Tränental folgt irgendwann wieder ein Sonnengipfel … den mögest Du bald wieder am Horizont erkennen, lieber Theo !
Michael
Fr., 11. Juni 2021, 12:38 Uhr
Lieber Michael,
laß es blühen, laß es blühen - wie es in unsrem Garten blüht, blüht, blüht. (Stundenlang von früh bis spät sitze ich in diesen für mich besonders schwer zu meisternden Tagen am Westfenster und schaue stumm dem vielfältigen - gewaltigen - Blühen zu.
Ich hoffe, daß das mit dem Auf-Distanz-Gehen restlos geklärt ist. Wie du nur auf den Gedanken kommen kannst. Auch wenn wir künftig seltener korrespondieren sollten - und sei es einmal im Jahr - hat das nichts mit Auf-Distanz-Gehen zu tun.
Ich freue mich (grundsätzlich) über jede E-Mail von dir.
Theo
PS Das Gedicht schrieb ich am Tag nach dem Tod.
Ich habe ins nasse Gras geschrieben mit meinen Fingern, und … Friederike Mayröcker
ein lied wird gesummt
die sprache blieb bis zum ende : forsch ( der leib bloß der leib der leib war – – – m/o/r/s/c/h )
in memoriam friederike mayröcker ( 1924 – 2021 )
Fr., 11. Juni 2021, 22:51 Uhr
… es blüht, blüht, blüht … auch auf den Steinmauern zum
Roderberg, lieber Theo ! - dank Dir auch für das dichterische Nachrufen der
Mayröcker hinterher - Michael
Mi., 23. Juni 2021, 00:22 Uhr
Lieber Theo,
nun ist mit einem Mal wieder so viel los, daß es mir vorkommt, als hätten wir seit einer kleinen Ewigkeit nicht voneinander gehört ... aber es waren - wie ich eben feststellte - n u r elf Tage. Ich weiß nicht, ob Du zufällig die Live-Übertragung des "Flora-Abends" vergangenen Donnerstag auf SR2 via Internet hören konntest ... aber: für mich war es nach über 8-monatiger Zwangspause öffentlichen Auftretens schon etwas Besonderes, wieder vor einem (wenngleich noch kleinen persönlich anwesendem) Publikum zu spielen!
Bei meinem Bruder, dessen Abschiedskonzert als Konzertmeister mit Beethovens Violinkonzert in Braunschweig ich am Sonntag vor Ort hörte, merkte ich (und auch er), welche Folgen eine solch lange Unterbrechung haben kann: er war merklich nervös und spielte nicht auf dem Niveau, wie ich es sonst von ihm kenne; gottseidank hatte er für's Abonnement-Publikum zwei Konzertwiederholungen ... und schon die zweite ist wohl deutlich besser gelaufen ... Am 7. Juli holt er endlich auch seinen Auftritt in meiner WKR-Reihe nach. Zuvor spiele ich ja bereits nächste Woche mittwochs dort mit einem ehemaligen Celloschüler, der allerdings nicht Cellist, dafür aber ein exzellenter Blockflötist geworden ist! - auch wir freuen uns auf's Wiedersehen & gemeinsame Musizieren -
Auch diesen Donnerstag & Freitag besuche ich Konzerte hier in Bonn (Beethovenzyklus von Evgeni Koroliov) & Erftstadt (Zimmermann + Beethoven-Sonaten) ... Du, der solche Veranstaltungen kaum noch wahrnehmen kannst, wirst dennoch vielleicht erahnen können, was es mir bedeutet, zumindest in diesem Aspekt meines Lebens wieder halbwegs normale Verhältnisse zu haben nach der langen Zeit der Entbehrungen ...
Auch mit meinen Düsseldorfer Studenten fange ich am Sonntag wieder mit Proben- & Unterrichtsarbeit an: zunächst für ein Konzertprojekt, das ebenfalls verschoben nun vom 15.-18. Juli in einer Lindauer Galerie stattfinden wird.
Ich atme auf ... zu ... hin ... --- und grüße Dich von Herzen in die Nacht Michael
Mi., 23. Juni 2021, 16:16 Uhr
Lieber Michael,
ich danke dir für die frischen Zeilen und grüße dich aus Berzdorf. Es ist gut, daß du diese Tage so genießen kannst, und ich freue mich für dich. Bei mir geht es derweil eher weiter abwärts. Ich erlebe eine der heftigsten anhaltenden Krisen der letzten Jahre, die unguten Gedanken rasen trotz der bezaubernden Enkelkinder, die meine Präsenz zum Glück dauernd fordern.
Theo
Do., 24. Juni 2021, 00:51 Uhr
Lieber Theo,
es betrübt mich sehr, daß es Dir noch immer nicht wirklich besser geht - ja, halte Dich fest an den Dich fordernden bezaubernden Enkelkindern! - Und vielleicht könnte sogar auch Musik & Dichtung Deine Stimmung aufhellen ... wie ich eben erst erfuhr, ist unser "Flora-Abend" in Saarbrücken nun doch auch in der Mediathek des SR nachzuhören (ich weiß nicht, wie lange): https://www.sr.de/sr/sr2/sendungen_a-z/uebersicht/mouvement/20210617_hoerbar_flora_mouvement_100.html Damit Du - falls Du hineinhören möchtest - die Musik zuordnen kannst, im Anhang den Handzettel für's Publikum vor Ort (denn anders als die Texte wurden die Musiktitel nicht genannt).
Wieder aus der Nacht herzlich Michael
Di., 28. Juni 2021, 21:39 Uhr
Lieber Theo, ich schicke dir einen kurzen musikalischen Gruß, an dem du vielleicht ein bißchen Freude hast … mich hat diese Version für letztlich 15 Harfen (!) klanglich sehr beeindruckt! https://youtu.be/2rZofwu42ZQ&t=5308s Das wurde heute eingestellt, gestern Abend war Premiere. —- Morgen probe ich dann mit Jeremias Schwarzer für unseren gemeinsamen Auftritt beim Wortklangraum am Mittwoch. —- Im Moment genieße ich die Abendstimmung im Garten und lausche dem aufgeregten Zwitschern einer Mönchsgrasmücke … Michael Do., 15. Juli 2021, 08:06 Uhr
Lieber Michael,
gestern habe ich nach einigen Jahren einmal wieder mit Joseph Buhl, einem befreundeten Autor aus der Nähe Augsburgs, telefoniert und ihm die wundersame Begegnung geschildert, die zu einem über ein Jahr anhaltenden intensiven Austausch führte, ohne den nicht weniger nicht mehr das Licht der Welt wohl nicht erblickt hätte.
Mir geht es anhaltend schlecht. Phasenweise so schlecht, daß ich nicht mehr weiß, wo ich mich lassen soll. Deshalb kann ich nicht einmal Musik hören. In den vergangenen sechs Wochen habe ich fast nichts lesen können.
Das nur zur erneuten Kenntnisnahme dessen, was ich dir vor einiger Zeit schon einmal schrieb.
Theo
Fr., 16. Juli 2021, 00:19 Uhr
Lieber Theo,
natürlich freute mich sehr, von Dir ein kleines Lebenszeichen zu bekommen! - wenngleich Du leider nichts Gutes berichten kannst - Ich dachte gestern auch an Dich, fragte mich, ob Du, der die Regentage so liebst, wirklich glücklich sein kannst bei solch sintflutartigem Regen. Dieser Ausnahmezustand der Natur hat natürlich auch "Ein-Fluß" genommen auf die Besucher-Zahl des gestrigen WKR-Abend, auf den ich mich so besonders gefreut hatte ... es waren letztlich nur gut 25 Zuhörer vor Ort, aber immerhin haben wohl etwa 50 den Livestream verfolgt. (er bleibt online)
Mittlerweile bin ich in Lindau, wo heuteabend das erste von sechs Konzerten stattfand, daß ich mit meinen Studierenden aus Düsseldorf unter dem Motto "Dem Garten abgelauscht" die nächsten Tage bis Sonntag in der Galerie "Skulpturale" gestalte. - auch hier bisher kein wirklich sommerliches Wetter -
Nach-nächtliche Grüße sendet Dir Michael
Mi., 28. Juli 2021, 23:04 Uhr
am 21. Juli ... ging nun das kleine WKR-(Nachhol)-Sommerfestival zu Ende, lieber Theo ... und ich weiß nicht, ob Du überhaupt in der Lage warst, irgend etwas davon zu verfolgen, aber ich bemerkte am späten Abend des vergangenen Mittwochs, daß genau am 21. Juli vor einem Jahr mich Deine erste überraschende Mail erreichte, nachdem Du den Mitschnitt vom 90. Abend gesehen hattest ... Nun scheint das so anregende Gespräch, welches sich daraus entwickelte, etwas ins Stocken geraten zu sein ... So soll Dich dennoch hiermit einmal mehr mein herzlicher Gruß und das Denken an Dich erreichen
Michael
Do., 29. Juli 2021, 10:38 Uhr
Lieber Michael,
wollen wir uns nicht über das freuen, was wir so intensiv miteinander erlebt haben? Das war dermaßen intensiv, daß immer klar war, daß das so nicht bleiben würde. Daß mich seit drei Monaten ein depressiver Schub quält, der in den letzten Woche eher heftiger geworden ist, macht das Leben nicht einfacher.
In Sistig haben wir zudem seit der Überflutung weder Internet noch Telefon (Strom und Wasser waren bei uns nach wenigen Tagen wieder da), ich bin also ziemlich abgeschnitten.
Seit gestern sind wir in Berzdorf (bis morgen).
Weiterhin kann ich kaum lesen, habe immerhin ein paar kleine Gedichte schreiben können, mal sehn, ob sie was taugen.
Theo Mi., 4. August 2021, 22:10 Uhr
Lieber Theo,
nun kommen meine heutigen Grüße aus Heek, wo ich derzeit für eine Woche an der dortigen Landesakademie Kammermusik unterrichte. Es macht Freude, auch wenn die Teilnehmer keine Profis sind, sondern begeisterte (und oftmals doch erstaunlich fähige) Liebhaber sind ... ja, sie lieben die Musik! - und sie sind neugierig! So unterrichte ich z.B. ein solch abseitiges Werk wie das Streichquartett von Otto Nicolai.
Vorgestern erreichte mich hier eine schriftliche Interview-Anfrage für das Programmbuch eines Musikfestivals im Ruhrgebiet zu "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" im Herbst. Dadurch erfuhr ich zufällig, daß am 3. Oktober auch Stücke aus meinem Klavierzyklus ATEMWENDE auf dem Programm stehen werden. Da ich bei den Antworten auf die drei Fragen auch Deine Celan-Hommage "nicht weniger nicht mehr" erwähne, hänge ich Dir das mal an ... vielleicht magst Du's lesen ...
Ansonsten hoffe ich natürlich sehr, Dein Zustand verbessert sich bereits wieder ... und es keimt auch wieder so etwas wie Lebensfreude ... Herzlichst, Michael
Sa., 28. August 2021, 01:22 Uhr
Lieber Theo,
ich weiß nicht, ob Du nach der Flutkatastrophe inzwischen wieder "digital mit der Welt vernabelt" bist ... aber sonst findest Du diese Nachricht vielleicht bei deinem nächsten Besuch in Berzdorf ... Gestern starb Ales Rasanau (Du wirst seine Texte sicherlich kennen & schätzen !!! - so wie ich !) - ich fand heutefrüh in der NZZ diesen (gut geschriebenen) Nachruf: https://www.nzz.ch/feuilleton/weissrussland-nachruf-auf-den-grossen-dichter-ales-rasanau-ld.1642375?mktcid=nled&mktcval=164_2021-08-27&kid=nl164_2021-8-26&ga=1&trco= ... möglicherweise interessiert es Dich.
Es gäbe noch viel mehr zu berichten (z.B. wie ich heute in die geistige Welt der "Blauen Vier" ein- und untergetaucht bin), aber nun bin ich doch langsam zu müde, um hier noch ausführlicher zu schreiben ... Deshalb hier nur noch nächtliche aber wie immer herzlichste Grüße Michael
Di., 31. August 2021, 09:50 Uhr
Lieber Michael,
ich lebe ohne jeden Antrieb dahin - verlorene Zeit? Danke jedenfalls für die gleichnamige Lektüre, die du mir mit handgeschriebenem Brief als Antwort auf Mittendrin schicktest.
Der Hinweis auf den Tod von Ales Rasanau war Anlaß, noch einmal zu dem grünen Gedichtbuch von ihm zu greifen, das ich vor einigen Jahren las.
Ich freue mich immer, von dir zu hören.
Theo
Di., 31. August 2021, 22:59 Uhr
Lieber Theo,
"mittendrin" in den letzten Vorbereitungen für den viertletzten (97.) WKR-Abend morgen um 20.30 Uhr mit einer grandiosen taiwanesischen Pianistin - kurz meine Antwort: bist Du nun wieder via E-Mail zu erreichen? - oder schriebst Du von Berzdorf aus? (mit der Sonderausgabe von damals hast Du ein Beispiel meiner damaligen Noten-Kaligraphie. - heute gibt's ja nur noch die Computer-Reinschrift) Heute erreichten mich die 5 Autoren-Exemplare der Druckausgabe von "countertimecounter" von meinem Verlag (nun sieht es gut aus ... mit genügend freien weißen Flächen ...)
Tja, und am 5. Oktober werde ich endgültig in der Robert-Schumann-Hochschule verabschiedet ... also: dann beginnt mein "Rentner-Leben" ... mal sehen, wie sich das anfühlen wird ...
Herzlichst, Michael (der sich ebenso freut, von Dir zu hören!) Di., 7. September 2021, 21:30 Uhr
... ich hoffe, Deine Antriebslosigkeit hat sich etwas gelegt, lieber Theo. Wir waren gerade drei Tage "Sternradeln" von Bingen aus, bei herrlichem Spätsommerwetter. - Energie tanken.
Heute hatte ich ein Gespräch wegen einer geplanten dokumentatorischen Schrift aus Anlaß des am 1. Dezember anstehenden Endes meiner WORTKLANGRAUM-Reihe mit dem 100. Abend. Es wurde überlegt, wen man alles um ein Kurz-Statement dafür fragen könnte (Komponisten, Schauspieler, Musiker etc.) - mir kam der Gedanke, auch Dich vielleicht zu bitten ... vielleicht wenige Worte darüber, wie über Dein zufälliges Entdecken des Livestreams des 90. Abends (taumelnd) mit Deinem Text sich unser "großes" Gespräch ergab ... bis hin zu Deinem "großartigen" Celan-Poem. - So wäre damit gleichzeitig auch schon eine Brücke geschlagen zum 1. Abend des nun folgenden spartenübergreifenden & dialogischem Projekt, das im nächsten Jahr auf den WKR folgen soll, wo ich ja immer noch davon träume, wir können dabei erstmals gemeinsam auftreten! Ich bitte Dich also um wohlwollendes Bedenken, wenn Dich bald Herr Dr. Johannes Sabel diesbezüglich anschreiben wird ... er koordiniert als Leiter des KBW diese geplante Publikation.
Draußen noch im Garten sitzend grüßt Dich herzlich wie immer Michael
Fr., 10. September 2021, 15:00 Uhr
Lieber Michael,
das ist eine gute Idee, und ich hoffe, etwas beitragen zu können.
Und: Dein Traum ist mein Traum!
Theo
Fr., 10. September 2021, 20:40 Uhr
Lieber Theo,
wie freut mich, daß Du bereit bist, eine Kleinigkeit für die geplante Dokumentation zu schreiben! Und nicht minder freute mich heute Deine überraschende Postsendung! - und schon jetzt erwarte ich wie immer anregende Lesezeiten mit Deinen Texten! Tausend Dank! - Im Moment ist nur soviel anderes zu planen & organisieren ... aber die Zeit wird kommen ...
Ganz besonders herzlich Michael
Mi., 22. September 2021, 21:47 Uhr
Lieber Theo,
bevor ich morgen für vier Tage (zusammen mit meiner Frau und unserer Tochter) an die See nach Katwijk / Holland zum Ausspannen reise, Dir noch einen kurzen Gruß. (Mein Malerfreund Giso Westing verwies mich eben auf das Hörspiel "Am Ziel" von Thomas Bernhard, welches ich erstaunlicherweise noch nicht kannte / kenne, denn das scheint in Katwijk zu spielen ... und wäre ideale Reiselektüre, fände ich es in meiner umfänglichen Bernhard-Bibliothek ... es ist aber nicht dabei!) So nehme ich mir (sicherlich nicht minder lohnend!) Dein "Ohne Punkt & Komma" mit !!!
Die vergangenen Tage waren sehr arbeitsintensiv (fast nur organisatorische Angelegenheiten) ... und am Wochenende erreichte mich noch die Nachricht, daß der junge, extrem begabte 27-jährige russische Schlagzeuger, der am 6. Okt. beim WKR zusammen mit einer ebenso begabten Cembalistin auftreten sollte / wollte, aus dem Leben geschieden ist. Das Programm war zu ändern ... und auch meine Textzusammenstellung ... aber am meisten schmerzt mich dieser so unerwartete Tod !
A propos: beim dann vorletzten Abend meiner WKR-Reihe am 3. November wirst auch Du noch einmal vertreten sein mit einem etwas kürzeren Text (here is the good news ...)
Traian Pop kontaktierte mich kürzlich wg. einer Abdruckerlaubnis von "countertimecounter" (noch im damaligen Zustand als work in progress) für die kommende MATRIX-Ausgabe. Ich vermute, Du hattest im "Hintergrund" Deine Hände dabei mit im Spiel ... Obwohl das Stück ja nun bereits seit Kurzem unvollendet beendet bei der Edition Gravis als Druckausgabe vorliegt (https://www.editiongravis.de/verlag/product_info.php?info=p2671_Countertimecounter.html), konnte ich bei meinem Verlag dennoch eine Erlaubnis erwirken, es im früheren Zustand bei MATRIX abzudrucken ... aber möglicherweise weißt Du das alles ohnehin bereits über Traian Pop.
Dies für den Moment, sehr herzlich natürlich Michael
Do., 23. September 2021, 08:52 Uhr
Lieber Michael,
ich weiß von "Am Ziel", habe es jedoch nicht gelesen. (Ich kenne sämtliche Prosa und Lyrik von Bernhard, habe aber nur fünf oder sechs Stücke gelesen / gesehen, die ich allerdings alle GRANDIOS finde.)
Gegen "Ohne Punkt & Komma" ist aber auch nichts einzuwenden ...
Traian ist auch in diesem Jahr extrem fleißig; endlich bereitet er die überfällige Matrix-Ausgabe vor, für die ich ihm "countertimecounter" sowie Gedichte von Christa Wißkirchen empfohlen habe.
Dank mehrerer großer Arbeitsaufträge von Traian, die ich nicht ablehnen konnte, hätte ich ihn nicht im Regen stehen lassen wollen, komme ich seit einigen Wochen wieder besser durch die Tage.
Es freut mich natürlich, daß "here is the good news" Teil des WKR-Programms sein wird. (Danke.)
Eine schöne, erholsame Reise wünscht
Theo Sa., 2. Oktober 2021, 10:48 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für die CD, über die ich mich - wie jedes Mal - sehr gefreut habe. Meine MD-Sammlung wächst und wächst. (Ich bin noch nicht zum Hören gekommen, weil sich zum einen die notwendige Stimmung nicht eingestellt hat und ich zum anderen entweder viel in Berzdorf bzw. sehr beschäftigt mit Pop-Aufträgen bin - worüber ich sehr froh bin: Gestern habe ich z. B. die Übersetzung eines chinesischen (!!!) Gedichtbuchs abgeschlossen, das ich - gleichsam im Blindflug - mit Hilfe der englischen Rohfassung (in der die Poesie restlos verloren gegangen war ...) ins Deutsche übertragen habe. Ich bin gar nicht mal so unzufrieden. Bis auf drei oder vier Gedichte kann ich gut mit dem Buch leben, ohne daß es mir wirklich wichtig wäre wie die bisherigen Bücher, die ich übertragen habe bzw. bei denen ich mitgearbeitet habe.
Ich möchte in diesem Zusammenhang betonen, daß wir hier nicht beim Schachspiel sind, wo es den erzwungenen Bauerntausch gibt.
Wenn ich dir etwas schicke, braucht es also wirklich nicht immer etwas zurück zu geben.
Ich denke noch über den Text nach, den ich zum WKR beisteuern möchte. (Bis zum 31. Oktober habe ich Zeit.)
Bis bald:
Theo
Sa., 2. Oktober 2021, 10:57 Uhr
Lieber Michael,
hier noch die Bitte, künftig diese neue E-Mail-Adresse zu verwenden: Theo.Breuer@magenta.de.
Vielen Dank!
Theo
Sa., 2. Oktober 2021, 11:58 Uhr
Lieber Theo,
bei der schon älteren Wergo-Portrait-CD handelt sich um zwei "Schwergewichte", die man in der Tat nicht so nebenbei "konsumieren" kann. Insofern: hebe Dir das auf für einen geeigneten Zeitpunkt auf. Das 4. Streichquartett (insbesondere der 1. Satz) ist mir vor allem aus dem Grund wichtig ist, weil ich die schockhafte Wirkung, die seinerzeit die "Große Fuge" von Beethoven als 13-Jähriger bei mir auslöste, hier - aus meiner Sicht (bis heute) - eine gelungene musikalische Gestalt fand. Das "Traumbuch" ist eigentlich 75 Minuten lang ... es fehlt also Einiges, die Ausschnitte können aber gut vermitteln, worum es mir damals ging. Die Zusammenarbeit mit Horst Bienek war übrigens seinerzeit sehr erfreulich, weil er mir erlaubte, seine Texte wie ein Steinbruch nutzen zu dürfen, weil er meinte, für Musik gelten andere dramaturgische Notwendigkeiten als bei einem Buch.
Gut, daß Du gut beschäftigt bist! - Mittlerweile habe ich "Ohne Punkt und Komma" schon ungefähr zur Hälfte gelesen und bin erneut fasziniert, wie und mit welcher Zuneigung und Intensität Du in der Lage bist, dem Leser Dein Leseerlebnis zu vermitteln! - Nicht zuletzt war ich beeindruckt vom literarisch poetischen Post-Post-Skriptum !!!
Herzlich ins Wochenende (über die aktaulisierte Mail-Adresse) Michael
Di., 5. Oktober 2021, 18:15 Uhr
Lieber Michael,
das Buch, das du mir heute geschickt hast, hat außerordentliche Freude ausgelöst.
Vielen, vielen Dank dafür!
Das sind die Momente, für die es sich lohnt, diese Arbeit zu machen.
Theo
Di., 5. Oktober 2021, 22:28 Uhr
Es freut mich sehr, lieber Theo, daß Dir das geschickte Programmbuch so gefällt; auch ich finde es außerordentlich gut gemacht, und der Versuch einer "jüdischen Musikgeschichte" am Ende finde ich eine bemerkenswerte (Fleiß-)Arbeit meines Kollegen & Freundes Rainer M. Klaas, dem es als Pianist vorgestern vortrefflich gelang "jenseits der Menschen" zu "singen" ... (Nr. 7 aus: Atemwende) Michael
Mo.,11. Oktober 2021, 11:52 Uhr
Lieber Theo,
vielleicht hast Du Zeit und Lust, heuteabend die Übertragung des UA-Mitschnitts vom 23. April meines Sextetts "...immerhin..." op. 120 im DLF um 21:05 Uhr zu hören: https://www.deutschlandfunk.de/musik-panorama.1759.de.html Das Stück steht direkt am Anfang der Sendung.
Michael
Mo.,11. Oktober 2021, 12:31 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich, daß deine Musik heute diese Öffentlichkeit bekommt.
Da ich in Berzdorf bin, ticken die Uhren wieder anders, und ich werde nicht zu den Hörern gehören können.
Theo
Mo.,11. Oktober 2021, 12:47 Uhr
… vielleicht kann man das später noch im Konzertplayer des Senders nachhören … Dir erst einmal eine gute Zeit in Berzdorf!
Di.,26. Oktober 2021, 22:48 Uhr
Lieber Theo,
ich habe gerade zwei sehr unterschiedliche, aber auf ihre jeweilige Art schöne bzw. auch unterhaltsame Bücher gelesen ... von zwei Autoren, die ich persönlich kenne / schätze: Tina Strohecker zeichnet in poetischen Albumblättern (ausgehend von Fotographien) ein Liebe-volles, sensibel emotionales Portrait der Tschechischen Deutschlehrerin (& Havel-Gefährtin) Hana Jüptnerov, die sie bis zu ihrem Tod begleitete - ("Hana ... oder das böhmische Geschenk") Und gestern zuletzt den neuen Roman von Hans-Ulrich Treichel "Schöner denn je", dessen lapidarer Tonfall den Leser (mich) vom der ersten Zeile in den Bann zieht (zog) ... und so bei manchen notierten Gedanken mehrfach innerlich schmunzeln ließ, weil in vergleichbaren Situationen früher so ähnlich selbst oft gedacht.
Ansonsten stehen die Vorzeichen unterm Stern der bald endenden WKR-Reihe (wo ja beim vorletzten Abend nächsten Mittwoch u.a. auch von Dir "here is the good news" (erneut von Timo Berndt) gelesen werden wird).
---- Und draußen die herrlichen, geradezu verschwenderischen Herbstfarben der Natur, die ich bei diesem schönen Wetter täglich radelnd inhaliere! - bestes Seelenfutter!
Michael
PS. da ja verpaßt: "... immerhin..." kannst Du über folgenden Link (Sendung vom 11.10.) immer noch nachhören. In der kurzen Anmoderation (nach ca. 12 Min) wirst auch Du erwähnt. https://www.deutschlandfunk.de/musik-panorama.1759.de.html
PPS wartest Du auch auf die kommende MATRIX-Ausgabe? - Traian Pop scheint etwas in Verzug geraten ...
Mi., 27. Oktober 2021, 09:17 Uhr
Lieber Michael,
schöne Koinzidenz: Ich lese zur Zeit ebenfalls das neue Buch von Tina Stroheker! (In der übernächsten MATRIX werde ich einige Seiten daraus vorstellen.)
Von Treichel habe ich ebenfalls viele Bücher (Lyrik und Prosa) gelesen, schätze seine lakonische Art sehr.
Ja, bald geht die WKR-Reise zu Ende, und ich freue mich, noch einmal dabeizusein!
Bin in Berzdorf, werde gleich mit Hannah an den herbstlich geschmückten Palmersdorfer Bach gehen.
Dem DLF-Link werde ich bald folgen.
Theo
PS Matrix ist fertig, sollt im Druck sein, also auch bald ausgeliefert werden. Im Einmannverlag ist es nicht leicht, alle Dinge so zu erledigen, wie sie geplant sind. Traian Pop macht eigentlich zuviel, was ich ihm auch seit Jahren sage. Aber er kann nicht anders. (Das Buch von Tian He, das ich übertragen/nachgedichtet habe, ist auch fertig, wird bald kommen.)
Mi., 27. Oktober 2021, 16:13 Uhr
... oh, in der Tat ein denkwürdiger Zufall, daß wir beide unabgesprochen dies neue Buch von Tina (Stroheker) gelesen haben, lieber Theo ! Der Palmersdorfer Bach ist beim derzeitigen Sonnenschein sicherlich eine feine Adresse ... Ich breche nachher auf nach Köln, um in der Kunststation St. Peter ein Konzert (u.a. mit Werken von B.A. Zimmermann) zu hören
Herzlich, Michael
Sa., 30. Oktober 2021, 00:55 Uhr
lieber Theo, solltest Du morgen zum Wochenende zufällig wieder mal in Berzdorf sein: ich lade Dich ein, um 19 Uhr in der KuMs Brühl bei meiner Abschieds-Vorstellung (die eigentlich schon vor exakt 9 Monaten stattfinden sollte) dabeizusein: https://www.bruehl.de/k/veranstaltungen-details.aspx?id=fb3f9801-77f5-4f13-b604-fe9de2dfbe86&datum=30.10.2021 Das detaillierte Programm im Anhang. Wir hatten heute unsere gemeinsame Probe ... und es war sehr schön & nett, einige der ehemaligen Schüler nach langer Zeit mal wieder zu treffen ... und zusammen zu musizieren.
Herzlich in die Nacht Michael
Sa., 30. Oktober 2021, 09:00 Uhr
Lieber Michael,
wir haben vor ein paar Wochen wieder vom Freitag-bis-Sonntag-Rhythmus auf Montag-bis-Mittwoch-Rhythmus umgestellt.
Ganz klar: Ich wäre gekommen ...
Wir werden schon noch zusammenfinden. (Ich denke täglich an zukünftige gemeinsame Veranstaltungen, zwei sollten es in jedem Fall werden: Der Celan-Abend läuft uns nicht weg, da wir beide zeitlose Werke dafür haben.)
Ich wünsche dir und den Gästen einen gelungenen Abend!
Theo Di., 2. November 2021, 15:46 Uhr
Lieber Michael,
ich wünsche dem Abend einen schönen Verlauf mit reichlich Gästen.
Es freut mich, mit einem Gedicht vertreten zu sein!
Theo
Di., 2. November 2021, 16:27 Uhr
Lieber Theo,
Dank Dir für die guten Wünschen zum vorletzten WKR-Abend morgen. Vielleicht kannst Du ja zumindest online dabeisein ... Mein Konzert-Abschied in Brühl am Samstag war eine rundum schöne Sache! - nicht zuletzt auch das anschließende gesellige Zusammensein. Es ist einfach schön zu sehen / spüren, was aus den ehemaligen Kindern / Schülern geworden ist. Die älteste, die mitwirkte und die ich vor rund 40 Jahren unterrichtete, ist längst eine angesehene Musiklehrerin am Max-Ernst-Gymnasium. Ich spürte eine große Wertschätzung meiner langjährigen "Nebentätigkeit", auch von Vertretern der Stadt ...
Michael
Di., 2. November 2021, 17:20 Uhr
Lieber Michael,
wie ich schon schrieb: Ich wäre gern dabei gewesen!
Glückauf:
Theo
Do., 4. November 2021, 21:56 Uhr
Lieber Theo,
ich weiß nicht, ob Du den WKR gestern am Screen verfolgen konntest ... ich denke, Timo hat Deinen Text bestens (auch schauspielerisch) über den Bühnenrand gebracht! Nun ist das Video auch auf der WKR-Seite zu finden, jetzt auch (bei "mehr ansehen") mit Time-Links, um die einzelnen Programmpunkte direkt anzusteuern zu können - und bei der Musik habe ich meine eigene bessere Audio-Aufnahme unterlegt. Direkt zu Deinem Text geht's über diesen Link: https://www.youtube.com/watch?v=lAh1VHmS5po&t=2345s (... vielleicht magst Du ja Jemanden damit beglücken ...)
Gestern kam auch die aktuelle MATRIX-Ausgabe: leider sind die Notenseiten von "countertimecounter" nicht in sonderlicher Qualität abgedruckt, was ich nicht verstehe, weil ich das in optimaler PDF-Qualität an Traian Pop geschickt hatte ... Ist aber auch nicht so wichtig.
Herzlich, Michael
Do., 5. November 2021, 08:59 Uhr
Lieber Michael,
ich bin eine ehrliche Haut und rede selten drumherum: Ich habe das gestern glatt vergessen (nach einem arbeitsreichen Tag hing ich am Abend in den Seilen).
Um so mehr habe ich den Vortrag jetzt genossen. Timo Berndt hat einen feinen Akzent (lediglich das Wort 'pour' - mit offenem o gesprochen hat er wie 'poor' ausgesprochen).
DANKE.
Theo
PS Ja, was mag da in der Druckerei passiert sein? Ich habe mir schon seit vielen Jahren angewöhnt, auf Druckfehler egal welcher Art so gelassen wie du zu reagieren - oder gar das Positive zu sehen: beste Dada-Art, mit solchen Dingen, die man eh nicht ändern kann, umzugehen. Wie sagte einst der Trainer von Eintracht Frankfurt, als man in letzter Minute die deutsche Fußballmeisterschaft verpaßte: Lebbe geht weider!
So., 14. November 2021, 21:09 Uhr
Lieber Theo,
zurück aus Essen, wo wir nun am Wochenende zwei Konzerte in der Philharmonie hörten (sehr bewegend das WTK II von Bach mit dem fantastischen Evgeni Koroliov gesternabend!) und einem Besuch des Folkwangmuseums (nach ewig langer Zeit mal wieder ... wollte mal wieder Gelmeroda IX von Feininger im Original sehen), fand ich zu Hause zur Durchsicht vor Druck die WKR-Dokumentation zur 100. Ausgabe ... und las dabei erstmals Deinen sehr schönen / sehr persönlichen Beitrag (mit dankbaren Gefühlen auch meinerseits!), der die Publikation auf besondere Art literarisch "adeln" wird ! Auch alle anderen von Dr. Sabel angefragten Beiträge las ich so erstmals. Das wird eine (auch vom Layout) sehr geschmackvoll gestaltete (exakt 100-seitige !!! - was mir wie Dir als auch Zahlen-Menschen gefallen wird) Dokumentation!
Nun sehe ich dem Finale in zweieinhalb Wochen gespannt entgegen ... Michael
Mo., 15. November 2021, 09:34 Uhr
Lieber Michael,
zum einen bin ich seit einiger Zeit doch wieder ziemlich zufrieden mit dem Dasein (es ist phasenweise schon wieder fast zuviel Arbeit ...), zum anderen wären Konzertsaal und Museum auch mal wieder etwas, das ich gut gebrauchen könnte.
Aber da ich gestern und heute je ein Gedicht geschrieben habe (95 sind es nun im neuen Word-Dokument, das ich genau vor einem Jahr anlegte), ist die Stimmung in der Tat nicht schlecht.
Ich freue mich, daß mein Beitrag gut bei dir ankommt. So bin ich in diesem Jahr in zwei Festschriften vertreten: in einer für dich zum 100. und in einer für Norbert Scheuer zum 70. Beide erscheinen im Dezember! Beide sind mir gleichermaßen wichtig, sehr wichtig!
Und weiterhin ist die Vorfreude groß auf die eine oder andere gemeinsame Sache! Vor allem wünsche ich mir diesen gemeinsamen Abend für Paul Celan, an dem ich den Zyklus endlich einmal zum Klingen bringen kann. Wir werden überlegen, wie wir Musik und Gedicht zusammenbringen. Spontan denke ich, daß während des siebenteiligen Zyklus zumindest phasenweise beides gleichzeitig erklingen sollte: So nähme der Zuhörer den Schaffensprozeß unmittelbar wahr. Du siehst, ich bin schon mittendrin ...
Theo
Mi., 17. November 2021, 01:50 Uhr
... wie freut mich, daß Du wieder zufrieden bist mit dem Dasein, lieber Theo !!! (und wie neugierig bin ich auf bereits 95 neue Gedichte!) Auch ich versuche, dies ebenso für mich beizubehalten, auch wenn derzeit die Umstände der aktuellen politischen Maßnahmen in der nicht enden wollenden (sog.) Coronakrise mich (nicht zuletzt als bewußt Ungeimpfter - aber weit entfernt von "Corona-Leugnern", grundsätzlichen Impfgegnern, "Reichsbürgern", "Querdenkern" [das war früher mal ein Adelstitel!] oder "Nazis" & "Rechtsradikalen" oder AfD-Sympathisanten - in diese Rubriken werden derzeit ja jede kritische Anmerkung "geframed") wie einen Aussätzigen & Ausgegrenzten behandeln. Ich weiß: eigentlich sollte ich das Thema in unserer Korrespondenz ausklammern, aber nun, wo man schon verunglimpfend von einer "Pandemie (oder noch schlimmer: "Tyrannei") der Ungeimpften" ganz unverfroren spricht, obwohl immer deutlicher wird, daß möglicherweise die Geimpften in der ihnen suggerierten Sicherheit mittlerweile nicht minder zum Geschehen beitragen durch ihr Verhalten, zerbröselt langsam aber sicher das "Narrativ", und alle werden irgendwann begreifen müssen, daß die Hybris der Menschen, die Kräfte der Natur 'einhausen' zu können, lächerlich ist. - Ich bestaune die Natur, ihre Kraft & eigene unvorhersehbare Logik zunehmend ... und so wirst Du mir vielleicht doch diesen kleinen gesellschaftskritischen Exkurs nachsehen. Und zu meiner Freude sah ich, daß auch der von Dir so geschätzte Norbert Scheuer bei der Aktion #allesaufdentisch dabei war.
Zum Erfreulichen zudem: die 100-seitige WKR-Doku ging heute in den Druck und wird am 1. Dezember pünktlich vorliegen. Wenn's Dich interessiert: hier schon als PDF abrufbar: http://www.wortklangraum.de/WKR-Doku100druck.pdf Natürlich bekommst Du auch ein Druckexemplar!
Eine gute Nacht wünscht Dir Michael
Mi., 24. November 2021, 13:19 Uhr
Lieber Theo,
nun müssen wir recht kurzfristig doch den letzten WKR-Abend (für kommenden Mittwoch geplant) ins nächste Jahr verschieben ... Du kannst Dir denken warum ... Es ist sehr bedauerlich, weil eigentlich alles bestens vorbereitet war, und auch die kleine Festschrift pünktlich am 1. Dezember vorliegen wird ... die müssen wir nun ein paar Monate einlagern.
Ich beabsichtige - so möglich - den Termin auf den 18. Mai zu legen. Und dann sollte ja eigentlich im Juni/Juli das neue Format mit etwa 4-5 Veranstaltungen im wöchentlichen Rhythmus starten als kleines Festival "IM DIALOG - Begegnungen der Künste" (noch Arbeitstitel), das wir beide dann als 1. Abend hoffentlich eröffnen können. Am 9. Dezember treffe ich mich mit Dr. Sabel, um Details zu besprechen.
Die freie Zeit beschäftige ich mich derzeit - auch am Klavier durchfingernd - vornehmlich mit den Präludien und Fugen des 2. Teils des Wohltemperierten Klaviers von Bach. ... das lüftet den Kopf und macht mich demütig vor dem Unbegreiflichen, zu dem begnadete Menschen (Komponisten) imstande sind !
Ich bin so gespannt, neue Gedichte von Dir zu lesen ! Selber "koche" ich kompositorisch nur auf Sparflamme ... keine Motivation derzeit ...
Michael
Do., 25. November 2021, 19:46 Uhr
Celan - Bachmann ... ich vergaß Dich darauf hinzuweisen, lieber Theo: https://www.sr.de/sr/sr2/sendungen_a-z/uebersicht/mouvement/index.html
Die Sendung beginnt in 15 Min. - vielleicht erreicht Dich diese Mail noch rechtzeitig. Ich höre mir das in jedem Fall an, zumal ich mit Wolfgang Korb befreundet bin und mit ihm an gleichem Ort (auch live übertragen) die Flora-Fantasie gestaltete.
Dies in aller Kürze Michael Do., 2. Dezember 2021, 12:16 Uhr
Lieber Michael,
soeben kam die Post - und die hatte es in sich: die WortKlangRaum-Dokumentation ...
Ich habe sie durchgeblättert (bevor ich sie später in Ruhe lesen und genießen werde) und bin restlos begeistert von der liebevollen Aufmachung, den Bildern und Zitaten usw.
Und was für eine Ehre, als einziger Vertreter für die vielen Autoren dort zu stehen. Ich bin sehr froh, daß ich wenigstens eins meiner besten Gedichte (das sich zudem deiner Musik verdankt) als kleine Gegengabe beisteuern durfte.
Michael - deine vorletzte Mail hat mir sehr zu schaffen gemacht, und ich konnte bis heute darauf nur die Antwort des Schweigens geben. Ich bitte dich inständig ein allerletztes Mal: Laß das leidige Thema in unserer Korrespondenz endgültig ruhn. Bitte auch nicht mehr auf diese drei Zeilen reagieren. Einmal muß es gut sein.
Es gibt soviel Gutes, daß uns beiden im Verlauf der Zeit seit Juli 2020 geschenkt wurde! Heute ist ein wahrer Freudentag, unglaublich, was diese Dokumentation im Moment mit mir macht. Und dabei ist es doch schon die eintausendsiebenhundertelfte Veröffentlichung, die ich als Schriftsteller seit 1988 vorzuweisen habe: Einzeltitel, Anthologien, Literaturzeitschriften, Künstlerbücher, Kalender, Dokumentationen, Internetpublikationen u. a. m. Es gibt natürlich viele großartige Publikationen, aber diese hier gehört unbedingt zu diesen - und heute ist sie die Nummer 1.
Und die großartige Broschüre wird zusätzlich bereichert durch die handgeschriebene Kunstpostkarte, die ihr selbstverständlich als Lesezeichen beigelegt wird.
Vielen, vielen, vielen Dank!
Theo
PS Was am 18. Mai sein wird, weiß heute keiner. Ich versuche immer schon - und das ist kein Scherz -, stets nur zwei Minuten im voraus zu planen. Wer weiß, wie alles kommen wird. Seien wir zuversichtlich! Und machen das Beste, aus dem Tag, den wir gerade ver/leben.
Do., 2. Dezember 2021, 14:23 Uhr
Lieber Theo,
wie freut mich, daß Du so begeistert auf die Dokumentation reagierst ! - hoffentlich eine beglückende Lektüre wird es für Dich sein. Ja, sie ist in der Tat ganz fein & "wertig" geworden; das Layout ist sehr geschmackvoll gestaltet.
Außer Dir war nur noch ein anderer Autor um einen Beitrag gebeten worden; der hat aber nicht (rechtzeitig) reagiert. Andere Autoren, die mehrfach gelesen wurden, die ich gern benannt hätte, konnten nicht mehr angeschrieben werden, weil sie mittlerweile nicht mehr leben, wie etwa unser gemeinsamer Freund Hans Bender oder auch Heinz-Albert Heindrichs, der jetzt im März verstarb. (er war ja zudem auch als Komponist vertreten!) Aber aus allen Bereichen haben nicht alle Angeschriebenen geantwortet, lediglich bei den Rezitatoren haben wirklich alle vier einen kleinen Beitrag geliefert. Und ich bin sehr glücklich, Deinen so wunderbaren, sehr persönlichen Beitrag dabeizuhaben, ein weiteres sichtbares (weil gedruckt vorliegendes) Dokument unser so überraschend & besonderen Beziehung zueinander ... und - wie schon gesagt - es könnte / wird ein "Brückenschlag" zum angedachten Nachfolge-Format sein können, welches ich ja unbedingt mit Dir beginnen möchte!
Aber, wie Du schreibst: was wissen wir schon, was uns die Zukunft bringt ?! - lassen wir es auf uns zukommen. - Die derzeitige Situation drückt schon auf's Gemüt ... aber ich laß mich nicht so schnell kleinkriegen. Auch die schon vor zwei Jahren kurzfristig abgesagte Ausstellung KLANG:KÖRPER in der GKG Bonn, die ich kuratierte, muß erneut verschoben werden, sie sollte eigentlich jetzt Anfang Februar nachgeholt werden. Wir hoffen, es wird nun im Frühsommer möglich sein.
In Nähe & Verbundenheit beim Mittagskaffee Michael
So., 12. Dezember 2021, 14:23 Uhr
Lieber Theo, heute erwarb ich ein Bild Deines Namensvetters Leo Breuer ... er wird aber nicht mit Dir verwand sein. Hier in Bonn gibt es sogar zu Ehren des Vertreters der sog. Konkreten Kunst Leo Breuer schon mehrere Jahre einen nach ihm benannten Kunstpreis. Sein Sohn, mit dem ich befreundet war (er starb vor etwa einem Jahr an Krebs), stiftete den Nachlaß seines Vaters kurz vor seinem eigenen Tod unserer GKG (Gesellschaft Kunst & Gestaltung). Kürzlich holten wir dies Konvolut im Rheinischen Landesmuseum (wo es zwischengelagert war) ab, und waren erstaunt über den Umfang! Nun haben wir heute die ersten 12 (schon gerahmten) Bilder als Advents-Aktion verkauft; der Erlös fließt der GKG zu. Ich habe mir eine kleine wunderbare Komposition aus dem Jahr 1963 sichern können. Manchmal sind es solch kleine Dinge, die einen besonders erfreuen ... und dem grauen Wintertag unerwartet Licht bringen! In diesem Sinne adventliche, lichtvolle Grüße Dir nach Sistig oder Berzdorf Michael
Mo., 13. Dezember 2021, 14:23 Uhr
Lieber Michael,
hocherfreuliche Aktion! Starkes Bild!
Auch ich habe mich in den vergangenen Wochen intensiv mit Kunst befaßt, die in unserem Haus eine ebenso große Rolle spielt wie in eurem. Ist schon witzig, daß der Dreiklang KUNST - MUSIK - LITERATUR (siehe hierzu auch meine Bildwortkarte kumuli) in unseren Häusern gleichermaßen präsent ist.
Ich habe den größten Raum des Hauses (im Untergeschoß; dort wird bei Regen- und Winterwetter auch die Wäsche aufgehängt) in den vergangenen Wochen neu gestaltet und den Raum, der nun auch Kunst und Literatur 'atmet' und zeigt, auf diese Weise ins übers ganze Haus mäandernde BuchKunstWerk integriert.
Ich habe in letzter Zeit zwei Bände der Romantrilogie Kristin Lavranstochter von Sigrid Undset gelesen, für die sie 1928 den Nobelpreis erhielt. Ist kürzlich bei Kröner neuübersetzt erschienen (bzw. der dritte Band erscheint im Frühjahr 22).
MATRIX 3/21 und 4/21 erscheinen erst zu Beginn des kommenden Jahres. Krankheiten in Verlag und Druckerei haben es nicht zugelassen, daß die Ausgaben noch in diesem Jahr erscheinen. Dennoch ist das Jahresergebnis im Pop Verlag großartig: Nun erscheint auch noch ein Roman von Eginald Schlattner, auf den ich mich sehr freue.
Ich hoffe, ich finde die Kraft, in den kommenden Tagen eine Reihe von Büchersendungen auf den Weg zu bringen, um dir und anderen freundschaftlich Verbundenen einige neue Titel nahezubringen.
Theo
Di., 14. Dezember 2021, 20:42 Uhr
Lieber Theo,
oh, auf die Idee war ich noch gar nicht gekommen: bei besagter Bildwortkarte kumuli als "Abkü" für kuNST-muSIK-liTERATUR zu lesen ... Und noch etwas fiel mir dabei auf: Deine Bildwortkarten sind wohl 1999 entstanden ... im gleichen Jahr, wo bei mir im "Nachbereiten" von HW+NW die Textbilder entstanden! (Ein paar findest Du ja in TEXTLAND 2, was ich Dir glaube ich schon schickte)
Ja, es wird Zeit, daß wir uns doch einmal gegenseitig in unseren mit Kunst, Literatur & Musik gefüllten Häusern besuchen! - wie Du nun wieder umgestaltet hast, klingt gut!
Ich dachte mir schon, daß die beiden noch ausstehenden MATRIX-Hefte aus solchen Gründen erst Anfang 2022 erscheinen werden.
Das erste Gespräch über ein Nachfolgeformat für den WKR verlief noch nicht so ganz in die Richtung, wie ich es vorgedacht / vorgestellt hatte; was sich das Kath. Bildungswerk als Träger wünscht, entspricht nicht ganz meinen Vorstellungen ... mal sehen, wie es sich nach weiteren Überlegungen auf beiden Seiten Anfang Januar beim nächsten Treffen weiter entwickelt.. - In diesem Zusammenhang aber auch hier einmal eine Frage an Dich: kennst Du in Deinem sicherlich riesigen Kreis an Dir persönlich bekannten Schriftstellern jemanden, der sich in seinem Schreiben als Jüngerer auf eine(n) Autor(in) bezieht (z.B. Ingeborg Bachmann), so wie Du mit Celan. (... bei Dir könnte es ja auch noch die Mayröcker sein ...) - oder Jemanden, der zudem vielleicht einen engeren Kontakt zu einem meiner Kollegen (Komponist) hat?
Ich habe gerade mit Vergnügen Rolf Dobelli "Die Kunst des klaren Denkens" gelesen - keine Literatur, aber unterhaltsam mit Erkenntnisgewinn. - Und nun liegt "Unruhe um einen Friedfertigen" (O. M. Graf) als nächstes auf der vorgenommenen Leseliste ...
Michael
Mi., 15. Dezember 2021, 09:25 Uhr
Lieber Michael,
die Frage ist nicht leicht zu beantworten. Wenn überhaupt ...
In meinem Fall, der, wie du weißt, ein ganz spezieller ist, ist es wohl weniger "Bezug" als Abarbeitung, Auseinandersetzung, Vertiefung, vor allem aber: Zunder. Ich habe es nie richtig gefunden, daß man mich viele Jahre lang in der Rolf-Dieter-Brinkmann-Schublade ablegte, danach war es Mayröcker. In jedem Fall muß man das bei mir exemplarisch sehen: Es geht immer um die ganze Literatur, nein, weit darüber hinaus, um die ganze Kultur. Und weiter noch: um Sprache, um Leben.
Diese Art der Auseinandersetzung vermisse ich bei sehr vielen (wenn nicht bei den meisten) schreibenden Kollegen. Borges, Celan (...) haben das auch immer eingefordert. Das Gedicht Todesfuge kann man auch als einzige Montage lesen, in die unzählige Zitate, Echos, Verweise montiert sind. Daß ich auch so arbeite, heißt jedoch nicht, daß ich mich auf Celan beziehe. Das ist eine grundsätzliche Möglichkeit, derer man sich bedient oder nicht.
Genauso ist es mit der Musik ... Natürlich gibt es Autoren, die sich auf Musik/Komponisten beziehen, aber ich kann jetzt keine konkreten Namen nennen.
Erst gestern habe ich - angeregt durch einen Vers, den ich in Teer las, eine kleine Hommage an Schubert verfaßt. (Vor einigen Tagen habe ich die 100 übersprungen: Dieses Gedicht ist das 102. in der neuen Sammlung.)
Erstaunlich ist ja die breite Auseinandersetzung mit der Kunst, wie ich sie im Roten Haus im Park dokumentiere. Erst gestern las ich in Albert Ostermaiers neuem Gedichtbuch Teer einen Zyklus über eine Photosequenz.
Von Oskar Maria Graf habe ich einige Bücher gelesen, während der Name Dobelli mir gar nichts sagt.
Theo Nun merk’ ich erst, wie müd’ ich bin … Wilhelm Müller
Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen. Theodor W. Adorno
nein – kein bißchen …
müde – nein : ihm fallen die lieder zu
Mi., 15. Dezember 2021, 10:58 Uhr
Lieber Theo,
großartig, wirklich wunderbar: Dein Schubert-Gedicht, lieber Theo, Dank dafür, daß Du mir es mitschicktest !!! - ich revanchiere mich gleich mit meinen Gedanken zu Schubert aus meinem Notarium (etwas "geschwätziger" und nicht so genial verdichtet wie bei Dir): http://www.denhoff.de/schubert.htm
Dein Rotes Haus im Park könnte sicherlich für all die eine Fundgrube sein, die etwas über die Wechselwirkung zur bildenden Kunst suchen. Natürlich (eben auch bei Dir) ist es selten eine nur auf eine Person fixierte Auseinandersetzung mit dem Werk der endlosen Ahnengalerie im eigenen Metier oder auch benachbarter Disziplinen. Borges ist in der Tat ein Beispiel für eine geradezu allumfassende geistige Vernetzung in die Vergangenheit ! - dafür bewundere ich ihn schon lange !
Wie Du ja weißt, habe auch ich wichtige Impulse bei vielen Komponisten, Malern und Schriftstellern bekommen ... all das hat natürlich die eigene "Sprache" geprägt / geformt / stets verändert.
Es hätte ja sein können, daß Du mir ganz spontan einen Namen hättest nennen können unter Deinen Kollegen ...
Ich werde heute beginnen, kleine Buch-, Musik-, Sachsendungen an die Freunde zu Weihnachten zusammenzustellen.
Michael
PS Das Buch von Dobelli könnte man salopp als populärwissenschaftlich bezeichnen.
Do., 16. Dezember 2021, 17:39 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für den Hinweis auf das interessant klingende Buch von Hegewald (von dem ich einen Roman gelesen habe).
Anbei ein kleines Gedicht, das ich heute schrieb.
Theo Die Musik steckt nicht in den Noten. Sondern in der Stille dazwischen. Wolfgang Amadeus Mozart
Nichts im Leben hätte auch nur den geringsten Sinn, wenn es den Tod nicht gäbe. Wolfgang Hildesheimer
Notenstille
ein uhr nachts im kleinen kayserhaus in wien am 5. dezember 1791
Do., 16. Dezember 2021, 21:56 Uhr
... und noch ein großer Wurf, lieber Theo ! : Dein Mozart-Gedicht mit den beiden wunderbaren Zitaten vorab. Bin einfach begeistert!
Ja, auch mich macht das Buch neugierig! - Ich glaube, ich schrieb Dir bereits, daß ich zeitgleich mit Wolfgang H. in der Villa Massimo war; so habe ich mittlerweile fast alles von ihm gelesen.
Michael
Fr., 17. Dezember 2021, 08:53 Uhr
Lieber Michael,
EIGENTLICH sind es aber doch einfach schlichte Gedichte, die ich schreibe ...
Ich freue mich jedenfalls über die Reaktion, die sie bei dir auslösen.
Theo
Sa., 18. Dezember 2021, 12:13 Uhr
Lieber Theo,
soeben traf hier deine Buchsendung ein. Vielen, vielen Dank dafür! Ich freue mich schon auf die Lektüre! - stelle mir vor, wie schwierig es sein muß, chinesische Gedichte aus diversen Übertragungen ins Englische nun ins Deutsche zu übertragen ... besteht nicht die Gefahr, daß man sich bei solch einer Nachdichtung doch möglicherweise zu sehr vom Original zu entfernt ... Nun, Du wirst sicherlich genügend Erfahrung zu haben!
Ein schönes 4. Adventswochenende & herzlich wie immer Michael
PS. ja, Deine Gedichte sind einfach schlicht, dieses besonders ... was aber nicht bedeuten muß, daß sie deshalb kein genialer "Wurf" sein können! (Mozarts Todestag ist übrigens auch das Datum, an dem die Beziehung mit meiner Frau 1977 begann ...)
Sa., 18. Dezember 2021, 12:37 Uhr
Lieber Michael,
eben traf auch deine Sendung mit schönem Begleitbrief ein, und danke danke herzlich dafür. Das schöne Buch liegt hier neben mir, und ich freue mich in der Tat, ab heute nachmittag in den nächsten Tagen darin zu blättern und zu lesen. (Allein auf das Betrachten der Abbildungen freue ich mich schon sehr.)
Wenn du die Nachdichtungen liest, wirst du feststellen, daß die Wahrscheinlichkeit hoch ist, das Tian He sehr zufrieden wäre, wenn er des Deutschen mächtig wäre. Ich habe versucht, ihm eine unverwechselbare Sprache zu geben. (In dem Zusammenhang ist auch die Fußnote am Ende des Nachworts interessant.) Ich war ja zunächst sehr, sehr skeptisch. Das legte sich dann mehr und mehr und wich der Begeisterung, die mich anschließend durch die Arbeit trug und es möglich machte, schließlich zu diesen Fassungen zu kommen.
Vom befreundeten Künstler Karl-Friedrich Hacker erhielt ich heute ein Künstlerbuch mit 61 originalen Graphiken. (Er hat 5 Bücher davon gemacht.) Es sind dies Graphiken, die in den Künstlerbüchern zu finden sind, die wir ab 1999 gemeinsam gemacht haben. Ein großartiges Erinnerungswerk.
So wächst das BuchKunstWerk weiter von Woche zu Woche (von Tag zu Tag ...).
Dir und deiner Frau viele gute Stunden in dieser Zeit!
Theo
So., 19. Dezember 2021, 23:06 Uhr
Lieber Theo,
nun habe ich in die 99 Gedichte (Deine Nachdichtungen) von Tian He hineingelesen und auch das gute Nachwort von Dato Barbakadse ... eine in der Tat feine Sprache! - und ich empfinde das, was für mich auch gute Neue Musik ausmacht: man spürt eine (natürliche) sehr sensible Verwurzlung in die Tradition. Hast Du eigentlich nur auf englische Übersetzungen zugreifen können, oder Dich sogar auch mit Leuten ausgetauscht, die des Chinesischen mächtig, oder gar Muttersprachler sind? - Gerade wegen der Musikalität des gesprochenen Sprache (eben auch im Chinesischen) könnte ich mir vorstellen: so etwas hilft als akustisches Wissen beim "(R)übertragen" ...
Michael
PS ich kenne hier in Bonn zwei hervorragende Sinologen (einer verheiratet mit der taiwanesischen Pianisten, die den WKR 97 gestaltete und die erstaunlich gut Deutsch spricht)
Mo., 20. Dezember 2021, 09:19 Uhr
Lieber Michael,
es war ein Blindflug - ausschließlich die englischen Rohfassungen standen mir zur Verfügung. Lebenslange Erfahrung mit internationaler Literatur hat sicherlich geholfen. Ohne diese wäre das ja gar nicht seriös zu machen. Und wie ich schon schrieb, stellte sich nach anfänglichen größten Vorbehalten bald nach Arbeitsbeginn das gute Gefühl ein, auf dem richtigen Weg zu sein. Mir scheint, daß das Ganze eine runde Sache geworden ist, die die Vermutung nahelegt, daß da ein Buch auf die Welt gekommen ist, daß Tian He gerecht wird.
Theo
Mi., 22. Dezember 2021, 10:13 Uhr
Lieber Michael,
das ist eine traurige Nachricht. Ich habe viele Bücher aus dem Wagenbach-Programm gelesen. Und auch ein dickes Buch von Klaus Wagenbach selber.
Dies ist eine erfreulichere Nachricht: Norbert Scheuer teilte mir gestern abend mit, daß die Süddeutsche Zeitung ihn gebeten hat, für die jährlich Literaturbeilage der Weihnachtsausgabe am 24. Dezember kurz sein Buch des Jahres vorzustellen. Er hat sich für nicht weniger nicht mehr entschieden. (Offenbar wird das Cover auch abgebildet.)
Frohe Weihnachten!
Theo
Mi., 22. Dezember 2021, 11:08 Uhr
... oh, das ist wirklich eine sehr erfreuliche Nachricht, lieber Theo ! Das freut mich außerordentlich !!! ... und so werde ich mir an Heiligabend mal eine SZ kaufen gehen ... Auch ich besitze eine Reihe Bücher des Wagenbach-Verlages, habe darüber erst manchen (dann geschätzten) Autoren kennengelernt, wie etwa G. Manganelli.
Heute kommen die letzten Schüler vor Weihnachten ... und morgen spiele ich dann noch mit einer jungen Schülerin ein kleines Hauskonzert für die Nachbarschaft ...
Michael
Sa., 25. Dezember 2021, 22:03 Uhr
Lieber Theo,
nun habe ich gestern doch vor lauter Kochvorbereitungen für das (heilig)-abendliche Essen im größeren Familienkreis völlig 'verpennt', noch rechtzeitig vormittags zum Kiosk zu laufen, um eine SZ zu kaufen, damit ich die Bes 2021prechung von Norbert Scheuer lesen könnte. Ich vermute aber, Du wirst diese vorliegen haben. Könntest Du mir davon bei Gelegenheit eine Kopie (wie auch immer) zukommen lassen? - bin doch neugierig - Ansonsten einen schönen 2. Weihnachtstag
Michael
So., 26. Dezember 2021, 08:45 Uhr
Lieber Michael,
Do., 30. Dezember 2021, 12:08 Uhr
Lieber Michael,
anbei die PDFs. (NICHT WENIGER NICHT MEHR findest du in der vierten.)
Die Bücher des Jahres waren in der gestrigen Ausgabe. (Und es gab tatsächlich einige Bestellungen.)
Alles Gute in diesen Tagen!
Theo
Do., 30. Dezember 2021, 15:10 Uhr
Lieber Theo,
dachte mir doch, daß Du die Kurzbesprechung auch über Norbert Scheuer bekommen würdest ... knapp und sehr treffend ist diese; "appetitanregend" ... und so wundern mich die eingegangenen Spontanbestellungen nicht! - Dank Dir für's Übermitteln.
Wir reisen morgen für ein paar Tage nach Braunschweig zu meinem Bruder dort und werden "just for fun" zusammen mit unseren Frauen ein bißchen Klavierquartett spielen: Mozart, Brahms, Mahler etc. Das wird sicherlich sehr nett, auf diese Art & Weise das nächste Jahr einzuläuten !
Auch Dir und den Deinen einen möglichst schönen Übergang Michael Mo., 3. Januar 2022, 21:56 Uhr
Lieber Theo,
nun zurück aus Braunschweig vom Klavierquartett-Musizieren als auch musikalisches Einläuten des Neuen Jahres, erfuhr ich heute, daß nun (endlich) auch der Video-Mitschnitt von "... immerhin ..." (23.4. aus dem Japanischen Kulturinstitut Köln) online gegangen ist. Vielleicht magst Du das ja sehen & hören (... was Dir dabei hoffentlich nicht vergeht ... ;-) Nach dem Sextett gibt's noch ein paar Worte von mir, bei denen ich "nicht weniger nicht mehr" auch erwähne: https://www.youtube.com/watch?v=XG5pGk6Moyw
Michael
Mo., 3. Januar 2022, 21:56 Uhr
Lieber Michael,
der Link funktioniert nicht, ich habe es mehrfach auf verschiedene Weise versucht.
Ich schicke dir als ersten Gruß 2022 mein erstes Gedicht des Jahres.
Theo Mein Aug steigt hinab Paul Celan ∙ Corona
A man who sits by the window of a train owns an ersatz wisdom. He knows that everything passes. Stephen Marche ∙ The Hunger of the Wolf
müd ( im traum )
du kerbst das blatt mit der faust und die weinschale … spiegelt den baum
das meer es prahlt im gluttoten mond und im mund ( im kuß ) verglüht ein stein
gut oder nicht – du quälst die heißzeit aus blutschmärzlichem muß
lehr sie das land sehn ( die lein/wand ) das licht zeit malt herbst mahlt zeit … ( igelt sich ein ) –
zeit daß man :
Mi., 5. Januar 2022, 14:36 Uhr
... was für ein tiefgründiges Gedicht gleich zu Beginn des Jahres, lieber Theo! - herzlichen Dank Der Link war schon korrekt, aber es hatte sich aus unerfindlichen Gründen eine Tel.-Nr. als Link druntergelegt (... wie ich jetzt sah) Also nochmals: https://www.youtube.com/watch?v=XG5pGk6Moyw - sollte nun von hier aus klappen -
Michael
Mi., 5. Januar 2022, 15:13 Uhr Lieber Michael,
ja, jetzt sehe und höre ich es, bin nun ... immerhin ... mittendrin, nicht weniger nicht mehr ...
DANKE.
Theo
Mo., 10. Januar 2022, 12:04 Uhr
Lieber Michael,
den gestrigen Abend habe ich mit KUNST ÖFFNET verbracht. Dieser Band ist groß, großartig mit diesen vielen herrlichen Begegnungen und Wiederbegegnungen. Es war faszinierend, durch diese Welt der Kunst und der Wörter zu flanieren. Wenn ich allein an das Richter-Fenster im Kölner Dom und die Lüpertz-Fenster in der Kölner romanischen Kirche St. Andreas denke, die ich fast jedes Mal besuche, wenn ich in Köln bin. (Was in den letzten Jahren erstmals in meiner Lebensgeschichte für längere Zeit nicht möglich gewesen ist. - zumal die Bahnstrecke seit dem 14. Juli nicht mehr intakt ist.)
Dein Beitrag sticht wegen des Dreiklangs hervor. Und was für ein Kunstwerk, das du 'an Land' ziehen konntest.
Als kleinen Dank schicke ich dir - wiederum als erstem Leser - das Lyrikmanuskript, an dem ich seit Mitte November 2020 arbeite. (Du hast ja bereits mehrfach den Wunsch geäußert, die Gedichte in ihrer Gesamtheit kennenzulernen.) Es sind zur Zeit 111 Gedichte. Das wäre eine schöne endgültige Zahl, zumal die Seitenzahl insgesamt schon bei 150 ist. Aber ich werde auf jeden bis 2023 mit der Publikation warten, da nicht weniger nicht mehr noch so frisch ist, und da werden wohl noch ein paar Gedichte hinzukommen. (Wenn nicht, dann hätten wir eben die schöne Zahl 111, die mit der Quersumme 3 die mir liebste Zahl ergibt.)
Theo
Di., 11. Januar 2022, 10:24 Uhr
ein BREUER wie er im Buche steht ... Du hast mir gestern einen wunderbaren Abend beschert, lieber Theo! Wieder einmal war ich begeistert von der meisterlichen Melange aus Heiterkeit, Ernst, Witz, Tiefe, Andeutung, Gewissheit, Offenheit, Leichtigkeit, Ver-dichtung ... welcher Luxus für mich, Dein neues Manuskript schon lesen zu dürfen! - immer wieder mußte ich lächeln und schmunzeln ob der hintersinnigen / doppelbödigen Bezüge zwischen Zitaten und wenigen eigenen Worten / Gedanken dazu. [ Ich dachte immer, Ungarettis Gedicht M'illumino / d'immenso sei das kürzeste Gedicht der Weltliteratur ... nun sehe ich: es geht noch kürzer (und nicht weniger eindringlich): "arm / selig" - ] Herzlichen Dank Dir, dem genialen Sprach-Zauberer & Wort-Sezierer !!! Bei einem (oder) weiteren Lesedurchgängen werde ich meine ersten Ein-drücke vertiefen ---
Michael (der z.Z. eher an einer Schreibblockade leidet ... aber noch weitestgehend gelassen wartet, bis wieder die Zeit dafür reift / kommt, Klänge sprechen zu lassen ... die Welt von ihm abfällt ...)
Di., 11. Januar 2022, 11:14 Uhr
Lieber Michael,
ich war im Begriff, dir zu schreiben, als deine E-Mail eintraf, die mich be:glückt (was sonst ...).
DANKE.
Vor wenigen Minuten erhielt ich eine weitere E-Mail aus Bonn, von Gisela Hemau, der ich zum Neujahr das Gedicht "notenstille" geschickt hatte. Sie schreibt: "Aber nun in die so andere Welt des Gedichts, das Sie mir zu Neujahr geschickt haben. Die notenstille ist ein wunderbares Gespinst, sich ausbreitend und zugleich verschwindend. Eine atmende Stille, die, indem sie vom Tod schreibt, das Leben zurückgibt. Ein grandioses Gedicht!"
Auch Norbert Scheuer hat sich in den vergangenen Wochen mehrfach zu Gedichten, die ich ihm einzeln schickte, geäußert. Zu "make news" schreibt er: "Wunderbar!!! Ein so gutes politisch-philosophisches Gedicht habe ich selten gelesen ... wirklich, wirklich herausragend. Das müsste man weltweit an jede Hauswand schreiben."
Wenn als nur ein Bruchteil von dem stimmt, was ich da von dir und anderen zu lesen bekomme, muß ich mir ja keine allzu großen Sorgen machen, was Qualität und Originalität angeht.
Warum ich dir schreiben wollte: Die 111 ist bereits heute Schnee von gestern: Heute schrieb ich das 112. Gedicht ("pflugangst") ...
Und die erste Fußnote (gleich im ersten Gedicht) habe ich entscheidend erweitert.
Ich werde dir jetzt nicht jede Erweiterung, jede Verbesserung schicken, aber ich erinnere mich gern an die Korrespondenz, die sich anhand von "nicht weniger nicht mehr" entwickelte, lange, lange, bevor das Buch erschien.
Den Nachsatz deiner E-Mail lese ich vorwiegend positiv (zumal ich an so etwas wie 'Schreibblockade' nicht glaube. Und es kommt ja sowieso der Tag, an dem wir erkennen müssen, daß das Werk vollendet ist. Wir dürfen nicht erwarten, bis zum Tod zu schreiben, zu komponieren. Hans Bender und Friederike Mayröcker und Martin Walser sind Glückskinder, was das angeht, und es gibt natürlich noch mehr Beispiele in Literatur, Kunst und Musik, aber erwarten dürfen wir es eben nicht ... Warten wir's ab ...)
Theo
Di., 11. Januar 2022, 12:45 Uhr
... wie erkennt man selber, wann der Punkt erreicht ist, daß das Werk vollendet ist, frage ich mich immer wieder, lieber Theo. Nun, in meinem Alter konnten z.B. Bach & Beethoven auch schon gar nicht mehr schreiben (schlicht & einfach weil sie da schon tot waren) ... und war Mozarts Werk schon vollendet, als er am 5. Januar 1791 relativ jung starb? Hatte Mahler mit dem 1. Satz seiner 10. Symphonie diese unvollendet vollendet, weil er damit an eine Grenze stieß, die nicht er, sondern andere erst überschreiten konnten? --- Fragen über Fragen ---
Aber: ich praktiziere es schon seit vielen Jahren so: versuche beim Schreiben immer so zu arbeiten (mit Ausnahme bei kleinen Gelegenheitsarbeiten), daß ich das Entstehende / Entstandene auch als Letztes akzeptieren könnte / würde (... wir wissen schließlich nicht, wann wir abgeholt werden !); also entstehen bei mir seit Jahren nur noch sog. "Spätwerke". So auch mit "... immerhin ..." und danach "countertimecounter". - Eigentlich steht ein Stück für Barockharfe und Psalter an, welches ich zwei sehr netten und guten Musikerinnen (Zwillinge !) versprochen habe ... jedoch: noch stochere ich im Nebel ...
Michael
PS wie schön, daß auch schon andere solch lobende Worte zu Deinen neuen Gedichten finden! - zu Recht !!!
Sa., 29. Januar 2022, 10:37 Uhr
Lieber Michael,
das Werk Dieter Kühns hat mich wieder gepackt. Und zwar fester denn je. Vor einigen Wochen las ich - nach Jahren - als neuntes Kühn-Buch den Roman Der König von Grönland (eine in Köln angesiedelte Geschichte). Ich sprach darüber mit Harald Gröhler, der Kühn in früheren Jahren verschiedentlich begegnete. Nach diesem Gespräch bestellte umgehend Das magische Auge (1274 Seiten) sowie Die siebte Woge (510 Seiten). In Das magische Auge erfindet Kühn das Genre Autobiographie neu. Unglaublich fesselnd, zumal hinzukommt, daß ich viele Orte gut kenne: Köln, Brühl, Düren und umliegende Dörfer, Eifelorte usw. Umwerfend fand ich, als ich las, daß er einmal ein paar Tage in einem Hotel in Wissant, einem Dorf in der Normandie an der Atlantikküste, verbracht hat. Das habe ich (1981/82) ebenfalls erlebt. Wer weiß, vielleicht war es sogar dasselbe Hotel. Und wie der die Tage dort beschreibt: Ich hätte es fast genauso gemacht ...
Daß Kühn nicht viel mehr Auszeichnungen erhalten hat (auch den Büchner-Preis hätte man ihm geben müssen), ist ein weiteres Kapitel im Buch der Unterlassungssünden der Jurys.
Einige Gedichte sind hinzugekommen, drum hänge ich die aktuelle PDF an.
Theo
Sa., 29. Januar 2022, 14:42 Uhr
Lieber Theo,
wie schön, daß Du gerade wieder das Werk von Dieter Kühn entdeckst! Ich kannte ihn recht gut. Wir haben ein paarmal zusammengesessen / gegessen & auch miteinander korrespondiert ... und er hat zudem einige Male Konzerte besucht, wo ich spielte; er kannte sich ziemlich gut aus in der Musik ! Zudem war er eine sehr angenehme & sympathische Person. Ich mochte ihn jedenfalls. Er ist viel zu früh gestorben !
Da Du mir das erweiterte Manuskript komplett schicktest, muß ich später nach den "Neuzugängen" suchen gehen ... (Danke in jedem Fall schon hier !) erst werde ich mich jetzt mal auf's Rad schwingen, solange es noch nicht regnet.
Herzlich wie immer Michael
Sa., 29. Januar 2022, 17:09 Uhr
Lieber Michael,
du kennst diese Art dunkler Ahnung, wie ich sie hatte, als ich mir vorstellte, daß du Dieter Kühn persönlich gekannt hast. Seine Begeisterung für Musik (und seine tiefreichenden Kenntnisse), die in Das Magische Auge vermittelt wird, legen nahe, daß der in Brühl lebende Schriftsteller den in Bonn lebenden Musiker irgendwann getroffen hat.
Seit heute weiß ich, daß ich in den 1960er und 70er Jahren zigmal an seinem Haus an der B56 vorbeigefahren bin, meistens mit dem Bus, aber oft auch mit diesem oder jenem Privatwagen.
Obwohl ich seine Art Literatur vom ersten Buch an schätzte und ich auch jeweils begeistert von der Lektüre war, ist das jetzt doch eine neue Dimension während der Lektüre der Autobiographie: Es tut fast weh, daß ich Dieter Kühn nicht persönlich gekannt habe. Es gab so viele Überschneidungen. Wir hätten allein daran unseren Spaß gehabt.
Auch wenn 80 Jahre alles andere als wenig sind: Ich hätte Dieter Kühn noch etliche Jahre gewünscht, in denen er - wie Bender, Mayröcker, Walser - mit Sicherheit weitergeschrieben hätte.
Was ich eigentlich tun sollte (sollte ich?): aus den seit 2008 verstreut erschienenen Essays die Monographie montieren, die einen Abschluß meiner drei 'großen' Monographien bilden würde. Es würden wohl bestimmt 700 Seiten werden - und davor schrecke ich zurück.
Da wären zudem Rotes Haus im Park (mehr als 1200 Seiten ...) und Bis die Welt von ihnen abfiel ...
Nein, heute wird das nicht entschieden! Lieber lese ich weiter ... (Man kann eben doch nicht alles haben.)
Theo
So., 30. Januar 2022, 00:32 Uhr
... aber bei seinen 80 Jahren wirkte er auf mich wie allenfalls 70 ... und ja, in Brühl war Dieter Kühn ja vor allem deswegen so oft, weil dort seine Lebenspartnerin Olga wohnt(e), lieber Theo. Und dort trafen wir uns (vor gefühlten 35 Jahren) erstmals, als er mich nach einem Konzert, das ich in der Galerie am Schloß mit meiner Duo-Partnerin Birgitta Wollenweber spielte, ansprach ... und wir sind dann zusammen bei irgendeinem netten Italiener gelandet, den er als gutes Lokal empfahl.
Er ist ja ein enorm "fleißiger" Schriftsteller gewesen, mit einem sehr breitem literarischem Spektrum vom Kinderbuch über fast wissenschaftliche Geschichts-Erfassung bis hin zu Romanen über wichtige Figuren der Musik- & Geistesgeschichte, mit manchmal erfrischen komischen fiktiven Kapriolen ... denke da gerade z.B. an "Beethoven und der schwarze Geiger". Und Gedichte schrieb er auch. Ich bin mir sicher: ihr beide hättet Euch viel zu erzählen gehabt! - aber so ist es manchmal: nicht alle Zeitgenossen, die einem in irgendeiner Weise verwandt sind / sein könnten, trifft man dann - aus welchen Gründen auch immer - irgendwie doch nicht. Auch ich stelle das immer mal wieder für mich fest. Gerne hätte ich z.B. Luigi Nono oder auch Morton Feldman mal persönlich kennengelernt ! - ersteren habe ich sogar einige Male bei Auff. seiner Musik erlebt, aber nie ergab sich die Gelegenheit ... oder ich hatte nicht den Mut, ihn einfach anzusprechen ...
Gute Nacht nun, Michael
PS. das "Rote Haus im Park" sollte aber doch irgendwann mal in's Licht der Öffentlichkeit gerückt werden, finde ich !!! - denkbar für mich durchaus auch 'nur' als weiterhin offenes / erweiterbares Projekt im Internet.
So., 30. Januar 2022, 09:31 Uhr
Lieber Michael,
ja, mal sehn was aus der Gemäldegedichtanthologie wird, in die ich übrigens schon früh (2014) ein Gedicht aus Dieter Kühns einzigem Gedichtbuch, das 1982 erschien, aufgenommen habe. Das hätte ihn sicherlich gefreut. (In Das magische Auge bezeichnet er das Gedichtbuch als "verschollen" ...)
Ich habe als im damaligen Kreis Düren Geborener zu Düren - dieser doppelt zerstörten Stadt, die seit 1945 nichts mehr gemein hat mit der sehr schönen Stadt, die sie bis dahin war, eine starke emotionale Bindung, da ich dort u. a. regelmäßig in Ferien war (schon als Dreijähriger) erinnere deutlich, wie es dort noch Ende der 1950er Jahre aussah. Ich sehe bis heute so viele Bilder vor mir, träume immer noch Dürenträume ...
Beethoven und der schwarze Geiger steht neben vier weiteren Büchern auf meiner Liste. 2022 wird (nach dem Celan-Jahr 2020) mein Dieter-Kühn-Jahr. Die neun zuvor gelesenen Bücher stellten vereinzelte Lektüren dar: Wann immer ich unmittelbar auf ein Buch von Kühn stieß, kaufte ich es, las es, war jeweils begeistert, erkannte das Besondere, was bis jetzt trotzdem nicht dazu führte, daß ich Dieter Kühn in ganzer Breite kennenlernen wollte. Das ist erst jetzt der Fall - und dafür bin ich dankbar. Denn JETZT ist doch immer die 'eigentlich' Zeit im Leben.
Die Lektüre von Das magische Auge (habe nun gut 900 Seiten gelesen) ist: überwältigend. Ich bin dankbar, daß das Buch noch längst nicht ausgelesen ist und daß es den Nachfolgeband Die siebte Woge gibt, der ja schon bereitsteht. (Wenn ich bedenke, was Kühn alles außen vor läßt bzw. nur skizziert, hätte Das magische Auge durchaus - spannende - 5000 bis 10000 Seiten Umfang haben können.
Michael Lentz, dessen Vater lange Oberstadtdirektor von Düren war (und den Kühn mehrfach erwähnt, weil er ja als FDP-Kreistagsabgeordneter unmittelbar mit ihm zu tun hatte), hat das Buch Muttersterben geschrieben, das mich am stärksten von Lentz' Büchern beeindruckt hat. In der vergangenen Nacht las ich das ergreifende Kapitel vom Muttersterben in Das magische Auge, das mich naturgemäß ins Jahr 2003 zurück katapultierte - dem Jahr, als meine Mutter starb.
Hast du viele Bücher von Kühn gelesen?
Theo
So., 30. Januar 2022, 11:28 Uhr
Es liegt einige Zeit zurück, daß ich ein Buch von Dieter Kühn las, insgesamt mögen es nur 5 bis 6 gewesen sein, lieber Theo, von Breuer habe ich binnen knapp zwei Jahren deutlich mehr gelesen … ! Aber vielleicht kann mich Deine derzeitige Begeisterung für Kühn ja ‚infizieren’, selbst auch einmal wieder eines seiner Bücher in die Hand zu nehmen.
Zu Düren – welches ich natürlich nicht im Vorkriegszustand kenne – habe auch ich eine durchaus emotionale Bindung. Sie liegt allerdings nur in einer Person begründet, die dort seit einiger Zeit in einem Altenheim im Zentrum lebt: der Maler (& Priester) Herbert Falken, den ich dort immer mal wieder besuche. Zuvor lebte er in Langenbroich (mit einem wunderbaren Atelier), quasi als Nachbar von Heinrich Böll, mit dem er befreundet war … und ihn als Priester auch beerdigte. Es gibt einen beachtlichen Bilderzyklus von ihm zu Böll ! In schöner Erinnerung habe ich auch ein Konzert zu Ehren von Herbert Falken im Leopold-Hoesch-Museum in Düren, wo einige seiner großformatigen Zeichnungen einen ganzen Raum füllten. (ich hänge Dir mal zwei Fotos davon an.)
Von Michael Lentz’ Büchern las ich bisher nur „Liebeserklärung“ (hatte aber keine nachhaltige Wirkung auf mich) … und natürlich das sehr gute, lange Nachwort zu Mons „Zuflucht bei Fliegen“.
In wenigen Minuten erwarten wir den Besuch unserer Tochter. So schließe ich hier einmal vorläufig,
Michael
Di., 1. Februar 2022, 17:20 Uhr
... nun hast Du mich tatsächlich angesteckt, lieber Theo! Nachdem ich feststellte, daß heute, der 1. Februar, ja der Geburtstag von Dieter Kühn ist, habe ich mir mal wieder sein Hörspiel-Quartett vorgenommen und (aus verständlichen Gründen) zunächst "Goldberg-Variationen" gelesen. Ich meine mich zu erinnern, mir das Suhrkamp-Bändchen seinerzeit gekauft zu haben, nachdem ich das Hörspiel, welches ja den Hörspielpreis der Kriegsblinden (- gibt es den eigentlich noch? -) 1974 bekam, im Rundfunk gehört hatte. Bemerkenswert finde ich nach der Lektüre vor allem auch das, was er im Nachwort über die erste Produktion schreibt, wo die Regie seine Angaben zur Musik ignorierte und eine Collage aus Highlights der Klavierliteratur unter den Text montierte, die zu diesem eigentlich recht wenig Bezug hatte (... eher wegen des Bekanntheitsgrades vom Text ablenkt!), Kühn aus verständlichen Gründen damit aber nicht glücklich war und das Hörspiel dann nochmals in Eigenregie mit einem Jazz-Musiker produzierte. Leider ist es zu lange her, daß ich mich nicht erinnere, welche der beiden Hörspielversionen ich gehört habe ...
Und, da Du mir von der Autobiographie vorschwärmtest, die leider (noch) nicht in meiner Bibliothek steht, habe ich ein bißchen recherchiert und zumindest eine online zugängliche Leseprobe gefunden. - Dies für heute über Kühn.
Etwas Anderes (weniger Schönes): die Idee eines Nachfolgeformates des Wortklangraum wird sich, so wie ich es gerne angelegt hätte, wohl nicht realisieren lassen. Das Kath. Bildungswerk Bonn wird - wie ich nun erfuhr - auf manches schon angedachte Projekt verzichten müssen, weil der Etat für Kulturveranstaltungen (neben den üblichen pädagogischen Aktivitäten, die vor allem für Migranten noch hochgefahren werden) soweit zusammengestrichen wurde, daß es zumindest vermutlich in diesem Jahr nichts mehr werden kann. - Sehr schade! - zumal wir somit wohl auch einen anderen Ort für unser gemeinsames Celan-Projekt suchen müssen! (ich frage mich, ob die gravierenden Turbulenzen, in denen sich die Kirche derzeit befindet (nicht zuletzt im Bistum Köln, von dem das hiesige Bildungswerk abhängig ist), mit zu dieser Situation beigetragen haben) Laß uns zusammen überlegen, wem man das nun anbieten könnte ... ich habe zwei Ideen und werde mal eruieren, ob dort Interesse bestünde.
Michael
Di., 1. Februar 2022, 22:06 Uhr
PS ... hatte bei meiner Bemerkungen zu Kühn völlig vergessen: toll ... lieber Theo ... wie Du einen seiner wichtigsten Buchtitel mit einem begeisterten Lob (in einem Wort) seinen Namen zudem adjektivisch in einem der ergänzten Gedichte Deines Konvolutes unterbringst !!! Auch da mußte ich schmunzeln ob der verblüffenden Treffsicherheit in so knapper Form! Echt kühn ... !
Do., 3. Februar 2022 2022, 11:48 Uhr
Lieber Michael,
ich komme mir vor wie in Döblins Berlin Alexanderplatz. Denn draußen rattert die Dampfmaschine ... pausenlos ... Immerhin war ich wenigstens gestern, als die Tiefbauarbeiten losgingen, noch in Berzdorf ...
Nach drei Tagen Pause habe ich gestern abend natürlich weitergelesen in Kühns Autobiographie Das magische Auge. Ich nähere mich nun dem Ende - 1274 Einblicke der besonderen Art. Und die guten Zufälle, die Kühn und mich unmittelbar zusammenbringen, nehmen kein Ende. Das magische Auge ist eins der fesselndsten Bücher, die ich je gelesen habe. Umwerfend.
Ich bin dankbar und froh, daß ich schon wieder ein Lesejahr haben werde, in dessen Mittelpunkt mit Dieter Kühn wieder ein hochorigineller - eigenwilliger -Autor stehen wird - wie zuletzt 2020 Paul Celan oder 2019 Norbert Scheuer. (Ohne daß ich diesmal das Bedürfnis habe, darüber zu schreiben, was bei Scheuer und Celan von Beginn des jeweiligen Jahres da war.)
Mal sehn, wo ich das von dir wiedergelesene Hörspiel finde.
Der Celan-Abend wird kommen, da bin ich ganz gewiß. Da der ideale Zeitpunkt längst verstrichen ist, haben wir keinerlei Druck. Mach ihn dir also nicht!
In den vergangenen Tagen konnte ich trotz Dauerbeschäftigung mit den Enkelinnen drei weitere kleine Gedichte schreiben. Es verblüfft mich von Tag zu Tag mehr, daß dieses im November 2020 begonnene Manuskript einen solchen Umfang hat. Damit hatte ich in kühnsten (!) Träumen nicht gerechnet. Wobei es auf den Umfang sowieso nicht ankommt. Mit 128 Seiten wäre ich voll und ganz einverstanden gewesen, nun sind es bereits 160. Und das Jahr ist noch jung ...
Natürlich freue ich mich, daß ich im PS zu dieser E-Mail erfahre, daß du das Gedicht ich wolkenstein entdeckt hast. Es gehört zu den Gedichten, in dem das Zusammenspiel der Wörter nahezu vollkommen funktioniert und eine ganze Reihe von Be-(Deutungsmöglichkeiten in den Raum geworfen werden, beginnend mit dem Zitat von Musil, das Kühn mit seinem Lebenswerk beantwortet. (Zudem hat er ja über Musils Roman promoviert.) Fähige Leistungskursschüler oder Studenten könnten lange Aufsätze darüber schreiben. Und wenn es zum einen unmittelbar 'blitzt' bei der Lektüre, zum anderen lange Gedankengänge ermöglicht werden - was will der Autor mehr?
Theo
Fr., 4. Februar 2022, 17:27 Uhr
Lieber Michael,
das ist eine überraschende Information. Danke für deinen Einsatz. Ich bin gespannt auf die Reaktion.
Meine Überlegung ging von Beginn an dahin, Wort und Klang synchron zu erleben - etwa so: Die Musik setzt ein, wir hören das erste Stück, und mit Einsetzen des zweiten Stücks beginne ich zu lesen. Zwischen jedem Gedicht setze ich wenigstens eine halbe Minute aus, um anschließend mit dem nächsten Gedicht fortzufahren, während der Pianist die Stücke nacheinander spielt. Wenigstens ein Celan-Gedicht würde ich gern zum Ganzen zuschalten.
Auf diese Weise würden die Gäste den Entstehungsprozeß unmittelbar nachempfinden.
Wir werden da zu einer guten Entscheidung finden, was den Ablauf angeht.
Nebenbei: Bei allem Entgegenkommen - das Honorar sollte schon stimmen.
Bin nahezu übergangslos in den zweiten Band der Autobiographie hineingeglitten, die auf gleich hohem Niveau fortgeschrieben wird.
Heute morgen habe ich Hans Georg Schwark davon in Kenntnis gesetzt, da AKZENTE und Hans Bender mehrfach wertschätzend erwähnt werden. (Man war jedoch nicht näher befreundet.)
Theo
Fr., 4. Februar 2022, 18:12 Uhr
… warten wir erst einmal ab, wie & ob man in Brühl auf mein Schreiben mit dem Angebot reagieren wird, lieber Theo, und sicherlich werden wir uns dann ggf. bestens bei der Art der gegenseitigen Verschränkung einigen, da habe ich keine Sorge!
Wie nett, daß Du Georg Schwark informiert hast, wie positiv Dieter Kühn über Bender & Akzente in seiner Autobiographie geschrieben hat. – Georg Schwark habe ich das letzte Mal im Anschluß an die kirchliche Trauerfeier für Hans Bender im Kölner Süden gesehen und gesprochen. Er lebt sicherlich weiterhin in der Taubengasse; weißt Du wie es ihm geht?
Gerade rechtzeitig vor der regnerischen Kaltfront bin ich eben von meiner Rhein-Radtour wieder zu Hause eingetroffen. Nun wärmt mich ein Ingwertee … Michael
Sa., 5. Februar 2022, 11:22 Uhr
Lieber Michael,
Dingen, auf die ich wenig bis keinen Einfluß habe, sehe ich zumeist gelassen entgegen. Offen für das, was möglich und in den Raum gestellt wird. Wenn der Programmvorschlag in Brühl nicht passen sollte, so werde ich das nüchtern zur Kenntnis nehmen. Ich habe keinerlei Erwartungen.
Hans Georg Schwark lebt mit Horst Bürger weiterhin in der Taubengasse. Wenn man nahezu 89 Jahre alt ist, sind viele Dinge naturgemäß beschwerlich. (Das empfinde ich ja schon mit 65 so ...) Darüber hinaus will ich mich nicht weiter äußern: Was wissen wir schon? Das sind doch meistens Mutmaßungen, mit denen wir haarscharf danebenliegen.
Es ist schade, daß ich die regelmäßigen Besuche in der Taubengasse in den vergangenen Jahren nicht fortsetzen konnte. (Zumal seit dem 14. Juli 2021 die Bahnstrecke dermaßen zerstört ist, daß bis heute kein Zug bis Kall kommt.)
Such is life.
Theo
Fr., 11. Februar 2022, 22:40 Uhr
Lieber Theo,
ich hatte in einem Antiquariat zufällig Dieter Kühns Erzählung "Die Minute des Segelfalters" gefunden ... und nun gelesen. Ist Dir diese (sprachlich wirklich bemerkenswerte) Erzählung / "poetische Pathographie" bekannt? ... in beachtlicher Intensität geht es auch um Liebe / Tod / Paarung in der Natur, die metaphorisch für die aussichtslose Liebe des Protagonisten zu stehen scheinen. - Wenn das, was Du derzeit von ihm liest, die gleiche dichterische Dichte (was für eine Wortkombination!) hat, verstehe ich Deine augenblickliche Begeisterung für Kühn durchaus!
Wie Du zum Jubilar Richter stehst, weiß ich zwar nicht, dachte mir aber, die FAZ-Würdigung zum 90. könnte Dich interessieren. Er ist ohne Zweifel (auch weil als Person eher Medien-scheu) für mich schon ein Großer, wenngleich mir selbst dabei nicht der Allerwichtigsteunter den Zeitgenossen.
Ich hänge Dir hier mal einen kleinen Gedichtzyklus an, der neben Celan- auch andere Anspielungen hat. Mir wurde er "zugespielt" ... und ich wäre gespannt, was Du dazu sagst ... (meine Einschätzung soll hier zunächst keine Rolle spielen)
Nächste Woche erwarte ich eine spannende künstlerische Begegnung: treffe mich mit Dorissa Lem, wir wollen uns überraschen lassen, welche Energien wir uns gegenseitig zuspielen, während sie malt und ich gleichzeitig auf der Campanule improvisiere ...
Michael
Sa., 12. Februar 2022, 09:30 Uhr
Lieber Michael,
obwohl ich mit Die grüne Grenze von Isabel Fargo Cole einen vorzüglichen Roman lese, sehne ich ununterbrochen mich nach der Prosa Dieter Kühns. Nächste Woche wird wieder bestellt. Die Minute des Segelfalters kenne ich nicht. Ich freue mich über deine Begeisterung.
Die Kunst Gerhard Richters bedeutet mir viel, sehr viel. In früheren Jahrzehnten habe ich immer wieder vor Bildern gestanden und ließ mich 'plätten'. In den Jahren seit der Installation steht das Fenster im Kölner Dom stellvertretend für all die Richter-Bilder, die ich gern regelmäßig sähe. Nahezu jedes Mal, wenn ich in Köln war, habe ich es mir nicht nehmen lassen, das Fenster zu bewundern. (Ebenso die Lüpertz-Fenster in St. Andreas.)
Die Gedichte - stelle ich nach dem Lesen der ersten drei Gedichte fest - kann ich im Moment nicht lesen, mein Kopf ist zu voll von den Leseeindrücken der letzten Zeit, in der ich wie wahnsinnig lese. Bevor ich also möglicherweise etwas Ungerechtes schreibe, schweige ich lieber.
Spielt euch zu!
Theo
Fr., 18. Februar 2022, 11:05 Uhr
Guten Morgen, lieber Theo, als ich gestern vom 1. Termin "interaktives Improvisieren" mit Dorissa Lem aus Köln zurückkam, fand ich untenstehende Antwort aus Brühl in meinem digitalen Briefkasten. Leider wird es in diesem Jahr dort nichts; ob die höfliche Bemerkung zum nächsten Jahr ernst zu nehmen ist, vermag ich nicht einzuschätzen ... Dies nur kurz zu Deiner Information, Michael
Fr., 18. Februar 2022, 11:20 Uhr
Lieber Michael,
danke für die Nachricht.
Man wird sehen, ob und wann und wie der Wunsch nach einem gemeinsamen Paul-Celan-Abend sich verwirklichen läßt. Diese Musik und diese Gedichte sind zeitlos, darum mache ich mir vorläufig keine Gedanken darüber, daß es etwa nicht zu diesem so sehr gewünschten Abend kommen könnte.
Nach drei Wochen sind die lärmintensiven Kanalarbeiten entlang unseres Anwesens (bis zum Grundstück des Nachbarn, wo es demnächst weitergeht ...) abgeschlossen. Ich bin immerhin sehr zufrieden mit dem Umstand, daß meine Sonderwünsche bei der Wiederherstellung des vorherigen Zustands (der jetzt eben deutlich besser ist als zuvor) anstandslos und voll erfüllt wurden.
Der Sturm wird wieder stärker, wird heute nach Mittag wohl wieder sehr stark auftrumpfen wollen.
Ich hänge ein neues Gedicht an.
Theo Die Welt ist voll von schön gewesenen Frauen. Arnold Stadler
trauerblümchen
welke elke
Fr., 18. Februar 2022, 21:15 Uhr
Lieber Theo,
das doppelbödige Stadler-Zitat las ich heute zweimal! Zunächst über Deinem angehängten trauerblümchen, welches ich natürlich wieder einmal mit einem inneren Schmunzeln las ... und dann heutenachmittag beim Hineinschmökern in die neuste, gerade eingetroffene MATRIX in Deinem feinen Beitrag dort. Zugleich entnahm ich dem Editorial, daß Traian Pop kürzlich den Andreas-Gryphius-Preis überreicht bekam, was mich sehr freute, zumal meine väterlichen Vorfahren auch aus Schlesien stammen ... und ich (wohl auch deshalb) vor vielen Jahren als junger Komponist mal den Johann-Wenzel-Stamitz-Preis (dem musikalischen Pendant zum Gryphius-Preis) bekam.
Nun stürmt es auch hier wieder ... und trotz des geschlossenen Dachfensters gen Westen spüre ich hier am Schreibtisch darunter die heftigen Böen draußen hier drinnen als leichte kühle Windzüge ... Es war heute kein Radelwetter.
Auch wenn nun eine Absage aus Brühl kam, hoffe ich sehr, wir müssen nicht allzulang auf eine Realisation unseres Celan-Abends warten.
Michael (zusammenlebend mit einer schön gebliebenen Frau) ---- ;)
Fr., 18. Februar 2022, 21:50 Uhr
… welke
… als Aufforderung oder Zustand??? - oder bewußt doppeldeutig gedacht? Nochmals herzlich, M.
Sa., 19. Februar 2022, 08:47 Uhr
Lieber Michael,
die neue MATRIX habe ich noch nicht erhalten. Das Zitat habe ich im Manuskript - natürlich - in diesem Gedicht entfernt (schon bevor ich es für das neue Gedicht verwendete: Es geht zwar in dem in MATRIX abgedruckten Gedicht um Vergänglichkeit, die auch in Stadlers Zitat ausgedrückt wird, aber das Zitat paßt nicht so richtig zu den weiteren Zitaten. Jetzt ist alles gut.
Schade, daß der Andreas-Gryphius-Preis nicht mehr dotiert wird. Pop hätte das Geld sicherlich gut gebrauchen können.
Ja, viel Sturm - und weiterer in Erwartung ...
Jetzt scheint die Sonne, in der Nacht ist ein bißchen Schnee gefallen: So hellt das Draußen mein Drinnen ein wenig auf ...
Theo
PS 'Lange' ist ein relativer Begriff: Denn was, wenn es drei Jahre dauern sollte: Vorfreude ist eh die größere Freude ... (Ich versuche längst, nicht mehr in einzelnen Jahren zu messen.)
Sa., 19. Februar 2022, 08:49 Uhr
Lieber Michael, Mi., 16. März 2022, 11:36 Uhr
Lieber Theo,
ich habe mich länger nicht geregt ... nun aber doch endlich wieder ein paar Zeilen an Dich ... vermutlich bist Du ähnlich fassungslos über das, was da seit drei Wochen in der Ukraine stattfindet ... wir taumeln mittlerweile von einer Krise in die andere ... es ist unfassbar, wie eine Person so gravierend die Welt zu verändern imstande ist! -
... ich habe in den vergangenen Tagen neben der weiterhin täglichen mit den Haydnschen Klaviersonaten (welch geistige Erfrischung !!!) auch ein bißchen in meiner Vergangenheit "gegraben" ... und dabei mein mittlerweile uraltes Orchesterstück "Melancolia" seit Ewigkeiten mal wieder gehört ... war irgendwie überrascht, wie frisch es mir grad in eigener augenblicklichen Verfassung erschien ... entschied mich, es auf YouTube mal zugänglich zu machen ... und nutzte dabei (bei 3. Melencolia II) als Bildunterlegung (anstelle eines fiktiven Dürer) zwei ebenfalls "uralte" prozessuale Arbeiten von Annegret Soltau (die ich von ihr in unserer gemeinsamen römischen Zeit erwarb) und zudem eine ganz frische Arbeit von Barbara Dörffler (die ich erst kürzlich erwarb) ... und war "perplex", als ich bemerkte, wie formal erstaunlich zwingend das Überblenden in diese aus der vorherigen funktioniert! ... vielleicht hast Du bei Gelegenheit Zeit & Lust, Dir das mal anzuschauen (und dabei zu hören, wie ich als 24/25-Jährigen musikalisch fühlte: https://www.youtube.com/watch?v=5myn_zoMogk)
... das Projekt "Klänge & Farben" - interaktive Improvisationen mit der Kölner Künstlerin Dorissa Lem geht morgen mit dem 3. Treffen weiter, kurze Impressionen von den ersten beiden Terminen: https://www.youtube.com/watch?v=b4ZgAT93UK8&list=PLfNekSnn90ysT42Jqfit6tZGwAM_0iNMH
Sei herzlich gegrüßt Michael
So., 20. März 2022, 17:50 Uhr
Lieber Michael,
sollten wir geglaubt haben, mit Hitler und Stalin wären diese soviel Böses verursachende Einzelwesen untergegangen, so haben wir uns restlos getäuscht. Putin hat diesen KRIEG seit Jahren vorbereitet, der Warnungen und Zeichen gab es genug. Und? Alle sind ihm auf den Leim gegangen, weil die Phantasie nicht reichte, sich ein solches Szenario auszumalen.
Ich bin entsetzlich müde (seit Monaten schon), was sicherlich auch mit dem Zustand der Welt zu tun hat.
Dem zum Trotz habe ich es heute geschafft, einen leichtfüßig daherkommenden Essay zu einigen Neuerscheinungen im Pop Verlag zu schreiben, die mich mächtig beeindruckt haben. Denn immerhin - trotz der Müdigkeit kann ich lesen, sogar viel lesen (und Bruckner hören, immer und immer Brucker: meistens die vierte Sinfonie, bisweilen die fünfte, dann auch mal Schostakowitsch und Mendelssohn Bartholdy).
Ich wünsche mir die von dir in den Raum gestellte "Lust", dem von dir hinterlassenen Link demnächst zu folgen.
Let us keep going.
Theo
So., 20. März 2022, 17:50 Uhr
Lieber Theo,
mir geht es – wenn ich ehrlich bin – nicht anders als Dir: ebenfall sehr müde, auch ob des Zustandes der Welt & Gesellschaft! (Es gibt ja nicht nur den Krieg in der Ukraine … ) Wenn die Waffen sprechen, gibt es keinen Raum für Kunst. Daß alle, nicht zuletzt die Merkel-Regierung, blind waren für alle offensichtlichen strategischen Vorbereitungen Putins, bleibt erschreckend, man hat ihn gewähren lassen, in Syrien, der Krim, etc. Die Rechnung ist bitter … aber immerhin las ich heute in der NZZ einen Artikel, der eine gewisse Hoffnung macht, auch angesichts dessen, was nun schon sichtbar wird: Ja, lesen wie Musik-hören geht auch bei noch: Du kannst Dir kaum vorstellen, wie mich auch das „Erfingern“ der Haydn-Sonaten zumindest für eine gewisse Zeit am Tag beglückt (und vom Unbill herum ablenkt! Gelesen habe ich zuletzt den ganz frisch erschienenen Essay von Ulrike Guérot (Wer schweigt, stimmt zu), die ich als Politikwissenschaftlerin mit Schwerpunkt Europa schon seit Längerem sehr schätze und die seit September vergangenen Jahres an der Bonner Uni eine Professur besetzt. Eine kluge & kritisch wie sensibel beobachtende Frau. Martella, die das Buch direkt nach mir las, fand zwar das 3. Kapitel, welches zunächst eine Dystopie der Zukunft beschreibt, und direkt danach eine Utopie der Zukunft entwirft, nicht unbedingt gewinnbringend; mir aber hat Guérots Entscheidung dazu durchaus eingeleuchtet, auch die mit heißer Nadel geschriebene Art des Textes. Kraft gegeben hat mir auch der gestrige Abend: ich hatte diverse Künstler in mein Studio eingeladen, die sich der Initiative der jungen Schauspielerin & Schriftstellerin Philine Conrad „Kunst ist Leben“ wie ich angeschlossen haben. Es tat gut, im Kreis so vieler Gleichgesinnter zu sein und sich gedanklich auszutauschen … und so ging es bis in die frühen Morgenstunden.
Deinen „leichtfüßigen“ Essay werde ich dann wohl mit der nächsten MATRIX zu lesen bekommen. Ich freue mich darauf. Doch hier zunächst einen ersten Frühlingsgruß, Michael
Mo., 21. März 2022, 09:04 Uhr
Lieber Michael,
ich sende dir den Beitrag einfach schon mal vorab. Solltest du ihn lesen und Fehler finden, wäre ich für eine entsprechende Rückmeldung dankbar.
Wie schön, daß ihr diese lange Musiknacht hattet!
Den NZZ-Artikel habe ich gelesen. Er macht Mut.
Theo
Mo., 21. März 2022, 11:18 Uhr
Lieber Theo,
Danke für’s Vorabsenden. Habe Deine luftig heitere Besprechung der vier Bücher soeben mit Vergnügen gelesen … sie macht neugierig auf mehr … nun: das soll sie ja wohl auch! Mir fiel nur Folgendes auf: bei dem Zitat über die besondere Begegnung mit Elisabeth Borchers steht mittendrin eine mir sich nicht erschließende Zahl 148 … und vermute, da ist versehentlich eine Seitenzahl aus dem Original mitkopiert worden. Auch dies nur zum Layout: merkwürdigerweise ‚kleben’ letzte Zeile von Dir mit erster Zeile des jeweils Zitierten aneinander (fehlende Leerzeile?); es könnte aber auch an der Darstellung des Word-Dokumentes durch mein Mail-Programm bei der Lesevorschau des Anhanges liegen.
Dies in aller Kürze zunächst einmal herzlich zurück in den sonnigen Vormittag Michael
Mo., 21. März 2022, 11:18 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für die unverhofft flotte Reaktion mit dem Hinweis auf die 148, die dort natürlich nicht hingehört. Das falsche Layout ist ein Übertragungsproblem.
Theo
Di., 22 2022. März, 11:37 Uhr
Lieber Michael,
du schreibst "luftig heiter" zu meinem kleinen Essay. Ich wünsche sehr, dem wäre so. (Ich trage zur Zeit wieder mal besonders schwer an der Schwere, sehne mich nach friedlichen Zeiten, im Großen wie im Kleinen, nach Ruhe, drinnen und draußen.) Von ein paar Wörtern/Zeilen auf der ersten Seite abgesehen, ist es doch eher ein Text mit ernstem Ton geworden, was sowohl meiner Verfassung als auch den Büchern geschuldet ist.
Damit du das richtige Layout siehst, hier das Ganze im PDF-Format.
Ich höre Bruckners vierte Sinfonie (was sonst ...), blicke zwischendurch in den vogeldurchschwirrten Garten ..., versuche jetzt weiter in Irvings Roman zu lesen ...
Theo
Di., 22. März 2022, 14:52 Uhr
Lieber Theo,
ja, so als PDF sieht es perfekt aus, auch ganz andere (sinnige) Seiten- & Zeilenumbrüche, anders als im Word-Doc. Vielleicht erschien mir Dein Essay auch nur deshalb luftig & heiter, weil er nicht von dem berührt war, was als so grau Schweres ringsherum einen emotional hinunterdrückt ... wie zur weiteren Ablenkung scheint nichtsdestotrotz die Sonne vom wolkenlosen Blau des Himmels unbeschwert zu scheinen, und ich werde ebenfalls zur Ablenkung gleich einmal wieder bis mindestens Wesseling radeln ...
Versuch es zur Abwechslung von Bruckners Vierter auch mal mit der großen C-Dur Symphonie (8.) von Schubert, bei deren Hören geht es mir auch immer besser / gut!
Michael
Mi., 23. März 2022, 08:43 Uhr
Lieber Michael,
es hat Jahre gegeben, als ich kaum etwas anderes gehört habe als die Sinfonien von Schubert - und gerade auch die achte (die ich in diesem Jahr auch schon mehrfach gehört habe): Jetzt weiß ich warum.
Danke.
Theo
Do., 24. März 2022, 11:10 Uhr
Mit Schuberts Achter haben wir früher unseren Sohn Gabriel täglich in den Schlaf gewiegt, lieber Theo, das gehörte für ihn zum abendlichen Ritual ... und das Eingangsthema war - noch bevor er ein Jahr alt wurde - so ziemlich das erste, was er zu singen begann! - aber schon mit 10 Jahren verschob sich sein Interesse auf Michael Jackson & Eminem ... Heute ist er gefragter Pop-Musiker.
Mich sorgt im Moment der Gesundheitszustand meines Freundes & Kollegen Hans-Joachim Hespos, der vor wenigen Tagen seinen 84. Geb. im Krankenhaus verbrachte und nun schon seit Wochen von Krankenhaus zu Krankenhaus weitergereicht wird, mal auf Normal- mal auf Intensivstation; die Ärzte rätseln, wie mir nun seine Tochter in seinem Auftrag schrieb.
Neben dem täglichen Haydn-Sonaten-Üben lese ich mal wieder im Buch der Unruhe von Pessoa ... ein Kontrast quasi ...
Michael
Do., 24. März 2022, 11:30 Uhr
Lieber Michael,
bei unserem Sohn Andreas war es "Dalla su pace" ... (Er ist ebenfalls der Musik treu geblieben (nicht beruflich), bei ihm ging es in Richtung AC/DC, Amon Amarth u. a. m., seit Jahren verfaßt er immer mal wieder Rezension zu neuen CDs, die er auf einer entsprechenden Seite publiziert.)
Vielleicht ist Hans-Joachim Hespos müde des Lebens? Wenn man 84 Jahre alt ist ... Das soll nicht hartherzig klingen: Ich trauere heute noch um Hans Bender, der mit 95 starb, und Maximilian Zander, der 87 Jahre alt wurde.
Ich bin schwer depressiv und dabei total unruhig, eine ungute Kombination, vielleicht sollte ich auch einmal wieder zum "Buch der Unruhe" greifen ... Wir haben so wenig Einfluß auf Dinge, die wir gern verändern würden und die uns so belasten. Jeden Tag, jeden Tag der neue Anlauf, immer wieder 'das Beste' draus zu machen.
Ich will nicht negativ klingen, genösse viel lieber Literatur, Musik, Natur ...
Theo
Do., 24. März 2022, 13:45 Uhr
Lieber Theo,
es sind Zeiten zum Depressiv-werden, ich versuche mich soweit als möglich abzulenken ... und machte schon mehrfach die Erfahrung, daß in solchen Situationen mir nachdenklich Melancholisches besser tut als ausgelassen Heiteres: so griff ich spontan mal wieder zu Pessoa. (Das Klare & Lichte finde ich derzeit bei Haydn)
Dies als kurzen Nachgruß aus der Kaffee-Mittagspause Michael
PS. - mir scheint Hans-Joachim weniger müde, denn gestern schrieb er von einem hoffentlich bald wieder gesund & munteren Wiedersehen -
Mi., 30. März 2022, 01:07 Uhr
Lieber Theo,
nachdem ich vergangenen Samstag in der FAZ den Artikel zum 70sten von Wolfgang Hegewald las (ich hatte ihn Dir ja geschickt), versuchte ich Wolfgang (mit dem ich gleichzeitig Stipendiat - 1986/97 - in der Villa Massimo war) spontan anzurufen, hatte überraschenderweise sofort Erfolg und wir hatten ein langes & sehr nettes Gespräch nach langer Pause, bei dem ich ihm u.a. auch von unser beider Austausch seit nun knapp zwei Jahren erzählte. Zu meiner Verwunderung kannte er Deinen Namen nicht! - ich erlaubte mir, ihm daraufhin Dein "nicht weniger nicht mehr" zumindest als PDF zuzuschicken. Nun bekam ich heute (bzw. inzwischen gestern) von Wolfgang ein - wie ich finde - sehr nettes & umfangreiches Portrait über ihn zugeschickt, welches in einem Hamburger Magazin erschienen ist. Ich hänge es Dir mal an, könnte Dich ja möglicherweise auch interessieren ...
Netter Zufall: Wolfgangs 70. war gleichzeitig auch der 25. unserer Tochter Clara, den wir ausgesprochen schön mit ihr im Bonner "Weinkommissar" feiern konnten! - und der 26. 3. ist ja zudem Beethovens Todestag! - Tja und mittlerweile ist die erste Stunde des 30. März angebrochen: somit Dein 66. Geb., zu dem ich Dir auf diesem digitalen Wege vermutlich als erster gratulieren darf ... ein kleiner musikalischer Gruß sollte Dich im Laufe des gefühlt erst morgigen Tages dann zusätzlich auf altem Postweg erreichen ...
In diesem Sinne eine gute Nacht & einen mit möglichst viel Gutem erfüllten Geburtstag!
Michael Fr., 1. April 2022, 11:36 Uhr
Lieber Michael, vielen Dank für den doppelten Geburtstagswunsch sowie das musikalische Geschenk! Daß Hegewald mich nicht kennt ... Da hat er aber etwas versäumt ... Ich habe von ihm immerhin einen Roman gelesen: Der Saalkandidat.
Theo
Fr., 1. April 2022, 12:20 Uhr
… damit er seine „Bildungslücke“ füllen kann, schickte ich ihm ja eines Deiner Manuskripte, lieber Theo. Dafür kannte ich Dich schon, bevor wir durch Dein Anschreiben in Kontakt kamen!
Morgen bin ich bei einer Vernissage in Königswinter, wo u.a. Arbeiten von Burkhard Mohr (der auch als Karikaturist unterwegs ist) gezeigt werden; wir kennen uns seit Jahren. Und am Sonntag eröffnen wir in der GKG eine Ausstellung mit den Wolkenbildern von Harald Naegeli.
Michael
PS Aus meiner Sicht ist übrigens das „Lexikon des Lebens“ das schönste / beste Buch von Wolfgang H.
Di., 5. April 2022, 10:41 Uhr
Lieber Michael,
ich höre Titel Nummer 21: "Notgesang" für Paul Celan, während ich diese Zeilen schreibe.
Ich danke dir noch einmal für dieses Geschenk, das den heutigen Morgen verlebendigt.
Ich lese seit gestern Dieter Kühns Clara Schumann, Klavier. Ein Lebensbuch.
Theo
Di., 5. April 2022, 23:12 Uhr
Lieber Theo,
das Buch von Dieter Kühn über Clara Schumann las ich seinerzeit kurz nach dem Erscheinen ... aber merkwürdigerweise habe ich kaum noch Erinnerungen an die Lektüre; ein Grund, das Buch mal wieder hervorzuholen ... Ich bin weiterhin voll in die Haydnsche Klavierwelt abgetaucht: heute die atemberaubende späte Es-Dur Sonate (Hob. XVI, 52) "durchgefingert" ... ich wünschte, ich könnte sie perfekt spielen !! ... aber haptisch an den Klaviertasten "buchstabierend" erlebt man die Ungeheuerlichkeiten noch viel intensiver, als wenn man die Musik nur (von einem hervorragenden Pianisten gespielt) in der Partitur mitverfolgen würde. - Ich kann Dir mein inneres Glück mit dieser Musik kaum in Worte fassen!
(ich hatte fast vergessen, daß es bei den STROPHEN ja auch noch ein kleines Celan-Stückchen gibt ----- Du siehst: eigentlich war / ist Celan immer irgendwie bei mir gegenwärtig)
Michael
Di., 5. April 2022, 23:30 Uhr
... und noch einen kleinen optischen Nachtrag von der Eröffnung unserer Naegeli-Ausstellung in der Bonner GKG am Sonntag: diese Wolken-Zeichnungen laden zu langem Meditieren ein! - werde bestimmt noch einige Male vor Ort sein. M.
Sa., 9. April 2022, 16:59 Uhr
Lieber Michael,
ich habe viele Bücher von Richard Wagner gelesen. Eine originelle Stimme, die ich nicht missen möchte.
Theo
Sa., 9. April 2022, 17:04 Uhr
Lieber Michael,
Sa., 9. April 2022, 22:03 Uhr
Lieber Theo,
daß Dir die Arbeit von Franz Mon immer wichtig war (wie mir ja auch) wußte ich natürlich; deshalb schickte ich Dir diesen besonderen Nachruf. - Mit 95 darf man dann auch mal abtreten und auf den Nachruhm hoffen, den Mon ohne Zweifel verdient! Und R. Wagner schätzte auch ich ... es hätte mich fast gewundert, ginge es Dir nicht ähnlich.
Wir kommen gerade zurück von einer Lichtinstallation beim Arndt-Haus in Bonn. Dir einen schönen Sonntag
Michael
So., 10. April 2022, 09:33 Uhr
Lieber Michael,
ich habe vor einigen Tagen Dieter Kühns Clara-Schumann-Buch zu Ende gelesen. Auch wenn ich - im Gegensatz zum Erzähler - nicht wissen muß, ob Clara und Johannes "gevögelt" haben (was wiederum als Flaubert-Zitat zu verstehen ist, also keineswegs als despektierlich), so bin ich doch sehr dankbar für diese reichhaltige Lektüre, die mir - aus spezifischem Blickwinkel - auch ein Porträt Robert Schumanns und des ganzen 19. Jahrhunderts bietet. Ich habe 'im Nachgang' denn auch einmal wieder viel Schumann gehört - und - die Lektüre unterbrechend - zwei Gedichte zu Robert Schumann geschrieben. Dieter Kühn schrieb seine Bücher ja in atemberaubendem Tempo. Unglaublich, welche Kräfte er bündeln konnte. (Die ihm am Ende des Lebens dann auch ausgegangen waren: Sein Herz konnte einfach nicht mehr.)
Als nächstes (siebzehntes) Buch ist Beethoven und der schwarze Geiger an der Reihe. Diese Zahl hätte Kühn sicherlich fröhlich gestimmt: Er wußte es zu schätzen, wenn er viel gelesen wurde. (Bei Uwe Johnson zu Besuch zählte er 14 seiner Bücher im Regal, was ihn sehr stolz machte.)
Die Wehmut wird bleiben, Dieter Kühn nicht persönlich begegnet zu sein. Wir waren einander so nah! Um so mehr freut mich, daß du ihn persönlich gekannt hast.
Das Gedichtbuch als Ganzes - als weiteres alphabetisches Lyrikkompendium - betrachte ich nun 'eigentlich' fertig. Es dürfen gern noch einzelne Gedichte hinzukommen, ich glaube aber zu spüren, daß sich da in den nächsten Monaten nicht mehr allzu viel tun wird. (Ich kenne meinen Rhythmus ...) Es sind 129 Gedichte auf 172 Seiten, darunter eine ganze Reihe von Gedichten, die mit Komponisten befaßt sind: Mozart, Schubert, Schumann.
Theo
Di., 12. April 2022, 11:20 Uhr
Lieber Theo,
man sollte Dieter Kühns Bücher zu Schumann und Beethoven nicht als persönliche Biographien der beiden lesen (wie man es bei Hildesheimer zu Mozart oder auch Härtling zu Schubert könnte), sondern mehr als eine literarische Fantasie, die aber viel aus der entsprechenden Zeit imaginiert. Ja, ich fand es auch immer erstaunlich, mit welch atemberaubenden Tempo Kühn schreiben & fabulieren konnte! - ohne daß es dabei flach würde - und ich bin dankbar, daß ich Gelegenheit bekam, einige Male mit ihm zusammzutreffen.
Was Du zu Deinem entstehenden / fast abgeschlossenen Gedichtband schreibst, klingt sehr gut! - und natürlich bin ich nicht nur auf die Lyrik gespannt, die sich mit Komponisten befasst!
Ich bin nun endlich fertig mit der notwendig gewordenen Umgestaltung des nachzuholenden "finalen" 100.Wortkangraums am 18. Mai; die für den ursprünglich am 1. 12. 21 vorgesehenen Musiker hatten nun abgesagt und Ersatz war so kurzfristig nicht leicht zu finden. Nun kommt ganz andere Musik, aber Auszüge aus Becketts Endspiel bleiben.
Michael
Di., 12. April 2022, 19:05 Uhr
Lieber Michael,
das Clara-Schumann-Buch kommt durchweg sehr nahe an das heran, was wir 'Biographie' nennen, ist in diesem Fall tatsächlich viel weniger Fiktion als Faktion. Das Meiste wird durch ausführliche Zitate durchgehend belegt. Insofern hat das Buch auch etwas von einer Autobiographie bzw. einem Tagebuch. Kühn wollte mit jedem neuen Buch ein Buch mit vollständig eigenem Charakter schreiben. Nach 17 Lektüren kann ich sagen: Das ist ihm wahrhaftig gelungen. Beethoven und der schwarze Geiger wiederum ist in erster Linie und vor allen Dingen Roman; die Handlung und Rahmenhandlung sind ja auch vollständig frei erfunden.
Ich freue mich, daß der 100. WKR-Abend nun bald stattfinden wird.
Theo
Sa., 23. April 2022, 21:46 Uhr
Lieber Theo,
zumindest ein kurzes Lebenszeichen von mir soll Dich noch erreichen, bevor wir Montagfrüh endlich mal wieder zu einer kleinen Reise aufbrechen: Zürich wird für fünf Tage unser Ziel sein, mit Konzert-, Opern- & Museumsbesuchen. Heute reisten mein Bruder (& Frau) aus Braunschweig wieder ab, die einige Tage zu Besuch waren, zum gemeinsamen Musizieren in Fortsetzung unseres Treffens zum Jahreswechsel bei ihnen. Das Wetter war ja so, daß wir auch jeden Tag gemeinsam auf den Rädern unterwegs waren ... und wie immer, wenn wir zusammen sind, wurde viel geplaudert & diskutiert ( ... und gut gegessen).
Alles hilfreiche & guttuende Ablenkung. (- ich mag Dir hier nicht all die finsteren Gedanken aufschreiben, die mich mit Blick auf das politische wie gesellschaftliche Geschehen mittlerweile so deprimieren, daß es kaum noch Raum für eigenes künstlerisches Denken läßt ... )
Gestern zu allem noch die Nachricht, daß vorgestern ein weiterer Freund nach kurzer Krebs-Erkrankung mit nur 53 Jahren gestorben ist. Das letzte Mal, als wir uns persönlich trafen, hat er hier anläßlich des von ihm entscheidend mitgestalteten 96. WKR-Abends Ende Juli (https://www.youtube.com/watch?v=Ml5by4TjXSM) hier bei mir übernachtet. Er war ein wirklich ganz besonderer Mensch & Musiker, den ich nun schmerzlich vermissen werde!
Aber so ist das Leben ... und der Tod / Abschied gehört (ob wir wollen oder nicht) eben immer auch ganz "natürlich" dazu.
herzlichst, Michael
So., 24. April 2022, 12:07 Uhr
Lieber Michael,
nach 29 Monaten stand gestern Norbert Scheuer am späten Nachmittag überraschend vor der Tür. Wir haben eine halbe Stunde lang im Garten miteinander gesprochen, bevor er sich wieder aufs E-Bike setzte, um vor der einsetzenden Abendkälte zuhause zu sein.
Ich bin so entsetzlich müde von allem.
Um so mehr wünsche ich dir/euch schöne Tage in Zürich.
Theo
So., 24. April 2022, 13:21 Uhr
... wahrscheinlich müßte auch ich Dich wohl "überfallmäßig" besuchen kommen, damit wir uns endlich auch einmal persönlich begegnen würden, lieber Theo. Wie schön, daß Du mit Norbert Scheuer nach offensichtlich langer Zeit mal wieder von Angesicht zu Angesicht sprechen konntest! Deine Müdigkeit kann ich aber durchaus nachvollziehen. Michael Do., 5. Mai 2022, 01:11 Uhr
Lieber Theo,
unsere fünftägige Reise nach Zürich in der vergangenen Woche hat richtig gut getan: endlich mal wieder normales kunst- & musikgetränktes Leben ohne irgendwelche Corona-Einschränkungen ... wie vor gut zwei Jahren (Masken trugen nur ganz vereinzelt Asiaten oder vermutlich deutsche / österreichische - immer noch verängstigte - Touristen). Die Oper (wir erlebten dort einen wunderbaren Brahms-Liederabend mit Christian Gerhaher & Gerold Huber) und die Tonhalle (Konzert mit dem Tonhalleorchester) waren nahezu ausverkauft ! - und beim Volksfest der Zünfte (an meinem Geburtstag, dem Tag unserer Ankunft) herrschte ausgelassen fröhliche Stimmung auf allen Straßen der Innenstadt beim Umzug in historischen Kostümen und beim traditionellen Abbrennen des "Böögg" auf dem Sechsleuteplatz vor der Oper herrschte solch dichtes Menschentreiben, daß man sich fast sorgen mußte, es möge keine Panik ausbrechen ...
Den allergrößten Eindruck hat allerdings der ganztägige Besuch im Kunsthaus mit dem neulich erst eröffneten Chipperfield-Gebäude hinterlassen: unglaublich, was dort alles an absoluten Meisterwerken der Kunstgeschichte im Original zu bewundern ist! - allein die rund 190 Exponate umfassende Sammlung Bührle (ein Rüstungsindustrieller, der seine Gewinne in Kunst investierte) beinhaltet unglaubliche Schätze: http://www.buehrle.ch/ Auch die zig Galerien in direkter Nähe zum Kunsthaus zeugen von einem Land, in dem Kunst offensichtlich auch als Kapitalanlage verstanden wird ... Und im am Zürichsee gelegenen Restaurant / Bar "Kronenhalle" speist & trinkt man mit Originalen von Klee, Picasso, Miro, Chagall, etc. an den Wänden !!! - wir tranken einen Chablis unter einer von Klee signierten Lithographie, dem allbekannten "Seiltänzer".
Wir hatten zudem so gutes Wetter, daß wir bei fast sommerlichen Temperaturen auch auf (teuer geliehenen) Rädern einen Tag lang die beiden Uferseiten des Zürichsees beradelten. Alles in Allem: eine Geist & Seele befreiende Reise war es !!!
Michael
Fr., 20. Mai 2022, 23:19 Uhr
Nun sind es fast vier Wochen her, daß ich ein letztes Mal von Dir hörte, lieber Theo, und da für "unsere Verhältnisse" dies schon eine relativ lange Zeitspanne ist, schreibe ich Dir erneut, um hoffentlich zu erfahren: dies hat alles nichts zu bedeuten ... Heute traf hier die Matrix 2021/4 mit der Post ein; und es war natürlich Grund, dabei auch an Dich zu denken ... und eben nun, Dir zu schreiben,
Unterdessen endeten für mich zwei Projekte: vor allem natürlich (mit mehrmonatiger Verspätung) die 13-jährige Reihe WORTKLANGRAUM, über die wir in Kontakt gerieten, vorgestern mit dem 100. Abend, der für mich rundum gelungen & beglückend geriet: bestens besucht, und vor allem die vier Schauspieler machten ihre Sache (Auszüge aus Becketts "Endspiel") ausgezeichnet! (ich weiß nicht, ob Du den Stream eventuell verfolgt hast ...) Auch das interdisziplinäre Klänge+Farben-Projekt mit Dorissa Lem fand einen schönen Abschluß am 5. Mai. Ich hänge Dir mal die beiden finalen "Ergebnisse" (Bilder) nach den sechs Sessions an. Nun wird eine Broschüre vorbereitet, auch mit Texten von das Projekt beobachtenden Künstlern wie etwa Andreas Reichel.
Ein besonderes Erlebnis war auch mein Konzert in der Böhm-Kirche St. Gertrud in Köln, wo ich nur Eigenes & Improvisiertes spielte, in & mit der besonderen Akustik dort: 13 Sek. Nachhall !!! -
Mit lachendem & weinendem Auge nach dem jetzt definitiven Enden erwarte ich nun die Überraschungen des täglichen Lebens ... Und Du ? --- würde mich sehr freuen, mal wieder von Dir zu hören ! Bis dahin herzlich wie immer
Michael
Sa., 21. Mai 2022, 09:49 Uhr
Lieber Michael,
wenn du nichts von mir hörst, dann bin ich einfach sprachlos. Das hat zur Zeit viele Gründe, persönliche und unpersönliche. Ich habe zwar (zum Glück) sehr viel gearbeitet (vor allem im Garten), aber das bisherige Jahr ist in erster Linie von einem Faktor geprägt: Depression. Und das bedeutet: immerwährendes Tragen der Bleiweste.
Mach dir also keine Sorgen. Es geht alles seinen Gang. So und nicht anders ist das Leben.
Theo
Sa., 21. Mai 2022, 11:07 Uhr
Lieber Theo,
wenn denn Gartenarbeit vom Tragen der „Bleiweste“ ein wenig ablenkt und Du somit das Leben akzeptierst, wie es nun ist, so scheint doch nur bedingt alles seinen normalen Gang zu nehmen. Und ich möchte Dich nicht gegen Deinen Willen aus Deiner derzeitigen Sprachlosigkeit herauszwingen … Immerhin möchte ich Dir zumindest – soweit möglich – alles Gute wünschen; und warte auf wieder andere Zeiten.
Michael Fr., 3. Juni 2022, 14:02 Uhr
FAZ-Artikel Richter - Grünbein
Fr., 3. Juni, 16:41 Uhr
Lieber Michael,
Sa., 4. Juni 2022, 20:59 Uhr
... diesen Grünbein kannte ich nicht, aber mir gefiel's so gut, daß ich Dir's weiterreichen wollte. Bin mit Halsschmerzen & etwas Fieber seit heute aus dem Verkehr gezogen. Noch gesternabend (bei einer Spargelessenseinladung) kamen wir auch auf Dich zu sprechen! Michael
So., 5. Juni 2022, 09:35 Uhr
Lieber Michael,
ich würde das Gedicht nicht als herausragend bezeichnen, aber ich habe es gern gelesen. Oder anders gesagt: Es ist ein lesenswertes Gedicht.
Heute mittag gibt es bei uns Spargel ...
Ich freue mich, daß ich noch nicht ganz vergessen bin und über mich gesprochen wird. Von dir persönlich und einer Reihe Insider jetzt einmal abgesehen - es geht ja ganz schnell mit dem Vergessenwerden. Zum einen ist da natürlich der (in erster Linie krankheitsbedingte Rückzug, der schon 2007/2008 begann), zum anderen haben in diesen Jahren aber auch eine Reihe von Literaturzeitschriften und literarischen Portalen, in denen ich regelmäßig publiziert habe, das Erscheinen eingestellt. Die Literaturzeitschrift MATRIX und die jährlich von Axel Kutsch herausgegebene Lyrikanthologie VERSNETZE sind die beiden Medien, die übriggeblieben sind (von der einen oder anderen einzelnen Einladung abgesehen). Das ist zu wenig, um in der Literaturwelt wirklich lebendig zu bleiben, zumal die Wirkung meiner Gedichtbücher auch mehr als überschaubar ist. Ich nehme diese Dinge, wie sie sind, finde es - naturgemäß - ein bißchen schade, daß meine neuen Gedichte (und Essays) von so wenigen Lesern nur noch wahrgenommen werden. The happy few werden immer weniger.
Bis die Welt von ihnen abfiel wird zum 1. Januar 2023 erscheinen, wenn nichts dazwischen kommt. Es ist jedenfalls alles besprochen. Entscheidend ist auch bei diesem Buch, daß es wieder anders sein wird als alle Gedichtbücher zuvor. Dieses 'gewisse Etwas' muß sein - ich bin kein Freund von Gedichtbüchern (und Gedichten), die einander gleichen wie ein Ei dem anderen.
Bei Gelegenheit lasse ich dir gern die aktuelle PDF zukommen, die sich im Vergleich zu der, die ich dir vor einiger Zeit schickte, in diesem speziellen Punkt geändert hat. (Und ein paar Gedichte sind auch noch hinzugekommen.)
Heute soll es viel regnen. Als Rainman ist das für mich ein Feiertag. (Und in der Sommerzeit empfinde ich Regen gleichsam als Balsam für die geschundene Seele.)
ich wünsche dir baldige Genesung!
Theo
So., 5. Juni 2022, 19:54 Uhr
Lieber Theo,
nun habe ich die beiden vergangenen Tage fast ausschließlich auf meinem Sofa in meinem Studio verbracht, habe dort liegend im Dachfenster die Wolken verfolgt, oder auch halb dösend den Klängen aus dem Radio gelauscht ... heute z.B. eine gute Stunde im holländischen Concertzender eine Musik, die sich nur langsam in sich kreisendem Zeitlupeneffekt entwickelnd ziemlich gut zu meinem derzeitigen Dämmerzustand paßte ... jetzt im Nachhinein bleibt ein seltsam kitschiger und auch pathetischer Tonfall in Erinnerung ... so unaufmerksam folgend das an mir vorbeigezogen ist.
Jetzt erst - nach dem kleinen Abendimbiss - habe ich mal den Rechner hochgefahren und die Mailbox geöffnet.
Vorgestern hatten wir hier zum Spargelessen zwei Sinologen mit deren Frauen zu Gast (die eine exzellente taiwanesische Pianistin, die grad mein "countertimecounter" einstudiert hat, die andere ein Chinesin, die seit Jahren meine Geigenbauerin ist) und wir kamen u.a. auch auf Tang-Dichtung zu sprechen und den Schwierigkeiten, das adäquat zu übersetzen. Der eine Sinologe (Dozent hier an der Uni) ist leidenschaftlicher Übersetzer ... und so erwähnte ich Dich als jemanden, der sogar ohne direkte chinesisch-Kenntnisse Tian He übertragen hat. - Es war ein rundum anregender Abend ... Der Mann meiner Geigenbauerin betreibt seit seiner Emeritierung einen kleinen feinen Blog: "Ästhetische Spaziergänge" - (zwischen Ost & West). Dort gibt seit ein paar Tagen auch einen Hinweis auf unser mittlerweile eingefrorenes Haikuscope-Projekt: http://aesthetische-spaziergaenge.de/uncategorized/praegnanz-und-bildhaftigkeit/ Und vor kurzem auch einen Beitrag von mir ... originell von ihm "anmoderiert": http://aesthetische-spaziergaenge.de/uncategorized/inmitten-der-musik/
Auf "lesenswert" (Grünbein betreffend) können wir uns gerne einigen! Daß aber Dein Leserkreis aber gefühlt kleiner wird, finde ich betrüblich, weil in Deinen Gedichten & Essays soviel geistige Frische versprüht wird, von der gerne mehr "profitieren" dürften! - Die Zeiten haben sich geändert: auch ich muß natürlich feststellen, es gab auch für meine Musik schon deutlich bessere Tage ... Umso mehr freuen einen dann solche Überraschungen wie vergangenen Mittwoch in Bad Ems: es stellte sich heraus, daß zwei der ausführenden Musiker, die dort mein 1. Mallarmé-Quartett spielten, vor 16 Jahren bei einem Sommerkurs in hohen Norden Kanadas teilnahmen, wo ich seinerzeit einer der Dozenten war. Sie waren total enthusiastisch, als sie mich nun als Zuhörer im Publikum bemerkten ...
Ich warte nun auf die Gelegenheit, die mir das wohl weiter bearbeitete neue Gedicht-Manuskript als PDF zuspielen wird ... jetzt geht's erstmal zurück auf's Sofa ... und mal sehen, wann wieder der wohlige Zustand der Schwebe zwischen Wachen & Schlafen wieder erreicht sein wird ... fitt wie ein Turnschuh bin ich noch nicht wieder.
Michael
Mo., 13. Juni 2022, 10:42 Uhr
Lieber Michael,
ich sende dir heute die soweit fertiggestellte Druckvorlage des kommenden Gedichtbuchs mit dem Titel Bis die Welt von ihnen abfiel. Da es frühestens am 1. Januar 2023 erscheinen wird, kommen bis November vielleicht noch einige wenige Gedichte hinzu, das weiß ich ja heute nicht, ob sich da noch etwas tut.
Für notwendige und sonstige Hinweise bin ich sehr dankbar.
Der Mensch muß pausenlos lernen, zufrieden zu sein mit den Gegebenheiten, die sein Leben mitbestimmen. Das ist mitunter anstrengend, aber nie anders gewesen. In besonders schwierigen Phasen versuche ich mir die historische und geographische Komponente besonders klar zu vergegenwärtigen, denn wie heißt es in Ödön von Horvaths Theaterstück Italienische Nacht : Es ist halt alles relativ.
Theo Fr., 17. Juni 2022, 13:37 Uhr
FAZ-Artikel „Happy Bloomsday“ von Benjamin Stolz
Fr., 17. Juni 2022, 17:51 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für die Zusendung des Artikels. In "Zischender Zustand. Mayröcker Time" findest du ein Kapitel zum Thema!
Hattest du meine E-Mail vom 13. Juni erhalten, mit der ich dir die PDF des Gedichtbuchs geschickt hatte?
Theo
Fr., 17. Juni 2022, 22:23 Uhr
Lieber Theo,
weil ich mich eben an das kleine Kapitel in "Zischender Zustand" erinnerte, dachte ich mir, Dich könnte dieser FAZ-Artikel von einem anderen Lesenden aus gegebenem Anlaß interessieren ... und auch, weil ich selbst ähnliche Erfahrungen machte, las ich das mit Vergnügen! Tatsächlich habe ich ganz viel im Ulysses gelesen, aber nie von vorn bis hinten in einem durch ... und habe auch des öfteren an öffentlichen Langlesungen am Bloomsday (so seinerzeit auch bei Böttger) selber vortragend teilgenommen ... immer mit größtem inneren Vergnügen! --- aber es ist wohl ein Buch / Text, mit dem man nie an irgendein Ende kommen kann ---
Entschuldige, daß ich noch nicht auf Deine Nachricht vom 13. reagiert habe. Ich wollte zumindest mehr als nur ganz flüchtig in das Manuskript hineingelesen haben, bevor ich Dir antworte ... aber dazu war bisher nicht die Zeit. Zu viel anderes war zu tun ... auch im Zusammenhang mit meiner am vergangenen Samstag eröffneten KLANG:KÖRPER-Ausstellung in der gkg ... und gestern war ich noch in Darmstadt. Ich werde zunächst das kürzlich erschienene Buch "Praga obscura" eines befreundeten tchechischen Fotographen, das nun posthum erschienen ist, zu Ende lesen, und dann widme ich mich Deinem erweiterten Buch-Entwurf (der - wie ich vermute - bis Januar wohl noch die eine oder andere Ergänzung finden wird)
Herzlichste Abendgrüße aus dem Garten, dem ich eben die dringend nötige Wassermenge zuführte (... morgen sollen es gar 36° werden!)
Michael
Sa., 18. Juni 2022, 08:55 Uhr
Lieber Michael,
ja, laß dir bitte alle Zeit, bevor du mich an Lektüreeindrücken zur Druckvorlage reagierst.
Wie aus dem Kapitel in Zischender Zustand hervorgeht, habe auch ich viele Jahre gebraucht (und etliche Anläufe), ehe ich das Buch an 11 Tagen von der ersten bis zur letzten Seite las. Es war letztlich eine ganz 'normale' Lektüre. Es ist doch ganz einfach: Entweder man will es (das Können vorausgesetzt), oder man will es nicht. Wenn man das Buch lesen will, dann liest man es. Es waren 11 unvergeßliche Tage im Lyrikzimmer im Souterrain, und ich bin dankbar, daß ich die Gesamtwirkung schriftlich festhalten konnte.
Ein Ungar hat in den 90er Jahren die Künstlerzeitschrift BLOOMSDAY herausgegeben, an der ich mich auch beteiligt habe.
Bis die Tage ...
Theo
Sa., 18. Juni 2022, 16:50 Uhr
Lieber Michael,
ich wünsche gute Resonanz!
Theo
So., 19. Juni 2022, 21:17 Uhr
Lieber Theo,
die Resonanz heutemittag war gut, auch wenn "nur" 17 Zuhörer kamen. Überwältigend für alle offensichtlich die Klangpräsenz & - natürlichkeit der Spaltholz-Objekte, die zwar die Funktion eines Lautsprechers übernehmen aber wie ein großes Streichinstrument aus Fichte (auch mit Baßbalken, Stimmstock und Schallöffnungen wie eine Geige!) eine 360° Abstrahlung haben. Für mich die spannendste Neuentwicklung bei der Wiedergabe von Musik !
Die autobiographischen Texte von Josef Snobl (mit dem ich mehrfach zusammen künstlerische Workshops für Jugendliche mitgestaltete) - ergänzt mit zahllosen Schwarz-Weiß-Fotos - habe ich gesternnacht zu Ende gelesen ... irgendwie bewegend, weil ich Prag - wo er aufwuchs - als Jugendlicher mit 17 Jahren nicht ganz unähnlich erlebte, als seinerzeit unsere Studien-Klassenfahrt mich erstmals dorthin führte ... aber auch ansonsten spannend zu lesen, wie ein jugendlicher unangepaßter Rebell im Osten seinen Weg sucht ... und diesen letzlich im Westen findet, was die Sicht auf die alte Heimat in der Distanz weitet. -
Nun also ist wieder Breuer dran !!! --- Doch diesem Theo zuvor herzliche Grüße auf diesem Wege Michael
Mo., 20. Juni 2022, 10:57 Uhr
Lieber Michael,
Di., 21. Juni 2022, 10:32 Uhr
... ich hatte es natürlich eigentlich nicht anders erwartet, lieber Theo: wieder einmal hat mir die Lektüre Deiner so besonderen Gedichte eine heiter, leichte / lichte Zeit, einen unbeschwerten Tag bereitet. Das ganze Spektrum sensibler Beaobachtung der realen & geistigen Welten findet in (wort)-spielerischer Verführung Gestalt und sprechende Anmut. Verblüffend geradezu der weite Assoziationsraum, der sich in nur zwei Worten öffnet, wie etwa bei "arm / selig" ... oder "unenedlich / endlich" ... usw Feinfeinfein das Alles. - DANKE für den gewährten Einblick!
Michael
PS originell: die Erdung des Alphabets mit den Zitaten aus dem Grimmschen Wörterbuch
Di., 21. Juni 2022, 13:02 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich sehr, daß du die Lektüre genossen hast.
Ich glaube, es ist ein gutes Gedichtbuch.
Theo
So., 26. Juni 2022, 09:39 Uhr
Lieber Michael,
wenn die Gedichte denn so bei dir ankommen, wie du schreibst, so wäre die durch den Titel "Bis die Welt von ihnen abfiel" vorgegebene Grundierung der Wörter tatsächlich gelungen, denn zahlreiche (oder besser: die meisten) Gedichte sind ja aus einem eher traurigen Anlaß, einem düsteren Bild, einer skepsisdurchtrunkenen Erkenntnis (usw.) heraus initiiert worden, so auch die hinzugekommenen auf S. 12 und 49.
Trotzdem bleibt es für mich interessant, zu lesen, daß diese Gedichte dir das bereitet haben, was du "heiter, licht, unbeschwert" nennst. Daß manches Gedicht in Phasen schwerer Depression verfaßt wurden, zeigt ja dann doch, daß ich mein Handwerk verstehe und mir stets des objektive Korrelativs, daß so wesenltich ist beim Machen von Kunst.
Theo
So., 26. Juni 2022, 11:33 Uhr
Lieber Theo,
ich selbst habe mittlerweile seit gut einem Jahr keine einzige Note mehr zu Papier gebracht, ich will es nicht Depression nennen, aber es ist wohl doch eine generelle Weltmüdigkeit, die mir die notwendige Kraft & Konzentration genommen hat und mir derzeit nun nur noch spontanes (aber weil nicht fixiert: extrem flüchtiges) Klangfinden beim Improvisieren möglich ist. - so auch gestern wieder im Rahmen der Ausstellung KLANG:KÖRPER - Voraussetzung dafür ist natürlich auch das Handwerk, so wie Du es beschreibst ... und auch Kunstfertigkeit ... und möglicherweise ermöglicht Deine Hypersensibilität (was andere als Depression bezeichnen) eine Gedankentransparenz, die in solch sprachseziererischen Gedichten die Welt abstreifen, obwohl der Impuls von dort kam, und Erkenntnis tatsächlich etwas Leichtes & Schwebendes bekommt. - Kunst-Machen bleibt ein Mysterium, über das meist auch der Machende nur verbal straucheln kann ...
hab einen schönen Sonntag (was ihn Dir schön macht ... wie auch immer ...) Michael
PS lese derzeit Jon Fosses Heptalogie III - V "ich ist ein anderer"; ungewöhnlich schön auf eine sehr eigene Art.
Di., 28. Juni 2022, 18:00 Uhr
Lieber Michael,
wohl jeder von uns Hypersensiblen empfindet wahrscheinlich diese Weltmüdigkeit. Ich denke immer wieder: Es ist vieles so unnötig, so unnötig, so unnötig. Es wäre doch so einfach mit ein bißchen mehr Bescheidenheit, mit ein bißchen mehr vom Guten ...
Wir beide sind nun in einem Alter, in dem wir wohl auch beginnen müssen, zu akzeptieren, daß die Schaffenskraft nachläßt. Das Alter blieb Mozart, Trakl, Brinkmann und manch anderem erspart ...
Du hast einen wunderbaren Satz über das Mysterium des Kunstmachens im Zusammenhang mit meinen Gedichten formuliert, für den ich dir sehr danken möchte.
Theo
Di., 28. Juni 2022, 22:08 Uhr
... ich muß immer wieder an das denken, was mein guter lieber alter Freund Günter Bialas (mein erster & wichtigster Lehrer - ich lernte ihn mit 13 Jahren kennen, und er nahm mich damals sehr sympathisch "unter seine Fittiche") einmal sagte: wer früh anfängt, hört früh auf. Er selbst war kriegsbedingt ein 'Spätzünder' und hat wohl all seine wichtigsten Werke erst im Alter geschrieben ... hat bis zum Schluß (88 Jahre wurde er) eine bewundernswerte geistige Frische besessen. - Ich habe hingegen sehr früh gestartet und mit 18 Jahren schon den ersten wichtigen Kompositionspreis gewonnen ... und nun ist möglicherweise die Puste aus ... oder es wird der Akku geladen für die letzten 'Meisterwerke' ... ich weiß es nicht. Lieber Theo, Du hast so Recht: es könnte Vieles so viel besser sein, würden nicht Gier, Macht und Rücksichtslosigkeit, Lüge und Hass, sondern Offenheit, Sensibilität und Bescheidenheit die Menschen umtreiben. Mich schockiert / macht fassungslos die schier grenzenlose Dummgläubigkeit & Kritiklosigkeit so vieler Zeitgenossen ... ach lassen wir das Thema! ---- Ich saß eben bei einem Glas Wein am Rhein und genoß die sommerliche Abendstimmung. Das reicht für ein gutes Gefühl im Moment. Herzlich wie immer, Michael
Mi., 29. Juni 2022, 12:08 Uhr
Ein Gruß … aus dem Frankfurter Romantikmuseum
Mi., 29. Juni 2022, 15:49 Uhr
Lieber Michael,
Mi., 29. Juni 2022, 18:51 Uhr
… genau
deshalb schickte ich Dir spontan dies Bild, lieber Theo! -
Mi., 29. Juni 2022, 21:22 Uhr
DANKE! Mo., 4. Juli 2022, 01:21 Uhr
Hinweis auf Artikel in der NMZ 7/2022 zum WKR-Finale: https://www.nmz.de/artikel/in-allem-anfang-wohnt-ein-ende
Mo., 4. Juli 2022, 09:37 Uhr
Lieber Michael,
du wirst es mit Stolz und Wehmut gelesen haben ...
Theo
Mo., 4. Juli 2022, 10:32 Uhr
Genauso ist es, lieber Theo!
Di., 5. Juli 2022, 15:43 Uhr
Lieber Michael,
sehr interessant ... Aber ich werde wohl passen ... Habe den "Mann ohne Eigenschaften" in zwei verschiedenen Ausgaben (u. a. die berühmte vierbändige Ausgabe, die in der DDR erschien, dazu einen Sammelband ...
Theo
[zu Artikel FAZ: Gesamtausgabe Musil]
Di., 5. Juli 2022, 23:15 Uhr
Musi- … nur ein Buchstabe unterscheidet Musil von Musik …
und ich bemerke erst jetzt, daß das Autokorrekturprogramm offensichtlich mehr
mit Musik anfangen kann als mit Musil … bin nämlich ziemlich sicher, daß ich
beim Betreff der Weiterleitung des FAZ-Artikels eben nicht „Musik“
geschrieben hatte …
Do., 7. Juli 2022, 08:40 Uhr
Lieber Michael,
seit gestern online: https://hinter-den-schlagzeilen.de/auf-seiten-der-menschlichkeit-theo-breuer
Bis bald!
Theo
Do., 7. Juli 2022, 11:14 Uhr
... sehr sehr schön, lieber Theo !!! - und ich habe dort eben auch schon einen Kommentar hinterlassen. Ich bin auf dem Sprung zum Münsterplatz, wo gleich eine Kassette im Sockel des vorgestern wieder aufgebauten Beethoven-Monumentes eingelassen wird. Vom Wiederaufbau meine Kurzdoku: https://youtu.be/G6tupt-EGhE
Michael
Do., 7. Juli 2022, 13:39 Uhr
Lieber
Michael,
Fr., 8. Juli 2022, 08:50 Uhr
Lieber Michael,
für den Kommentar hatte ich mich gestern schon bei dir bedankt, tue es gern noch einmal!
Danke auch für das Video - paßt ja gut zu meiner Lektüre von Dieter Kühns Beethoven-Roman, den ich kürzlich las.
Theo
Fr., 8. Juli 2022, 10:26 Uhr
Du mußt Dich nicht für meinen Kommentar bedanken, lieber Theo, eher dem Autor des Artikels für die feinsinnige Würdigung Deiner Dichtkunst.
Ich freue mich nun auf nächsten Samstag, wo seit Längerem mal wieder mein Klavierzyklus Skulpturen in Lindau komplett gespielt wird. Diesmal von Stepan Simonian, der auch schon meine Bach-Variationen beim WKR ganz aushezeichnet spielte. Es werden dabei auch wieder die Skulpturen meines vor fast 5 Jahren verstorbenen Freundes Wolfgang ausgestellt sein. Programm (wenns Dich interessiert): http://www.denhoff.de/pdf-dateien/Programm-Lindau-160722.pdf
Michael
Sa., 9. Juli 2022, 13:46 Uhr
Lieber Theo, Morgen wird er 90 !! : Jürgen Becker. Möglicherweise schätzt Du ihn ähnlich wie ich. Wir hatten immer mal wieder Kontakt, auch persönlich: ein feiner Mensch!
[FAZ-Artikel: Nachts kommt der Surrealismus zurück]
Sa., 9. Juli 2022, 17:20 Uhr
Lieber Michael,
mir läuft's kalt den Rücken herunter, wenn ich mir diese Zahl vergegenwärtige ...
Ich habe den größten Teil von Jürgen Beckers Werk gelesen, mehr muß ich dazu nicht sagen.
Schön, daß du ihn persönlich kennst - wie so manchen anderen!
Theo
Do., 14. Juli 2022, 13:46 Uhr
[FAZ-Artikel: Stadt unter – zum neuen Roman von Norbert Scheuer]
Do., 14. Juli 2022, 15:13 Uhr
Lieber Michael,
ich habe den Roman zu Beginn der Woche gelesen.
Das ist eine schöne Besprechung in der FAZ - die im Tagesspiegel, die ich heute morgen las, finde ich eher zusammengestückelt (und mit schlecht zu beweisenden Superlativen: "Scheuers schönster und zugleich rätselhaftester Roman").
Danke für die Zusendung! (Eine E-Mail von Norbert Scheuer kam zeitgleich!)
Theo
Di., 19. Juli 2022, 15:25 Uhr
Liebe Kollegen & Freunde,
am vergangenen Samstag gab es im Rahmen der 1. Biennale Lindau und anläßlich "10 Jahre Galerie Skulpturale" im Stadttheater Lindau eine Gesamtaufführung meines Klavierzyklus' SKULPTUREN op. 76. Es spielte der ausgezeichnete armenische Pianist Stepan Simonian (der in seiner Generation zu den besten Bach-Interpreten gezählt wird); die Nr, IV des Zyklus wurde durch eine mich beglückende Tanzperformance der vielfach ausgezeichneten Tänzerin Silvia Salzmann berreichert.
Wer Interesse hat, kann den fünfteiligen (eine gute Stunde dauernden) Zyklus nun als Livemitschnitt aus Lindau über folgende Playlist auf YouTube ansehen / anhören (... vielleicht in Etappen) : https://www.youtube.com/watch?v=h7wUm7GHm-o&list=PLfNekSnn90yvtyTaQUsMhowrSOPtxyGwx
Über Eure Neugierde freut sich mit herzlichen Grüßen wie immer Michael
Di., 19. Juli 2022, 16:18 Uhr
Lieber Michael,
du hast mich auf dem richtigen Fuß erwischt: bin schon mitten drin im Zyklus, werde ihn jetzt auch vollständig hören. Daß es mir, bildlich gesprochen, vor Begeisterung kalt den Rücken herunterläuft, hilft, die Hitze zu ertragen.
Es ist faszinierend, dem Pianisten bei der Arbeit zuzusehen.
Ich bin dankbar, daß ich diese Musik mittlerweile so gut hören kann - in vielerlei Hinsicht!
Theo
Di., 19. Juli 2022, 21:59 Uhr
Lieber Theo,
das höre ich gerne … wenngleich mir die Ohren / die Seele lieber wären als der richtige Fuß ;-) - da aber sowohl Pianist wie auch Tänzerin ohne Füße hier nicht viel ausrichten können, darfst Du innerlich gerne mittanzen und auch die Pedale des Klaviers treten! —- Es war (auch den vielen spontanen Reaktionen nach dem Konzert zu entnehmen) ein bewegender Erfolg für alle Beteiligten! - und es tat gut, mal wieder mit einer großen Arbeit für einen Abend im Mittelpunkt zu stehen.
Wie ich sah, hat ja auch der Beitrag zu Deinen „Zehn Verboten“ weitere Zustimmung und kräftiges Lob von kompetenter Seite bei den Kommentaren gefunden! Gesternnacht habe ich meinem Malerfreund Giso (der aus Hannover kommend) mit nach Lindau gereist war, Deine „Verbote“ vorgetragen: ja, wie zeitlos aktuell, meinte er zu Recht … was der Verweis auf Heine in den Kommentaren ja auch bestätigt.
Langsam kann man sich bei den Temperaturen wieder nach draußen trauen … und während ich dies schreibe, wird dem Rasen kräftig Wasser gespendet …
Michael
Mi., 20. Juli 2022, 10:22 Uhr
Lieber Michael,
keine Sorge: Die Ohren waren offen wie Scheunentore. Es war nach längerer Zeit mal wieder ein intensives Denhoff-Musik-Erlebnis.
Ich beglückwünsche dich zu diesem neuerlichen Erfolg!
Zur Zeit (seit der Veröffentlichung am 5. Juli) fühle ich mich resp. mein Werk mal wieder auf eine Weise beachtet, wie es einfach zu selten geworden ist.
Was ich in diesen Wochen zusätzlich noch an E-Mails erhalten habe, ist außergewöhnlich. Alles dank dieser Inititive von Holdger Platta (der vorzügliche Gedichte schreibt, auf die ich in nächster Zeit auf diese oder jene Weise aufmerksam machen will).
Daß du das Gedicht nun dem Freund vorträgst, freut mich natürlich ungemein.
Was für eine Resonanz.
Damit hätte ich niemals gerechnet. (Platta auch nicht: Gestern schrieb er begeistert, wie sehr er sich freue, daß es so viele Reaktionen gebe, das sei ganz ungewöhnlich in dieser Rubrik).
DANKE.
Theo
Mi., 20. Juli 2022, 20:16 Uhr
Lieber Theo,
man hat es kaum selbst in der Hand, wie die Resonanz ist, umso schöner, wenn sie tiefer & umfassender ist, als erwartet. Mich jedenfalls freut, daß Deine Gedichte so doch wohl wieder neue Leser finden werden. Giso und ich lesen uns übrigens gerne gegenseitig Texte / Gedichte vor, wenn wir uns treffen, was leider so oft auch nicht vorkommt ... aber nun verbrachten wir fünf Tage zusammen ... und besuchten vorgestern auch noch gemeinsam die Insel Hombroich, die allerdings derzeit zu nicht unerheblichen Anteil Baustelle ist, so daß einige Pavillons auch nicht zugänglich waren.
Einen milden Abend wüncht Dir Michael
Sa., 23. Juli 2022, 15:14 Uhr
Lieber Michael,
ich habe nun Beckers großartiges Buch gelesen - und sogar etwas darüber geschrieben in einem kleinen Essay, der in der übernächsten MATRIX stehen wird. MATRIX 1/22 wird übrigens in den nächsten Tagen endlich gedruckt.
Theo
Di., 26. Juli 2022, 12:06 Uhr
Lieber Theo,
auf Deinen kleinen Essay zu Beckers Buch bin ich natürlich schon gespannt! Wahrscheinlich ist es nicht ganz leicht, wenn man in Verzug geraten ist, wieder in den richtigen Rhythmus zu kommen: dennoch erwarte ich die verspätete Ausgabe MATRIX 1/22 mit üblicher Neugierde.
Michael
Do., 28. Juli 2022, 16:49 Uhr
FAZ-Artikel „Ein Lesebuch von Italien“ des Poeten Hans Bender, von Andreas Rossmann
Do., 28. Juli 2022, 16:49 Uhr
Lieber Michael,
danke für die Zusendung. Wo ist der Beitrag erschienen?
Ich habe das Buch gleich nach Erscheinen gelesen. Hans Bender war wie immer eine reine Beglückung.
Weniger glücklich war ich über eine falsche Quellenangabe, die ich nur schwer nachvollziehen konnte. Ein Gedicht aus dem von mir herausgegebenen Buch mit den letzten Vierzeilern wurde einem anderen Buch zugeordnet. Nachdem es im Zusammenhang mit Benders 100. Geburtstag schon mal einen 'Hammer' gegeben hatte, war ich doch ziemlich verärgert und habe das Horst Bürger auch entsprechend mitgeteilt.
Die Freude am Buch hat mir das nicht vergällt.
Theo
Do., 28. Juli 2022, 20:33 Uhr
Lieber Theo,
dieser Beitrag stand (wie alle Literatur-Besprechungen, die ich Dir bisher schickte) heute in der FAZ. Natürlich vermutete ich, daß Du diese Neuerscheinung bereits kennst. Ich selber habe in meiner Bibliothek den 1989 bei Hanser erschienenen Band "Postkarten aus Rom", den Hans Bender mir mit handschriftlicher Widmung schenkte. Weißt Du, ob sich daraus auch Inhalte im neuen Buch finden? - In Rom, als er in der Villa Massimo Ehrengast war, lernte ich HB ja während meines Stipendiums dort erstmals persönlich kennen, nachdem ich schon einiges von ihm gelesen hatte, und es ergab sich dort ein immer wieder ein anregendes, fruchtbares Gespräch: der Beginn unserer Bekanntschaft / Freundschaft. - Mit falschen Quellenangaben ist es so eine Sache, es kommt leider öfter vor, als man denkt. Ich verstehe Deinen Ärger darüber!
Herzlich, Michael
Do., 28. Juli 2022, 22:43 Uhr
... ich hatte mir die autobiographischen Texte mit dem Titel "Postkarten aus Rom" von Hans Bender eben aus dem Regal gesucht ... und nun angefangen, nach gut 30 Jahren, darin mal wieder etwas ausführlicher zu "schmökern" ... und bemerke, daß - weil wohl damals die eigene römische Erlebniswelt von ihm (Bender) so zauberhaft in Worte gefaßt - dies den Titel gebende 1. Kapitel nur wenige Seiten umfaßt und den damaligen Lese-Eindruck wohl so dominierte, daß es mir in der Erinnerung viel umfangreicher erschienen war. - Insofern wird es wohl kaum Doubletten zur posthumen Neuerscheinung geben. Aber: unter den aktuellen (politisch wie gesellschaftlichen) Gegebenheiten heute haben mich gerade eben "Die geheime Freiheit" und "Brief an das Staatsoberhaupt" in diesem Buch nachhaltig nachdenken lassen / nachdenklich gestimmt ...
Nur als kleiner Nachtrag zu eben, Michael Di., 16. August 2022, 10:57 Uhr
Lieber Theo,
am vergangenen Freitag umradelte ich den Rursee ... und überlegte kurz, auf der Rückfahrt Dich mit einem Kurzbesuch zu überraschen, nahm aber dann doch Abstand davon, Mittlerweile ist MATRIX 67 eingetroffen, und mit Vergnügen las ich Deine enthusiastischen Besprechungen der vier Pop-Neuerscheinungen. Auch das Editorial von Traian Pop gefiel mir in seiner Tiefgründigkeit. Zu mehr bin ich noch nicht gekommen. Aber: Benders posthum erschienenen italienischen Texte habe ich natürlich auch längst gelesen: welche sprachliche Leichtigkeit, verströmt beim Lesen Licht in mein Innerstes.
Heutenachmittag fahre ich zur Produktion meines kleinen Klavierduos "(K)ein Choral" mit dem großartigen Klavierduo Stenzl beim WDR Köln. Geplant ist eine CD, auf der das seinerzeit den beiden Kurtágs gewidmete Stück u.a. zusammen mit Strawinskys Psalmensymphonie in einer Version für zwei Klavier erscheinen soll. Ich erfuhr dies erst vor wenigen Tagen von den beiden Stenzl-Brüdern ... zur großen Freude, wie Du Dir denken kannst ...
Michael
Mi., 17. August 2022, 11:31 Uhr
Lieber Michael,
du bist mir in diesen Tagen gedanklich viel näher als du vielleicht denken magst. (Ich wollte dir auch schon seit Tagen schreiben, nun kommst du mir zuvor.) Seit dem 10. Juli habe ich wieder angefangen, essayistisch zu schreiben, was ich als große, große Erleichterung empfinde, da ich mich im ersten Halbjahr so schwertat. Auch wenn mir der kleine Essay, der einzige Text, der mir (von kleinen Gedichten abgesehen) im ersten Halbjahr möglich war, in MATRIX 67 geglückt zu sein scheint.
Ich habe seit Anfang Juli (die Veröffentlichung der "zehn verbote" und die vielen Rückmeldungen haben mich offenbar beflügelt) 5 weitere Essays geschrieben, darunter einige ziemlich lange. Seit dem 10. Juli ist kein Tag vergangen, an dem ich nicht gechrieben / redigiert hätte. Ich bin also wieder in meinem Element. Nachdem ich mir vorkam wie ein Fisch, den das Meer an Land gespült hatte.
Tja, was hat das alles mit dir zu tun? Gib mir noch etwas Zeit, ich lasse es dich dann lesen.
Apropos lesen: Solltest du wieder interessiert sein, so schicke ich dir gern nach und nach die ersten vier Essays zur Vorlektüre. (Sie erscheinen, wie auch der fünfte, an dem ich noch arbeite, in Matrix 2/22, 3/22 und 4/22, die, Gott helfe uns, alle noch in diesem Jahr erscheinen sollen ...)
Ich freue mich sehr über den weiteren Erfolg und deine Fitneß. Stark.
Eine erste persönliche Begegnung sollte, da hast du wohl intuitiv richtig entscheiden, nicht als Überraschung stattfinden.
Für mich ist das weiterhin eine intensive und gute Korrespondenz mit vielen gemeinsamen Momenten in Literatur und Musik. Ich kann damit gut leben.
Theo
Mi., 17. August 2022, 15:07 Uhr
Lieber Theo,
es freut mich richtig, daß die online-Veröffentlichung zum einen so eine erfreuliche Resonanz hatte und vor allem: Dich wieder beflügelt hat! Ich muß meinerseits noch auf solch einen Schreibimpuls warten ... ich kann es nicht erzwingen ... so wird dieses Jahr wohl eher eines der Improvisation denn der Komposition sein, was auch nicht schlimm ist. Natürlich lese ich Deine neuen Essays auch gerne vorab, könnte aber auch warten, bis sie ohnehin gedruckt in den kommenden Matrix-Heften erscheinen.
Die gestrige WDR-Produktion war sehr beglückend. Das Duo Stenzl spielte auswendig und hoch konzentriert mehrere Versionen ein, um möglichst eine ungeschnittene Fassung dieser äußerst schlichten, ca. 6-minütigen Miniatur (für Marta & György Kurtág) hinzubekommen ...
Ein bißchen bedaure ich, daß sich noch immer keine Gelegenheit zur Präsentation unseres gemeinsamen Celan-Projektes ergeben hat. Hast vielleicht Du noch eine Idee für einen geeigneten Ort? - es müßte ja nur ein halbwegs guter Flügel dort bereit stehen ... einen guten Pianisten würde ich schon mitbringen können ...
Ja, das fast tägliche Radeln ist nicht unwichtiges Lebenselexier für mich! - selbst auf öfter genutzten Strecken entdecke ich immer wieder Neues, und bewundere die steten Änderungen der Natur mit den Jahreszeiten.
Auf das, was Du da etwas sibyllinisch andeutest, bin ich naturgemäß gespannt, warte aber gerne auf den richtigen Zeitpunkt dafür.
Hier zunächst herzliche Grüße in die Eifel Michael
Do., 18. August 2022, 11:12 Uhr
Lieber Michael,
nein, nicht erzwingen, und das hast du nun auch wahrhaftig nicht nötig. Zudem: Improvisation ist viel, viel mehr als nichts.
Ja, es ist "ein bißchen schade", wie ich hier zuhause zu solchen Anlässen zu sagen pflege, daß es nie zu einem solchen Abend kommen konnte. Es sollte eben nicht sein. Ich verschließe mich damit keineswegs vor künftigen Möglichkeiten (die ich nicht sehe), aber es sind schwierige Zeiten. Aus denen der Mensch, das ist immer und zu allen Zeiten so, das Beste machen muß.
Der richtige Zeitpunkt wird gekommen sein, nachdem du die ersten Essays gelesen hast. Es macht sonst keinen Sinn, da die insgesamt 6 Essays im Grunde Teile eines einzigen Essays sind, den ich seit dem 10. Juli bzw. 15. März schreibe. Deshalb werde ich sie dir gern ab heute vorab senden. (Den ersten Teil hast du ja bereits in MATRIX 67 gelesen, übrigens ja auch schon vor einiger Zeit vorab.)
Genußvolles Lesen, fröhliches Radeln und viel, viel mehr wünscht dir:
Theo
Di., 23. August 2022, 17:17 Uhr
Lieber Michael,
ich habe mich sehr über das unverhofft ins Haus segelnde Geschenk gefreut, und ich danke dir sehr dafür.
Soeben habe ich die Lektüre beendet.
Man will viel mit diesem Buch.
Und erreicht auch viel.
(Sibylle Spittler kann mit ihrer konventionellen Sprache in hausbackener Form nicht mithalten mit dem Grandiosen, das sich da abspielt.)
Während des Blätterns, Lesens und Schauens höre ich, wie Michael Denhoff improvisiert, wie er sich einläßt auf das, was Dorissa Lem dort fabriziert, macht, tut, und wie Farben und Töne zu Tönen und Farben werden in wortlaufendem Klingen, Ringen und Singen, das ist große neue Kunst.
Ein herrliches Buch, das ich nun sehr, sehr gern ins BuchKunstWerk einfüge, montiere.
Theo
Mi., 24. August 2022, 01:01 Uhr
Lieber Theo, noch kurz zurück in nächtlicher Gartenatmosphäre, bevor ich morgen für ein paar Tage gen Prag mit Rückfahrt über Görlitz aufbreche. Bis eben saßen wir hier noch nett bei spanischen Leckereien (darunter ein von mir bereiteter Gazpacho) zusammen nach einer Trio-Probe für das kleine Festival „Musik in Freiheit“ in Schloß Hohenfels Anfang September, wo ich eben mit diesen zwei neuen Musiker-Freundinnen aus meinen „Disparates“ (nach Goya) spielen werde. Schön, daß Du ein bißchen Freude hattest an der kleinen Dokumentation unseres Projektes „Klänge & Farben“. Mir gefällt die Broschüre auch, was die optisch / graphische Gestaltung angeht. Daß Andreas Reichel einen besuchten Termin mit seinen Worten fest-hielt, geht auf mich zurück, und ich finde diesen Text auf (von ihm so gewohnte) / seine Art recht witzig & spritzig. Ansonsten hatte ich kaum / keinen Einfluß auf diese Broschüre. Aber die Präsentation am Sonntag mit kleinem Konzert meinerseits fand mehr als freundliche Zustimmung. Gute Nacht & herzlich, Michael
Mi., 31. August 2022, 15:28 Uhr
Lieber Michael,
recht hat Lehmkuhl: Mayröcker geht bloß ganz (oder gar nicht).
Theo
Mi., 31. August 2022, 22:47 Uhr
… ich dachte mir natürlich, daß auch Du so denkst … Dennoch wollte ich Dir dies - wo ich es heute in der FAZ las - nicht vorenthalten.
Prag & Görlitz waren die Reise wert, wenngleich vor allem Prag (die so wundervolle Stadt) doch mittlerweile unter dem Massentourismus leidet / stöhnt und entsprechend von ihrem Zauber verliert, wenn vornehmlich in den Abend- und Nachtstunden Saufgelage des neuen Modetrends „Junggesellen- / -Gesellinnen-Abschieds“ grölende Gruppen die nächtliche Atmosphäre schmerzlich stören … ganz zu schweigen von den zig Klimbim-Verkaufsläden überall …
Morgen geht‘s in aller Früh an den Bodensee; bin gespannt, was mich dort erwartet. Herzlichst, Michael Do., 1. September 2022, 08:46 Uhr
Lieber Michael,
Anfang der 1990er Jahre war ich in Ptrag, im ebenfalls so extrem heißen Sommer 1992. Eine Woche lang waren wir dort, konnten jeweils erst am späten Nachmittag rausgehen, es war einfach zu heiß ... Da wurden die Besichtigungen eben in den Abend verlegt ... Unvergessen ...
Am Bodensee waren wir 2003 eine Woche lang (im Appenzeller Land, um genau zu sein), ich dann noch mal zum Poesie Festival 2010 fünf Tage in Konstanz.
Eine gute Zeit am See wünscht
Theo
Sa., 10. September 2022, 11:33 Uhr
Lieber Theo,
das verlängerte Wochenende am Bodensee war wohltuend, weil alles in großer Herzlichkeit und Verbundenheit über alle stilistischen Richtungen hinweg stattfand. Nun stimme ich mich ein auf die beiden nächsten bevorstehenden Konzerte. Morgen in Aachen zum 90. Geb. meines Malerfreundes Herbert Falken, der übrigens Nachbar und Freund von Heinrich Böll war und diesen als Priester seinerzeit auch beerdigte. Mit meiner Pianistin Birgitta Wollenweber (die ich gleich am Bonner HBf abhole) spielen wir dort drei Stücke von mir, zwei davon kennst Du von den CDs. Und am Dienstag dann ein Gartenkonzert in Köln, Solo auf der Campanula.
Dir ein schönes Wochenende, herzlichst Michael
So., 11. September 2022, 10:16 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich über die vielen guten Dinge, von denen du schreibst. Eine gute Begegnung nach der anderen. Ich bin wie immer in besseren Zeiten tief versunken in den Büchern bzw. Buchstaben, habe vor ein paar Tagen einen siebten Essay in Folge begonnen (bzw. den siebten Teil, wenn man das Ganze als einen großen Text betrachtet).
Viel Freude bei allem! Theo
Di., 13. September 2022, 10:16 Uhr
Lieber Theo,
wenn Du nun den 7. Essay in Folge begonnen hast, wird das ja wohl der letzte dieser Reihe sein, wenn ich Dich richtig verstanden habe ... gutes Gelingen des Finales also! Und ich werde gespannt auf die Lektüre ...
Das heutige Gartenkonzert muß wegen schlechter Wetterprognosen für heuteabend ausfallen. So eben mit der Veranstalterin besprochen Das Festkonzert zum 90. von Herbert Falken am Sonntag hat schon allein deswegen besondere Freude gemacht, weil Birgitta & ich seit Längerem endlich mal wieder zusammen auftreten konnten ... und dabei feststellen konnten, wie trotz der Pause alles noch ganz frisch & wie selbstverständlich im Zusammenspiel klappt. - Kennst Du eigentlich Bilder von Herbert Falken? - im Colombarium von St. Gregorius in Aachen hängt ein beeindruckender Zyklus (um das Thema Tod), den ich selber auch noch nicht kannte. Hier zu Hause habe ich sechs wunderbare Arbeiten von ihm, die letzte schenkte er mir zu meinem 60sten. Ich füge Dir diese große Zeichnung mal an ...
Michael
Do., 15. September 2022, 08:14 Uhr
Lieber Michael,
großartige Zeichnung, du kannst dich glücklich schätzen, so vieles von Falken zu haben, also täglich um dich zu haben, zu sehen.
Daß sich die Zahl 7 wieder ergeben hat, ist ein schöner Zufall. Ja, das wird der letzte Essay in der Reihe sein. Ob auch der siebte Essay zum glücklichen Ende findet, wird sich zeigen.
Theo
Sa., 17. September 2022, 16:57 Uhr
Lieber Michael,
da ich ein Mensch bin, der stets nur zwei Minuten im voraus plant, ahnte ich nach der Fertigstellung des Essays Vierblättriges Kleeblatt im Pop Verlag natürlich nicht, daß diesem in diesem Jahr in rascher Folge seit Juli 6 weitere Essays folgen würden und ich das Ganze, was nun vorliegt, ab dem fünften Teil als Zyklus sah, dem ich gestern einen Titel gegeben habe. Ja, heute wurde der siebte Teil zu Ende geschrieben. 125 Druckseiten sind es geworden, die abschließend noch der Überarbeitung harren. (Wobei der größte Teil bereits mehrfach durchgesehen ist.)
So sieht das Ganze im Überblick aus:
L·i·t·e·r·a·t·o·u·r »22« Essay in sieben Teilen
Vierblättriges Kleeblatt im Pop Verlag : Frauendorfer · Frömmig · Samson · Schlattner 9 Seiten · Matrix 1/22
Bericht Gedicht · Roman · Kurzprosa : Neue Bücher von Becker · Gröhler · Scheuer · Strobelt 9 Seiten · Matrix 2/22
Neunerlei Eine Vermengung : ladylike 23 Seiten · Matrix 2/22
Ein rostiger Klang von Freiheit – und mehr Nach Norwegen reisen – mit Berg Holm, Brekke, Undset 11 Seiten · Matrix 3/22
Harald Gröhler … Flüchtig vorgestellt anhand einer Reihe von Büchern 22 Seiten · Matrix 3/22
We·i·t·e·r·l·e·s·e·n·w·i·e·d·e·r·l·e·s·e·n : Ein aufgeschträumtes Kunterbunt 2022 37 Seiten · Matrix 4/22
Celan : »Lesen. Immerzu nur lesen, das Verständnis kommt von selbst.« 14 Seiten · Matrix 4/22
Wie schon beim Gedichtzyklus nicht weniger nicht mehr bin ich auch jetzt aus verschiedenen Gründen dankbar, daß ich diesen Text schreiben konnte. Seit vielen Jahren schon wollte ich einen ausführlichen Essay zum Werk Harald Gröhlers schreiben, was mir nun endlich gelungen ist. Und nachdem ich in diesem Jahr so viele Bücher von Dieter Kühn gelesen habe, war auch da vor ein paar Monaten der Wunsch entstanden, das irgendwie festzuhalten, was ich im Essay We·i·t·e·r·l·e·s·e·n·w·i·e·d·e·r·l·e·s·e·n getan habe. Schließlich war es mein unbedingter Wunsch, im Nachgang zu nicht weniger nicht mehr die verrückte Entstehungsgeschichte, in der du eine so große Rolle spielst, irgendwie festzuhalten, was nun im siebten und letzten Teil geschehen ist. Aktuellen Charakter gewinnen die sieben Teile dadurch, daß in fünf Essays Bücher aus dem Erscheinungsjahr 22 vorgestellt (bis auf den Dieter-Kühn-Exkurs). Aber sowohl im Gröhler- als auch im Celan-Essay gibt es insgesamt etliche Bücher, die in den letzten Jahren 2019 bis 2021 erschienen sind, so daß auch hier für Aktualität gesorgt ist.
Da du auf diese Weise so stark in meinen Gedanken präsent warst, wollte ich dich das doch wissen lassen.
Theo
Sa., 17. September 2022, 23:25 Uhr
Lieber Theo,
irgendwie rührt es mich natürlich, daß Du bei Celan gleichzeitig immer auch an mich denkst (... denn wie wichtig war mir selber dieser Autor immer wieder bei der eigenen Klang- & auch Selbstfindung! ...); aber ER (Celan) ist der wirklich Große, ICH eher ein kleines L-ich-T --- Nun denn: mich freut, daß Dich das Gefühl eines gelungenen Zyklus' mit sieben Essays derzeit innerlich fliegen läßt. - Sicherlich berechtigt! - (ich bewundere im Moment jeden, der angesichts der Weltlage überhaupt noch den Mut hat, dieser die "Stirn zu bieten" und nicht in ein für mich durchaus verständliches, berechtigtes (vielleicht sogar zwingendes) Schweigen verfällt.)
Ich lenke mich ab. Heute mit Besuch einer Konferenz zur neuen Konzeption des Beethovenfestes und Besuch eines Konzertes im Rahmen just diesen Festes; auch die offenen Ateliers (mit z.T. mir bekannten Künstlern) in der Bonner Altstadt heute (& auch morgen). Und eben zurück von einem spontanen gemeinsamen Abendessen mit der Galeristin aus Lindau, die früher Lebenspartnerin meines engsten Freundes & Bildhauers Wolfgang Ue. war.
Gestern ein Treffen mit der jungen Schauspielerin & Autorin Philine Conrad, mit der ich Ende Oktober ein erstes gemeinsames Projekt "Gestundete Zeit" im Hinterhofsalon in Köln realisieren möchte / werde, bei dem u.a. mein "Lockdownstück" COUNTERTIMECOUNTER dabeisein wird.
Nun, Dir einen schönne Sonntag ... es ist Dauerregen angesagt ... Michael
Mi., 28. September 2022, 16:09 Uhr
Lieber Theo,
nachdem ich ihm kürzlich zum 91. (!!!) Geburtstag gratuliert hatte, schickte mir Georg Oswald Cott seinen jüngsten Gedichtband „Das Gleichgewicht halten“, der 2021 bei der Edition Pongratz erschienen ist. Einige Gedichte kannte ich schon (mindestens vier davon haben wir seinerzeit auf haikuscope.de veröffentlicht), aber - wie schon vertraut - sind die neueren wieder einmal geprägt von einer sprachlichen Prägnanz und gleichzeitiger Leichtigkeit des Tonfalls. Schon das erste ein „Wurf“:
Was in der Nähe geschieht
zwei schnäbelnde Spatzen und ein Mensch der Mut schöpft
vom bloßen Zuschauen
Mir hat die Lektüre gestern den grauen Tag erheblich verschönert! – Möglicherweise hast Du das kleine Bändchen schon in Deiner Bibliothek, da Du ja wie kaum jemand Anderes umfassend informiert bist, was die Kollegen so publizieren …
Übermorgen reisen wir mit unserer Tochter für ein paar Tage in den Schwarzwald auf den Bauernhof, der für einige Jahre in ihrer Kindheit stets um Ostern herum Ferienort war. – also ein bißchen Nostalgie …
Michael
Do., 29. September 2022, 12:12 Uhr
Lieber Michael,
ein ganz feines Gedicht als Auftakt zu einem sicherlich weiteren geglückten Gedichtbüchlein Georg Oswalds Cotts, das ich allerdings nicht kenne.
Nachdem ich Literatour 22, den Essay in sieben Teilen, mit einem Essay zu Celan abgeschlossen habe, wende ich mich seit einigen Tagen, was Lektüre angeht, wieder einmal zwei etwas älteren Autoren zu, die mich ein Leben lang begleitet haben: Hans Erich Nossack und Heinrich Mann, von denen ich mir vor einiger Zeit eine ganze Reihe von Büchern bestellt hatte, um sie jetzt zu lesen.
Nachdem ich in den vergangenen zwei Monaten wieder und wieder kräftig daran gearbeitet habe, ist das Gedichtbuch Bis die Welt von ihnen abfiel nun wohl auch fertiggestellt. Was ich mir im Lauf der Jahre immer mehr gewünscht habe (und woran ich auch Gedichtbuch für Gedichtbuch gearbeitet habe), ist, das Ganze nicht als Sammlung von Gedichten herauszugeben, sondern als strukturiertes Buch, dessen einzelne Teile auf diese und jene Weise miteinander verknüpft sind. (Spielte zum Beispiel in nicht weniger nicht mehr die 7 eine durchgehende / tragende Rolle, so ist es diesmal die 9.)
Vor allem das letzte Dutzend neu hinzugekommener Gedicht - und ganz besonders die letzten drei - stimmen mich sehr zufrieden, was die Bandbreite der lyrischen Möglichkeiten angeht, die ich habe nutzen oder 'erfinden' können. Vom Einwortgedicht bis zum die ganze Seite füllenden Blocksatzgedicht ist alles dabei in den unterschiedlichsten Tonarten.
Manches ist mir mit diesem Gedichtbuch vielleicht noch besser gelungen als mit nicht weniger nicht mehr (obwohl der gleichnamige Zyklus weiterhin Platz 1 einnimmt). Zudem ist mir sehr wichtig, mit jedem neuen Buch ein Buch zu veröffentlichen, das wiederum in mancherlei Hinsicht 'anders' daherkommt als die Vorgänger. Auch dies scheint der Fall zu sein.
Sollten sich noch zwei Gedichte 'einstellen', so wäre für sie noch ein Platz zu finden, ansonsten bleibt es nun so, wie es ist mit 196 Seiten.
Wenn es planmäßig läuft, wird das Buch im Januar 2023 erscheinen.
Ich wünsche schöne Tage im Schwarzwald.
Theo Sa., 22. Oktober 2022, 16:38 Uhr
Lieber Michael,
immer wieder sind die Gedanken in den vergangenen Monaten hin zu unserer so außergewöhnlichen Korrespondenz im Jahre 2020 gewandert, die mir auch in diesen Zeiten wieder und noch einmal gute Impulse vermittelt hat.
Ich lese nun endlich ein vollständiges Buch von Elisabeth Langgässer ("Ausgewählte Erzählungen"), von der ich bislang lediglich eine Kurzgeschichte und ein paar Gedichte kannte.
Von Dieter Kühn habe ich mir in dieser Woche weitere Bücher besorgt, darunter das bald tausend Seiten umfassende Buch PARZIVAL, auf das ich sehr gespannt bin.
Ich hoffe, ihr hattet eine gute Zeit im Schwarzwald. (Wir korrespondierten zuletzt am 28./20. September.)
Theo
Sa., 22. Oktober 2022, 21:49 Uhr
Lieber Theo,
ich entschuldige mich, länger in Schweigen Dir gegenüber verfallen zu sein. Aber sonderlich Bedeutendes gab es auch nicht zu berichten. Die Tage im Schwarzwald haben wir genossen, zu den Zeiten wo es regnete besuchten wir das Mathematisch mineralogische Museum in Wolfach und das Phono-Museum in Sankt Georgen (mir war gar nicht bewußt, daß der Ort der Stammsitz der Firma Dual / PE war!). Wir sind viel gewandert und haben (meist an schon vertrauten Orten von damals) bestens gegessen. Unsere Tochter fühlte sich am letzten Tag nicht gut, eine beginnende Erkältung, die mit jeweils zweitägiger Verzögerung dann auch mich und ebenso meine Frau ansteckte. Aber es waren bei mir mal grad drei Tage, also ziemlich harmlos (... sollte es doch Corona gewesen sein).
Gestern besuchte ich in Köln erstmals die Buchhandlung Bittner - war dort wegen eines Konzertes der Reihe Orgel-Mixturen abends in der Kunststation St. Peter. Ein eindrucksvolles Sortiment !!! - natürlich habe ich den Laden nicht verlassen können, ohne etwas zu erwerben: die Journalgedichte "Die Rückkehr der Gewohnheiten", die von Jürgen Becker kürzlich bei Suhrkamp erschienen waren, von Gisela Trahms (die ich ebenfalls persönlich kenne) ein Reklam-ähnliches, kleines Heftchen "Die Schlangen wechseln die Ufer" (wirklich feine poetische Stenogramme ihrer Beobachtungen) und - weil ich bisher noch nichts von ihr gelesen habe - ein Buch der frischen Nobel-Preisträgerin Annie Ernaux ("Der Platz"). Letzteres habe ich heute beim Mittagskaffee angefangen zu lesen ... bevor wir dann bei solch schönem Herbstwetter uns auf die Räder für eine etwas längere Radtour aufschwangen, von der ich soeben zurückbin, nach einem leckeren Abendessen im "Canal grande" auf der Beueler Rheinseite.
Nun fand ich Deine Mail und dachte: sofort antworten ! Dies ist nun geschehen ... aber natürlich herzlich gerne ... wie immer Michael
So., 23. Oktober 2022, 10:22 Uhr
Lieber Michael,
ich habe dich gestern angeschrieben, um herauszufinden, ob jetzt ein günstiger Zeitpunkt ist, dich mit dem PDF-Buch, das ich anhänge, zu überraschen.
Nachdem ich dieser Tage das Register fertiggestellt hatte, keimte sogleich der Wunsch auf, dich - hoffentlich - mit L·i·t·e·r·a·t·o·u·r »22« zu erfreuen.
L·i·t·e·r·a·t·o·u·r »22« wird ja, wie du weißt, in gedruckter Form in den vier diesjährigen Ausgaben von Matrix publiziert. (1/22 ist erschienen, 2/22 ist im Druck, 3/22 ist in der Mache, 4/22 soll bis zum Jahresende fertig werden.)
Das 128 Seiten umfassende Buch L·i·t·e·r·a·t·o·u·r »22« wird deshalb nicht in Druckform, sondern ausschließlich als PDF veröffentlicht. Von dir als Vorabempfänger einmal abgesehen, wird das PDF-Buch im Dezember an zahlreiche Menschen versendet - mit der Bitte/dem Vorschlag, es an möglichst viele Bekannte, Verwandte, Kollegen, Freunde, die sich für Literatur interessieren, weiterzuleiten. Auf diese Weise, stelle ich mir vor, kann es eine Verbreitung von 500 oder sogar mehr geben. Mal sehn, wie vereinzelt vorab Angeschriebene wie du zunächst auf diese Idee reagieren.
Aus gutem Grund sollst du allerdings der erste sein, der dieses PDF-Buch zu sehen und zu lesen bekommt. Ich hoffe, wie gesagt, dir eine Freude damit zu machen.
Gute Lesezeiten wünscht
Theo
PS Jetzt also noch nicht weiterleiten, ich gebe Bescheid, wenn es soweit ist. (Spreche das vor allem auch noch mit Traian Pop ab.)
So., 23. Oktober 2022, 11:36 Uhr
... oh: das ist aber in der Tat eine sehr nette Überraschung, lieber Theo! Herzlichsten Dank für diese Vorab-Sendung Deiner Essay-Sammlung! Es ist immer 'gefährlich', wenn Du mir Deine Texte schickst, denn meine Neugierde ist meist so groß, daß ganz schnell das Buch liegen bleibt, welches ich eigentlich gerade "geistig inhalliere" ... Aber da das Buch von Annie Ernaux sicherlich heute zu Ende gelesen sein könnte (obwohl heute noch zwei Geburtstagsfeier-Besuche anstehen), werde ich mich gleich morgen in die Lektüre stürzen ... das erste Kapitel las ich ja bereits zweimal ...
Die Idee, den potentiellen Leserkreis durch PDF-Mail-Versand zu streuen / steigern, scheint mir durchaus richtig: ich verteile das dann bei Gelegenheit (Ende des Jahres, wie Du schreibst) natürlich gerne auch!
Michael
So., 23. Oktober 2022, 15:21 Uhr
Naturgemäß freue ich mich über die Reaktion, lieber Michael. Und nutze die Gelegenheit, dir die nochmals aktualisierte Fassung zu schicken. Wie du dir denken kennst, ist auch das erste Kapitel in den vergangenen Monaten mehrfach überarbeitet worden. Es ist ja jetzt auch im Grunde das zweite Kapitel, da dem Ganzen ein längeres Wort vorangestellt ist. Für mich ist dieser Zyklus von großer Bedeutung. Denn ohne die vorausgegangenen Kapitel wäre der 7. Essay kaum möglich gewesen, und der ist für mich, wie du dir vorstellen kannst, von herausragender Bedeutung.
Theo
So., 23. Oktober 2022, 17:08 Uhr
Lieber Michael,
aller guten Dinge sind drei : DIES ist die aktuelle Fassung! (Sorry.)
Theo
Mo., 24. Oktober 2022, 10:26 Uhr
Lieber Michael,
ich weiß nun nicht, wo die Quelle des Fehlers liegt, aber eben sah ich, daß auch die gestern korrigierte Fassung auf den letzten Seiten wegen eines Zeilenumbruchs verrutscht war, obwohl ich glaubte, es korrigiert und gespeichert zu haben. Der Teufel steckt immer wieder im Detail.
Jetzt jedenfalls findest du angehängt das PDF-Buch mit den 128 Seiten, die es haben soll. (Hoffe ich jedenfalls ...)
Theo
Mo., 24. Oktober 2022, 10:26 Uhr
Lieber Theo,
da uns wieder ein schöner Herbsttag (allerdings mit etwas stärkerem Wind) angekündigt war, haben wir uns spontan entschlossen, heute den Rotweinwanderweg im Ahrtal oberhalb von Dernau zu laufen mit Mittagseinkehr im Weingut Kloster Marienthal. Welche Farbenpracht in allen möglichen Grün-Gelb-Rot-Tönen bietet derzeit diese herrliche Landschaft (!!!), die wir sonst oft unten mit den Rädern durchmessen haben, und die dort – das ist von oben gut zu sehen – doch immer noch sehr von der Flut im vergangenen Jahr gezeichnet ist.
Mit Arnauxs lakonischer, schlackenloser, fast schlichter Sprache konnte ich mich anfreunden, aber ich denke, weitere Bücher muß ich nicht lesen; diese „Erzählung“ über ihren Vater reicht als Eindruck. – Was denkst Du über ihre Literatur? (ihre angebliche Israel-Feindlichkeit interessiert mich im Moment nicht)
Tja, und nach dieser Mail, werde nun gleich mich mit Neugierde auf Deine nochmals übermittelte „Literatour 22“ begeben … freue mich schon ! – bei der normalen Post fand ich bei der Rückkehr aus dem Ahrtal auch MATRIX 68 … aber die muß dann erst einmal noch ein bißchen warten …
Auch Dir einen schönen Abend Michael
Di., 25. Oktober 2022, 10:03 Uhr
Lieber Michael,
ich sehne mich seit Jahren danach, irgendwo am Rhein zwischen Köln und Bonn zu leben. Aber immerhin bietet die Landschaft hier doch so einiges Schöne. Du beschreibst das, was ich beim Blick in den Garten sehe. Klar, Luft, Wasser, Wald und Wiesen, vom geräumigen Landhaus ganz zu schweigen, das sind Vorteile des Lebens hier auf dem Lande. Aber ich vermisse die Kultur (Kirchen, Museen, Oper, Konzerte) doch arg.
Von Annie Ernaux habe ich noch nichts gelesen, habe mir nach Bekanntgabe gleich einen Titel auf die Wartliste gesetzt.
Du freust dich, und ich freue mich auch : Mal wieder bist du der erste Leser eines fertiggestellten Buches!
Theo
Di., 25. Oktober 2022, 12:32 Uhr
Lieber Theo,
aus meiner üblichen "Bürozeit" schnell auch Dir noch: welch ein Vergnügen erneut mit Deinem stets so besonderem "Tonfall" / "Sound", wenn Du von und über andere Autoren von Herzen nach-denkend schreibst !!! - unverwechselbar ! - aber auch so dicht, daß man nach einigen Seiten erst einmal durchatmen muß. Ich schaffte gestern das Vorwort und die ersten drei Essays. Dann bin ich - auch durch den Impuls der Lektüre - zu den Journalgedichten von Jürgen Becker gesprungen ... Und wieder hast Du mir auch mir bisher unbekannte Autoren nähergebracht: nicht zuletzt den "kolossalen Minimalisten" Strobelt sollte ich unbedingt mal lesend kennenlernen !
Tja, man wünscht sich immer gerne dorthin, wo man nicht ist ... so ich z.B. auch gerne auf's Land mit entsprechendem Haus ... aber bleiben wir glücklich, wie wir uns entschieden haben ... ich zumindest kann das Fehlende / Vermißte ja reisend gewinnen.
Michael
Di., 25. Oktober 2022, 15:47 Uhr
Lieber Michael,
als jemand, für den 'Sound' als Bewertungskriterium von Literatur so wesentlich ist, freue ich mich natürlich ganz besonders über diese erste Einschätzung. (Auch wenn du das schon des öfteren betont hast in der Vergangenheit ...)
Daß du das Ganze als "dicht" gestrickt empfindest, freut mich ebenfalls. Ja, dicht soll es sein!
Ich kann es, um ehrlich zu sein, kaum erwarten, mit dem allgemeinem Versand zu beginnen, werde mich aber noch einige Zeit zu bremsen wissen. Ich muß das auch noch mit Traian Pop absprechen.
Ich lese nun Catalin Dorian Florescus Roman Jacob beschließt zu lieben, eine weitere Geschichte aus dem von mir so geliebten Banat, in diesem Fall aus dem Dorf Triebswetter, das die Lothringer Schwaben zu Zeiten Maria Theresias gründeten und das ich aus den Romanen Johann Lippets schon lange kenne.
Theo
Di., 25. Oktober 2022, 19:52 Uhr
... irgendwie kann ich ja Deinen Wunsch verstehen, zwei Bücher gleichzeitig lesen zu können (mit linkem & rechtem Auge), lieber Theo, und daß das Gelesene sich gegenseitig vermengt, vermischt ... wäre noch offensichtlicher als es schon eh bei jedem ist, der so umfänglich Literatur verschlingt, verspeist wie Du - aber eben naturgemäß leider doch nur hintereinander möglich. Und doch habe ich nun nach dem Gröhler-Essay jetzt schon eine relativ eindeutige imaginäre (sich vermengende) Vorstellung von dem, was diesen Autor (obwohl ich bisher nichts von ihm las) so besonders & einzigartig macht! - und er es wohl auch ist, nicht nur für Dich. Und selbstverständlich kann ich nur allzusehr verstehen, daß Du diese Essay-Sammlung möglichst schnell "unters (noch lesende) Volk" bringen würdest !! - auch ich wünschte mir immer, gerade Abgeschlossenes möge umgehend seinen Weg in die Welt machen ... jaja: die Ungeduld. Mit dezenter Irritation bemerkte ich nun, daß Du mich mit einer persönlichen Mail an Dich zu Benders italienischen Texten zitierst. Soll ich mich geschmeichelt fühlen? - ich weiß es nicht. Immerhin war & ist mir Hans Bender immer noch so nah, als hätte ich ihn erst vor wenigen Tagen das letzte Mal in der Kölner Taubengasse besucht! ---- (na: Dir wird es wohl so ähnlich gehen)
Nun lese ich weiter ... Michael
PS auch wenn ich es wohl des öfteren dem Sinne nach schon schrieb: es verliert deshalb nichts an Gültigkeit meiner Bewunderung: das ist eben viel mehr als eine übliche Rezension, was Du da zusammenträgst ... auch eben an eigenen Erinnerungen beim Lesen. Einfach: Prima !
Mi., 26. Oktober 2022, 10:04 Uhr
Lieber Michael,
das Zitat dient aus mehreren Gründen der guten Sache 'Literatur', es drängte sich regelrecht herzu an dieser Stelle. Darüber hinaus impliziert es : Sieh her, Leser, ein lesender Komponist! (Oder mehr noch : ein lesender Mensch!)
Ich weiß es stets sehr zu schätzen, wenn durch Aussagen/Kommentare das Bewußtsein geschärft wird. In diesem Fall dachte ich soeben noch einmal über die multiple Funktion des Einsatzes von Zitaten dieser Art nach. Es kommen da in der Tat eine ganze Reihe von Faktoren zusammen. Da sich das im Zusammenhang so locker liest, wird kaum ein Leser über die vielfache Funktionalität nachdenken. Muß er auch nicht. Aber ich als Textmacher muß das.
Während du Literatour "22" liest, arbeite ich weiter an Feinheiten. Und das ist ja das Gute am PDF-Buch: Ich kann immerwährend daran arbeiten. Da ich Essays wie Gedichte schreibe, gibt es immer noch hier einen Buchstaben zu entfernen, dort einen Binnenreim zu setzen usw. (Die 128 Seiten sind voll von Binnenreimen und anderen rhetorischen Elementen - wahrscheinlich ohne daß es beim Lesen auffällt, was gut ist : Aber das Unterbewußtsein wird es registrieren.)
Ich kann dir nur zustimmen : Die Nähe zu Hans Bender wird lebenslang spürbar bleiben. (Er war in den Jahren von 2008 bis 2015 die einzige gelebte Freundschaft, die einzige! Niemanden sonst mehr habe ich in jenen Jahren, zumal in dieser Regelmäßigkeit, getroffen. Und da das so geblieben ist, vermisse ich ihn weiterhin schmerzlich.)
Ich freue mich sehr, was zu zum Essay zu Harald Gröhlers Werk schreibst.
Vom PS ganz zu schweigen ...
Theo
Mi., 26. Oktober 2022, 10:50 Uhr
Lieber Theo,
die vielen Binnenreime in "Literatour 22" sind unüberlesbar / unüberhörbar (... selbst beim stillen Lesen) ! - neu für mich aber solche Wortschöpfungen wie "defheftig" etc. Mittlerweile bin ich mit der Lektüre durch und durch ... und durch Dich durfte & konnte ich einsteigen in ein Wort-Universum, welches ja die eigenen literarischen Fixsterne ebenso wortgewaltig wie zartfühlend immer wieder umkreist, mich aber auch zu noch unentdeckten Galaxien entführte ... eben: ein Lese-Vergnügen der besonderen Art ! Weitergegeben habe ich diese 128 Seiten nur im Hause: nachdem ich Martella immer wieder Auszüge vorlas, bat sie mich gesternabend ums Ganze.
Michael
Mi., 26. Oktober 2022, 16:43 Uhr
Lieber Michael,
"unüberhörbar" klingt gut ...
Nun freue ich mich, zu lesen, wie gut das Ganze bei dir angekommen ist - und wie du es mich wissen läßt. Du begreifst jetzt natürlich, warum es mir so wichtig ist, die 7 Essays auf diese Weise zusammenzubringen. Sie sind auf vielfältige Art und Weise miteinander verschlungen, wie ich es im Vorwort geschildert habe. Sie gehören einfach zusammen. Sie sind eine Einheit. Ein Buch. (Es gibt doch die Möglichkeit, eine PDF auf einer Website unterzubringen, wenn ich richtig informiert bin. Vielleicht findet sich eine Seite, die daran interessiert ist. Das alles hat noch Zeit, genauso wie der 'große' Versand, über den ich dich in Kenntnis setzen werde, sobald dieser starten kann. Ich sende dir dann natürlich auch die dann aktuelle PDF.)
DIE Nachricht des Tages ist allerdings, daß deine Frau das PDF-Buch nun auch liest. Damit konnte ich nicht rechnen. Das freut mich ungemein.
Noch einmal : DANKE.
Theo
Mi., 26. Oktober 2022, 23:40 Uhr
... es freut mich, daß Du Dich freust, lieber Theo, aber so ungewöhnlich ist es nicht, daß Martella Interesse hatte, selbst ein bißchen ausführlicher in Deinen Essay-Komplex hineinzulesen: sie hatte ja auch mit größtem geistigen Interesse (& Vergnügen) "nicht weniger nicht mehr" gelesen, wobei ihr Kapitel IV noch mehr gefiel als das große Celan-Poem. Sie hat zudem früher selber ein wenig gedichtet und vor allem schöne Übersetzungen der französischen Symbolisten (in einer kleinen Auswahl) gewagt ... und sie hat zudem auch durchaus Sinn für Sprach-Spiele mit hintersinnigem Humor, was sie derzeit gelegentlich auch nutzt bei ihrem Instagram-Jahresprojekt "Tagesblicke 2022". - Übrigens - ich sprach es noch gar nicht an - fiel mir bei einem Buch, über das Du Dir "Gedanken machtest", auf, wie dezent & doch offensichtlich Kritik mitschwingt, es sticht geradezu heraus: die Überlegungen zum Konjunktiv im Zusammenhang mit Michael Krügers Buch. Ja: ein großes Ganzes (vom Vorwort bis zum nochmaligen, lesendem Gedenken an Celan) ist es gworden, mit vielfältigen Querverweisen. Sinnvoll wäre doch, wenn zu gegebenem Zeitpunkt der Pop-Verlag es auf seiner Website auch als PDF-Buch zum Download bereitstellt.
Wir sind gerade zurück aus Köln, wo wir vom Künstler & Graphiker (& Freund) Daniel Hees zu einem Essen eingeladen waren: Kaninchen, frisch von einem Pariser Wochenmarkt mitgebracht, gab's : einfach lecker zubereitet.
Und nun eine gute Nacht Michael
Do., 27. Oktober 2022, 11:55 Uhr
Lieber Michael,
Zum Konjunktiv : Das ist ein flächendeckendes Phänomen der Literatur im deutschen Sprachraum. Krügers Buch schien mir passend, darauf einmal so nebenbei einzugehen.
Ähnliches geschieht u. a. mit 'derselbe ...' / 'der gleiche' ..., mit 'anscheinend'/'scheinbar' und 'so weit'/soweit
Wenn's mir nicht jedes Mal auffiele, wäre es mir ja egal, aber so nervt das einfach, wenn 'sei' und 'wäre', 'habe'/'hätte' usw. usw. kunterbunt - und vor allem inkonsequent - Verwendung finden.
Das jetzt nur nebenbei, um den armen Krüger nicht als schwarzes Schaf im Regen stehn zu lassen ...
Theo
Do., 27. Oktober 2022, 21:56 Uhr
Lieber Theo
ich habe mehrere Bücher von Michael Krüger gelesen ... ihn auch einmal in der Buchhandlung Böttger live erlebt, aber: irgendwie elektrisiert hat mich bisher nichts von ihm. (vielleicht fielen mir Deine virtuosen Eskapaden zum Konjunktiv deshalb sogleich auf)
Wir hatten heute unsere Probe für den Auftritt am Sonntag im Kölner "Hinterhofsalon". (wo ich selber ja auch Bachmann & Charms lesen werde) Ich freue mich auf den Abend ... auch wenn der Zuhörerkreis vermutlich überschaubar bleiben wird.
Michael Di., 1. November 2022, 21:20 Uhr
Lieber Theo,
nun habe natürlich inzwischen auch etwas ausführlicher das jüngste MATRIX-Heft durchstöbert. Das Wunderbare an dieser Literaturzeitschrift ist ja immer wieder, daß man schwerpunktmäßig bestimmte Literatur-Regionen kennenlernen kann, von denen man / ich bisher (meist mit wenigen Ausnahmen) kaum etwas kennt bzw. zur Kenntnis genommen hat, so in diesem Fall nun Armenien. eine großartige editorische Arbeit ! -
Mittlerweile bin ich versunken in "Vita contemplative" des Philosophen & Theologen Byung-Chul Han. Die dort beschriebene Art des Nichtstun als Abwesenheit von Tätigkeit ist mir derzeit innerlich sehr nah. - es war eine Empfehlung eines Freundes bei einem kürzlichen Treffen.& Gedankenaustausch.
Beim Konzert im Kölner Hinterhofsalon (ein seltsam versteckter Veranstaltungsort!) am Sonntag saßen drei (!!!) Zuhörerinnen (eine davon Martella) - also gleichviel wie Akteure auf der Bühne. Etwas traurig so, aber wir drei hatten dennoch Freude bei unserem Zusammenwirken ... und nun hoffen wir auf deutlich mehr Publikum bei der Wiederholung am 2. Dezember in der Bonner Trinitattskirche. Vielleicht hat den ein oder anderen der mit 18 € etwas hoch angesetzte Eintritt abgeschreckt; in Bonn wird es mit freien Eintritt auf Spendenbasis laufen. Na, warten wir ab.... ich bin zuversichtlich -
Michael
Mi., 2. November 2022, 09:01 Uhr
Lieber Michael,
das wird Traian Pop freuen.
Während du in fernöstliche Weisheit versunken bist, folge ich Dieter Kühn auf den Spuren des Wolfgang von Eschenbach und dessen Parzival.
Axel Kutsch hat Literatour "22" nun auch mit Begeisterung, wie er schrieb, gelesen. Die eine oder andere Stelle habe ich mir in diesen Tagen noch einmal zur Brust genommen. Es kann ja nie schaden, wenn man sich Zeit läßt mit Veröffentlichung. Das darf ruhig Dezember werden.
Theo
Do., 3. November 2022, 23:33 Uhr
... die Gedankenwelt & Haltung von Byung-Chul Han sind gar nicht mal so sehr fernöstliche Weisheit, wie Du vermutest, lieber Theo! Der Autor ist zwar gebürtiger Koreaner hat aber in Deutschland studiert, und zwar in Freiburg und München, neben Philosophie übrigens auch Deutsche Literatur, was man seinem neuesten Buch "Vita contemplativa" durchaus anmerkt: da werden Novalis, Hölderlin, Nietzsche, Heidegger etc. (& auch H. Arendt als Gegenpol - Vita Activa) aber auch die großen griechischen Autoren (z.B. Platons Höhlengleichnis) herangezogen mit Zitaten, die sein Anliegen einer anderen Lebenshaltung bestärken. Ein wunderbares Buch, wie ich finde ! - ich kann es nur rundum empfehlen !!! -
Prima, daß nun auch andere "Erstleser" so positiv auf Deine Essay-Sammlung reagieren; das freut mich !
Michael
Do., 10. November 2022, 14:31 Uhr
Lieber Michael,
danke für den Hinweis auf Ulrike Almut Sandigs neues Buch. Ich habe die früheren Bücher von ihr alle gelesen, habe einige Bücher mit ihr getauscht, seit wir einander 2010 beim Poesiefestival Konstanz kennenlernten.
Theo
Do., 10. November 2022, 14:33 Uhr
Lieber Michael,
der Name Etel Adnan begegnet mir heute zum erstenmal ...
Danke.
Theo
Do., 10. November 2022, 15:42 Uhr
Lieber Theo,
mir ging es genauso: dem Namen Adnan begegnete ich heute in der FAZ auch erstmals; aber die Besprechung machte mich neugierig und ich dachte mir, vielleicht kannst Du mir - mit Deiner riesigen Leseerfahrung - ergänzende Informationen geben. Ja, und Sandigs Bücher habe ich auch immer gern gelesen, eine eigene Stimme hat sie, wie ich finde. Ich vermutete fast, daß ihr im Austausch sein könntet ... oder hast Du mir bereits davon geschrieben?
Sonnig herbstliche Grüße Michael
Sa., 12. November 2022, 16:51 Uhr
Lieber Michael,
ich erinnere mich nicht, Ulrike Almut Sandigs Bücher in unserer Korrespondenz thematisiert zu haben. Nach 2010 haben wir einige Jahre lang gelegentlich korrespondiert und ein paar Bücher getauscht. Das liegt aber nun schon Jahre zurück. Die allermeisten schreibenden Kollegen sind kaum bis gar nicht daran interessiert, einen lebendigen Austausch zu pflegen, was ich sehr schade finde. Meine Erfahrung ist immer schon gewesen, daß die Initiative von mir ausgehen mußte. Irgendwann ist mir die Luft ausgegangen, weshalb ich längst nur noch sehr wenige Kontakte regelmäßig pflege.
Ich denke weiter über das nach, was mit Literatour "22" geschehen könnte. Nachdem ich zunächst kategorisch der Meinung war, daß es keinesfalls ein gedrucktes Buch geben sollte, bin ich nachdenklich geworden, nachdem es vereinzelte Anfragen gab. Traian Pop überlegt, ob er ein E-Book machen soll. Aber was soll das schon bringen?
Hättest du zum Beispiel Interesse daran, daß dieser Titel als gedrucktes Buch vorläge? Ganz freibleibend gefragt: Würdest du gern Exemplare davon verschenken?
Grundsätzlich soll es dabei bleiben, daß ich den Titel als PDF-Buch kostenlos zur Verfügung stelle und mich freue, wenn Menschen wie du die PDF zigfach weiterleiten. Auf diese Weise könnten viele hundert Interessierte Zugang zu diesem Buch bekommen.
Aber das eine muß das andere nicht ausschließen. Der Pop Verlag ist ja nach wie vor sehr aktiv, aber es ist ein offenes Geheimnis, daß es finanziell alles andere als zum Besten steht. Ich würde eine kleine Auflage befürworten, wenn es eine Reihe von Vorbestellungen gäbe.
Muß alles nicht sein, ich spiele mit Gedanken ...
Das Vorwort ist um eine Seite erweitert worden, deshalb hänge ich die aktuelle Fassung an.
Sa., 12. November 2022, 20:53 Uhr
Lieber Theo,
es ist auch meine Erfahrung: mancher Kontakt wäre möglicherweise über die Jahre eingeschlafen, wäre ich nicht jemand, der doch halbwegs regelmäßig dafür sorgt, daß man sich nicht nur nicht aus den Augen sondern auch dem Sinn verliert. – Da haben sich mit uns beiden ja wirklich völlig überraschend zwei Menschen gleicher Freundschaftsgesinnung gefunden, die deshalb einen mittlerweile so umfangreichen Austausch miteinander haben, wie kaum mit jemand Anderem … und das, obwohl wir uns bisher leider immer noch nicht persönlich trafen. (Du weißt, ich bin jeder Zeit dazu bereit!) –
Ich verstehe durchaus, daß Du den Sinn eines E-Books von „Literatour 22“ bezweifelst … ich selber lese auch viel lieber das Gleiche haptisch in Händen. Gut, als PDF-Datei ist es ja kaum anders als mit einem E-Book … und diese PDF-Ausgabe werde / würde ich Ende des Jahres (wenn alles in MATRIX dann erschienen) großzügig weiterreichen – und wohl deutlich mehr als als gedrucktes Buch verschenken. Ich kann Dir die Entscheidung leider nicht abnehmen; Du mußt es wohl mit Traian Pop abwägen. Mir ist nicht verborgen geblieben, daß viele Kleinverlage am Limit arbeiten … auch deshalb kaufe & bestelle ich dort besonders gerne!
Die überarbeite PDF-Version habe ich eben gegen die vorherig gespeicherte ersetzt … lesen werde ich das Vorwort etwas später … erst stehen noch ein paar Telefonate an.
Michael
PS. Beckers neuesten Journalgedichte las ich gestern zum zweiten Mal: großartig wie er Erinnertes mit Tages-Aktuellem ineinander ‚verwischtmischt’ (… um mal eine Breuersche Wortneuschöpfung zu immitieren) - ;-)
So., 13. November 2022, 08:59 Uhr Lieber Michael,
seltsamerweise hatte ich bei jenen gestrigen Gedanken völlig ausgeblendet, daß die 7 Essays ja in den Matrix-Ausgaben 1/22 bis 4/22 gedruckt werden. Die dritte Ausgabe mit den Essay 4 und 5 ist in der Mache, soll bis spätestens Ende November gedruckt werden.
Wahrscheinlich hatte Traian Pops Idee vom E-Book mich in diese unruhige Verfassung gebracht. Ich werde ihm davon abraten; es kostet doch nur unnötig Geld, das er im Prinzip nicht hat. Und ich finde die Idee des Geschenks sehr schön - zumal du mich ermutigst, indem du schreibst, daß du das PDF-Buch großzügig weiterreichen wirst. Das hat Axel Kutsch auch schon zugesagt. Wenn ich an die hundert Menschen damit 'beglücke' und diese diese Literatour "22" mehr oder weniger oft weiterleiten, kommen schon viele hundert Empfänger zusammen.
Die vierte Ausgabe muß dann auch noch nicht erschienen sein; ich möchte das Ganze gern über die ganze Adventszeit verteilen. Sobald der Startschuß erfolgt ist, werde ich dir die dann letztgültige PDF zusenden.
Das Gedichtbuch ist nun auch bereits mit der ISBN versehen. Du wirst viele Gedichte darin finden, die du noch nicht kennst.
Unsere besondere schriftliche Korrespondenz ist, wer weiß es, vielleicht auch gerade deshalb so besonders, weil sie der einzige Pfeiler unserer freundschaftlichen Beziehung ist. Wir werden das weiter vertiefen und schauen, was das Leben noch mit uns vorhat.
Theo
Mo., 14. November 2022, 14:59 Uhr
Lieber Theo,
ich denke auch, Du wirst allein über den Schneeballeffekt des Mail-Versandes mehr erreichen als durch eine die 7 Essays bündelnde Print- oder E-Book-Ausgabe.
Auf das erweiterte neue Gedichtbuch von Dir bin ich natürlich brennend gespannt; Du wirst mich sicherlich informieren, wenn es erschienen ist.
Gerade las ich "Wie Gras", die Legenden von Michael Donhauser (kürzlich bei Mathes & Seitz erschienen); sie erscheinen einem wie eine Fortsetzung der "Schönsten Lieder" und "Variationen in Prosa"; eine mich stets betörende Musikalität der Sprache! - Ich werde Michael diese Woche wohl seit längerem mal wieder persönlich treffen: er liest am Freitag in der Buchhandlung Böttger. Die ausführliche Korrespondenz mit ihm - sie begann vor zehn Jahren - ist in letzter Zeit etwas eingeschlafen & recht licht geworden ...
Gestern waren wir in Köln zur größeren Geb.-Feier von Dorissa Lem ... wo wir erwartungsgemäß auch einige andere ältere Freunde trafen.
Ja, lassen wir uns überraschen, was das Leben noch mit uns vorhat! Michael
Mo., 14. November 2022, 16:47 Uhr
Lieber Michael,
ich bin nun auch entschlossen, Traian Pop davon zu überzeugen, es beim Druck in den Matrix-Ausgaben zu belassen. Um die Verbreitung des PDF-Buchs werde ich mich dann kümmern. Pop neigt grundsätzlich dazu, aus allem ein Buch machen zu wollen. Das mittlerweile für einen Wohnzimmerverlag geradezu riesige Programm stünde besser da, wenn er auf ein Viertel der Bücher verzichtet hätte. Aber was soll's: Er will es so. Und ich bin dankbar für die zahlreichen Autoren, die ich ohne den Pop Verlag wahrscheinlich nicht kennengelernt hätte.
Vor ein paar Jahren hat Vera Schindler-Wunderlich ihr zweites Gedichtbuch (das dritte ist ja gerade erschienen, ich mache darin im Vorwort von Literatour "22" aufmerksam) bei Böttger vorgestellt. Warst du da wohl auch dabei?
Donhauser und du werdet euch jedenfalls über das Wiedersehen freuen. Bitte richte einen Gruß von mir aus: Ich hatte ihn 2012 zur Mayröcker-Matrix eingeladen, da haben wir ein paarmal korrespondiert. Vielleicht erinnert er sich.
Wir beide führen ein sehr voneinander verschiedenes gesellschaftliches Leben. Das war bei mir ja auch einmal ganz, ganz anders. Und ich räume freimütig ein, daß ich mit dem seit 2007 gelebten - nicht mehr stattfindenden - gesellschaftlichen Leben insgesamt überhaupt nicht zufrieden bin. Die Balance stimmt einfach nicht mehr in meinem Leben, seit die chronische Krankheit mehr oder weniger dominiert.
Anders betrachtet, kann ich auch sagen: Was in früheren Jahren des Guten oft zuviel war, ist heute zu wenig. Mein Leben war über Jahre geprägt von zigfacher Begegnung, Öffentlichkeit, Oper, Museum, Reisen, Lesungen, Lesung, offenes Haus usw.
Ich wünsche dir stets das Beste!
Theo
Di., 15. November 2022, 23:30 Uhr
Lieber Theo,
gerade las ich in der letzten ZEIT die Besprechung des soeben zugänglich gewordenen Briefwechsels Bachmann & Frisch von Iris Radisch. Du wirst das vermutlich auch mitbekommen haben, zumal derer beider Portrait die Titelseite der ZEIT schmückt. Scheinbar war diese verhängnisvolle Beziehung noch schmerzlicher, als wir es bisher ohnehin schon vermuteten ... und ahnungsvoll im Roman "Mailina" zu entschlüsseln suchten. Zwei grundverschiedene Gestalten ... nicht nur literarisch, die aus objektiver Sicht nicht zueinander finden konnten! - (da war Bachmanns Beziehung zu Celan & Henze weit weniger katastrophal!) Ich werde mir diesen Briefwechsel von Martella zu Weihnachten wünschen. Bis dahin habe ich sowieso noch einiges anderes auf meinem Leseplan der nächsten Wochen.
Was Du in Deiner letzten Nachricht zum gesellschaftlichen Leben schriebst, wie es sich völlig umgekehrt hat für Dich - zwangsläufig : ich verstehe durchaus, wie Dir ein Teil des alten Lebens fehlt. Aber ich bestaune immer wieder, was Du daraus gemacht hast : Deine Texte 'strotzen' eigentlich von innerer Lebenslust & Vergnügen ... auch wenn es jetzt vielleicht nur noch auf dem Papier stattfindet. - Ich hingegen genieße derzeit (versuch es zumindest trotz all des Unbills rundherum) mein (auch gesellschaftliches) Leben und hadere eher mit der Kunst und ihrer möglicherweise bitteren Zukunft.
Nun denn: erst einmal gute Nacht Michael
Mi., 16. November, 15:44 Uhr
Lieber Michael,
ich schätze Max Ernst außerordentlich, und siehe da, man bringt seine gesammelten Werke heraus. Ob ich mir das Buch anschaffe, weiß ich nicht: "Bleiwüsten" sind problematisch.
Danke jedenfalls für den Hinweis.
Theo
Mo., 21. November 2022, 11:19 Uhr
Lieber Theo,
das zweifache Treffen mit Michael (Donhauser) nach längerer Zeit war in der Tat sehr nett. Erstaunlicherweise waren bei der Lesung in der Buchhandlung allerdings nur 13 Besucher, einer davon der Kritiker, von dem heute eine ganz ordentliche Besprechung im Bonner GA stand. Tags drauf trafen wir uns auf ein Glas Wein zum etwas ausführlicheren Plausch ... im Anschluß an die Auff. von "countertimecounter" in Köln (von der es übrigens einen Videomitschnitt gibt: https://youtu.be/cNYWVbosjBA ... in der Videobeschreibung sind auch die vorangestellten Zitate zu finden ...) Deine Grüße habe ich Michael ausgerichtet und ihm auch angedeutet, daß ich ihm bald Deine Essay-Sammlung zuschicken werde.
Michael
Sa., 26. November, 16:46 Uhr
Lieber Michael,
klar, er war 93, aber auch der Tod Hans Magnus Enzensbergers macht mich sprachlos. Ingendaay wird es nicht anders ergehen, den guten Text wird er vor längerer Zeit schon geschrieben haben. Ich habe viele Bücher von Enzensberger gelesen, er hat mich über Jahrzehnte begleitet.
Theo [auf Zusendung FAZ Nachruf Enzensberger von Paul Ingendaay]
Sa., 26. November 2022, 20:06 Uhr
Lieber Theo,
für mich war Enzensberger der geistreichste & originellste Poet mit so viel Facetten wie kaum ein anderer in der Genaration der Nachkriegsautoren! - und letztlich für & in der BRD viel wichtiger als meinetwegen Grass. (auch wenn das der ein oder andere möglicherweise anders einschätzt) Was ich an ihm schätzte war auch die Tatsache, daß er durchaus politisch relevant aber nie dogmatisch war. Es gibt - was das angeht - so viele beredte Beispiele in seinen Gedichten, die ich nahezu alle gelesen habe. Ja, irgendwann muß / wird jeder mal abtreten, aber auch dazu hatte er stets eine augenzwinkernde Auf- / Ansicht:
Nur Mut! „Langsam beginne ich, alt zu werden.“ „Das ist immerhin ein Anfang – besser als nichts.“
In diesem Sinne grüßt Dich Michael
Mi., 30. November, 14:09 Uhr
DANKE.
Die sollten lieber meinen Vorlaß kaufen ...
[auf Zusendung FAZ Artikel: Rilke-Nachlaß geht ins Literaturarchiv Marbach]
Mi., 30. November 2022, 14:46 Uhr
Da sprichst Du etwas an, was auf andere Art auch mich beschäftigt, lieber Theo, wo können / sollten Vor- bzw. Nachlaß auf Dauer unterkommen? So wie Du selbstverständlich Dich gerne im Literaturarchiv Marbach sähest, sähe ich meine Manuskripte & Korrespondenz gerne in der Baseler Sacherstiftung. Dort hatte ich vor rund zwei Jahren mal angefragt (zumal ich in anderem Zusammenhang schon mit dem Leiter der Institution Kontakt hatte), aber er mußte mir eine Absage erteilen, weil (angeblich die Räumlichkeiten) schon jetzt überlastet seien und nur integriert werden kann, was nach Vorlaß noch als Nachlaß auf Dauer dazukomme. Ich war dann aber immerhin so freundlich, dort zumindest Kopien der an mich gerichteten handschriftlichen Briefe von Kurtág und Lachenmann zu hinterlassen (zwei Komponisten, die dort schon umfänglich vertreten sind). Ich will ja kein Geld dafür, hätte aber gerne alles beisammen an irgendeinem guten Ort ... und möchte nicht erst meine Kinder dafür sorgen lassen ... (wir beide sind eben nicht Rilke oder Bártok, nach denen sich solche Institute wie Marbach oder Basel reißen)
Es nieselt draußen, so werde ich mich nun ein bißchen ans Klavier setzen und in Bachs Präludien & Fugen stöbern ... Michael Do., 1. Dezember 2022, 09:45 Uhr
Lieber Michael,
auch wenn ich gestern etwas überhastet "kaufen" schrieb, so teile ich deine Einschätzung dieser Dinge zu 100%. Und von mir aus gesehen bin ich nicht nur nicht mit Rilke oder Bartok zu vergleichen, sondern auch nicht mit Denhoff.
Kommen wir zu Gegenwärtigem: Heute ist der 1. Dezember 2022, und der mit Freuden erwartete Versand des PDF-Buchs darf beginnen. (Kommt in der nächsten E-Mail.) Ich danke schon jetzt für die Unterstützung.
Theo
Do., 1. Dezember 2022, 16:14 Uhr
Lieber Michael,
heute ist der 1. Dezember 2022, und für mich persönlich ist dies ein Tag der Freude. Wie geplant, wie gewünscht, erfolgte heute die Veröffentlich von Literatour "22". Und das gleich auf zwei Websites. So magst du dir aussuchen, welches Format du bevorzugst. Leidenschaftliche E-Book-Leser dürften jedenfalls auf ihre Kosten kommen - ohne etwas dafür zu bezahlen.
Ich hänge also keine PDF an, sondern verweise auf die Seiten, auf denen man nicht nur lesen, sondern die PDF auch zum Download zur Verfügung gestellt bekommt.
Ich freue mich, in den kommenden Wochen viele E-Mails zu versenden, um auf Literatour "22" aufmerksam zu machen. Ich bin gespannt, was sich so alles tun wird.
Theo
Do., 1. Dezember 2022, 20:51 Uhr
Lieber Theo,
prima, daß Deine LITERATOUR 22 nun ihren Weg in die Welt nehmen kann! - ich verstehe Deine berechtigte Freude! Am Wochenende werde ich den Link zum Download beim Pop-Verlag großzügig über meinen Verteiler streuen. Zunächst wiederholen wir hier morgenabend erst einmal unser Programm "Gestundete Zeit" in der Endenicher Trinitatiskirche (wo vor sieben Jahren auch das sehr gut besuchte Überraschungskonzert zu meinem 60. stattfand ... insofern hoffe ich auf ein paar mehr Kommende als kürzlich im Kölner Hinterhofsaöon ... und wie gerne sähe ich Dich unter den Zuhörern ! )
Ich denke, es ist völlig falsche Bescheidenheit, daß Du Dich hinter meinen Namen stellst. Du bist in den entsprechenden Kreisen sicherlich mindestnes genau so ein "Begriff" wie mein Name eben in den musikalischen ... (natürlich sind wir beide nicht "1. Garde" in der öffentlichen Wahrnehmung; aber was sagt das über Qualität ?! - rein gar nichts. Punkt.
Michael
Fr., 2. Dezember 2022, 10:50 Uhr
Lieber Michael,
ja, es läuft gut auf der literarischen Tour, das Büro Böllinger teilte mir mit, daß gestern doppelt so viele Klicks auf die Literatour "22" erfolgten wie an sonstigen Tagen auf neue Beiträge (120 statt 60). Das ist ein mehr als guter Anfang.
Dir wünsche ich ebenfalls doppelt so viele Besucher. Und daß ich erneut nicht unter diesen sein werde, ist schade. Aber so ist mein Leben, du weißt es.
Was die Qualität angeht, da bin ich ganz mit dir einer Meinung. Und ich denke, du weißt, daß ich hinsichtlich der Qualität / Originalität meiner literarischen Erzeugnisse keinerlei falsche Bescheidenheit an den Tag lege.
Theo
So., 4. Dezember 2022, 21:23 Uhr
Lieber Theo,
nun habe ich am Abend meine Empfehlungs-Mail zum Download Deiner Essay-Sammlung an einen größeren Kreis rausgeschickt ... und bin nun auf Reaktionen gespannt. Sollte Spektakuläres dabeisein, werde ich Dir das weiterreichen. Meinen Begleittext kopiere ich unten an diese Nachricht an Dich.
Und wo Du (natürlich nicht anders als erwartet) nicht vorgestern beim Konzert in personam dabei warst (- aber was dennoch ehrlich erwünscht / erhofft war), hier meine "Empfehlung", Dir zumindest den Mitschnitt anzusehen, welcher selbstverständlich die emotionale Landschaft auf diese Weise nur in Briefmarkengröße vermitteln kann; aber immerhin ...
Du hast auch noch nicht auf das "countertimecounter"-Video reagiert, weswegen ich vermute, Du hattest bisher keine Zeit, Dir das in gebührender Muße anzuhören / -sehen, oder Du konntest mit diesem seltsam aus meinem Oeuvre herausragenden Stück partout nichts anfangen (... was ich Dir nicht einmal übel nähme.) -
Nun denn, wie dem auch sei: ich wünsche einen besinnlichen Ausklang des 2. Advent, wie immer der für Dich optimal aussähe
Michael
____________ Liebe Freunde & Bekannte,
hier kommt von mir eine ganz besondere Leseempfehlung. Ich empfehle ein Buch, welches Ihr / Sie unter folgender Adresse des Pop-Verlags lesen und auch kostenlos herunterladen könnt / können:
Theo Breuer, "LITERATOUR 22" ist seinerseits eine umfängliche Leseempfehlung, eine siebenteilige Essay-Sammlung zu vielen, vielen neueren Büchern, die der Autor im Laufe des Jahres las und auf seine Art vorstellt. Dabei wird dieses sehr persönliche Nahe-legen der Lektüre dieser Bücher auf besondere, unverwechselbare und unerwartete Weise selbst Literatur !
Ich durfte als Freund von Theo Breuer die Genese (auch) dieses im Laufe der vergangenen Monate entstandenen Buches (wieder einmal) mitverfolgen und war bei jeder Ergänzung begeistert vom enthusiastisch poetischen Tonfall. Laßt auch Euch begeistern ... und bei eigenem Gefallen teilt den Link mit den eigenen Lese-Freunden !
In diesem Sinne wünsche ich Euch / Ihnen allen eine anregende Lese- und Adventszeit Michael (Denhoff)
Mo., 5. Dezember 2022, 15:47 Uhr
Lieber Michael,
ich möchte dir ganz herzlich danken für diese Initiative. Der Text, in den du den Link eingebettet hast, gefällt mir ausnehmend gut.
Auf diese Art wird LITERATOUR "22" gut auf Tour kommen, davon bin ich überzeugt. (Axel Kutsch hat eine ähnliche Initiatve gestartet, ein Bekannter von ihm daraufhin eine weitere, und von Birgit Böllinger erfuhr ich, daß LITERATOUR "22" auf ihrer Seite bereits am 1. Dezember 120 mal angeklickt wurde.
Ich habe auch bald 50 E-Mails versendet, und so sind nun doch schon viele interessierte Menschen informiert.
Wie schön für den Essayzyklus, daß er auf diese Weise unter die Menschen kommt.
Theo
Do., 8. Dezember 2022, 18:19 Uhr
Lieber Michael,
in der Tat schmelzen die Tage dahin, als wären sie Eis im Sommer. Dabei ist es eiskalt, war gerade kurz draußen, um die Garage zu öffnen, und sah den vollen Mond in seiner ganzen Pracht am Himmel stehn.
Ich hoffe und wünsche mir, daß ich bald mal wieder richtig Lust habe (und vor allem den notwendigen Freiraum finde), Musik zu hören. Das musikalische Erlebnis ist in den Monaten seit Juli arg in den Hintergrund gerückt. Nicht einmal eine der so geliebten Bruckner-Sinfonien habe ich gehört. Was will man machen? Wir können uns nicht zweiteilen.
Gestern und heute war ich mit einem nun tatsächlich allerletzten Gedicht fürs kommende Buch befaßt.
Eben schrieb jemand von der Sonate Liter-A-Dur 22 - für 2 Ohren, 2 Augen und einen HP-Bildschirm. Das fand ich doch sehr originell.
Die Lust, das Haus zu verlassen, ist mir gänzlich abhanden gekommen in den letzten Jahren. Mit den entsprechenden Konsequenzen muß ich leben. Es hängt natürlich auch mit der Sucht nach Buch, Sprache, Gedichtbuch, Roman, Essay zusammen. Das ist meine Welt.
Wie schrieb ich erst kürzlich: Mal schaun, wie es weitergeht.
Theo
Do., 8. Dezember 2022, 20:50 Uhr
Lieber Theo,
nicht nur in der Eifel ist’s kalt, auch hier spürt man den Winter … und auch hier lugt der Vollmond bei derzeit lichter Bewölkung durch’s Dachfenster in mein Studio. Als ich eben noch auf dem Rad saß, spürte man schon, was nun das Termometer bestätigt: nahe null Grad die Außentemperatur. Aber für die Jahreszeit ja alles im Bereich des Normalen ! – Wie schade, daß Dir die Musik derzeit so fern liegt ob all Deiner aktuellen „Süchte“ … für mich schwer vorstellbar ein Tag ohne Musik / Klängen-Lauschen … aber ebenso unvorstellbar ein Tag ohne zumindest ein wenig zu lesen. So wie Du verständlicherweise gespannt warst auf meine Reaktion nach dem Lesen Deiner Essay-Sammlung, war ich ähnlich / irgendwie neugierig zu erfahren, was Du über mein letztes enigmatisches Opus denkst. Nun: es wird hoffentlich noch die Zeit kommen, wo Dir wieder konzentriertes Zuhören für die etwa 18 Minuten gelingen mag … und sag dann bitte auch ganz offen, wenn dieses extreme Stück Dich möglicherweise ratlos zurückläßt … Wie ich eben sah, ist der Mitschnitt aus Köln doch bereits 130 Mal aufgerufen worden, und 7 „Likes“ sind hinterlassen, was nicht so schlecht ist ! - Und gesternabend äußerte sich mein Freund Andreas Reichel (eh. Prof. an der Alanus Hochschule als bildender Künstler & Autor) ausgesprochen begeistert über die Aufführung / sein Hör-Erlebnis hier in der Trinitatiskirche beim live Dabeisein im Konzert. Er war hier zu Besuch für einen endlich mal wieder ausführlicheren abendlichen Gedankenaustausch bei Wein, Käse & Brot, so gegenseitig anregend, daß wir uns erst weit nach Mitternacht wieder voneinander verabschiedeten. Heute vormittag war ich dann zu einem Seminar an der Kölner Musikhochschule eingeladen, um dort den Studierenden etwas über meine Erfahrungen als Komponist mit der besonderen Disziplin des Improvisierens zu erzählen / demonstrieren. Eine durchaus aufgeweckte & neugierig nachfragende Schar Studierender fand ich vor: es hat Freude gemacht.
Michael
Fr., 9. Dezember 2022, 10:11 Uhr
Lieber Michael :
Alles hat seine Zeit - und : Gut Ding will Weile haben.
Seit drei Tagen kämpfe ich mit einem Gedicht, habe sogar (was ich noch nie getan habe) Norbert Scheuer eingeschaltet, der gestern am späten Abend mit einem guten - und wichtigen - Vorschlag reagierte ( "es" statt "man"). Interessanterweise sprach er von der politischen Dimension des Gedichts ("Deine Gedichte werden immer politischer"), die ich weder beabsichtigt hatte noch erkannt hatte. Aber sie klang an. Nun gut, dachte ich, wenn du das so siehst.
Heute morgen um 6 Uhr stand ich auf, wollte, nach ich eine Nacht lang über den Vorschlag geschlafen hatte, "man" durch "es" ersetzen.
Öffnete das Notebook und suchte - traumwandlerisch - countertimecounter, lauschte 18 Minuten lang, hörte das Stück erneut (ich hatte mittlerweile begonnen, am Gedicht zu arbeiten, "man durch "es" ersetzt. Und weiter - traumwandlerisch und doch mit hochbewußt geschärftem Blick- ergänzte ich hier ein Wort, löschte dort zwei Wörter, fügte einen Vers hinzu. Am Ende stand da ein ganz neues Gedicht, und ja, Norbert Scheuer hat es wohl gespürt, was da hinter den Wörtern, hinter den Versen schlummerte: Denn jetzt ist es ein Musikgedicht, das - auch - eine klare politische Aussage hat, die, was gut ist, kaum ein Leser erkennen wird. Und diese nun gültige Fassung des Gedichts verdanke ich zum einen Norbert Scheuers "es", vor allem aber dem insgesamt sechsmaligen Hören von countertimecounter.
Ich glaube, daß mir selten eine "Reaktion" so geglückt ist.
Also, lieber Michael : Vorschlag zur Blüte : Seite 200.
Theo
Fr., 9. Dezember 2022, 11:13 Uhr
... meine Güte (Deine Güte) ... was für ein Nachschlag zum Vorschlag ! - zur Blüte also wurde Deine neue Gedichtsammlung erweitert und umbenannt, lieber Theo. Da auf dem Sprung nach Hürth, Köln etc. im Moment nur kurz dies; am Wochenende wird die Zeit sein, alles inwendiger zu würdigen ! Eilig & herzlich, Michael
Fr., 9. Dezember 2022, 18:01 Uhr
Lieber Michael,
schon diese kurze Rückmeldung freut mich außerordentlich! (Norbert Scheuer ist ebenfalls begeistert - u. a. auch vom Notenzitat, was er so noch nie bei einem Gedicht gesehen hat.)
Es macht mich sehr froh, daß du das Postskriptum so siehst, wie ich es beabsichtigt habe: eben als Nachschlag zum Vorschlag!
Ich hänge die aktuelle Fassung an, in der du statt "PS" "Postskriptum" lesen wrist, was die Seite noch einmal aufwertet. Ja, das ist die beste letzte Seite (last but not least!), die mir je geglückt ist.
Theo
So., 11. Dezember 2022, 11:10 Uhr
Nun: für Ungewöhn- / Außerordentliches bist Du doch bekannt, lieber Theo, da Norbert Scheuer nicht die Notenausgabe vorliegen hat, kann er nicht sehen, daß umgekehrt auch der Muisk Worte vorangestellt sind. Der politische Aspekt dieses in der Tat bemerkenswerten & gelungenen Postskriptums ist in meiner Lesart recht doppelbödig ... nun: auch dies findet man bei Dir ja des öfteren. Eindeutiger & offensichtlicher wird es beispielsweise in "anno 67". (fast wie bei Enzensberger)
Jedenfalls habe ich nun einige der Gedichte wieder und wieder gelesen, das ein oder andere hinzugekommene entdeckt, und nun warte ich - wie wohl auch Du - auf die gedruckte Ausgabe, denn Lesen in einem Buch ist eben doch noch einmal anders, als in digitaler PDF-Datei am Bildschirm.
Gesternabend rief mich der Pianist an, der seinerzeit "Atemwende" erstmals auf CD (die Dir ja vorliegt) einspielte. Er hatte "countertimecounter" im Videomitschnitt vom Bonner Abend angesehen, war vom Stück so angetan, daß er es recht spontan heuteabend in Berlin bei einem Hauskonzert spielen wird. Eine nette Überraschung!
Kein Blau, nur grau ... der Himmel im Dachfenster über mir. Aber nicht lau meine Sonntagsgrüße Richtung Sistig Michael
So., 11. Dezember 2022, 11:47 Uhr
Lieber Michael,
das ist in der Tat eine feine Überraschung mit dem Hauskonzert heute abend.
Ich habe auch gestern und heute am Manuskript weitergearbeitet, einem Gedicht noch ein Wort hinzugefügt, das mir gestern zufiel ("zitternackt"), ein andres Gedicht noch einmal überarbeitet (u. a. vom Indikativ in den Konjunktiv II gesetzt). Auch das so wunderbar im Dialog mit countertimecounter gemachte Gedicht hat noch zwei hauchzarte Veränderungen erfahren. Und das Inhaltsverzeichnis macht nun noch deutlicher, daß das Postskriptum ein eigenständiges Kapitel ist. Ich bin doch sehr, sehr froh, daß ich dem Verleger die Druckvorlage nicht schon in der vergangenen Woche geschickt habe. Was heißt froh? Ich kann das Glück gar nicht fassen. Und nun ist das Buch so voll (ohne voll zu wirken wegen der vielen Seiten mit nur wenigen Wörtern), daß nichts mehr geht. Und es muß auch nichts mehr gehen. Es ist gut, daß vor allem im letzten Teil noch mehrere Gedichte hinzugekommen sind, die mir sehr am Herzen liegen. Und dann dieser Schlußpunkt nach dem Geschriebenen! Wobei ich nicht betonen muß (und es hiermit ja doch tue ...), daß ich bei der mehrfachen Durchsicht in den letzten Tagen bestätigt fand, daß jedes der Gedichte mir am Herzen liegt. Daß da insgesamt eine Bandbreite von ... bis zu erkennen ist, kann ich nur gutheißen.
Ach ja, die Doppelbödigkeit, da gebe ich dir nicht nur recht, sondern denke, daß es sogar drei oder vier Böden sind.
ABER - und darüber bin ich unendlich dankbar - : In erster Linie ist es nun ein Musikgedicht, dessen Autor eine tiefe Verbeugung vor dem Komponisten von countertimecounter macht. Endlich ist mir - wahrhaftig zum ersten Male - eine direkte, adäquate Antwort auf eine Komposition von dir geglückt. (Wenn nicht so - und das wird nicht oft möglich sein, vielleicht nie wieder - so ist meine beste Antwort die des schwingenden Schweigens, weil ich banale Worte - gerade in solchen Zusammenhängen - : hasse).
Theo
So., 11. Dezember 2022, 13:35 Uhr
Ja, lieber Theo, tripel- oder gar quadrupelbödig ! - und (so empfinde ich es ebenfalls) ein Musik-getränktes Gedicht, eine Form des Re- & Interagierens mit & durch diese 173 (Primzahl !) Klänge. - worüber man nicht sprechen kann, muß man schweigen oder eben diese Form eines Gedichtes finden. Dies ist Dir auf einmalige Art & Weise gelungen ! Danke also !!! --- Und nun glaube ich, kannst Du loslassen ... und das Ganze mit zu Recht guten Gefühlen dem Verlag überlassen, ihn beglücken. Die ganz knappen Gedichte (nur zwei oder drei Worte) haben es stets in sich ... und sind ebenso auch doppel-, etc-deutigbödig.
Genieße den Rest des Sonntags Michael
So., 11. Dezember 2022, 17:00 Uhr
Lieber Michael,
nun sind wir also bereits in vier Büchern unmittelbar miteinander verbunden : nicht weniger nicht mehr, Wortklangraum, Literatour "22" sowie Vorschlag zur Blüte.
Ich glaube, daß um die 20 Gedichte hinzugekommen sind, seit ich dir vor Monaten die PDF schickte.
Zahlen, Primzahlen, Zahlensymbolik: In nicht weniger nicht mehr spielt die 7 eine durchgehende wesentliche Rolle, in Vorschlag zur Blüte ist es die 9. (Fängt schon mit dem aus neun Buchstaben bestehenden Wort Vorschlag an). Da das erste Gedicht aus 9 Versen besteht, sollte das beim letzten ebenso sein, was nun auch der Fall ist. Ein Gedicht - keiner sieht es ... - befaßt sich auf vielerlei Weise mit der 9, deren vielfältige Symbolik umwerfend ist.
Auf die 173 Klänge reagiert das Gedicht übrigens mit 173 Buchstaben. (Man gönnt sich ja sonst nichts.)
Zum Zählen also anbei die letztgültige Fassung. (Vielleicht habe ich mich ja - trotz dreifacher Prüfung - verzählt.)
Theo
So., 11. Dezember 2022, 20:59 Uhr
... ich mag es kaum glauben. 173 Buchstaben (wie Klänge) !!! - habe nachgezählt : ja, es stimmt ! Absicht oder Zufall ??? - falls letzteres (was ich eigentlich vermute), wäre es ein wirklich bemerkenswertes Ereignis, lieber Theo ! (Ich fand es für mich damals einen netten & auch denkwürdigen Zufall, daß "countertimecounter" - wo, wie im Nachwort geschrieben, aus benannten Gründen eigentlich vorzeitig abgebrochen - nun aus 173 Klängen bestand, also wieder einmal eine Primzahl eine Rolle spielte, wie öfters bei meinen Stücken ...)
Wir waren heute nachmittags in zwei Ausstellungen in der Bundeskunsthalle; die eine von der Konzeption und Ausstellungsarchitektur großartig (Die Oper ist tot, es lebe die Oper), die andere bunt, schrill, albern, laut und für mich ziemlich uninteressant (Ernsthaft?!) - Danach war auf dem Rückweg ein guter Tropfen Rotwein in einem erst kürzlich eröffneten Weinlokal in der Bonner Südstadt zum Aufwärmen angesagt ...
Michael
Mo., 12. Dezember 2022, 08:15 Uhr
Lieber Michael,
zufällige Absicht, absichtlicher Zufall. Alles kommt hier zusammen. Da die dir vorliegende die endgültige Fassung ist, was bedeutet, daß ich versucht habe, das Optimum herauszuholen, kann es nur ein Zusammenspiel der beiden und anderer Faktoren sein. Jedenfalls: Die letzte Änderung (und die erste, nachdem ich gezählt hatte) - "jetzt" gegen "nun" auszutauschen, da "nun" eine weitere Assonanz zu "Buch..." und "blutet" sowie die Alliteration des zweideutigen Verses bereichert, bedeutet - erbrachte die 173.
Ich möchte einen Vorschlag machen: Vielleicht bist du interessiert, das Gedicht auf deiner Website zu bringen als Reaktion auf countertimecounter.
So oder so - ganz allein deine Entscheidung.
Theo
Mo., 12. Dezember 2022, 11:24 Uhr
Lieber Theo,
ich habe Deinen schönen Vorschlag gleich umgesetzt: www.denhoff.de/postskriptum.htm Schau mal drüber, ob Du so einverstanden wärest. Die Seite ist zunächst nur über die Bibliographie-Seite verlinkt. Aber ich werde einen Link auch unten bei der Videobeschreibung auf YT noch einfügen.
Mir war beim Vergleich von letzter und vorletzter Fassung noch aufgefallen, daß das (in diesem Kontext) sehr sinnige Wort "sehr" hinzukommen war und zudem die beiden letzten Zeilen (auch sinnvoll) zu einer zusammengefaßt wurden. Aber das trifft es gut: zufällige Absicht, absichtlicher Zufall.
Sind wir gespannt auf weiteres ... Michael
Mo., 12. Dezember 2022, 11:44 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich sehr über dieses so bewußte, genaue Lesen. Die Änderungen führten über das Sinnvolle hinaus zu einem weiteren Reim ("sehr" auf "mehr" im Rilke-Zitat) sowie den 9 Versen, aus denen das Gedicht nun besteht.
Du schriebst gestern von loslassen: Du weißt selber, wie schwer das ist. Seit Mitte November 2020 arbeite ich an diesem Manuskript. Und im letzten halben Jahr hat sich so unwahrscheinlich viel noch getan, daß ich es gar nicht fassen kann. Der Titel wurde wegen des neuen Gedichts "Vorschlag zur Blüte" geändert. Und dann, ja, und dann das POSTSKRIPTUM.
Und damit zum wichtigsten Teil dieser E-Mail: Ich freue mich sehr, sehr, sehr, daß du den Vorschlag umgehend und sehr schön in die Tat umgesetzt hast. Ich finde es großartig, daß diese produktive Verbindung von Musiker und Schriftsteller ein weiteres Mal dokumentiert wird.
(Darf ich zwei kleine Vorschläge machen? In der Anmoderation "der Autor" weglassen sowie den Bindestrich beim Verlagsnamen entfernen: Pop Verlag.)
Michael, das ist zum Jahresende ein vorgezogenes tagelanges Feuerwerk!
Danke!
Theo
Mo., 12. Dezember 2022, 12:35 Uhr
... die kleinen Änderungswünsche sind schon erledigt, lieber Theo, und ich habe bei der Gelegenheit auch unten noch den Video-Mitschnitt verlinkt, sodaß Text & Musik / Schriftsteller & Musiker für die Nutzer noch leichter zusammenfinden können ...
Die große Freude ist ja eine durchaus gegenseitig innige, daß unsere künstlerische Verbindung so ein weiteres Mal sichtbar wird! - zum vorgezogenen Feuerwerk
Nun muß ich in die Küche ... natürlich zum Kochen Michael
Mo., 12. Dezember 2022, 16:11 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank. Sehr schön der Link zu YT. Ich habe ebenfalls einen Link gesetzt: https://www.literaturport.de/lexikon/theo-breuer/
Theo
Mo., 12. Dezember 2022, 22:44 Uhr
Lieber Theo,
prima, daß auch Du verlinkt hast ... so steigt die potentielle Möglichkeit, auf das Postskriptum zu stoßen. Auf meiner Website habe ich ja eine riesige Linkliste zu anderen Seiten, nach Kategorien geordnet. Bei der Rubrik Literatur hatte ich bei Deinem Namen schon vor langem den Wikipedia-Artikel zu Deiner Person als Ziel; hättest Du lieber daß ich diese / Deine Seite beim LiteraturPort als Link-Ziel nutze?
Michael
Di., 13. Dezember 2022, 08:59 Uhr
Lieber Michael,
ich finde es auf der anderen Seite auch gut, daß das Gedicht noch ein wenig im Verborgenen bleibt. Es ist da für denjenigen, der es finden will, und das ist genug. Gut finde ich die unmittelbare Verknüpfung mit dem YouTube-Video.
Du kannst den Link zum Wikipedia-Artikel stehen lassen, auch wenn ich persönlich Literaturport bevorzuge. Aber Wikipedia ist nun mal die wichtigste Informationsquelle.
Theo
Sa., 17. Dezember 2022, 22:57 Uhr
Lieber Theo,
mit der heute eintreffenden MATRIX und der dort von Traian Pop im (wie immer lesenswerten) Editorial angekündigten baldigen Nach-Lieferung auch des 4. Heftes des laufenden Jahrgangs kommt ja doch bald scheinbar wieder alles in vertrauten Rhythmus. Witzigerweise waren zwei Lieferscheine beigefügt: der richtige an mich aber zusätzlich (wohl versehentlich) auch der an Dich ... ich hoffe, Dein Exemplar hat Dich dennoch erreicht. Ich habe schon ein bißchen über das Editorial hinaus in diesem Heft mit Neugierde "geschmökert"; wie spannend, so etwas über die Aktionsgruppe Banat zu erfahren, von deren Vertretern mir bisher eigentlich nur Richard Wagner ein Begriff war (und von dem ich auch zwei oder drei Bücher in meiner Bibliothek habe), was aber auch daran liegt, daß er auch mal Villa-Massimo-Stipendiat war und mich deshalb interessierte ... nicht allein wegen des musikalisch sonst völlig anders besetzten Namens.
Ansonsten gab's hier heute eine Generalprobe für das abendliche Hauskonzert am Montag mit meinen Privatschülern, bei dem netterweise ein ehemaliger Kollege den Klavierpart bei der e-moll-Sonate von Brahms übernimmt, da die pianistischen Anforderungen in diesem Falle mein Können auf diesem Instrument übersteigen ... ich im Unterricht bisher nur eine "al fresco"-Klavierbegleitung anbieten konnte. (Nun: ich bin ja Cellist & nur "Hobby-Pianist")
In den 4. Advent hinein Dir herzliche Grüße wie immer Michael
So., 18. Dezember 2022, 09:31 Uhr
Lieber Michael,
es hat seit der zweiten Epiphanie nach der von 2020 keinen Tag gegeben, an dem ich das Klavierstück nicht mindestens einmal gehört habe. Auch jetzt höre ich es wieder. Es geht mir in Fleisch und Blut über.
Da ich Matrix als zweiter Mann in der Redaktion turnusmäßig redigiere, kenne ich die Ausgaben ja stets schon vorab. Trotzdem freue ich mich jedes Mal, wenn ich die neue Ausgabe in Händen halte (was noch nicht der Fall ist mit 3/22) und einiges auch noch einmal lese. Schön jedenfalls, daß sie gestern schon bei dir angekommen ist. Traian Pop ist ein Meister im Schreiben von Editorials : Er schreibt sie ja immer als Letztes, oft auf den letzten Drücker (das braucht er wohl so), und jedes Mal sind sie überraschend, ausführlich, jedes Mal stark in der Aussage.
Von der wegen des Fehlens eines besseren Begriffs so genannten 'rumäniendeutschen' Literatur habe ich in den letzten 20 Jahren alles gelesen, was ich greifen konnte. Es sind ja drei Gebiete, in denen die deutsche Sprache als zweite Sprache gesprochen wird/wurde : Banat, Bukowina und Siebenbürgen. Ich könnte einen Bücherschrank damit füllen (worüber ich auch schon einmal nachgedacht habe). Das wäre eine großartige Auswahl deutschsprachiger Literatur - mit Paul Celan als dem überragenden Dichter.
Da Traian Pop noch nicht signalisiert hat, daß ich ihm die Druckvorlage schicken möge, konnte ich in den letzten Tagen noch einige Verse verändern, verbessern, hinzufügen. Ein neues kleines Gedicht habe ich Bernhard Bensch in die Schuhe geschoben und logischerweise als Fußnote einmontiert.
Nach nun 25 Monaten Arbeit fällt es ungeheuer schwer, dieses Manuskript loszulassen. Natürlich könnte ich sagen, daß ich die Herausgabe um ein Jahr verschiebe, aber das geht natürlich nicht. Ich weiß, daß dieses Gedichtbuch gut ist, wie es ist. Und es darf nicht noch umfangreicher werden, ist es mit 200 Seiten sowieso schon das bei weitem seitenreichste Gedichtbuch, das von mir erschienen ist.
Theo
So., 18. Dezember 2022, 11:58 Uhr
Lieber Theo,
weil er gerade eben ganz frisch hereinkam, hier zunächst der Link zu einer Gedichtlesung mit dem palestinensischen Dichter Khaled Shomali, vom Kölner Literaturhaus auf YT eingestellt: https://www.youtube.com/watch?v=Oeg0FzbOBHY Auf Haikuscope hatten wir seinerzeit auch mal eine Auswahl von ihm als Folge veröffentlicht; seine Tochter hatte viele Jahre Cellounterricht bei mir, so hatten wir uns damals kennengelernt. Wie bei den Dichtern aus dem Banat, Siebenbürgen etc. ein besonderer Tonfall zu herrschen scheint, habe ich das Gefühl, auch bei arabisch / palestinensischen Autoren gibt es typische Merkmale des Schreibstils … sehr bildhaft, metaphernreich …
Wie freut mich, daß nun das letzte Klavierstück bei Dir fortwährende Resonanz findet! Ja, für mich ist es eben auch ein ganz besonderes, ungewöhnliches (& sehr persönliches) Stück Musik geworden, sowohl ungeheuer dicht, komprimiert als auch extrem weit in den emotionalen Spektren. Etwas, was für mich nicht mehr anders als in Klang allein mitteilbar wurde. – und doch hast Du als Reflex richtige Worte dazu gefunden. Eigentlich erstaunlich!
Die Selbstsicherheit über das neue 200-seitige Gedichtbuch ist völlig berechtigt! Ich habe es dieser Tage mal so gemacht, daß ich mehrfach völlig zufällig irgendwo „aufgeschlagen“ (hin & her gescrollt) habe, und jedesmal war das Gedicht, auf das ich so stieß, für mich frisch & in seiner Wirkung verblüffend, als läse ich es erstmals
Michael
Di., 20. Dezember 2022, 16:06 Uhr
Lieber Theo,
heutefrüh war ich auf der Post, um mit anderer Weihnachtssendungen auch eine an Dich auf den Weg zu bringen; und beim Mittagskaffee klapperte der Briefkasten hier und ich fand dabei Deine überraschende Sendung. Da hatten wir beide wohl fast zeitgleich den Gedanken beim jeweils anderen ... Herzlichen Dank natürlich für den jüngsten Scheuer-Roman, über den ich erstmals in der ZEIT eine sehr lobende Besprechung las und der nicht minder durch Deinen diesen Roman betreffenden Abschnitt in "Literatour22" so eindringlich empfohlen wurde ! - nun werde ich ihn vermutlich zwischen den Jahren lesen.
Michael
Di., 20. Dezember 2022, 16:43 Uhr
Lieber Michael,
ich hatte die Sendung schon am Donnerstag aufgegeben und freue mich, daß sie heute angekommen ist. Und ich darf mich auf eine Sendung von dir freuen.
Theo
Do., 22. Dezember 2022, 15:09 Uhr
Lieber Michael,
heute darf ich mich über den Erhalt einer feinen musikalischen Sendung freuen: Hab vielen Dank dafür. Die CD bereichert meine Denhoff-Sammlung um ein weiteres wertvolles Stück.
Ich wünsche dir gute Momente in den kommenden Tagen -
Theo
Do., 22. Dezember 2022, 16:41 Uhr
… ich habe schon im Moment gute Momente, lieber Theo, habe nämlich „Mutabor“ doch schon fast zur Hälfte gelesen, unterbreche nur, um Dir hier kurz zu antworten. Der neue Roman fasziniert mich mehr als die „Winterbienen“: ein magischer Erzählstil. Originell auch die eingeschobenen „Bierdeckel“!
Vielleicht kann Dich mein Wochenbuch lauschend ein erneutes Mal inspirieren … ich habe die Sendung an Dich zum Anlaß genommen, mir die 52 Stücke seit Ewigkeiten mal wieder anzuhören; und ich war fast überrascht, wie Handwerk & Ideenreichtum schon mit 35 Jahren ausgereift waren (… was ich doch eigentlich selber wissen sollte). Und die Interpretation ist wirklich umwerfend gut, dachte ich jetzt auch.
Auch Dir eine schöne Zeit in den kommenden Tagen; sicherlich freust Du Dich auch auf den Besuch in Berzdorf …
Michael
Fr., 23. Dezember 2022, 09:02 Uhr
Lieber Michael,
das ist herrlich originell, vielen Dank für den Notenbaum.
Die Zeiten sind, wie sie sind. Das ist immer so. Und des Menschen Kunst ist es, damit fertigzuwerden.
Arbeiten wir daran. Tag für Tag. Note für Note. Wort für Wort.
Dir weitere gute Momente in dieser Zeit!
Theo
Fr., 23. Dezember 2022, 10:39 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich natürlich sehr, daß MUTABOR gut bei dir ankommt. Da du vom magischen Erzählstil sprichst: In meiner Vorstellung in LITERATOUR "22" habe ich das Wort "traumagisch" montiert.
Ich bin schon gespannt auf die 52 Stücke. Ich warte auf einen Tag, an dem ich allein im Haus bin (könnte gut am zweiten Weihnachtstag sein), um mich den Stücken voll konzentriert zu widmen.
Bis die Tage :
Theo
So., 25. Dezember 2022, 16:09 Uhr
Lieber Theo,
"traumagisch", ja: diese spezielle Wortschöpfung von Dir zum Erzählstil von Norbert Scheuers neuem Roman trifft es wirklich bestens; ich hatte das nicht mehr alles im Wortlaut in Erinnerung, nur die grundsätzliche Begeisterung Deinerseits, die ich nun nach dem Lesen 100% teile und nachvollziehen kann ! - Nun stecke ich bereits im Briefwechsel Bachmann-Frisch (den ich erwartungsgemäß von Martella zu Weihnachten bekam). Offensichtlich schon gleich zu Beginn 1958 ein heftiges Auf & Ab der gegenseitigen Gefühle ... ungeheuer spannend, auch wenn man sich vielleicht fragt, ob solch einem intimem Einblick in diese besondere Beziehung nicht eher Diskretion & Verschwiegenheit zustünde und wir uns damit begnügen sollten, was wir zu Literatur sublimiert anhand der Werke davon zu erahnen vermögen.
Michael
Di., 27. Dezember 2022, 11:16 Uhr
Lieber Michael,
gestern nachmittag habe ich die beiden CDs mit den insgesamt 52 Stücken vollständig gehört.
Sehr schnell erkannte ich (eigentlich schon beim ersten Stück), daß ich diese Musik kannte. Ich dachte zunächst: Wow, wie gut ich Denhoff erkenne. Nach dem fünften oder sechsten Stück wurde ich mißtrauisch und begab mich zu meiner MD-CD-Sammlung, und siehe da, des Rätsels Lösung war, daß ich diese Doppel-CD bereits hatte. Ich dachte: Eine Doppel-CD darf man ruhig doppelt haben. Und ohne diese zweite Gabe hätte ich diese 4 x 13 Stücke vorläufig nicht wiedergehört. Wie anders wäre der Nachmittag verlaufen. Nicht auszudenken.
Und ich wäre mir zudem nicht der Tatsache bewußt geworden, daß Birgitta Wollenweber aus Mechernich stammt, vielleicht aus einem eingemeindeten Dorf der Stadt Mechernich? Es könnte gut sein, daß meine beiden Schwägerinnen sie kennen.
Jedenfalls danke ich dir nochmals für diese Musik, die mir so ans Herz gewachsen ist.
Theo
Mi., 28. Dezember 2022, 10:53 Uhr
... oh, da war / ist meine Buchführung wohl unvollständig, lieber Theo. Eigentlich notiere ich mir, wem ich wleche CD geschenkt habe, aber bei der Dichte unseres gegenseitigen Wort-Musik-Austausches habe ich da wohl einen Eintrag vergessen. Nun denn, wenn es so Anlaß für Dich war, diesen wohl längsten Klavier-Zyklus nochmals intensiv zu hören, so hatte es ja doch irgendwie seine Richtigkeit ... und ein Exemplar kannst Du ja bei Gelegenheit jemand Anderem weiterreichen, von dem Du glaubst, es könne ihn / sie bereichern ...
Der Briefwechsel Bachmann / Frisch hält mich weiterhin in Bann. Sehr hilfreich übrigens eine sehr gut gemachte Zeittafel im Anhang, bei der nochmals deutlich sichtbar wird, wie sich die diversen Beziehungen der Bachmann zu Celan, Henze, Frisch, Enzensberger usw z.T. mehrfach überschneiden
Eben schrieb ich an Tina Stroheker, die mir ihre Dankesrede schickte, welche sie kürzlich bei der Überreichung des Göppinger Heinrich-Schickhardt-Preises hielt. Von meinem engen Malerfreund Giso bekam ich ihr Buch "Hana - oder Das böhmische Geschenk" zu Weihnachten; auch das übrigens eine Doublette, denn ich hatte dieses Buch schon kaum nach Erscheinen im letzten Jahr erworben. - das könnte ich jetzt an Dich weiterreichen, so es noch nicht in Deiner Bibliothek vorhanden ist. Tina wies ich auf Deinen neuen Gedichtband hin, und als "Kostprobe" gab ich ihr den LInk zum "Postskriptum".
Michael
Mi., 28. Dezember 2022, 11:28 Uhr
Lieber Michael,
ja, vielleicht ergibt sich einmal die Gelegenheit, die CD weiterzureichen. (Ich habe auch schon eine vage Vorstellung, wer das sein könnte. Das werde ich herausfinden.)
Das schöne Buch Hana habe ich im vergangenen Jahr anhand einiger Textbeispiele in Matrix vorgestellt.
All die Preise, die es gibt! Vom Göppinger Preis habe ich nie gehört. Preise sind ja nur interessant, wenn man sie selbst erhält. (Obwohl ich mich im Fall Norbert Scheuers stets freue, wenn er schon wieder einen bekommt - wie jetzt den mit 30.000 € dotierten Rainer-Malkowski-Preis der Stadt München). Es ist bedauerlich, daß auch und gerade bei den Preise die Balance überhaupt nicht stimmt. Einige wenige bekommen stets alles nachgeworfen, und der 'Rest' guckt in die Röhre. Einen - einen! (nicht irgendeinen ...) - Preis hätte ich gern bekommen - einfach aus Spaß an der Freud'. (Aber das ist letztlich natürlich völlig unwichtig.)
Das "usw." ist das Beste in deiner Aufzählung der Liebhaber Ingeborg Bachmanns. Ein Glück (und Unglück ...), daß sie über diese Freiheit verfügte. (Ich sehne mich, seit die wunderbaren 1970er Jahre vergangen sind, immer und immer wieder nach einer Gesellschaft mit viel mehr moralischer Freiheit.)
Ich lese nun, nachdem ich gestern Remarques Der schwarze Obelisk zu Ende las, Heinrich Bölls Roman Billard um halb zehn, den ich vor genau 50 Jahren erstmals las. Wiederlesen ist ja ein durchgängiges Thema in LITERATOUR "22"; ich will das weiter forcieren, habe schon die nächsten Romane bereitgelegt, die ich ich ein zweites bzw. ein viertes Mal lesen werde. Was in der Musik so selbstverständlich ist, ist es in der Literatur eben nicht. Man muß sich immer wieder daran erinnern.
Theo
Mi., 28. Dezember 2022, 20:41 Uhr
Lieber Theo,
Mi., 28. Dezember 2022, 22:23 Uhr
… eine Doppelauszeichnung zum Preis… von 163,99 Euro?! - (Fundstück meines Dürkheimer Bruders im Internet)
Do., 29. Dezember 2022, 09:51 Uhr
Lieber
Michael,
Do., 29. Dezember 2022, 11:51 Uhr
Lieber
Michael,
Sa., 31. Dezember 2022, 14:02 Uhr
Lieber Theo,
beim Mittagskaffee am letzten Tag des Jahres nochmals einen Gruß in die Eifel, selbstredend verbunden mit guten Wünschen für das kommende, was immer es bringen mag.
Von Böll habe ich bisher nur die „Ansichten eines Clowns“ zweimal gelesen: zunächst war es Schullektüre damals, aber als Pflicht empfunden liest man es eben doch anders als später, wenn ohnehin mit mehr Lesererfahrung die Einschätzung sich durchaus ändern kann. Aber natürlich stimmt irgendwie das, was Du sagst: in der Musik sind wir es gewohnt, Werke vielfach zu hören, anders als bei Büchern, die wir meist nur einmal im Leben lesen. Wobei ich sagen muß, bei mir sind es vor allem die Gedankenbücher, die ich immer wieder in die Hände zum Nachlesen nehme, seien es die Aufzeichnungen von Handke, von Canetti, Valery usw. und nicht zuletzt das „Buch der Unruhe“ von Pessoa, welches ich auch immer wieder in anderen Ausgaben kaufte, um es nochmals wie ganz frisch und noch unbefleckt von eigenen früheren Eintragungen & Unterzeichnungen lesen zu können. Und natürlich sind es auch viele Gedicht-Bände (nicht nur Celan), die ich stets gerne zum erneuten Lesen aus der Bibliothek herausfische … aber natürlich ergab es sich auch durch die Textzusammenstellungen für den WORTKLANGRAUM, daß auch Romane, Erzählungen etc. immer mal wieder nachgelesen wurden. Also: ich bin doch auch ein Wiederholungs-Leser ! – wenngleich ich weiß, es gibt viele Bücher in meiner Bibliothek, die ich vermutlich nicht nochmals komplett lesen werde. Aber Kempowski könnte doch dazu gehören …
Auch ich habe einen anderen Lebensentwurf als die Bachmann (oder auch Tina) gewählt, wobei solch polyamore Menschen sicherlich dies nicht nur als Glück erleben, wie ich vermute … oder wie man es durchaus ja den Briefen auch entnehmen kann … Ein emotional gesichertes Zuhause hat auch seine „Vorteile“, wenn genügend Freiraum für Anderes bleibt; immer mehr bemerke ich, daß erotische Anziehung und Liebe doch zwei sehr verschiedene Dinge sein können, sich aber nicht gegenseitig ausschließen (müssen) … Wir sind halt letztlich selbst dafür verantwortlich, wie wir unser Leben gestalten (wollen) …
In diesem Sinne also Dir & den Deinen nun einen guten Übergang von 2022 zu 2023 Michael
Sa., 31. Dezember 2022, 16:37 Uhr
Lieber Michael,
ja, wir sind Wiederholungstäter - in mancherlei Hinsicht.
Heute habe ich zum viertenmal Harald Gröhlers Roman Rot zu Ende gelesen, den ich im Kapitel Harald Gröhler ... in LITERATOUR "22" vorstelle, wo ich im vorletzten Kapitel ja auch den Roman Die Königin von Troisdorf vorstelle, den ersten Roman des 61jährigen (in Troisdorf geborenen, in Berlin lebenden) Filmemachers Andreas Fischer, mit dem ich seit einigen Wochen in Kontakt stehe.
Fischer hat mich auf den Lyriker Paul Hubrich aufmerksam gemacht, einen Zeitgenossen Bölls und Benders (usw.), der zu beiden auch Kontakt hatte wie zu einer ganzen Reihe von Mitgliedern der Gruppe 47.
Nun hat mir Fischer das einzige (und unmittelbar vor seinem Tod erschienene) Gedichtbuch Hubrichs geschickt, in dem ich gute Gedichte vorfinde. (Der in Essen geborene Hubrich lebte nach langen Jahren in Köln während der letzten Jahre seines kurzen Lebens in Troisdorf.) Ich fand ein Gedicht, das Hans Bender gewidmet ist; in einem anderen Gedicht taucht der Name Celan auf.
So entdecken wir weiter - oder lesen wieder: Das Buch der Unruhe steht auch bei mir stets auf der Agenda.
Von Thomas Mann habe ich das Meiste gelesen (manches auch zweimal) - nur den Großroman Joseph und seine Brüder nicht. Da werde ich demnächst mal schauen, ob ich in den hineinfinde.
Ja, laß uns offen sein für die eine oder andere schöne Überraschung, die das Leben vielleicht noch für uns bereithält.
Morgen wird allerdings nicht viel anders sein als heute; wir müssen lediglich daran denken, hinter die 202 eine 3 zu setzen.
Weiterhin also gute Momente - allein, zu zweit, in der Familie - mit wem und wo auch immer :
Theo So., 1. Januar 2023, 21:17 Uhr
Lieber Theo,
wir waren gestern zum Jahresausklang in der Beueler Filmbühne und sahen als Pre-View die sehr charmante französische Komödie "Maria träumt - oder: Die Kunst des Neuanfangs"; läuft ab Mitte Januar in den Kinos. Ein hintersinniges Plädoyer für die Kunst und ihre Fähigkeit, Freiheit zu fühlen & zu leben. A propos: ebenfalls sehr zu empfehlen und ganz exzellent in bewegte Bilder gebracht: "Verlorene Illusionen" (nach H. Balzac) - läuft auch grad in Programmkinos. Aber ich weiß nicht, wie es um Kinos in der Eifel steht, und ob Du überhaupt ins Kino gehst. Auch ich / wir war/en lange (coronabedingt) nicht mehr im Kino, hatten nun aber wirklich große Freude an diesen beiden (auch von der Presse gelobten) Filmen !
Im Anschluß waren wir dann zum Datumswechsel für eine nett arrangierte Schaumwein-Probe in der Bonner Altstadt:
Nimm das Foto als ein Dir-Zuprosten! Michael
PS ... es scheint Zeit, daß auch ich endlich mal was von Gröhler lese, wo Du erneut so eindringlich schwärmst. Enorm spannend auch, was Du über den Filmemacher Fischer und den Lyriker Hubrich schreibst ! - und man sieht wieder einmal, wie viele unterirdische Verbindungslinien uns alle irgendwie zusammengehören lassen.
Mo., 2. Januar 2023, 11:03 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich, zu lesen, daß ihr diese bewegten/bewegenden Erlebnisse hattet und euch der Wein offenbar gut gemundet hat. Danke für die guten Wünsche, die ich euch hiermit - ohne Glas - ebenfalls übermittle.
Kino - das war einmal. Wie so vieles ...
Silvester und Neujahr standen bei mir - wie sollte es anders sein - im Zeichen der Literatur. Nachdem ich Silvester Gröhlers Roman Rot vielleicht sogar zum fünftenmal las (ich vermag überhaupt nicht einzuschätzen, ob dir Gröhlers idiosynkratische Art, mit Sprache umzugehn, liegt), stand gestern die erneute Lektüre von Andreas Fischers Königin von Troisdorf an. (Vor etwas drei Monaten las ich ein Exemplar der ersten Auflage, gestern ein signiertes Exemplar der zweiten Auflage: In solchen Fällen werden beide Exemplare gleichwertige Teile des BuchKunstWerks) Um 22:00 waren die 473 Seiten gelesen. Ein guter Start ins neue Jahr!
Zudem habe ich in den letzten Tagen noch einmal an einem Gedicht gearbeitet: gut, daß die Druckvorlage immer noch bei mir ist. (Pop hat Anfang Februar als Herausgabetermin signalisiert - was mir sehr recht ist, denn offenbar besteht ja weiterhin Handlungsbedarf.)
Theo
Di., 3. Januar 2023, 00:57 Uhr
... schade, daß für Dich auch Kino zur Vergangenheit gehört, lieber Theo. Aber vielleicht schaust Du ja gelegentlich Filme auf dem Rechner. Über YouTube findet man ja mittlerweile auch viele großartige Filmklassiker. Natürlich ersetzt das nicht eine richtige Filmleinwand, aber immerhin scheint mir das zumindest eine akzeptable Alternative ! - anders als bei Konzerten: da kann ein noch so guter Videomitschnitt eben doch nicht das einfangen, was im Saal für eine Atmosphäre herrscht. Heuteabend lief im Ersten "Werk ohne Autor", und da ich den Film Ende 2018 im Kino sah, nutzte ich die Gelegenheit, ihn heute ein zweites Mal anzuschauen; ich hatte ihn nämlich in ziemlich guter Erinnerung. Der Film orientiert sich an der Biographie von Gerhard Richter (im Film Kurt Barmert), wie er als junger Künstler "seinen Weg" fand. (Richter selber war wohl nicht so begeistert, als ihm seinerzeit der Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck den Trailer zeigte) Ich aber kann & möchte Dir diesen Film dennoch empfehlen, er ist nun 7 Tage in der ARD-Mediathek abrufbar.
Nächtliche Grüße, Michael
PS Gröhlers Roman "Rot" ist bestellt ... ich bin schon gespannt !!!
Di., 3. Januar 2023, 09:52 Uhr
Lieber Michael,
nun hast du einen voreiligen Schluß gezogen: Als leidenschaftliche Film- und mittlerweile auch Serienfans schauen wir jeden Abend einen Film. Ansonsten sehe ich so gut wie kein fern, aber ein Film am Abend ist ein seit 1978 liebgewonnenes Ritual. Und so wird es dich nicht verwundern, daß wir Werk ohne Autor bereits im vergangenen Jahr gesehen haben. Für mich ein sehr wichtiger Film, da ich seit vielen Jahren mit dem Werk Richters befaßt bin (setze mich ja auch in Vorschlag zur Blüte damit auseinander.) 3sat, Arte und Netflix (und gelegentlich auch die Mediatheken von ARD und ZDF) bieten reichlich Auswahl guter, sehenswerter, großartiger Filme und Serien. Und auf DVD haben wir beispielsweise sämtliche Filme Quentin Tarantinos u. a. m.
Na, da bin ich gespannt, was du zu Rot sagen wirst. Wo bist du fündig geworden?
Seit gestern lese ich Thomas Manns Joseph und seine Brüder - den letzten nicht gelesenen Roman dieses umwerfenden Sprachkünstlers.
Heute scheint die Sonne, das muß ich nutzen, um weiter am Rückschnitt zu arbeiten; gleich geht es also für ein paar Stunden in den Garten.
Theo
Fr., 6. Januar 2023, 20:12 Uhr
Lieber Theo,
hier ein kleines Spiel: wem "dichtest" Du folgende zwei Gedicht-(Auszüge) zu? - die etwas ausführlichere Auflösung erhälst Du in meiner nächsten Nachricht:
1) Die Nacht ist schwarz und kalt, die Sterne verblassen im Nebel. Ich gehe alleine durch die Straßen, mein Schatten folgt mir wie ein Geist ...
2) Ich spüre die Kraft der Erde unter meinen Füßen, die Berge erheben sich vor mir wie Riesen ...
Ansonsten, weil Du fragtest: Gröhlers Roman fand ich über das ZVAB, erwarb das Buch dort für 3,39 € (!) ... und habe bereits das 1. Kapitel gelesen. Ja, eine etwas ungewöhnliche "Schreibe", so, daß ich nicht ganz so schnell & flüssig lese wie sonst gewohnt, aber originell ! - durchaus ! - Kann die Gründe Deiner Begeisterung nachvollziehen.
Und wie sich zeigte, war meine Filmempfehlung überflüssig, Es freut mich, daß "Werk ohne Autor" auch bei Dir nachhaltigeren Eindruck machte.
Michael
Sa., 7. Januar 2023, 09:52 Uhr
Lieber Michael,
ich tappe im dunkeln, höre zwar fernhin Stimmen munkeln, im Hirn wollen keine Sterne funkeln ...
Harald Gröhler ist - im Gegensatz zu vielen zeitgenössischen Autoren - Stilist, vielleicht auch Naturalist, der dem Volk aufs Maul schaut. Hier geht es in erster Linie um Sprache. (Alles andre ist primär ...)
Thomas Manns Joseph und seine Brüder ist - schlicht und ergreifend - mitreißend, grandios. Am liebsten läse ich Tag und Nacht durch.
Nun warte ich gespannt auf eine Antwort.
Theo
Sa., 7. Januar 2023, 12:15 Uhr
... nun: dies sei gleich gesagt, lieber Theo: Deine rat-lose aber gereimte Antwort hat in meiner Wahrnehmung weit mehr poetische Kraft als die beiden mit 1. Rate gelieferten poetischen (?) Zeilen! Die Auflösung: 1) sollte Celan & 2) sollte Rilke imitieren, erstellt von Künstlicher Intelligenz, in diesem Fall vom Programm ChatGPT. - In der ZEIT (Nr 52) gab es einen größeren Artikel dazu, wobei behauptet wurde, solche Texte seien kaum noch von menschlichen zu unterscheiden. U.a. gab es dort diese beiden Beispiele, die mir - durchaus zur Beruhigung - zeigten, daß eben gerade zu poetischem Denken eine Maschine nicht in der Lage sein kann, auch wenn man sie zuvor mit zig Rilke- oder Celan-Gedichten gefüttert hat, wird kein Rilke oder Celan "ausgespuckt". Das war allenfalls Hobby-Dichter-Niveau ... und sofort erkennbar nicht Rilke oder Celan. Ähnliche Erfahrungen hatte man m.E. ja auch mit dem Bonner Telekom-Versuch, Beethovens 10, Symphonie anhand vorhandener Fragmente mit KI fertigstellen zu wollen, machen können: das war allenfalls schlechter Beethoven geworden, und das, obwohl der KI von menschlicher Hand noch nachgeholfen worden war. Also: wir Künstler bleiben doch etwas Einmaliges, Unersetzliches !!!
Michael
Sa., 7. Januar 2023, 17:10 Uhr
Lieber Michael,
deinen Worten ist nichts weiter hinzuzufügen.
In diesem Sinne: Gutes Schaffen!
Theo
Sa., 7. Januar 2023, 23:19 Uhr
... vielleicht könnte / sollte man noch hinzufügen: künstliche Intelligenz ist eben keine künstlerische Intelligenz. (drei Buchstaben machen den Unterschied)
So., 15. Januar 2023, 09:34 Uhr
Lieber Michael, Ich habe das alles gesehen erlebt Paul Hubrich
nur alter kaffee
bald leer … dehnt sich –– weit –– der hof derweil platzt unvermutet die vase noch mehr lachen machen sich breit bären leiden : leiden schwer brüllen wild nach dicken beeren kalt klimmt ( und schwatzt ) der fuhrmann in den grellwachen schaltertraum mit doch sehr ernster miene scheiden die beiden meister schnell verschwimmt die spur vom bild der schicken undine flattert ginstrer falter : auf und davon
So., 15. Januar 2023, 10:38 Uhr
... da mußte schmunzeln & lachen, auch der Dehnhof, lieber Theo ! Danke herzlich für's frische Morgenpoem. (Ist Paul Hubrich der schlesische Bildhauer? - den Namen kenne ich nur von meinem in Gleiwitz geborenen Vater)
Die Sprache von Thomas Mann ist in der Tat eine so besondere, daß stets ein magischer Sog von ihr ausgeht. Und zwei Bücher von Mann habe ich auch zweimal gelesen: Toni Kröger und natürlich Doktor Faustus. Aber der Riesen-Roman "Joseph und seine Brüder" steht bisher noch ungelesen in meiner Bibliothek.
Wir wollen gleich nach Köln fahren, um uns die aktuelle Hängung im "Kolumba" anzusehen. Für mich ein jährliches Muss ! - eines der schönsten Museen der Republik ohnehin ! Und am Dienstag geht's nach Tübingen, wo ich auf Einladung am Mittwoch vormittag im Musikwissenschaftlichen Seminar (in Kooperation mit dem Romanischen Seminar) der Uni über meine Musik zu Mallarmé reden werde.
Noch morgendliche Sonntagsgrüße Michael
Mo., 16. Januar 2023, 09:02 Uhr
Lieber Michael,
wie wohl in den meisten Träumen, gab es auch bei diesem der Niederschrift des Gedichts vorausgehenden eine Reihe ver:rückter Kombinationen und Vermischungen. Jedenfalls tauchst du darin als kaffeetrinkender (und die Qualität bemängelnder) Berlinreisender auf ... Am Abend zuvor hatten wir den wunderbarsamen Film Undine gesehen, der in Berlin spielt. Und so kommen die Träume vom Hölzchen aufs Stöckchen und liefern großartige Vorlagen für Gedichte.
Theo
Mo., 16. Januar 2023, 10:28 Uhr
Ja, lieber Theo: Es sind diese ver:rückten Vermischungen, die nur im Traum (oder auch morgendlichem Halbschlaf, wenn der Wecker nach dem Klingeln nochmals auf 10 Minuten Schlummern gestellt wurde) so stattfinden können, die auch mich diesen Zustand immer wieder genießen lassen, selbst wenn ich mich oftmals hinterher nur noch rudimentär erinnern kann, was die Hirnströme da zusammenzauberten. Mein „Nachtbild“ (Mahler-Momente) ist so ein Versuch gewesen, das Geträumte aufzuschreiben: alle Mahler-Symphonien wie in einem Strudel alle gleichzeitig zu hören. Und auch die Idee zum Jahresprojekt „Strophen“ hatte ihren Ursprung in einem Traum.
In Deinem „Traumbildergedicht“ las ich z.B. auch noch die beiden Scherzi „Dunkle Spur“ & „Grelle Spur“ aus dem 1. Heft „Hebdomadaire“ mit, das musikalische Lachen dort … und Undine umgeistert uns Künstler ja ohnehin immer mal wieder … Jedenfalls war es eine vergnügliche Lektüre für mich!
Michael
Mo., 16. Januar 2023, 10:44 Uhr
Lieber Michael,
da Musik (im Traum hörte ich Klaviermusik) auch in diesem Gedicht in der Tat wieder eine Rolle spielt, hatte ich schon überlegt, ob ich ein weiteres Notenbeispiel von dir als Zitat darüber setze, bin aber dann zu der Überzeugung gekommen, daß ich das aus mehreren Gründen nicht tun sollte. Und wie du nun herausgelesen hast, ist MD-Musik eh präsent. Vergnügliche Lektüre also - obwohl es im Grunde ein Gedicht zum Fürchten ist. So wie du die dunkle und helle Spur herausgelesen hast, gibt es außer dem für dich offensichtlich sich weit dehnenden Hof noch weitere Silbenanspielungen auf Geschehnisse böse, schlimme, traurige Geschehnisse. Aber lassen wir dem Gedicht seine Rätsel und Geheimnisse.
Theo
Di., 17. Januar 2023, 18:13 Uhr
Ein kurzer
Gruß … aus Tübingen, lieber Theo, leider ist diesmal der Hölderlinturm
geschlossen, dafür habe ich nun das Hesse-Kabinett besucht (in der
Buchhandlung/ Antiquariat, wo er seinerzeit arbeitete) und sitze nun in einer
netten Weinbar. Auf den Vortrag morgen an der Uni zum Mallarmé-Zyklus freue
ich mich schon.
Mi., 25. Januar 2023, 11:58 Uhr
Lieber Michael,
Mi., 25. Januar 2023, 15:28 Uhr
Lieber Theo
„Herr und Hund“ habe auch ich wohl zuletzt vor fast 50 Jahren gelesen … und in guter Erinnerung. Wo Du erwähnst, wann Du die Lektüre „Joseph und seine Brüder“ beendet hast, und ja auch in LITERATOUR immer wieder Daten des Lesens oder Eintreffens neuer Bücher notierst, stellt sich mir die Frage, ob Du möglicherweise ein regelrechtes Lese-Tagebuch führst … was ja bei Dir irgendwie naheläge …
Sag mal, noch eine Frage: ging es Dir auch so wie mir ? – als ich Manns Tagebücher (eher diagonal) las – auch schon viele Jahre her – war ish etwas enttäuscht über einen eher prosaischen Tonfall, der kaum mit dem zu tun hatte, was mich an seinen Texten sonst so anzug.
Ich hatte derweil viel Vergnügen mit Harald Gröhlers Roman aus dem Jahr 1984 : wenn man sich ‚eingelesen’ hat, stellt sich eine sehr sehr spezifische Stimmung ein … ja, sogar manche Erinnerung an die eigene Schüler- / Studentenzeit in Köln. Dank Dir, daß Du mich auf diesen Autor aufmerksam machtest !
Gestern bekam ich endlich die Video-Aufzeichnung vom Falken90-Fest. Bin angenehm überrascht, wie gut die Aufnahmen geworden sind. Nur wird leider beim ersten Stück (… as when no words) am Ende etwas zu früh und abrupt ausgeblendet: die Musik mündet eigentlich in die offene Stille. – so wie auf der SACD „The cello in my life“ zu hören …
Ich wünsche Dir weiterhin beglückende Lese-Momente … und bei Gelegenheit ebensolche Freude auch beim Musikhören … Michael
Mi., 25. Januar 2023, 17:19 Uhr
Lieber Michael,
ja, auch "Herr und Hund" ist von hoher Qualität; und ich staune, daß ich das mit 15 (es sind also 52 Jahre vergangen) schon so begeistert gelesen habe. Ich erinnere mich sehr gut daran.
Manns Tagebücher habe ich nie gelesen - nicht einmal ansatzweise. Diese sind auch nicht in der 12bändigen Dünndruckausgabe (S. Fischer 1960), die ich mir vor Jahren zugelegt habe. (Antiquarisch in sehr gutem Zustand erworben.)
Ich freue mich natürlich, daß ROT gut bei dir angekommen ist.
Es ist dies wieder eine Zeit des nackten Über-die-Runden-Kommens von Tag zu Tag (eher: von Stunde zu Stunde), von "Beglückung" kann keine Rede sein. ('Eigentlich' kann ich nicht mehr.)
Theo Di., 1. Februar 2023, 20:43 Uhr
Lieber Theo,
heute trudelte mit der Post die letzte (nachgeholte) MATRIX 4/2022 ein. Ich nahm dies zum Anlaß, die beiden letzten Teile Deiner "Literatour" dort ein erneutes Mal zu lesen ... nachher geht es mit den anderen Beiträgen weiter. Auch nun beim Wiederlesen erfreut mich wieder die so frische / erfrischende Art, wie Du von und über Kollegen sprichst und deren Bücher dem Leser ans Herz legst ! - und irgendwie ist es doch auch anders, weil nun nicht am Bildschirm als PDF gelesen.
Am Wochenende war ich u.a. seit über einem Jahr mal wieder in meiner alten Wirkungsstätte in Düsseldorf. Erstmals seit meinem altersbedingten Weggang fanden in der Hochschule wieder die Tage der Kammermusik statt, die ich ja Jahre lang mit meinem Kollegen Schenck geplant und organisert hatte. Im Moment hat das der Pianist Tobias Koch übernommen. Über ihn erfuhr ich auch, wer demnächst als mein Nachfolger antreten wird. Ich kenne diesen gut (darf allerdings noch nicht den Namen erwähnen); er ist ebenfalls Cellist und hat als Quatett-Spieler sogar mal eines meiner Quartette mit uraufgeführt. - Eine gute Entscheidung der Kommission, auch wenn ich mir gewünscht hätte, daß die Studierenden nicht so ein langes Loch in der künstlerischen Betreuung gehabt hätten.
Ein Treffen mit unserem in Dü lebenden Sohn (mit Partner) & eine Figaro-Auff. in der Oper standen zudem auf dem Programm ...
Deine innere Stimmung hat sich derweil hoffentlich wieder etwas aufgehellt ?! MIchael
Sa., 11. Februar 2023, 09:59 Uhr
Lieber Michael,
ich habe mich im Januar von sämtlichen (rund fünfzehn) literarischen Newslettern abgemeldet und bislang in diesem Jahr auch nur SEHR sporadisch korrespondiert oder gar telefoniert. Und das Haus so gut wie gar nicht verlassen.
Ich suche in diesen Tagen mein Heil, wie so oft schon in diesem Leben, in nahezu vollkommener Zurückgezogenheit mit dem Buch. (Das versuche ich ja - mit oft gutem Erfolg - seit nunmehr mehr als sechzig Jahren.) Der gesamte Monat Januar war Thomas Mann gewidmet (dem Joseph-Roman folgten die tausend Seiten Erzählungen). Nach Reinhard Federmanns Himmelreich der Lügner (1959 erstmals erschienen, Neuausgabe 2023) lese ich nun den soeben erschienenen Roman von Karl Ove Knausgård, der ebenfalls über tausend Seiten stark ist. (Ich hatte den Autor im Essayzyklus dahingehend erwähnt, daß ich noch nichts von diesem wohl bedeutendsten norwegischen Autor der Gegenwart gelesen habe.)
Das Gedichtmanuskript mit dem Titel Vorschlag zur Blüte hat mich bislang noch nicht aus den Fängen gelassen. Gut so. In den vergangenen Wochen hat es noch einmal einen entscheidenden Schub gegeben, der dazu geführt hat, daß das aus deiner Musik erwachsene Gedicht nun nicht mehr als Post Scriptum auftaucht, sondern nun auf Seite 195 steht, wo es hingehört. (Die Idee mit dem Post Scriptum war in Ordnung, letztlich aber aus der Not geboren. Da ich nun jedoch die Seitenzahl von 200 aufgeben mußte - es sind jetzt 206 Seiten -, gab es keinen Grund mehr, dieses Gedicht (sowie das auf U4 plazierte) nicht in die alphabetische Reihenfolge einzubringen.
Es sind also noch mehrere Gedichte hinzugekommen, und an eine ganze Reihe von Gedichten habe ich weiter verbessern können. Hier und dort ist noch eine Fußnote hinzugekommen. (Die Fußnoten sind ja auch als Gedichte gedacht - entweder eigenständige oder weitere Strophen zum obenstehenden Gedicht.)
Das Ganze ist nun noch stärker verdichtet und verwoben, ist, ja, eine lyrische Komposition, in der das einzelne Gedicht genauso zählt wie das ganze konzeptuell gestaltete Gedichtbuch, das nun aber endgültig auf Verlegerabruf bereitsteht.
Das wollte ich dich denn doch wissen lassen.
Theo
Sa., 11. Februar 2023, 11:29 Uhr
Lieber Theo,
mich freut, von Dir wieder zu hören, und auch dabei Neues zur anstehenden Veröffentlichung von Vorschlag zur Blüte zu erfahren. Bei Deinen Gedichten erscheinen mir die vorangestellten Zitate und ggf. zusätzliche Fußnoten wie selbstverständlich dazugehörig, sozusagen wie ein „Schutzumschlag“ bei Büchern. Und nun steigt wieder die Spannung auf die endgültige Gestalt in finaler Druckform … wird das noch im Februar oder März bei POP erscheinen? – Noch gestern dachte ich heftig an Dich, und sprach sogar mit einem Buchhändler über Dich, der zwar – wie sich herausstellte – Deinen Namen kannte, aber noch nichts von Dir gelesen hat. Im Zusammenhang mit Norbert Scheuer, den er kürzlich in seiner Buchhandlung hatte, war er über Deinen Namen gestolpert. Es ist der im Bonner Süden gelegene „buchLaden 46“ in der Kaiserstraße; ich war dort bisher nur gelegentlich bei den Veranstaltungen des Geprächsformat „Gedanken-Sprünge“ mit Michael Rüsenberg, den ich gut kenne. Ansonsten war ich ja bis vor einiger Zeit mehr auf die Böttgersche Buchhandlung für Inspiration+Kauf durch+von Büchern fixiert (bis es zu Verstimmungen kam). Nun sind dies die Lengfeldtsche und Bittner in Köln. Nun kam ich bei einer Radtour gestern zufällig wieder mal am buchLaden vorbei und nutzte die Zeit bis zu einer abendlichen Verabredung, mich dort mal etwas ausführlicher umzusehen … und dann entwickelte sich ein netter Bücherplausch mit Holger Schwab, dem Inhaber. Ich habe ihn später noch mit dem Hinweis zum Download von LITERATOUR 22 per Mail animiert. Mal sehen, was sich daraus ergibt … Ich könnte mir vorstellen, daß wir dort vielleicht in etwas veränderter Form unseren bisher nur erträumten Celan-Abend mal machen könnten, denn ich sah auf der Homepage, daß er bald auch eine Veranstaltung mit Musik anbietet: https://www.buchladen46.de/bela-bartok-esther-kinsky/
Von Lamellen gestreift der einheitlich graue Himmel im Dachfenster über meinem Schreibplatz hier; es soll heute wohl so bleiben. Wetter für einen Museumsbesuch am Nachmittag. Dir einen erfüllten Tag in Deinem Universum.
Herzlich wie immer, Michael
Sa., 11. Februar 2023, 14:49 Uhr
Lieber Theo, eben mein Mittagskaffee las ich in der heutigen FAZ diesen eindringlichen Kommentar von Frieder von Ammon zu einem Mayröcker-Gedicht. Ich denke, es könnte Dich interessieren (zumal auch Celan erwähnt wird):
So., 12. Februar 2023, 09:55 Uhr
Lieber Michael,
Was so selbstverständlich für dich (und mich ...) dazugehört bei den Gedichten, darf natürlich nicht zum Selbstläufer werden. Seit einiger Zeit ist mir klar geworden, daß ich mich mit diesem Buch wohl von dieser Art, Gedichte zu schreiben, verabschieden muß, was alles andere als einfach ist. Wenn man meine Gedichte von den Anfängen (Mitte der 1980er Jahre) bis heute vergleicht, so erkennt man zwar einen roten Faden, eine typische Grundstruktur, aber auch, daß ich mich immer wieder neu erfunden habe. Nach der Publikation von Vorschlag zur Blüte (frühestens im März) werde ich weitersehn.
Vor einigen Wochen habe ich übrigens einen Roman gelesen, den ich schon seit Jahrzehnten lesen wollte: Eduard Mörikes Maler Nolten. Ich habe in früheren Jahren sehr viel Literatur des 19. Jahrhunderts gelesen - was für ein literarisches Jahrhundert -, darunter neben den deutschen auch viele französische, russische, englische und amerikanische Bücher. Aber es bleiben immer noch Wünsche offen, die ja jederzeit dank der Gesamtausgaben umgehend erfüllt werden können. Und als ich gestern die russische Literatur einmal wieder näher beäugelte (da Knausgard einige russische Autoren erwähnt), fiel mir ein umfangreicher Roman von Alexander Solschenizyn ins Auge, den ich bislang auch noch nicht gelesen habe: Der erste Kreis der Hölle. Der wird ab morgen gelesen.
Harald Gröhler sprach dieser Tage von einem lebenslangen Fehler, weil er viel mehr Zeitung und Zeitschrift gelesen habe als Buch. Ich lese ja nie Zeitung - weder in Druckform noch online. (Für die gelegentlichen Ausnahmen sorgst mittlerweile ausschließlich du. / In früheren Jahren schickten mir Bekannte und Freunde immer wieder Briefe mit aktuellen Zeitungsausschnitten zu Rolf Dieter Brinkmann und Friederike Mayröcker.)
Ich bin von Besuchern oft gefragt worden, ob ich denn das alles gelesen hätte, was ich grundsätzlich bejahen konnte, da ich mich in erster Linie nicht als Altpapiersammler, sondern als Leser sehe. Dabei ist es wohl kaum vermeidlich, das schrieb ich kürzlich schon einmal und wiederhole es hier gern, unvermeidlich, daß das eine oder andere Buch noch ungelesen ist. Aber ich habe stets ein Auge auf diese von Jahr zu Jahr weniger werdenden Exemplare, deren Zeit wann auch immer kommen wird. (Neben mehr als 10.000 gelesenen Büchern stehen höchstens 100 nicht gelesene Romane, und ich bin ja froh, daß sie noch nicht gelesen sind.) 2023 habe ich vom ersten Tag an zum Jahr des Wiederlesens erklärt, und bei diesem Schwerpunkt wird es bleiben, auch wenn ich natürlich - wie gerade jetzt mit Knausgard - auch ein paar neue oder mir bislang nicht bekannte Bücher lesen werde.
Auch bei den 'echten' und engagierten Buchhändlern fürchte ich, daß sie in erster Linie die Bücher derjenigen Autoren lesen und kennen, die in den Feuilletons auftauchen. Jedenfalls gut, daß es sie noch gibt. Und sollte Holger Schwab uns mit einer Einladung zu einem gemeinsamen, Paul Celan gewidmeten Abend einladen wollen, so wäre ich der letzte, der nein sagen würde. (Zumal das Kapitel "Celan :" aus dem Essayzyklus ein feine Einleitung zu einem solchen Programm wäre. --- Insofern hätte sich allein schon deswegen das Warten gelohnt.) Aber ich denke darüber jetzt nicht weiter nach, will nur zum Ausdruck bringen, daß ich mich freue, daß du dieses Gespräch mit Holger Schwab hattest.)
Hab vielen Dank für das Gedicht von Friederike Mayröcker (ein Gedicht, das ich in bester Erinnerung habe) sowie den guten Kommentar dazu.
Theo
So., 12. Februar 2023, 11:38 Uhr
Lieber Theo,
sollte es sich irgandwann & irgendwie ergeben, Holger Schwab nach seinem Interesse an solch einem Celan-Abend zu fragen, werde ich Dir selbstverständlich berichten. Es würde wohl kaum mit einer Live-Aufführung einiger Stücken aus meinem Klavierzyklus dort gehen: es steht in der Buchhandlung ja kein Instrument (Miete für ein Klavier & Honorar für den Pianisten würden sein Budget sicherlich sprengen), aber man könnte ggf. von der Düsseldorfer Aufführung mit Martin Tchiba die Videoaufzeichnung auf eine Leinwand projizieren.
Diese Art literarischer Rahmen, in den Du Deine Gedichte hineinstellst und somit einen imaginären Dialog in vielfältiger Hinsicht öffnest, ist in der Tat aus meiner Sicht ein singuläres Breuersches Stilmittel ! – und ich kann auch nachvollziehen, daß Du das Gefühl bekommst: es muß / könnte / sollte nun anders weitergehen … Ich selber suche nunmehr schon seit fast zwei Jahren nach einer Möglichkeit, wie es bei mir weitergehen könnte, was nach countertimecounter folgen könnte (zwie kleine danach entstandene musikalische Geburtstagsgrüße waren nur Routine-Arbeiten) … noch hat sich kein Fenster keine Tür oder gar Tor geöffnet. Ich warte … noch halbwegs geduldig mit mir selbst …
Noch bin ich jemand – im Gegensatz zu Dir – dem Zeitungslektüre wichtig bleibt, auch wenn ich dabei immer mehr beobachte, wie gerade in der politischen Diskussion der Meinungshorizont sich deutlich eingeengt hat, man sich nicht mehr allein auf die sog. Leitmedien verlassen darf, die oftmals nur noch Regierungspropaganda verbreiten. Das hat sich in den vergangenen drei Jahren extrem beschleunigt; aber immerhin sind im Gegenzug diverse neue & alternative Formate (oftmals aber nicht immer) auf hohem intellektuellem Niveau entstanden, daß man sich doch ein ausgewogeneres Meinungsbild machen kann.
Und was die eigene Bibliothek angeht, so kenne auch ich die Frage von erstaunten Besuchern, ob ich das alles gelesen habe. Ich pflege zu antworten: eine gute Bibliothek ist immer auch eine Option in die Zukunft ! – Das Verhältnis von Gelesenem zu Ungelesenem ist bei mir sicherlich nicht so eindeutig wie bei Dir ! – ich kann das aber unbedingt zu meiner Audiothek sagen: allenfalls 5% der rund 1000 Schallplatten & annähernd 2000 CDs (nebst noch einer großen Schellack-Sammlung) habe ich noch nicht gehört. Und so wie Du Dich über literarische Entdeckungen und Erkundungen in noch unbekanntem Terrain freust, so beglückt auch mich jede Neuentdeckung, eben nicht allein bei der aktuellen Musik, sondern auch in Vergangenheit, wie unlängst die 36 Fugen op. 36 von Anton Reicha, gespielt von Tiny Wirtz, die ich noch vom Studium her persönlich kannte und die vor ca. vier Wochen im Alter von 99 verstarb.
Wo Du u.a. auch vom norwegischen Autor Karl Ove Knausgård schwärmst (auch ich habe bisher nichts von ihm gelesen), möchte ich Dir gerne auch den ebenfalls norwegischen Autor Jon Fosse empfehlen, von dessen Heptalogie ich die bisher fünf in deutscher Übersetzung erschienenen Großkapitel völlig fasziniert & elektrisiert verschlungen habe (auch das schon gut 800 Seiten)!
Das Himmelgrau allenfalls minimal heller als gestern. - Heute nachmittag wollen wir zur aktuellen Ausstellung im Brühler Max-Ernst-Museum fahren.
Michael
Di., 14. Februar 2023, 13:57 Uhr
Irrläufe … endlich wieder verfügbar, aber ich vermute: diese 100 Romane in Pillenform von Manganelli kennst Du wie ich seit Jahren, lieber Theo … (aber nun kann ich sie wieder verschenken!)
[FAZ-Artikel: Schwarzer Schwan und schneeweißes Einhorn Sturzgeschichten, endlich wieder aufgelegt: Giorgio Manganellis Buch „Irrläufe“ bietet hundert Romane in Pillenform]
Fr., 17. Februar 2023, 15:13 Uhr
Lieber Theo, ich kam erst jetzt dazu, diesen umfänglichen Text von Knausgård zu lesen, der schon vor ein paar Tagen in der ehemaligen Tiefdruckausgabe von „Bilder & Zeiten“, die nach ewig langer Pause nun endlich wieder in der FAZ zu finden ist, erschienen ist. Ich denke und vermute, Du wirst ihn ebenso begeistert lesen wie ich: eine Hymne auf das Lesen an sich und seine Bedeutung für das Leben … ich mußte natürlich unweigerlich an Dich denken! Großartig geschrieben ist dieser Essay: lesen & staunen, und er verführt zu weiterem Lesen der angesprochenen Romane … so ähnlich, aber doch auch anders wie es mir mit Deiner LITERATOUR 22 geschah. (Und dieser Essay ist auch einer der besten Gründe, ein beredtes Beispiel dafür, doch auch Zeitung zu lesen: anders wäre ich nicht drauf gestoßen … und so versorge ich Dich gelegentlich weiterhin mit aus meiner Sicht Lesenswertem.) Ansonsten natürlich herzliche Grüße. - Wo nun draußen bei ungewöhnlich milden 17° die Sonne scheint, schwinge ich mich gleich auf‘s Rad … Michael
[FAZ-Artikel: Imperialismus des Absoluten - Warum der Roman wichtig ist. Von Karl Ove Knausgård]
Mo., 20. Februar 2023, 09:50 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für diesen großartigen Essay, den ich soeben zu Ende gelesen habe.
Sonnige Tage wünscht dir
Theo Mi., 1. März 2023, 16:29 Uhr
Lieber Michael,
obwohl ich etliche dieser FM-Bilder als Kopie habe, kann ich nicht genug davon bekommen. Vielen Dank dafür!
Immer noch arbeite ich an den Gedichten; eins der langen habe ich noch einmal ganz stark überarbeitet: Ich bin dankbar, daß das noch möglich ist. (Warum soll ich loslassen? Gedichte werden eh nie fertig. Und ich habe Traian Pop vor einiger Zeit wissen lassen, daß ich auf sein Zeichen warte, daß er bereit für die Fertigung ist. Ich werde die Druckvorlage also nicht von mir aus losschicken. Warten wir also ab, wann es soweit ist. Ich habe alle Zeit.)
Theo
Mi., 1. März 2023, 22:08 Uhr
Lieber Theo,
der Artikel ist auch sonst ja durchaus interessant, aber natürlich war es das Foto aus dem Arbeitszimmer der Fr. Mayröcker, welches mich sofort an Dich denken ließ … dennoch vermutend, daß Du es eh vermutlich kennen wirst. – (Ähnlich kreativ-chaotisch war ja bekanntermaßen – auch durch viele Fotos belegt – das Atelier von Francis Bacon.)
Es stimmt selbstverständlich, was Du schreibst: irgendwie ist man nie fertig ! – dennoch: ich bin dann doch auch immer froh, wenn ein rein äußerlicher Grund – und sei es nur ein Abliefertermin – dem permanenten Verbessern von Kleinigkeiten ein Ende setzt. Im eigenen Lese-Interesse (endlich in Buchform & auf allerneuestem Stand !) hoffe ich natürlich, Traian Pop fordert Dein Manuskript möglichst bald ein !
Ich war heute mal wieder im BuchLaden46 und entdeckte dort zwei Bücher, die gleich nach kurzem Hineinschmökern unversehens erworden werden wollten: Das „alphabetbuch“ von Frantz Wittkamp mit 366 gereimten Vierzeilern (meist) voll Witz & Humor, an dem Du sicherlich auch Deine Freude hättest ! – und zudem ganz frisch erschienen: Gespräche mit der Komponistin Nadia Boulanger, die im vergangenen Jahrhundert eine der bedeutendsten Lehrerin war und über die ihr Freund Paul Valéry sagte: Sie atmet, was wir hören.
Und gestern habe ich mich mit dem Eintreffen eines neuen (viel leichteren) Cello-Etuis defenitiv von meinem ersten Cellokasten getrennt, der nun nach über 50 Jahren Nutzung eher ins Museum passen tät. Mit ihm habe ich damals die halbe Welt bereist, zuletzt nur noch als Aufbewahrungsort für meine „Campanula“ benutzt.
Michael
Fr., 3. März 2023, 10:26 Uhr
Lieber Michael -
und trotzdem, und trotzdem: Denn gut Ding will Weile haben. Erst eben habe ich mich daran begeben, daß ganze Manuskript ein weiteres Mal durchzulesen. Und siehe da: Neben einem (zugebenermaßen winzigen) Fehler, der auch mir im Buch nicht aufgefallen mehr wäre, konnte ich an mehreren Stellen noch ein Wörtlein hinzugeben, das dem Vers, dem Gedicht guttut, und in einem Fall fiel es mir wie Schuppen von den Augen: eine wesentliche Verbesserung durch einen Worttausch, der das ganze (sehr kurze) Gedicht deutlich verbessert. Und mehr als das: jetzt erst wirklich stimmig macht. Wenn es nach mir ginge, könnte das immer so weitergehen. Der Ehrgeiz, ein weiteres Buch in die Welt zu bringen, ist mir ja schon seit Jahren abhanden gekommen. Wenn Traian Pop nicht immer wieder gedrängt hätte ... Aber auch er ist älter geworden, nun auch über 70, und er macht immer noch viel (zuviel ...), und wir werden sehen, ob er demnächst daran denkt, mich anzuschreiben, wie er es versprochen hat für Anfang März. Wie gesagt: Ich überlasse es ihm. Und bislang hat die Verzögerung seit November der guten Sache sehr gedient! Als ich eben das zuletzt angesprochene längere Gedicht erneut las, dachte ich: Was für ein Glück, daß ich das Manuskript noch nicht abgegeben hatte und diese Überarbeitung möglich war. Es ist eine denkwürdig ruhige Zeit. Splendid isolation: Ich allein mit einem Buch. (Hans Bender) Fast keine E-Mail trudelt mehr ein. Kein Anruf mehr von den befreundeten Menschen, die ja auch alle älter geworden sind. Ein Fehler, daß ich zumeist Freunde hatte, die (wesentlich) älter als ich gewesen sind? Etliche sind tot, andere sind 80 oder älter. Und längst schon hätte ich die Zelte hier abgebrochen, wenn es mir möglich gewesen wäre. Aber es ist nicht nur nicht einfach, nein, ich empfinde als gänzlich unmöglich, bin, bei aller Sehnsucht nach einem anderen - urbanen - Leben, total blockiert, das anzugehen. Lese nun Gao Xingjians Soul Mountain, kontrapunktisch passend. Soweit, so gut ...
Theo
Fr., 3. März 2023, 21:32 Uhr
Lieber Theo,
mein lieber Kollege & Freund György (Kurtág), der vor wenigen Tagen 97 (!) wurde, ist auch so jemand, der gerne so lange wie eben möglich eine Drucklegung seiner Stücke hinauszögert, und dort steht dann exakt, wann nochmals überarbeitet wurde. Ich hatte ja einige Stücke von ihm, de ich immer mal wieder aufführte, bevor sie nun gedruckt vorliegen ... und so hatte ich mir angewöhnt, ihn jedesmal vor einer erneuten Aufführung anzurufen mit der Frage, ob sich nochmals etwas geändert habe, was durchaus einige Male vorkam, wenngleich es meist nur Kleinigkeiten waren, die aber wohl für ihn so erheblich waren wie Du es nun von einzelnen hinzugefügten Wörtern bei Deinen Gedichten schreibst.
Wie Du an diesem Beispiel siehst, habe auch ich Freunde, die weit älter sind als ich, auch Georg Oswald Cott (mit ihm telefonierte ich heute, um ihn in ein Konzert jetzt am 25. in Braunschweig einzuladen, wo er lebt) ist bereits 92. - Aber ich habe natürlich auch viele Freunde bereits durch Tod verloren ... und manche davon waren durchaus jünger als ich ! - was den Verlust besonders schmerzhaft machte. Dennoch darf ich behaupten, einen guten Freundeskreis zu haben, auch zu vielen deutlich jüngeren Menschen & Künstlern aller Sparten. - und ich pflege sie auch, weil sie mir wertvoll sind! Und doch wüßte ich keine, die wie bei uns so rege / regelmäßig aufgefrischt wird ! - und das, obwohl wir uns bisher nicht einmal persönlich begegnet sind ... was aber - so hoffe ich - doch irgendwann passieren wird.
Wir kommen eben aus dem Kino, wo wir den im Vorfeld der heutigen Premiere so hoch gelobten Film "Tár" mit Cate Blanchett und Nina Hoss sahen. Allerdings war unser Eindruck eher etwas zwiespältig ...
Und nun ist es Zeit für einen guten Tropfen nebst Pfeife Michael
Sa., 4. März 2023, 10:02 Uhr
Lieber Michael,
von "Tár" habe ich noch nichts gehört. Allerdings habe ich erst in den letzten Tagen Filme mit Cate Blanchett und Nina Hoss gesehen. Beide Schauspielerinnen sehe ich sehr gern.
Gestern dachte ich beim Anblick des Regals mit den Büchern von Günter Grass, wie vielevieleviele Autoren wir noch nie thematisiert haben und wahrscheinlich auch nie thematisieren werden. Grass zum Beispiel ist für mich ein sehr wichtiger Autor. Ich habe ihn vor Jahren im Bahnhof Rolandseck erlebt. Demnächst werde ich "Die Blechtrommel" zum vierten Mal lesen. Den Film habe ich zehnmal gesehen. Aber nicht nur "Die Blechtrommel" ist großartig, Grass hat viele starke Bücher geschrieben, und von den letzten finde ich zum Beispiel "Im Krebsgang" außerordentlich.
Mir war nicht klar, daß unsere Korrespondenz auch bei dir zu den lebendigsten zählt. Natürlich hast du darüber hinaus eine Vielzahl lebendiger Kontakte. Das war bei mir über Jahrzehnte auch so. Gestern sprachen wir noch einmal über die 90er Jahre. Da war es normal, daß ich täglich 5 bis 10 Postsendungen aus der ganzen Welt erhielt. Mit wie vielen Schriftstellern und Künstlern stand ich in regelmäßigem Kontakt? Es waren mehrere hundert. Wahnsinn. Was ist davon geblieben. Aus einem Menschen, der über Jahre täglich mit so vielen Menschen zu tun hatte, der über 30 Jahre lang die Kultur Kölns aktiv erlebte (Oper, Theater, Ausstellungen, Konzerte, Kino, Museen, Galerien, Lesungen - auch etliche eigene -, Buchhandlungen, Dom, romanische Kirchen, Begegnungen noch und noch ...), der, der, der ... Und heute? Ja, das Buch ist geblieben, die CD ist geblieben, der Film ist geblieben.
All das nur nebenbei ...
Theo
So., 5. März 2023, 21:24 Uhr
Lieber Theo,
wir waren heute in der Villa Zanders in Bergisch-Gladbach, wo eine wirklich großartige Ausstellung mit rund 200 duo-chromen DinA4 Bildern von Christoph Gesing eröffnet wurde. Zur Vernissage spielte zudem die Pianistin Pi-hsien Chen Schubert und Schönberg. Beide kenne ich seit vielen Jahren ... (ja: Schubert & Schönberg natürlich auch ;)
Es wird sicherlich unmöglich sein, sich über all die geschätzten Autoren gegenseitig auszutauschen, aber ich vermute, unsere Einschätzung wird sich in vielen vielen Fällen weitestgehend decken, wenn nicht gar identisch sein! Grass habe auch ich z.B. immer gerne (schon als Jugendlicher) gelesen ! - und auch sein zeichnerisches Können hat mich schon früh fasziniert; wenngleich ich sagen möchte, daß mich bei vergleichbaren Doppelbegabungen Horst Janssen vielleicht noch mehr beeindruckte ... aber er war auch wohl mehr Künstler als Autor. Das Schöne aber bei unserem Dialog ist ja auch, daß wir uns gegenseitig noch den Lesehorizont erweitern können: ohne Dich wäre ich z.B. nicht auf Harald Gröhler gestoßen ... und Du vermutlich nicht auf Juan Ramón Gómez ... Nicht zu unterschätzen natürlich auch die spartenübergreifenden gegenseitigen Impulse !!! (natürlich bist Du der weitaus Be-lesenere, wie ich wohl der Be-hörtere)
... nicht nur nebenbei, sondern ganz explizit sei's gesagt Michael
Do., 9. März 2023, 01:42 Uhr
… recht
nechtlich / rächt nächtlich
Do., 9. März 2023, 09:52 Uhr
Zu deiner Frage nach den Insekten:
Di., 14. März 2023, 10:57 Uhr
Lieber Michael:
Wenn jemand eine Reise tut / so kann er was erzählen, beginnt das gleichnamige Gedicht von Matthias Claudius, und wer es bis zum Ende liest, na ja, lies selbst ... Ich jedenfalls fühle mich sehr wohl nach Beendigung der Lektüre.
Ein gleichaltriger Freund unseres 40jährigen Sohnes wird demnächst eine Weltreise tun (Pauschalpreis 28.000 €), die er sich gönnt, nachdem er von einem Job in einen anderen wechseln wird und eine doppelt so hohe Abfindung erhalten wird. Soweit, so gut.
Ich habe in den letzten Tagen zwei große Regale umgeräumt/umgestaltet - der Übersichtlichkeit halber. In dem einen Regal zählte ich abschließend 29 Nationalliteraturen (von abasanischer bis vietnamesischer), in dem anderen (mit vornehmlich spanischer und portugiesischer Literatur) 15. Das nahm ich zum Anlaß, mir erstmals einen Überblick zu verschaffen und kam auf 75 Nationalliteraturen.
Da soll also noch mal jemand in den Raum stellen, ich würde nicht reisen. Wie heißt es heutzutage so hübsch-häßlich: ABER HALLO ...
Ich war jedenfalls selbst ziemlich verblüfft, hatte bislang immer mit 50 bis 60 gerechnet, hatte nie einen Anlaß, diese Zählung vorzunehmen. Was sich da alles tummelt ... Und witzig zum Beispiel, daß ich aus dem Riesenland Indien (von dem einen oder anderen englisch schreibenden Autor abgesehen) ein einziges Büchlein habe - ein Reclam-Heft ...
Na, während der Aktion, die dann auch noch über die beiden Regale hinausging, fielen mir eine Reihe von Dubletten in die Finger. Dubletten guter, lesenswerter, origineller Bücher, die aus diesem oder jenem Grund seit Jahren doppelt vorhanden sind. Was ich in etlichen Fällen vergessen hatte. Wundre dich also nicht, wenn du eines Tages eine Büchersendung im Briefkasten vorfindest, in der du Bücher vorfindest, die ebenfalls in meiner Sammlung stehen.
Während der seit Anfang Januar stattfindenden Bestandsaufnahme komme ich mehr und mehr zu der Erkenntnis, daß es in der Tat nur noch die eine verläßliche Korrespondenz gibt: die mit dir. Wenn andere sich melden (wie eben), dann wollen sie etwas von mir (in diesem Fall ein Manuskript lesen ...). Du bist der einzige verbliebene Mensch, mit dem ich mich regelmäßig über Literatur austausche (und dem ich zudem einen gewaltigen Zuwachs im musikalischen Bereich verdanke. Ein Glück, daß ich dies an zwei Stellen - hier lyrisch, dort essayistisch - ausführlich manifestieren konnte.
Soweit, so gut:
Theo
Di., 14. März 2023, 11:55 Uhr
Lieber Theo,
sicherlich kennst Du auch die Vertonung dieses Claudius Gedichtes von Beethoven, sein op. 52: https://www.youtube.com/watch?v=kNVNNisNvbY (?!) Martella hat dies immer wieder bei Ihren Kinder-Wotkshops für das Beethovenhauses zum Einsatz gebracht. Ja, ein ideales Gedicht für Weltenbummler aller Art … auch der unsrigen geistigen … oder auch wie Fernando Pessoa, der die Welt im „Buch der Unruhe“ als Buchhalter alle erdenklichen Welten der Träume & Imaginationen bereiste und sie sich somit fragend & reflektierend erschloß!
Daß diese Form des Reisens nicht minder eindringlich sein kann, weiß ich natürlich genauso gut wie Du. Trotzdem habe ich die vielen Reisen – auch in ganz andere Kulturen – stets sehr genossen. Fast nur noch Indien, Chile und Agypten würden mich jetzt als größere Reisen noch reizen. Die letzte große Reise machten wir nach Japan 2019 (…was auch lange auf der Wunschliste stand, auch allein wegen der eigenen Beschäftigung mit japanischer Literatur und das innere Bild, was die Lektüre ausgelöst hatte). Aber immer noch (- und vielleicht immer mehr -) können mich selbst die kleinen Radtouren den Rhein entlang ebenso beglücken, die steten jahreszeitlichen Veränderungen in der Natur beobachtend. Das Staunen über die kleinen Dinge lernt man wohl mit zunehmendem Alter …
Es klingt beeindruckend, was Du da über die Erkenntnis nach dem Umräumen der eigenen Bibliothek schreibst. – ich wundere mich zwar genau genommen nicht so, weil ich erahne, was sich da im Laufe der Jahre so alles an Weltliteratur / Literatur der Welten angesammelt haben muß … und das mit Doubletten passiert auch mir gelegentlich; und beim Auflösen des elterlichen Haushaltes in Ahaus habe ich sogar bewußt eine ganze Reihe der Bücher meines Vaters mitgenommen, die ich schon gelesen hatte, um diese dann als Doublette an Freunde weiterzugeben. Und nun soll also auch ich in ähnlicher Art ein von Dir Beglückter werden … Hier schon mein Dank im Voraus !
Ich schrieb es Dir ja auch bereits: so viel ich auch mit anderen Kontakt halte, der Austausch mit Dir ist – erst recht angesichts der bisherigen Kürze der Zeit – der mit Abstand dichteste & intensivste. Wir mußten uns wohl finden !!! --- und wir werden wohl auch weiterhin uns gegenseitig mit sich ergänzenden Flügeln ausstatten.
Ganz in diesem Sinne dies also nur zwischendurch, wo Deine Mail soeben in meinem Postfach auftauchte.
Michael
Di., 14. März 2023, 15:38 Uhr
Mit Der stumme Schrei wird er mir im Gedächtnis bleiben: Ich hielt das Buch gestern in Händen … [auf Zusendung FAZ Nachruf Kenzaburō Ōe]
Mi., 15. März 2023, 01:23 Uhr
Lieber Theo,
auch ich werde sicherlich in den nächsten Tagen mal wieder ein Buch von Ôe in die Hände nehmen ... die für mich natürlich bemerkenswerteste Neuigkeit in diesem Nachruf in der FAZ war der Hinwies auf seinen geistig behinderten Sohn, der es - erst mit Jahren zur Sprache findend - doch wohl dennoch zu einem respektablen Komponisten hat werden lassen.
nächtens mal wieder Michael
Mi., 15. März 2023, 14:29 Uhr
Lieber Theo,
schon heute traf Deine angekündigte Sendung ein: ein geballte Ladung Lyrik, z.T. von Autoren, deren Namen ich bisher nicht kannte, wie etwa Nikolaus Berwanger und Werner Dürsson. Nochmals herzlichen Dank Dir ! Da hab ich nun weitere Lektüre für die kommenden Tage ...
Michael
Do., 16. März 2023, 10:03 Uhr
Lieber Michael,
die Lyrik- und Prosabücher Richard Wagner begleiten mich seit vielen Jahren, habe fast alles von ihm gelesen. Ich wußte seit Jahren, daß er schwer erkrankt ist. Und vor einem Jahr etwa erfuhr ich von Traian Pop, wie schlecht es ihm geht.
Nun hat er Ruhe, keine Schmerzen mehr.
Ich bin bedrückt ob der Vielzahl der Todesnachrichten, die mich in diesen Wochen erreichen.
Theo [auf Zusendung FAZ Nachruf Richard Wagner]
Fr., 31. März 2023, 22:26 Uhr
Lieber Theo, ich muß mich entdchuligrn, daß ich Dir gestern nicht punktgenau zu Deinem Geburstag gratulierte ... das sei aber hiermit auf das Herzlichste nachgeholt .. mit einem Tag Verzögerung. Ich kann mich nur damit herausreden, daß ich Folge einer kleien Lebensmittel-Vergiftung vor knapp zwei Wochen nach und nach in Folge immer gravierende Gesundheistproblem bekam: Entzündung von Blase und Prostata, Anal-Trombose etc. etc.Gestern war ich mehrfah beim Urologen und es galt zu entscheiden: Die Blase war auf Extrem-Größe geschwollen und blockierte alles. Das Ende vom Lied: seit heutefrüh muß ich mit lästigem Blasen-Katheter leben ... erst einmal. Aber ich fühle mich seitdem besser, auch wenn ich ziemlich erschöpft und müde bin ... wohl Nebenwirkungen der einzunehmenden Medikamente. Mach Dir aber keine allzugroße Sorgen; ich werde sogar versuchen, morgen mein Lunchkonzert in Köln zu spielen .. hoffe nur, ich kipp nicht zwischendurch in einen Schlaf ;-)
Wir haben ein paar Tage nicht voneinander gehört; darf ich als Zeichen Verstehen, daß die letzten Dinge zu deinem neuen Geichtband anstehen .. ich warte schon sehnlichst darauf, ein gedrucktes Exemplar vom Pop-Verlag in Händen zu haben!
Michael Sa., 1. April 2023, 09:06 Uhr
Lieber Michael,
zunächst einmal: Ich wünsche dir alsbaldige Genesung!
Sodann danke ich dir für die guten Wünsche.
Grundsätzlich möchte ich zu Geburts- und sonstigen Feiertagen anmerken, daß ich selber das bei Verwandten (den engen Kreis der fünf ausgenommen), Freunden und Bekannten kaum wahrnehme und in den seltensten Fällen aktiv werde. Und gerade bei einer Korrespondenz wie der unsrigen scheint mit das auch nebensächlich zu sein. Der 30. März ist seit Jahren ein Tag, den ich in erster Linie am liebsten allein für mich verbringe - ohne jede Erwartung. Du wirst vielleicht staunen, wenn ich dich wissen lasse, daß auch aus dem engen Kreis - außer den Enkelinnen per Sprachnachricht - niemand mehr zum Geburtstag gratuliert, weil Frau und Kinder wissen, daß ich das lieber nicht möchte. Dich lasse ich das jetzt einmal so wissen, da du glaubst, dich für ein Versäumnis entschuldigen zu müssen. Um Gottes willen!
Hier herrschen in diesen Wochen ausgesprochen rauhe, unruhige, traurige Zeiten, die von etlichen schlimmen Krankheits- und schrecklichen Todesnachrichten überschattet sind.
Und damit zu deinem letzten Satz in der Mail: Traian Pop hat einen schweren Herzinfarkt erlitten, den er mit knapper Not überlebt hat. Er ist jetzt zur Reha in einer Klinik im Südschwarzwald. (Trotzdem - die Katze läßt das Mausen nicht - will er zur Leipziger Buchmesse fahren und bereitet in der Klinik einige Bücher zum Druck vor. Vorschlag zur Blüte (an dem ich noch vorgestern eine Änderung vorgenommen habe) hat er nun für Mai geplant; ich bin da aber vorsichtig und erwarte erst einmal --- nichts.
Vor einigen Tagen habe ich Pessoas Buch der Unruhe - dein Lebensbuch - wiedergelesen: Ich finde mich in den Auffassungen des Hilfsbuchhalters Soares bestens wieder. Es ist schon frappierend, wie nah ich ihm bin - auch im ganz konkret gelebten Leben.
Ein klingendes Konzert wünscht dir
Theo
Sa., 1. April 2023, 21:33 Uhr
Lieber Theo,
das Konzert heute habe ich überstanden … ein bißchen wie neben mir stehend / sitzend. Zumindest spielte ich nicht allzusehr unter meinem üblichen Niveau. Habe ja ein wenig Erfahrungen, wie es ist, in kränkelndem Zustand aufzutreten … auch mit Fieber. Für eine gute Stunde kann der Körper dann über sich hinauswachsen (… das Positive bei künstlerischer Anspannung !) Aber bin den ganzen Tag schläfrig, eben am Laptop kurz mal weggetaucht. Und nach diesen wenigen Zeilen noch schnell an Dich werde ich wohl gleich richtig ins Bett fallen und mich der umfassenden Müdigkeit hingeben.
Was Du über Traian Popp schriebst, klingt beunruhigend: ein schwerer Herzinfarkt ist keine Kleinigkeit ! – aber immerhin scheinen die Kräfte in der Reha wieder zu wachsen. Er soll sich dennoch nicht übernehmen.
Michael
Fr., 14. April 2023, 09:13 Uhr
Lieber Michael,
was vielleicht gar nicht geht, findet 'gefühlt' trotzdem statt: Ich gehe, was die Arbeit mit und am BuchKunstWerk betrifft, noch konzentrierter zu Werke, als ich das von mir über das ganz Leben hin gekannt habe.
Ich hatte schon angedeutet, daß ich seit Beginn des Jahres 2023 noch einmal einige Dinge geändert habe. Ich erlebe es, beispielsweise, als wohltuend, mich von allen (über 30) Newslettern abgemeldet zu haben. Und ich bitte nach und nach, alle Menschen, mit denen ich zumindest gelegentlich korrespondiere, mir nur noch unmittelbar persönliche elektronische Briefe zukommen zu lassen, mich aus dem Verteiler für Rundmails zu nehmen. Ich möchte gern in der Gewißheit leben, daß ich nur noch direkt an mich gerichtete Zeilen im Postfach vorfinde, wenn ich es morgens öffne. Das hat bereits seit einiger Zeit dazu geführt, daß ich an etlichen Tagen keine einzige E-Mail mehr erhalte. Es ist wieder so wie in vorelektronischen Zeiten, als man noch selbstverständlich tage-, wochen- monatelang auf Briefe oder Karten wartete. (Du weißt, daß die unsrige die einzige regelmäßige Korrespondenz ist, die ich noch pflege.)
Ich will mich noch stärker als bisher auf das, was ich als das Wesentliche betrachte, konzentrieren dürfen. Und das ist die Lektüre primärer literarischer Werke.
Ich nähere mich langsam dem Ende der Lektüre von Karl Gutzkows Roman Die Ritter vom Geiste. Nur noch 990 von 3.609 Seiten ... Es ist großartig, jene Zeit unmittelbar nach den Revolutionsjahren 1848/49 in und um Berlin zu erleben. Ich lebe nun seit Wochen inmitten dieser Gesellschaft von rund 200 Menschen aller Klassen, von denen viele mir ans Herz gewachsen sind.
Ich spüre von Tag zu Tag mehr, daß mir die kleinen, aber entscheidenden Veränderungen, die ich vornehme und konsequent zu leben versuche, an Körper, Geist und Seele guttun.
Theo
Fr., 14. April 2023, 10:06 Uhr
Lieber Theo,
wie immer freue ich mich über Deine Zeilen ! – und wo Du Dich mittlerweile bei allen Newslettern abgemeldet hast, sollte auch ich Dich aus meinem Verteiler nehmen, sodaß Du auch von mir nur noch wirklich Persönliches bekommst. Wer hätte gedacht, daß sich unsere Korrespondenz als für uns beide wichtigste etablieren konnte ?! – Was Du nun über Dein BuchKunstWerk schreibst, klingt beeindruckend. – und es scheint mir fast so etwas wie Borges „Bibliothek von Babel“ zu wachsen. Zu einer solch umfassenden Ordnung würde mir die Energie fehlen … oder auch die diversen Interessen so gestreut sind, daß eine solche Fokossierung unmöglich erscheint. Es reicht mir, immerhin die eigene kompositorische Arbeit wohl geordnet zu haben, auch um diese irgendwann in dieser Form an guter Stelle unterzubringen.
Leider geht es mir gesundheitlich nicht wieder besser. Bin weiterhin in Behandlung und es wird sich eine Prostata-OP wohl nicht mehr umgehen lassen. So wurde gestern vormittag nach zwei Wochen der Blasenkatheter zwar versuchsweise entfernt, am Abend aber wieder ein neuer gesetzt, nachdem kein natürliches Wasserlassen möglich war. (alles derzeit einigermaßen deprimierend.) - ich werde wohl meine Jurytätigkeit in Berlin absagen müssen und ebenso meine Mitwirkung beim Festival "Musik in Freiheit" Ende des Monats.
Ich muß da wohl durch … wie auch andere Männer meines Alters. Michael
Fr., 14. April 2023, 20:10 Uhr
Kleiner Nachtrag, lieber Theo: Habe eben mal wieder das Word-Doc. aktualisiert, in dem ich unsere Korrespondenz zusammentrage, also die Mails des vergangenen Monats herüberkopiert (dabei – wie immer – auch kleine Tippfehler entfernt) Zum einen somit eine erneute Lektüre und so fällt auch auf, worauf ich vergaß einzugehen: so beispielsweise Deine erneute Lektüre meines „Lebensbuches“ (…der Unruhe von Pessoa), das für mich sogar fast so etwas wie ein Bibel-Ersatz ist. Das nehme ich so regelmäßig in die Hände wie eben andere Menschen die Bibel … und es ging mir schon bei der ersten Lektüre 1986 so ähnlich wie Dir: so viele Gedanken & innerer Beobachtung, die mich den Hilsbuchhalter wie einen ganz nahen Bruder erkennen lassen. Immer wieder entdeckt man Neues, Bewegendes. - Aber dies nun nebenbei: Inzwischen ist unsere Korrespondenz auf unglaubliche 301 Seiten angewachsen, engzeilig in 10punkt Tahoma! Michael
Sa., 15. April 2023, 09:51 Uhr
Lieber Michael,
viel zu wenige Menschen haben Das Buch der Unruhe gelesen. Auch deshalb sind so viele Menschen so unruhig. (Die meisten Menschen sind nicht in der Lage, zuhause zu bleiben. Daraus resultieren die Unruhen dieser Welt.) Das Buch der Unruhe bringt Ruhe in jedermanns Leben. Unruhig ist unser Herz, bis es ruhet in dir, lautet ein Psalm, mit dem ich großgeworden bin. (Bin ich großgeworden?) Auch Das Buch der Unruhe wird keine endgültige Ruhe in unser Leben bringen, aber die Lektüre hilft doch enorm dabei, wenigstens stundenweise zur Ruhe zu kommen.
Ich erwarte eine größere Büchersendung, die vielleicht gleich mit der Post kommt.
301 Seiten? Korrespondieren wir weiter ...
Theo
Di., 18. April 2023, 23:08 Uhr
Lieber Theo,
Du wirst - da bin ich mir ganz sicher - viel Freude haben an dieser kleinen musikalischen Miniatur für Klavier vierhändig (2004 komponiert für Marta & György Kurtág), die gerade auf CD erschienen ist mit dem wunderbaren Duo Stenzl. (Extrem schlicht & doch erhaben) - ich enteckte das eben zufällig auf YouTube.
(K)EIN CHORAL : https://www.youtube.com/watch?v=52L8tJC1-Uo
sozusagen mein kleiner klingender Abendgruß an Dich Michael
Mi., 19. April 2023, 10:02 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für diesen Hinweis. Ich habe die Miniatur soeben zum zweitenmal gehört.
Eine feine Bereicherung dieses Morgens.
Theo
Mo., 24. April 2023, 21:41 Uhr
Lieber Theo,
gestern wurde bei uns in der GKG (ich bin im Beirat und werde die nächste Ausstellung dort - STROM:KLÄNGE - kuratieren) eine sehr gelungene Ausstellung mit Arbeiten Deines Namensvetters Leo Breuer eröffnet, der in diesem Jahr 130 Jahre geworden wäre : http://www.gkg-bonn.de/leo-breuer-130-2023-23-4-2023-11-6-2023. Eine beachtliche Wandlung hat seine Kunst durchgenmacht, und das ist alles in der Ausstellung zusammengetragen ! - Ich besitze auch eine kleine Arbeit von ihm, die ich Dir als Foto mal schickte.
Und a propos Kunst: heute bekam ich ein frisches neues kleines Ölbild meines engsten Malerfreundes Giso Westing geschenkt, wie ein Frühlingsbild empfinde ich es ... und mußte innerlich schmunzeln, weil es mich an eine Foto erinnerte, welches Martella kürzlich machte: eine erstaunliche formale & farbliche Verwandtschaft (findest Du nicht auch ?!)
Di., 25. April 2023, 16:35 Uhr
Lieber Michael,
in der Tat : frappierend.
Du lobtest kürzlich meine Energie in Bezug auf das BuchKunstWerk, an dem ich Tag für Tag arbeite, und meintest, diese Energie nicht aufbringen zu können. Zum einen siehst du deine Büchersammlung ja auch nicht als ein solches BuchKunstWerk, zum anderen bist du in so vielen Bereichen tätig, daß es mich erstaunt, was du noch alles tust und willst.
So haben wir alle unsere eigenwilligen, eigensinnigen Existenzen. (So lange wir sie haben.)
Theo
Fr., 28. April 2023, 22:35 Uhr
Lieber Theo,
allzu gerne würde ich mich ja einmal in Deinem BuchKunstWerk aufhalten, sicherlich staunend und bewundernd … hier und dort zufallsgesteuert Bücher (die in meiner Bibliothek nicht vorhanden sind) anlesen … so, wie ich es gelegentlich auch hier in meinem Bücherkosmos tat / tue … aber derzeit seltener, weil nicht mehr eine Textauswahl für den WortKangRaum ansteht.
Im Moment denke ich mehr über die Zusammenstellung einer CD nach, die ich ev. noch in diesem Jahr aufnehmen möchte (sozusagen solange ich noch – auch für mich akzeptabel - Cello bzw. Campanula spielen kann). Bin mittlerweile so weit, daß ich vielleicht auch noch eine Harfenistin dazubitten werde … was mir als Ergänzung zu einem der jüngeren Stücke für Campanula & Zuspielung nicht unsinnig erscheint, weil somit eine weitere ergänzende ‚Farbe’ (die der Harfe) damit korrespondieren würde. Grundsätzlich hat das Label CYBELE, bei dem ja mehrere CDs von mir erschienen sind, schon sein Interesse bekundet … ich muß nur sehen, ob ich von irgendwo noch Fördermittel bekommen könnte, oder doch alles selber finanzieren muß. In jedem Fall soll diese CD mit einem Solostück von Günter Bialas eröffnet werden. Es war das allererste Stück, das ich 1985 auf dem damals noch ganz jungen Instrument Campanula uraufführte. Natürlich soll dies zudem auch noch einmal eine verehrende Verneigung mit großem Dankgefühl dem Menschen & Kollegen, allererstem Lehrer & späterem Freund bis an sein Lebensende Günter Bialas sein, dem ich wirklich viel verdanke !
Auch eine CD mit den Klavierversionen aus dem Melodienprojekt STROPHEN, gekoppelt mit dem jüngsten Klavierwerk COUNTERTIMECOUNTER steht noch auf der Wunschliste … das wird Yin Chiang (die letzteres ja vor nicht langer Zeit uaraufführte) sicherlich gerne machen. Aber wir müssen noch ein Label finden … und auch Hilfe bei der Finanzierung. Das dauert also vermutlich noch …
Aber vor all diesem erwarte ich (mit gewisser Ungeduld) die endliche Veröffentlichung Deines „Vorschlags zur Blüte“ !
Michael
PS Nach Einholen einer ärztlichen Zweitmeinung heute in der hiesigen Helios-Klinik, scheint eine OP unvermeidlich. Dafür ist nun der 23. Mai terminiert. Bis dahin bleibt der Katheter, aber ansonsten hat sich mittlerweile alles halbwegs wieder eingependelt, sodaß ich nun auch das Konzert nächsten Samstag in Wiesbaden nicht mehr kurzfristig absagen muß. Mi., 3. Mai 2023, 10:19 Uhr
Lieber Michael,
mehr und mehr verschwindet bei mir der Literaturbetrieb aus dem Blick. Das ist gut. Literatur leben (im Zusammenspiel mit Kunst und Musik) : Das ist stets mein Bestreben gewesen. Und ist es heute mehr denn je zuvor.
Ich habe mich stets gern abseits der hektischen Betriebsamkeit aufgehalten. In den 1990er Jahren zählte ich zum Underground, den es damals noch gab.
Die Anzahl der täglichen E-Mails geht in der Tat gegen Null. (Gestern verirrte sich noch einmal ein Newsletter, den ich dann auch gleich abgemeldet habe.) Das Interesse der schreibenden Kollegen an einem regelmäßigen Austausch exisistiert nur ausnahmsweise. Eine dieser Ausnahmen war Axel Kutsch, mit dem ich mich jahrzehntelang ausgetauscht habe. Nun hat Axel riesiges gesundheitliches Pech gehabt, und er ist nicht mehr in der Lage zu korrespondieren. Er wird in diesem Monat 78 Jahre alt und künftig in einem Pflegeheim leben. Ich verzichte auch in diesem konkreten Fall auf die üblichen Vokabeln, die uns nicht weiterbringen. Ich versuche stattdessen einen Weg zu finden, mich mit dem Leben, wie es sich mir darstellt, auseinanderzusetzen - nach Shakespearscher Devise : We are not to ask and why - we are just to do and die.
Ich lese nun Michel Butors Roman Paris - Rom oder Die Modifikation.
Das weiterhin die Tage und Stunden bestimmende Innehalten und Überdenken und Justieren, das meine Existenz seit Beginn des Jahres 2023 prägt, tut, um es mit einem Wort zu sagen : GUT. Das ist der Weg, den ich, so lange es geht, zu gehen gedenke. Die bei Hans Bender gelesene Devise lautet mehr denn je : Splendid isolation - ich allein mit einem Buch.
Vorschlag zur Blüte hat die Zeit bekommen, die das Buch gewollt und gebraucht hat. Ich bin dankbar, daß das Manuskript in ganz besonderem Maße von Geduld hinsichtlich der Publikation geprägt ist. Noch in der vergangenen Woche habe ich eine kleine Ergänzung eingebracht. Ich wiederhole mich : Gerade die Monate des Jahres 2023, in denen das Buch 'eigentlich' schon erschienen sein sollte, haben ihm den entscheidenden Schliff gegeben. Was - für - ein - Glück! (Nun warte ruhig ich auf Traians Signal - das jedoch mit größtem Verständnis für seine Situation, die nach außen hin offenbar wieder wirkt, als wäre nichts geschehen.)
Schön, daß du Pläne und Ziele hast. (Ich sehe mehr denn je den Weg als Ziel. Das Leben bestimmt mehr über uns als wir über das Leben, das zeigt auch das Jahr 2023 wieder im Großen und im Kleinen, im Banalen und im Besonderen.
Ich wünsche dir bei allem, was du vorhast und was kommt, Geduld, Zuversicht und Glück.
Theo
So., 7. Mai 2023, 12:07 Uhr
Ja, lieber Theo, ich sehe es seit Jahren auch so: allein der Weg ist das Ziel ! - so steht es als Motto auch schon in der Partitur von "Hauptweg und Nebenwege" (was bereits 1998 auch mein letztes Werk hätte sein können ...) Spätestens seit diesem fast dreistündigen Klavierquintett, welches ja in alle möglichen Richtungen des Bezugnehmens weist, habe ich mich - ähnlich wie Du - aus dem ganzen Neue-Musik-Zirkus zurückgezogen, die einschlägigen Festivals (wie Witten, Donaueschingen etc.), die eher wie eine Börse funktionieren, bei der man gehäuft die Kollegen (geschätzte & weniger geschätze, weil extrem egozentrisch) trifft, nicht mehr besucht; letztlich nur noch mein Ding betrieben, ohne irgendetwas zu erwarten. Das ist eh persönlich viel zielführender, als zu glauben, man müsse überall präsent sein.
Wie schön & nachvollziehbar, daß Du glücklich bist, für die definitive Drucklegung der neuen Gedichtfolge mit der Verzögerung unerwartet Zeit für den letzten Schliff bekamst ... ohne es zuvor geahnt zu haben!
Ich hatte gestern ein Konzert bei ART.IST in Wiesbaden, wo ich u.a. mit einer japanischen Blockflötistin zusammen improviesierte: es gab zauberhafte & magische Dialoge, eine feinsinnige Klangwelt entstand ... aus den Zufällen des sich gegenseitig Zuhörens geboren.
Und nun steht Spargelschälen an ... unsere Tochter wird uns zum sonntäglichen Mittagessen besuchen ...
Michael
Fr., 26. Mai 2023, 15:30 Uhr
Lieber Theo,
bin wieder zu Hause, nach vier Tagen Klinikaufenthalt. Die OP lief bestens, der operierende Urologe durchaus sympathisch, und wie sich heutemorgen bei der Endvisite herausstellte hat seine Tochter vor ca. 14 Jahren mal mit unserer Clara zusammen musiziert. So klein ist doch immer wieder die Welt ! Allerdings war alles andere beim Klinikaufenthalt weniger "lustig" ... aber für solch kurze Zeit zumutbar.
Immerhin dies mal wieder als kurzes Lebendzeichen von mir ... wo ich länger nicht von Dir hörte, was ja - wie Du mir schon mal schriebst - wenig zu sagen hat.
Michael So., 11. Juni 2023, 14:56 Uhr
... Nun macht mir Dein ungewöhnlich langes Schweigen doch etwas Sorge, lieber Theo ... hoffe, es gibt aber keinen Grund dafür!
Michael
Mo., 12. Juni 2023, 10:26 Uhr
Lieber Michael,
ich habe schon lange aufgehört, das Leben in die typischen Zeiteinheiten einzuteilen. Tage, Wochen, Monate, was ist das schon - gemessen an der Ewigkeit ...
Ich habe in letzter Zeit fast alle CDs, die du mir hast zukommen lassen, wiedergehört.
Auch 2023 ist für mich ein Jahr, das sich von allen anderen gelebten Jahren in mancherlei Hinsicht deutlich unterscheidet. Extrem zurückgezogen lebend (so extrem wie nie zuvor), ist es doch von ungeahnter Intensität. Vielleicht schreibe ich dir eines Tages ausführlich von dem, was mich seit Monaten stark beschäftigt. (Vorläufig fehlt der Antrieb dafür.)
Ich bitte dich: Mach dir meinetwegen nie Sorgen. (Ich tue das im umgekehrten Fall auch nicht.)
Die Dinge geschehen, die Existenzen kommen und gehen. Wir sind Spielbälle des Lebens.
Theo
Mo., 12. Juni 2023, 15:19 Uhr
Lieber Theo,
Du wirst Deine Gründe haben, nun so extrem zurückgezogen leben zu wollen … ja wohl auch, weil Du bemerkst, wie gut es Dir dabei geht. Und so freut mich, daß Du mich darüber in Kenntnis setzt … und ich werde auch nicht weiter nachfragen und mir unnötig Sorgen machen. (Allerdings war dies in der Vergangenheit in zwei Fällen sehr wohl berechtigt, wie sich herausstellte.)
Ich wollte & könnte mir solch eine selbstgewählte Einsamkeit derzeit kaum leisten. Ab morgen beginnt der Aufbau der von mir kuratierten Ausstellung STROM:KLÄNGE (das Studio für elektronische Musik der HfMT Köln damals und heut) in der Bonner gkg (http://www.gkg-bonn.de/strom-klaenge-18-6-2023-6-8-2023). Und ich hoffe, die Ausstellung und ihre diversen Veranstaltungen finden trotz bald beginnender Sommerferien eine gute Resonanz.
Wie steht es eigentlich um die Veröffentlichung der neuen Gedichte von Dir? – mittlerweile ist es Juni und ich warte sehnlichst auf die Nachricht: nun (endlich) erschienen.
Michael
Do., 22. Juni 2023, 11:08 Uhr
Lieber Michael,
die Wörter 'denkwürdig' und 'merkwürdig' geben mir seit Jahren zu denken. Sie bedeuten im Grunde, glaube ich, eher das Gegenteil dessen, was die Umgangssprache mit ihnen vermitteln mag.
Übermorgen, am Johannistag, ist Hans Georg Schwarks 90. Geburtstag. (Ich habe ich zuletzt im November 2019 besucht, nachdem ich seit 1990 regelmäßig bis zu achtmal im Jahr in der Taubengasse war.)
Wir kommen nicht umhin, so manches im Leben zu nehmen, wie es ist. Daß unsere mehrjährige Korrespondenz nun gleichsam eine Auszeit mit offenem Ende nimmt, ist für mich Anlaß, dankbar zurückzublicken auf zahllose elektronische Briefe, mit denen wir einander erfreut und bereichert haben. (Von Buch- und CD-Gaben ganz zu schweigen.)
Alles hat seine Zeit.
Die nahezu vollständige Zurückgezogenheit vom öffentlichen Leben, die meine Existenz seit Beginn dieses Jahres mehr denn je bestimmt, war bis Ende des Jahres 2022 überhaupt nicht zu erwarten.
Insofern bin ich gespannt, was das Leben noch so mit mir vorhat.
Sollte das Gedichtbuch erscheinen, so wirst du der erste sein, der davon erfährt. Ich kann in keiner Weise abschätzen, wie die Chancen stehen, denke auch nicht groß darüber nach: Es kommt, wie es kommt, ich habe keinen Einfluß darauf und will mich damit auch nicht weiter befassen. Ich warte einfach in Ruhe ab.
Denkwürdige Zeiten. Merkwürdige Zeiten. (Shakespeare: You are not to ask and why - you are just to do and die.)
Heute lese ich Nathalie Sarrautes Kindheit. Seit Beginn des Jahres schweifen die Gedanken, während ich räume, sortiere, aussortiere, neu ordne und gestalte, mehr denn je zurück in die Vergangenheit.
67 Jahre voller unerwarteter Ereignisse, Erlebnisse, Geschehnisse. Bisweilen überwältigend.
Theo
Do., 22. Juni 2023, 20:42 Uhr
Lieber Theo,
jeder Tag, an dem mich ein elektronischer Brief von Dir erreicht, ist ein Festtag … es ist ja keine wirkliche Auszeit, die nun eingetreten ist; geändert haben sich nur die Intervalle (musikalisch gesprochen: nicht mehr im Sechstelton-Abstand, eher in dem einer Duodezime) --- Das „Alles-hat-seine-Zeit“ gilt ja für eigentlich alle Erlebnisse, Erfahrungen, Entscheidungen etc. unseres Lebens, welches wir nur bedingt in der Hand haben völlig unabhängig zu gestalten.
Die nun gewählte / gefundene Zurückgezogenheit wird Dir sicherlich auch unerwartet Neues bringen … und dennoch wirst Du Dich der ‚Welt’ nicht ganz verschließen, eher gelegentlich mal herüberblinzeln ohne irgendeine Erwartung an sie. In solch einem Moment magst Du vielleicht auch mal einen kurzen virtuellen Gang durch die von mir konzipierte Ausstellung STROM:KLÄNGE machen: https://www.youtube.com/watch?v=ZMOW5P_Hg5E Der Bonner Generalanzeiger berichtete gestern übrigens recht gut von der Eröffnung (siehe Anhang) Die bisherige Resonanz ist erfreulich.
Wie gelassen Du mittlerweile das Erscheinen Deiner letzten Gedichtsammlung abwartest !!! – ich staune; ist dies ‚denk-‚ bzw. ‚merkwürdig’ ? – In der Tat steht merkwürdig ja umgangssprachlich für ‚seltsam’ … also nicht für das, was man wörtlich denken sollte: des Merkens würdig / wert. - Mir geht es auch mit manch anderen Wörtern so, z.B. immer wieder ‚Enttäuschung“.
Vorgestern machten wir einen Tagesausflug zur Sayner Hütte, dem dortigen Schloß nebst Schmetterlingshaus. Heute Vormittag besuchten wir den Düsseldorfer Medienhafen mit seiner teilweise spektakulären Architektur, um dann anschließend beim „Bösen Chinesen“ (so hieß das Restaurant tatsächlich !) den 34. Geburtstag unseres in Düsseldorf lebenden Sohnes Gabriel zu feiern.
Und gesternabend war ich zum 2. Mal durch mit der gebührend langsamen & zeitgestreckten Lektüre der letzten Aufzeichnungen 2016 – 2021 von Peter Handke (Innere Dialoge an den Rändern), die wiederkehrenden Motive, wie etwa Gedanken zum 11. Gebot, geben dem Ganzen einen feinen Rhythmus.
Dir weiterhin denkvolles Neuordnen & räumendes Gestalten Michael Mi., 5. Juli 2023, 09:44 Uhr
Lieber Michael,
wenn das so ist, dann schriebe ich dir gern jeden Tag einen elektronischen Brief. Da gab es ja auch Phasen, in denen ich das tatdsächlich tun konnte. Sogar mehrfach an einem Tag ...
Schreibenergie und Schreiblust sind mir seit einigen Monat völlig abhanden gekommen. Ich muß mich zwingen, wenigstens gelegentlich, wie jetzt, eine E-Mail zu schreiben. Vor einigen Tagen erhielt ich nach Jahren noch einmal einen handgeschriebenen Brief, über den ich mich naturgemäß sehr gefreut habe. Trotzdem konnte ich selbst in diesem Fall nur ganz kurz und allgemein antworten.
Je älter ich werde, um so mehr versuche ich das Leben und all die Dinge, aus denen es besteht, aus konstruktiver Sicht zu betrachten. Und so komme ich zu dem Schluß, daß ich nach so vielen hochproduktiven Jahrzehnten möglicherweise 'ausgeschrieben' bin. Einfach müde. Ja, entsetzlich müde. Immer.
Ich bin dankbar, daß das Buch mir - trotzdem - Tag für Tag treu bleibt. (Es ist ein wortwährender Kampf mit der Müdigkeit.) Zur Zeit lese ich Henry Roths Romantetralogie Mercy of a Rude Stream, die der Autor nach über 40 Jahre langem Schweigen (der großartige Roman Call It Sleep, den ich vor einigen Jahren las, erschien 1934, mit der Arbeit an der Tetralogie begann er Mitte der 1970er Jahre) im hohen Alter zu Ende bringen konnte.
2023 ist weiterhin das Jahr des Sichtens, Räumens, Sortierens. Auf diese Weise lasse ich ein Leben Revue passieren, in dem ich etliche ganz unterschiedliche Phasen erlebt habe.
Sehr viel Arbeit bereitet natürlich - oft täglich - das tausend Quadratmeter große Anwesen mit Haus (insgesamt 340 m² mit Erdgeschoß, Untergeschoß und Speicher, auf dem ich mich in diesen Zeiten oft aufhalte; er ist wie das ganze Haus ebenfalls mit Teppichen ausgelegt, also durchaus wohnlich gestaltet), Garage, Hof, Terrasse und Garten. Pro Woche kommen zum Beispiel 250 oder mehr Liter Rückschnitt zusammen.) Belohnt werden wir dafür mit rundum schönen Blicken und reichlich Freiraum um uns herum.
Zahlreiche Kartons mit Altpapier sind wieder zusammengekommen. Zudem habe ich begonnen, die vielen hundert Exemplare von Literaturzeitschriften auszusortieren, die seit Anfang der 1990er Jahre zusammengekommen sind. (Belegexemplare mit Beiträgen von mir verwahre ich natürlich - vorläufig jedenfalls.)
Auf von dir angesprochenes unerwartet Neues setze ich nicht. Ich versuche, mich an dem festzuhalten, was da ist. So reise ich weiter lesend durch die Zeiten und Welten.
Ich wünsche dir einen frohen Festtag!
Theo
Mi., 5. Juli 2023, 11:05 Uhr
Lieber Theo,
jetzt hat also auch Dich der Zustand erreicht, den ich – was das Schreiben angeht – schon seit zwei Jahren erlebe: die Lust ist abhanden gekommen. Abgesehen von zwei eigentlich nicht erwähnenswerten musikalischen Geburtstags-Klavier-Miniaturen zum 70. bzw 80. zweier Freunde bleibt bisher & weiterhin „countertimecounter“ mein letztes Stück. (mit dessen Opuszahl 122 liege ich aber in bester Gesellschaft: Brahms hat auch mit seinem Opus 122 aufgehört !)
Es liegt glaube ich an dem erreichten Alter von uns beiden (& natürlich auch generell), daß man zurückblickt, Früheres mit Abstand nochmals an sich vorüberziehen lässt … manchmal zum eigenen Erstaunen über das, was einem damals schon möglich war. – Kürzlich starb Friedrich Spangemacher, ein sehr feiner Mensch und Musikjournalist, der zuletzt als führende Person beim SR arbeitete; wir kannten uns lange, weil wir unweit voneinander im Münsterland geboren wurden, und er hat vor exakt 40 Jahren in einem Jahrbuch des Kreises Borken ein Portrait & Gespräch mit mir veröffentlicht, welches ich nun aus Anlaß seines Todes mal wieder aus meinem Archiv herausfischte: ich war damals 28 Jahre alt … und was ich damals so von mir gab, könnte / würde ich fast auch heute so sagen. – Ich habe das jetzt endlich mal zugängig gemacht: http://www.denhoff.de/interview_spangemacher.htm
Grundstück & Wohnfläche sind bei Dir / Euch viel größer als bei uns (der kleine Unterschied zwischen Land & Stadt); aber mir reichen auch ein Reihenhaus-Gartenstück von ‚nur’ ca. 80 Quadratmetern … da fällt nicht allzu viel Grün-Abfall an, auch wenn der große, fast den ganzen Garten überspannende Kirschbaum im Herbst mächtig viel Laub abwirft. Immerhin haben in diesem Jahr die Anseln und Tauben fast die ganze Kirsch-Ernte erledigt /verzehrt, sodaß nicht der ganze Rasen unter faulenden Kirschen verschwindet, wie vor zwei Jahren.
Vor wenigen Tagen erwarb ich in meiner neuen Lieblingsbuchhandlung in der Kaiserstraße Genazinos Aufzeichnungen 1972 – 2018 „Der Traum des Beobachters“; eine auf seine eigene Art reizvolle Lektüre … ich lese ja immer wieder gerne solche Gedankenbücher, die mich manchmal mehr inspirieren als Romane.
Und nun habe ich mich für heute und morgen bereit erklärt, die Aufsicht in der von mir gestalteten Ausstellung in der gkg zu übernehmen, und werde dabei auch ein paar kleine persönliche Gruppenführungen für ein paar Freunde machen. (Schade, daß ich nicht auch Dich mal durch die Ausstellung führen kann.)
Soviel für den Moment von diesem „Festtag“ Michael
Fr., 28. Juli 2023, handschriftlich per Post
Lieber Theo,
heute mal wieder auf nostalgisch altem Postweg. In den vergangenen Tagen arbeite ich an diesem ziemlich extremen Klangstück, welches sozusagen eine Harmonie-Studie in Zeitlupe ist. Der Titel „slam-x2 (hommage à John Cage et Éliane Radigue) verbirgt als Kürzel die Idee: so langsam als möglich. Vielleicht findest Du für Dich ein passendes Buch zum Lesen für die entsprechende Dauer von ca. 80 Minuten … Als idealer Aufführungsort stelle ich mir einen Kirchenraum vor. (Eigentlich ist die Musik vierkanalig, hier aber auf CD natürlich nur Stereo) … dies also mein erstes Klingen wieder nach langer Pause.
Dir herzliche Grüße hiermit Michael
PS Du bist der erste, der das zu hören bekommt
Sa., 29. Juli 2023, 16:41 Uhr
Lieber Michael,
heute hast du mich mit einer schönen Sendung überrascht. Vielen Dank dafür.
In den nächsten Tagen komme ich nicht dazu, die CD zu hören; sobald ich die Gelegenheit dazu habe, werde ich sie nutzen und es dich wissen lassen.
Die seit diesem Jahr - teils gewollte/gewünschte, teils ungewollt/unerwünschte - sich vollziehende deutliche Veränderung in meinem Dasein hat weiter Bestand. Nach 'innen' - sprich lesend, denkend, ordnend, sortierend - hochaktiv, nach 'außen' - sprich Kontakte jeglicher Art außerhalb der Familie - extrem passiv. Konkret: In den vergangenen Wochen und Monaten ein längeres Telefonat geführt, keine E-Mail geschrieben.
Zwei Anfragen, mich mit Beiträgen an Büchern zu beteiligen, habe ich bislang nicht beantworten können. Es ist, als flösse Blei durch meine Adern.
Zwei weitere Bücher von Golo Mann - Wallenstein und Erinnerungen - haben mich in diesen Tagen ebenso mächtig beeindruckt wie dessen Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, die ich im vergangenen Herbst las. Heute erwarte ich noch Klaus Manns Roman Der Vulkan. Von Klaus Mann habe ich vor vielen Jahren drei Romane gelesen. Vor kurzem habe ich die Manns in einem langen Regal zusammengeführt: die vielen Bücher von Thomas Mann, Heinrich Mann, Klaus Mann, Erika Mann und Golo Mann stehen nun einträchtig beieinander.
Theo Di., 1. August 2023, 14:47 Uhr
... da stehen jetzt bei Dir alle Manns so einträchtig beeinander, wie sie es im wahren Leben wohl nicht immer taten ... Lieber Theo, ich bewundere Deinen Sinn für Ordnung, die mir hier zu Hause nicht immer gelingen will. So sind z.B. die früheren Enzensberger im Wohnzimmer zusammen und hier oben in meinem Studio die neueren Bücher von ihm; zuletzt erworben habe ich seinen kleinen Wirtschaftsroman "Immer das Geld". (Aber Thomas Mann steht unten in sich zusammen, aber mir gebührendem Abstand zu Klaus.)
Ich bekam kürzlich als recht verspätetes Geb.-Geschenk die "Tagessätze" von Wolfgang Hegewald (den ich ja seit Villa-Massimo-Zeiten kenne). Konnte bisher nur hineinblinzeln ... es verspricht humorvoll zu werden ...
Die neue Raumklangskulptur magst Du hören, wann immer es passen könnte; aber mach Dich auf eine Überraschung gefaßt ... solche gestreckten Klänge kennt Du bisher nicht von mir.
Michael
Do., 3. August 2023, 09:42 Uhr
Lieber Michael,
seit 49 Minuten widme ich mich der neuen Komposition, die du mir freundlicherweise hast zukommen lassen.
Ich bin überwältigt. Ich höre das Leben, das ich in diesen Zeiten führe.
Das ist die Musik, die das BuchKunstWerk, mein eigentliches Lebenswerk, klanglich vollendet.
An einem Tag der offenen Tür würde ich diese Komposition endlos abspielen.
Theo
Do., 3. August 2023, 22:15 Uhr
Lieber Theo,
du wirst Dir denken können, wie sehr mich Deine Begeisterung über meine Raumklangskuptur "slam-x2" freut ! - Vielen Dank für die kurze spontane "Überwältigt"-Mail ! - ich selber mußte mir die knapp 80 Minuten ein paar Male ab- bzw. anhören, bevor mir klar wurde: es ist nicht nur ein Experiment, sondern etwas letztlich Wesentliches meiner augenblicklichen Befindlichkeit zustande gekommen... in die so viel hineinspielt, was ich hier gar nicht alles aufzählen kann / möchte ... Jetzt weiß ich zumindest für mich: es war / ist wichtig, diese Zeitlupenklänge 'loszuwerden' !
Möglicherweise hörst Du dort auch "das Blei in den Adern" ... wie Du mir schriebst. Daß die Musik Dir aber so erscheint, als vollende sie klingend Dein Lebenswerk "BuchKunstWerk" ehrt mich natürlich sehr ... dies hätte ich nicht / niemals erwartet ! - ganz im Gegenteil: hätte auch mit völligem Unverständnis Deinerseits 'leben' können ...
Tja, und was den "Tag der offenen Tür" angeht, so hoffe ich, er kommt tatsächlich irgendwann ... und sei's nur für mich ...
In diesem Sinne herzlich wie immer & in steter Verbundenheit Michael
Sa., 5. August 2023, 09:45 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich, daß du dich freust. Wer weiß, womöglich ist diese Komposition mir näher als dem Schöpfer selbst. Ich habe das Blei in den Adern bewußt kein zweites Mal verwendet, obwohl mir diese Formulierung während des Hörens immer wieder durch den Kopf ging. Mir ist, als hättest du mein Leben in Töne umgesetzt. Wobei das natürlich viel zu allgemein, ja, schwammig, ausgedrückt ist. Denn einen großen Teil des Lebens verbringe ich ja mit Lektüre, die mich fast immer dermaßen stimuliert, daß ich keineswegs das Gefühl habe, es flösse Blei durch meine Adern. Obwohl ich das Schweregefühl auch beim Lesen nicht loswerde. Die Leichtigkeit des Seins hat nie mein Leben bestimmt, aber in den letzten Jahrzehnten ist sie mir eben völlig abhanden gekommen.
Ich bin davon überzeugt, daß es meiner literarischen Existenz noch einmal einen entscheidenden Schub hätte geben können, wenn wir uns 10 Jahre früher kennengelernt hätten. (Vor zehn Jahren hatte ich - genau gesagt 2014 - hatte ich drei Lesungen in Bonn: zwei im Institut Français, eine in der Buchhandlung Goethe und Hafis. Die Möglichkeit wäre also dagewesen, zumal für die Lesung in der Buchhandlung das Bonner Literaturhaus Pate stand und es viele Hinweise in der Presse gab.) ABER - dann wäre es nicht zum Zyklus nicht weniger nicht mehr gekommen, und auf diesen wollte ich für nichts in der Welt verzichten.
Als ich gestern dem in Berlin lebenden (1938 geborenen) Autorenkollegen Harald Gröhler mein aktuelles Dasein schilderte, tat ich dies keineswegs in Molltönen. Auch wenn ich das Dasein als grundsätzlich schwer und anstrengend empfinde, so doch keineswegs als nutz- oder sinnlos (was menschliches Leben in vielfacher Hinsicht nun einmal sein kann - oder ... ist). Ich versuche ja spätestens seit Beginn des Jahres 2023 mich mit der Situation abzufinden, daß meine literarische Existenz sich immer mehr in Luft auflöst in der literarischen Öffentlichkeit ... rasend schnell, habe ich das Gefühl. Ob das Gedichtbuch noch erscheinen wird? Ich habe keine Ahnung. Und wenn es doch noch erscheinen sollte, wie viele Käufer wird es geben? Glaub mir, Michael, du bist der einzige verbliebene Interessent, der bereit ist, Geld dafür auszugeben. Alle anderen Interessenten erwarten es als Geschenk und werden lieber verzichten, als es zu bestellen. Das habe ich zum Glück mit etlichen Büchern ganz anders erlebt, und ich blicke dankbar auf jene vergangenen erfolgreichen Zeiten zurück, in denen ich eine vierstellige Zahl von Lesern hatte - im Internet noch mehr.)
Es ist ein Geschenk, daß ich ein Leben lang an dem arbeiten darf, was seit einigen Jahren BuchKunstWerk heißt - die Installation, an der ich seit der Kindheit zu arbeiten begonnen habe und die etliche Male mit mir umgezogen ist, um schließlich die mäandernde Weite zu erhalten, die sie heute hat.
Und in dieses BuchKunstWerk sind unmittelbar nur die MD-CDs eingearbeitet - auch wenn alle Musik-CDs grundsätzlich dazugehören, aber eben 'nur' grundsätzlich. Die MD-Musik ist Teil davon geworden, was ich in Gedicht und Essay deutlich dokumentiert habe.
Dieses klingende BuchKunstWerk - das ist mein (literarisches) Ich.
Theo
Sa., 5. August 2023, 23:21 Uhr
Lieber Theo,
dochdoch, ich denke dem Schöpfer ist dies „Klangwerk“ nicht minder nah, als Du es entsprechend für Dich empfindest ! – es entspricht eben auch in Vielem meiner Gemütslage. Beweist dies nicht erneut, wie geistig nah wir beide zueinander stehen ?!
Jedenfalls hat mich Deine spontane Begeisterung animiert, die Musik doch auch schon jetzt auf YT zugänglich zu machen (dort habe ich „Kopfbilder“ meines Künstlerfreundes Herbert Falken unterlegt, zu dessen 90. Geb. ich ja vor einem knappen Jahr auch in Aachen mit meiner Pianistin spielte). Erstaunlciherwiese hatte das Video innerhalb eines Tages schon 45 Klicks – wobei ich natürlich weiß: kaum jemand wird sich das in Gänze anghört haben … aber wer wollte, könnte es nun: https://www.youtube.com/watch?v=xwmvXZ2syQA
Ich vermag nicht einzuschätzen, was passiert wäre, wären wir früher aufeinandergestoßen, bin mehr der inneren Überzeugung: alles im Leben fügt sich von selbst im rechten Moment … oder ist dies mehr ein Indiz dafür, daß man das Leben eben ohnehin nehmen muß, so wie es kommt? So habe ich z.B. früher länger damit gehadert, daß es mir nicht gelang, eine ordentliche Hochschulprofessur für Komposition bekommen zu haben. Aber: wären all die großen Jahresprojekte dabei entstanden? – ich glaube: eher nicht. (Allein wegen des viel größeren Zeitaufwandes für solch eine Lehrtätigkeit.) Und: hätte ich dann nicht viel mehr Fachliteratur gelesen / lesen müssen … und die Zeit für anregende Bücher der Weltliteratur wäre nicht in dem Umfang übrig geblieben? Alles müßige Fragen, ich weiß.
Im Moment freue ich mich erst einmal darüber, daß überhaupt wieder eigene Musik mit immerhin neuer Klanglichkeit entstand, die der eigenen Kritik standhält.
Aber wie Du verspüre ich natürlich auch: unsere Geisteswelt bedeutet vielen nicht mehr viel, dabei geht es gar nicht allein um die Bereitschaft, für Anspruchsvolles auch etwas zu zahlen. - Dennoch glaube ich nicht, ich wäre der einzige, der dazu bei Deinem noch zur Veröffentlichung anstehendem neuen Gedichtband bereit wäre. Harald Gröhler – von dem Du schreibst – wäre z.B. sicherlich auch noch solch ein Lesender / Käufer. – und ich vermute, es sind doch mehr, als Du derzeit denkst …
Morgen ist um 11 Uhr die Finissage meiner STROM:KLÄNGE-Ausstellung in der Bonner gkg. Ich vermute, es gab in der Geschichte der gkg noch keine Ausstellung, die soviel Presse bekam und Zulauf weit über Bonn hinaus. (vor allem ein Online-Artikel und eine umfangreichere Besprechung im Kölner Stadtanzeiger hat in den vergangenen beiden Wochen wohl auffällig viele Unerwartete in die Ausstellung gelockt, wie ich hörte. – Das freut mich als Kurator natürlich !
Nun ist das Weinglas leer. Bevor ich es wieder fülle: Grüße an Dich in Deinem BuchKunstWerk Michael
So., 6. August 2023, 09:21 Uhr
Lieber Michael,
die Umstellung auf meine neue E-Mail-Adresse scheint jetzt auch bei dir dauerhaft zu funktionieren.
Ich höre jetzt wieder die neue Musik, nachdem du sie bei Youtube eingestellt hast.
Bei mir hat es viele Zufälle, Überraschungen, Abzweigungen gegeben, das Leben hätte auch ganz anders und ganz woanders ablaufen können. (Zum Beispiel in Wuppertal, wo wir knapp drei Jahre gewohnt haben.)
Und je nachdem wäre es nie zur Vollblutschriftstellerei gekommen - nicht auszudenken.
Auch wenn ich schade finde, dieses oder jenes nicht erlebt zu haben (z. B. ein Leben in England), so bin ich doch immer jemand gewesen, der das Schicksalhafte des Daseins angenommen hat. Wir haben auf so vieles keinerlei Einfluß ...
Und nein, Harald Gröhler würde für das kommende Buch niemals Geld ausgeben. Er hat mein ganzes Werk im Laufe der Jahre von mir geschenkt bekommen - und mir nie auch ein einziges Buch von sich aus zukommen lassen, ich habe jedes seiner Bücher gekauft - ROT sogar zweimal, weil ich es so oft gelesen habe. Aber das macht nichts. Ich schätze ihn ja außerordentlich als Schriftsteller. Und wir sind seit 1984 befreundet, haben seit mehreren Jahren wieder regen Kontakt (dieser Tage habe ich seinen Rechner aus der Ferne gewartet, da er keinerlei Ahnung von solchen Dingen hat: Das war ein Abenteuer ...), nachdem es zwischenzeitlich - nach seinem Umzug von Köln nach Berlin im Jahre 1991 - sehr ruhig geworden war.
Nach Klaus Manns Vulkan lese ich nun Paula McLaines Roman The Paris Wife, die Geschichte von Ernest Hemingways erster Ehefrau Hadley, die er mit 21 in Chicago kennenlernte, als sie bereits 29 war. Da ich Hemingways Gesamtwerk, auch einiges darüber hinaus gelesen und den einen oder anderen Film gesehen habe, interessiert mich auch dieses Buch sehr.
Theo
Mo., 7. August 2023, 21:10 Uhr
Lieber Theo,
ich bin doch einigermaßen überrascht, wenn Du meinst, Dein Freund Harald Gröhler würde niemals Geld für Dein neues Buch ausgeben. (Steht er finanziell so schlecht da?) Ich habe mehrfach für Bilder auch enger Freunde (z.T.) sehr viel Geld ausgegeben, aber auch, weil ich immer wieder unerwartet Bilder von Ihnen geschenkt bekam. Das tat ich vor allem zu solchen Zeiten, wenn ich beobachtete, daß sie kaum verkaufen konnten (... da kann eine "Finanzspritze" von 6000 Euro - wie etwa bei meinem Freund Giso - ihn schon mal einige Zeit "retten" ... und ich habe dafür ein großartiges Bild erworben! - wie z.B. dies hier, welches seit dem Kauf zentral in Martellas Arbeitszimmer hängt:
... und auch von Deinem neuen Buch würde ich natürlich wieder ein paar Exemplare zum Verschenken bestellen ! - ich warte seit mindestens März auf die gute Nachricht, es sei erschienen -
Nach dem Abbau der Ausstellung, der heute schon zum größten Teil geschah, rückt für mich nun die geplante CD-Produktion nächste Woche immer näher. Wir nehmen Mittwoch bis Freitag in einer alten Kirche in Langenwehe auf, und übermorgen probe ich erstmals mit der Harfenistin, die für ein paar Stücke dazukommt. Aber hauptsächlich wird es eine neue Campanula-Solo-CD mit dem angedachten TiteL ..für: (drei springende Punktpaare) Michael
Di., 8. August 2023, 10:02 Uhr
Lieber Michael,
ein großartiges Bild, das erkenne ich schon an der kleinen Abbildung.
Wir haben - bis die Wände keinen Platz mehr hergaben - ebenfalls über viele Jahre klein- und großformatige Kunst gekauft, bisweilen auch, um dem jeweiligen Schöpfer unter die Arme zu greifen. Ich habe in früheren Zeiten auch gern und oft größere Geldsummen an Freunde verliehen, aber trotz des Freundschaftsstatus gab es jeweils die größten Probleme, das Geld zurückzubekommen. Nachdem ich mehrfach (bestimmt fünfmal oder öfter) diese Erfahrung gemacht hatte, habe ich das nicht mehr getan. Ich finde es bis heute schade, daß so etwas auch (oder gerade?) unter Freunden nicht möglich zu sein scheint. --- Immerhin - an eine positive Ausnahme erinnere ich mich, da ging es um 25.000 DM, die nach sieben Jahren vollständig zurückgezahlt waren.
Zur Kunst noch einmal: Ich habe gegen Ende der 1980er Jahre drei Jahre lang gemalt (die Auseinandersetzung mit Kunst begleitet mich genauso wie die mit Musik mein Leben lang). Eine Reihe von Bildern habe ich gerahmt und aufgehängt. Nach drei Jahren brach das genauso plötzlich ab, wie es begonnen hatte ... (Und wo wir schon mal dabei sind: Als Jugendlicher habe ich ebenfalls drei Jahre lang Flügelhorn gespielt im dörflichen Musikverein, war wohl auch ziemlich begabt, habe das dann mit 20 aus Zeitgründen wieder aufgegeben.)
Von Traian Pop habe ich seit einem Monat nichts mehr gehört - seit ich ihm die von ihm angeforderte Druckvorlage schickte. (Seit dem Herzinfarkt zu Beginn des Jahres bin ich noch stärker verunsichert als in Zeiten davor, als das durchaus schon einmal vorkam. Ich habe ihm gestern geschrieben, er hat jedoch nicht geantwortet.)
Für die Aufnahme wünsche ich die besten Bedingungen und Umstände.
Theo
Di., 8. August 2023, 10:26 Uhr
Lieber Michael,
Traian Pop hat soeben (mit angehängten Druckfahnen) geantwortet.
Theo
Mi., 9. August 2023, 22:55 Uhr
Lieber Theo,
na, da scheint die Veröffentlichung ja zumindest näherzurücken ... das feut mich sehr zu hören!
Aber neugierig gemacht hast Du mich natürlich auch mit der vorherigen Nachricht. Unsere jeweiligen Schwerpunkte der künstlerischen Betätigungen unterscheiden sich zwar etwas, aber offensichtlich haben wir beide uns auf drei Gebieten ein bißchen 'ausgetobt': Malerei, Musik, Dichtung. Mir neu tatsächlich, daß Du auch gemalt hast (kenne ja nur Deine Postkarten) ... und auch Horn gespielt hast. So, wie Du das Musikmachen mit 20 wieder aufgehört hast, war es bei mir mit der Malerei: die habe ich mit etwa 22 Jahren wieder aufgehört, obwohl ich damit mein erstes "Taschengeld" verdiente und sogar Mitglied einer Künstlergruppe gewesen war. Als die Villa Massimo anstand, hatte ich gedacht, da setze ich das vielleicht wieder fort ... hatte aber das "Glück" (so möchte ich sagen) schon in der ersten Stunde meiner Ankunft vor Ort in Rom meinen bis heute besonders engen Freund Giso & seine Malerei kennenzulernen, sodaß ich sofort wußte: ich brauche nicht mehr zu malen, die Bilder, von denen ich träumte, gibt es schon ! - von Giso eben ! Nun bin ich natürlich unendlich gespannt, mal Bilder von Dir zu sehen! - wäre es vermessen, danach zu fragen? - ich könnte als "Gegenleistung" nur welche von mir anbieten, die Du ja sicherlich auch nicht kennst. (... allenfalls meine Textbilder um Umfeld von "Hauptweg und Nebenwege", die eben eher auch Deinen Postkarten entsprechen)
Heute habe ich in Köln lang mit der Harfenistin geprobt für die CD-Aufnahme nächste Woche.
MIchael
Do., 10. August 2023, 17:09 Uhr
Lieber Michael,
da du definitiv der Mensch bist, der sich am meisten auf die Veröffentlichung von Vorschlag zur Blüte freut (da kann der Autor bei weitem nicht mithalten), sollst du auch umgehend erfahren, daß ich soeben die Druckfreigabe für das Buch erteilt habe. Das bedeutet, daß Umschlag und Innenteil vollständig fertig und von mir begutachtet worden sind. (Ich bin mehr als zufrieden mit der Gestaltung.)
Das Buch wird in den nächsten Tagen gedruckt und Anfang September (wegen des Austauschs der entsprechenden Maschine) gebunden und ausgeliefert.
Ich freue mich, daß es September wird, denn der Sommer ist für Publikationen einfach keine gute Zeit; ich fühle mich wohl mit frühem Herbst als Veröffentlichungstermin. Da bleiben dann immerhin noch vier Monate des Jahres, um auf das neue Buch aufmerksam zu machen.
Ich freue mich natürlich auch darüber, daß du mehrere Exemplare bestellen willst. Wie ich schon schrieb, wird kaum jemand dieses Buch kaufen. Aber für dich als idealen und leidenschaftlichen Leser allein lohnt sich das allemal.
Die Endfassung kennst du ja definitiv noch nicht. Insofern bleibt eine gewisse Spannung erhalten.
Es ist keineswegs vermessen, zu fragen, ob du von mir gemalte Bilder sehen könnest. Ich habe allerdings nie Photos davon gemacht; mal sehn, ob ich das in nächster Zeit mal tue.
Theo
Sa., 12. August 2023, 01:05 Uhr
Lieber Theo,
ich kann / mag mir nicht vorstellen, daß Du nicht minder als ich die Veröffentlichung freudig erwartest ! - und ebenso unberirrt glaube / denke / vermute ich: es stimmt nicht, ich sei mittlerweile der Einzige, der Deine literarischen Qualitäten zu schätzen weiß ! - Es stimmt, die allerletzte Fassung kenne ich ja noch nicht ... und so bleibt tatsächlich eine gewisse gespannte Erwartung. Der Termin der Veröffentlichung jetzt im September ist vermutlich wirklich gut gewählt !
Noch weiß ich nicht, ob meine neue CD (die nächste Woche entsteht), auch noch in diesem Jahr auf den "Markt" kommen soll / wird, auch wenn das Label Cybele immer zügig & sauber arbeitet. Aber irgendwie egal ist es mir ohnehin; es wird ja vermutlich sowieso die letzte CD sein, auf der ich selber auch als Interpret nochmals in Erscheinung trete ...
Man mag es kaum glauben: heute waren wir erstmals das Schloß Falkenlust in Brühl mit ausführlichem Spaziergang im Gelände besuchen .... als Zwischenstation auf dem Weg nach Köln, wo heuteabend die Vernissage mit Skulpturen von Dorissa Lem in der Böhmkirche St. Gertrudis stattfand ... und wir anschließden in der nahegelgenen Alten Feuerwache beim Abendessen noch zufällig Daniel Hees (ebenfalls befreundeter Künstler) zufällig trafen.
Eine gute Nacht wünscht Dir Michael Do., 7. September 2023, 22:40 Uhr
Lieber Theo,
nun las ich Deinen Namen (... und natürlich sofort auch Deine wie immer so begeisterte / begeisternde Buch-Besprechung) wieder in der jüngsten MATRIX-Ausgabe ... und nehme dies zum Anlaß; Dir noch kurz einen Abendgruß zu schicken. Auch Traian Pop schrieb ich heute, denn sein diesmal umfänglicheres Editorial fand ich - auch in Hinsicht der politischen Beobachtungen & Bemerkungen - besonders lesenswert. Und daß diesmal (aus gegebenem Anlaß) Texte zu & von Richard Wagner einen Themenschwerpunkt bilden, freut mich! - zumal sein literarisches Werk mich zugegebenermaßen eigentlich mehr interessiert als das musikalische seines berühmten Namensvetters.
Und ich habe die Vorankündigung zur Veröffentlichung Deines "Vorschlag zur Blüte" bei der Kurzbio nach Deinem Text zum Anlaß genommen, bei ihm gleich um Zusendung mehrerer Exemplare zu bitten, damit ich wieder ein paar engere Freunde & Kollegen erneut mit Deiner so besonderen Poetik beschenken & (hoffentlich auch) beglücken kann.
Ansonsten habe ich in den vergangenen Tagen endlich mal wieder meine Homepage "aufgefrischt" & aktualisiert, nachdem zuvor kaum Zeit dafür war und zudem Probleme mit dem Windows-Editor dort eher Unordnung gestiftet hatten. Erst jetzt las ich zufällig, daß Microsoft den Editor nicht mehr aktualisiert und ihn stillschweigend beerdigt hat. - Mit "Notepad++" (frisch als Alternative geladen) konnte ich nun aber einigermaßen aufräumen ... und wieder alles auf aktuellen Stand bringen.
Bei sommerlich lauer Nacht nun noch im Garten bei Wein & Pfeife sitzend Grüße in die Eifel Michael
PS in der aktuellen NMZ (bundesweites monatliches Musik-Magazin) gab es eine erfeuliche Nachbesprechung zu meiner STROM:KLÄNGE-Ausstellung in der hiesigen gkg ... das freut einen dann doch irgendwie: http://www.denhoff.de/pictures/NMZ-September2023.jpg
Sa., 9. September 2023, 16:04 Uhr
Lieber Michael,
schön, daß du die erste Matrix des Jahres ebenfalls gleich nach dem Erscheinen erhalten hast.
Über die Bestellung wird Traian Pop sich freuen; und ich danke für die Unterstützung bei der Verbreitung des Buchs.
Ich lektoriere zurzeit ein Romanmanuskript von Harald Gröhler und lese seit vorgestern den soeben im Pop Verlag erschienenen - zweibändigen - Roman Frohe Botschaft, 1977 in Bukarest erschienen.
Ich freue mich über die guten Nachrichten, die dich doch regelmäßig erreichen!
Theo
Mo., 11. September 2023, 00:50 Uhr
Lieber Theo,
ja, war auch überrascht, daß die 1. Nummer 2023 der Matrix erst jetzt kam ... nun müßte ja monatlich eine Ausgabe bis Ende des Jahres erscheinen ... das scheint mir kaum möglich. Es sind wohl schwierigere Zeiten für alles etwas Ernsthaftere derzeit ...
Aber es gibt das Ernsthafte eben doch (gottseidank) immer noch. Wir waren heute nach einem ersten Besuch bei unserer Tochter in ihrer neuen WG in Köln-Zollstock abends bei einer Lesung von Irene Langemann, deren erster dokumentarische Roman (ich kannte ihren Namen bisher nur als Dokufilmerin) über Russlanddeutsche gerade vor einer Woche bei Mathes&Seitz erschienen ist, die Lesung fand statt im gleichen Garten, wo ich kürzlich auch spielte. Autofiktional nennt man wohl diese Art Literatur ... aber man spürte sehr deutlich, wie sehr es ein dringendes inneres Bedürfnis der Autorin war, diese Geschichte der Russlanddeutschen, wie sie diese selbst als Kind in Sibirien geboren erlebt und durchlitten hat, aufzuschreiben. - Eine feine Person, die 1990 von Moskau nach Köln übersiedelte. Wir kannten bisher nur ihren Film über die musikalischen Wunderkinder Moskaus und die Folge-Doku "Die Konkurrenten".
Michael
Mo., 11. September 2023, 10:50 Uhr
Lieber Michael,
das Verlagsprogramm des Pop Verlags ist für eine Person nicht zu bewältigen. Deshalb gibt es seit Jahren den Rückstau. Durch Herzinfarkt mit Krankenhausaufenthalt und anschließender Reha ist der Stau noch länger geworden.
Nachdem er wieder einigermaßen auf dem Damm war (selbst in der Reha-Klinik schon), hat Traian Pop begonnen liegengebliebene Projekte zu verwirklichen. Eine Menge.
Er will tatsächlich jeden Monat eine Matrix herausbringen. Das wird aber nicht gelingen. Wie es in fast keinem Jahr gelingt.
Über autofiktionale Literatur (Harald Gröhlers Roman, den ich zurzeit lektoriere, gehört ebenfalls zu diesem Genre) habe ich den angehängten Essay geschrieben, der demnächst bei Pop in der Festschrift zu Eginald Schlattners 90. Geburtstag erscheint. (Der GEburtstag wird in diesen Tagen in Siebenbürgen groß gefeiert mit mehreren Veranstaltungen - deshalb befindet sich Traian Pop zurzeit für mehrere Wochen in Rumänien.)
Theo
Mo., 11. September 2023, 10:50 Uhr
Lieber Theo,
eben las ich neugierig beglückt Deinen kleinen feinen so schön mäandernden Text um das Lese-Erlebnis Schlattner ... in ebenfalls autofiktionalem Tonfall. Danke! - Mir kam unverhofft die Frage in den Sinn, ob wohl auch Musik - in welcher Form auch immer - autofiktional sein kann / ist - Und ich denke irgendwie: ja. - Vielleicht weil ich kürzlch ein schon 29 Jahre altes Orchesterstück mir seit Ewigkeiten mal weider anhörte und dabei selbst überrascht wurde von dem, was mir (fast vergessen) alles in den Klängen aufschien aus den "Innenräumen ... erinnernd" ... damals. - (ich meine sogar, Dir vor etwa drei gefühlten Jahren mal eine CD-Kopie davon geschickt zu haben) * Erlebtes / Erhörtes / Erdachtes mischt sich dort - auch eher mäandernd - zu einem langen Klangstrom; wird fiktives Selbstportrait in fremd vertrauter Umgebung. ... eigentlich das, was im großen Klavierquintett Hauptweg und Nebenwege dann noch ausschweifender weitergeführt wurde ...
Mir ist selbstverständlich klar, daß die Erkrankung & Reha als Grund des Publikationsstaus beim Pop-Verlag zu vermuten sind Umsomehr wird das EinMannUnternehmen Traian Pop sicherlich zu schätzen wissen, was Deine unbeirrt treue & stete Hilfe wiegt. Eben auch bei der MATRIX-Herausgabe.
Abendlich mal wieder, Michael
* hab das vor 5 Tagen auch zum Mitlesen der Partitur auf YT hochgeladen: https://youtu.be/8TT83Zs11c4 (erstaunlich schon gut 140mal angeklickt, was mich selbst überrascht)
Mi., 13. September 2023, 13:40 Uhr
Do., 14. September 2023, 09:23 Uhr
Lieber Michael,
Do., 14. September 2023, 09:23 Uhr
Mit den deutschstämmigen Siebenbürgen ist es wohl ähnlich wie mit den Rußlanddeutschen, lieber Theo, deshalb wunderte mich die Frage aus dem Publikum kürzlich bei der Lesung von Irene Langemann, ob eine russische Übersetzung nicht sinnvoll sei.
Derzeit korrespondiere ich mal wieder etwas regelmäßiger mit Wolfgang Hegewald, dessen hintersinniger und flockig formulierter Roman eines Jahres „Tagessätze“ ich grad mit Vergnügen gelesen habe, auch weil so viele Orte, Gegebenheiten und Personen aufscheinen, die mir bestens vertraut sind. Wie bei Dir wundere ich mich immer wieder, daß er immer noch eher ein „Geheimtipp“ ist … und er hat ja – ich weiß nicht ob Du das weißt – den Italo-Svevo-Preis initiiert, dessen Idee es ist, im unübersichtlichen Literaturbetrieb nach versteckten „Edelsteinen“ zu suchen … er selbst wäre eigentlich (wie Du ebenfalls) ein idealer Preisträger. In einem Artikel im Juli des Jahres dazu beklagt er – wie Du – daß immer wieder nur die gleichen Autoren bedacht und mit Preisen überschüttet werden, aber die anderen leer ausgehen. (ich hänge dir den Artikel mal an … oder hatte ich Dir das schon mal geschickt?) Eben fand ich seine letzte Nachricht mit folgender Notiz: Popularität oder Abwesenheit eines Künstlers - ein abgründiges Thema. Ich unterscheide gern zwischen Ruhm und Rang. Eines Tags habe ich die schöne Sentenz aufgeschnappt oder erfunden: Ab dreißig kann man etwas für sein Gesicht. Für den Ruhm sind andere zuständig.
In diesem Sinne herzlichst, Michael
Sa., 30. September 2023, 22:09 Uhr
Lieber Theo,
nun antwortete mir Traian Pop endlich auf meine Mail. Demnach scheint "Vorschlag zur Blüte" erschienen; jedenfalls versprach er mir umgehende Zusendung der 10 bestellten Exemplare.
Und Du steckst vermutlich zusammen mit ihm schon wieder über der kommenden MATRIX-Ausgabe ...
Ich hatte das Vergnügen vor drei Tagen in Braunschweig Georg Oswald Cott zu treffen in seiner "Dichterklause" (war wg. einer Konzertmoderation tags zuvor im Lindenhof-Theater angereist) und freute mich, ihn nach längerer Zeit mal wieder zu sehen ... und das trotz seiner mittlerweile 92 Jahren in durchaus geistesgegenwärtigem Zustand & gewohnter Herzlichkeit. Wie der Zufall es so will: tags drauf traf ich (ebenso seit Längerem) dann mal wieder Tina Stroheker, die hier in der Böttgerschen Buchhandlung aus ihrem Buch "Hana" las; allerdings leider nur für ein knappes Dutzend Zuhörer.
Herzlich ins Wochenende Michael So., 1. Oktober 2023, 09:04 Uhr
Lieber Michael,
wegen der langen Reise nach Rumänien sind einige E-Mails unter Pops Radar hinweggeflogen. Zufällig wurde mir gestern nachmittag während der Korrespondenz klar, daß er dich noch nicht beliefert hatte. Es war ihm ziemlich peinlich, und er hat das Paket wohl umgehend vorbereitet. Ich hoffe, daß du es am Mittwoch erhalten wirst. Ich freue mich natürlich, daß du das Buch wie schon das vorhergehende in dieser Weise unterstützt.
Wie schön, daß du Georg Oswald Cott (von dem ich ein Gedichtbuch gelesen habe) und Tina Stroheker (von der ich etliche Bücher gelesen habe) wieder einmal getroffen hast.
Wie du weißt, befinde ich mich seit 2023 sehr bewußt und verstärkt auf dem Rückzug. Ich bin ganz froh über die Tatsache, daß ich in diesem Jahr immerhin fünf Essays schreiben konnte, die in den diesjährigen Matrix-Ausgaben sowie in Büchern für/von Eginald Schlattner und Axel Kutsch erscheinen werden. Das ist - wie in allen Jahren zuvor - wieder mehr als erhofft. (Auf die Quantität kommt es natürlich nicht an, aber bei dem wenigen, das ich in diesem Jahr geschrieben habe, bin ich eben doch froh darüber, daß ich überhaupt etwas schreiben konnte.) Jedenfalls werde ich mich wahrscheinlich zu Beginn des kommenden Jahres auch ganz aus der Redaktion von Matrix zurückziehen, ohne die selbstverständliche Hilfsbereitschaft aufzugeben.
Grundsätzlich bleibt es natürlich mit Hölderlin : unterwegs ins Offene ...
Theo
So., 1. Oktober 2023, 23:01 Uhr
Lieber Theo,
unterwegs ins Offene … ja, so empfinde auch ich meinen Weg seit Jahren; und damit auch „ins Ungewisse“ (… wie ich 2004 ein Duo für Viola & Kontrabaß betitelte, welches im Gedenken an Luigi Nono entstand) … Aber noch möchte ich mich nicht mehr und mehr zurückziehen: der Kontakt zu geschätzten Menschen bleibt mir wichtig. – so wie geschrieben eben gerade auch mal wieder zu Tina & Georg Oswald Cott. Dennoch, im Gegensatz zu Dir ist mein „Output“ in den vergangenen Jahren extrem geschrumpft. Aber wie Du empfinde ich Dankbarkeit, wenn dann doch mal wieder etwas unerwartet aus einem hervor- /herausbricht, wie kürzlich die zähflüssig intensive Raumklangskulptur (… und das nach gut zweijährigem Schweigen) Ich hadere – wie Du siehst – nicht mit dieser Tatsache, auch wenn ich weiß: vor gut 20 Jahren hätte mich solch eine lange Phase des Nicht-Schreiben-Könnens wohl doch beängstigt … den Hals innerlich abgeschnürt / dort einen Knoten verursacht.
Ich genieße weiterhin jeden Tag, den mir Gott (welcher auch immer) schenkt. Heute sind wir bei herrlichstem Frühherbstlicht ganztägig – natürlich mit Unterbrechungen – auf den Rädern unterwegs gewesen; u.a. die Sieg entlang bis Auel, und nun zuletzt tranken wir ein paar Gläschen Wein beim Bonn-Fest in der Friedrichstraße zum Ausklang des Tages, wo sich ein paar Weingüter an ihren Ständen mit guten Tropfen präsentierten. Besonders gefielen uns die des hessischen Weinguts Milch (sic!). – nach rund 90 Tageskilometern trinkt man gerne solche „Milch“.
Und nun bringt mir die kommende Woche weitere Freude: endlich Dein neue Gedichtsammlung!
Michael
Mi., 4. Oktober 2023, 17:41 Uhr
soeben eingetroffen … sind die bestellten Exemplate Deines frisch gedruckten Gedichtbandes, lieber Theo. Zuvor hatte ich gerade die ebenso frisch erworbenen (wie neuen) "Leichten Gedichte" von Enzensberger gelesen ... eine schöne Einstimmung, dachte ich grad ... Aber da in einer Stunde Gäste zu Besuch kommen, denen ich einen herbstlichen Kürbis-Risotto kochen möchte, muß ich trotz aller Neugierde wohl bis morgen warten, Dein Buch zu lesen. Jetzt geht es erst einmal in die Küche ...
Michael
Mi., 4. Oktober 2023, 19:09 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich, daß die Bücher eingetroffen sind.
Ich wünsche einen schönen Abend!
Theo
Do., 5. Oktober 2023, 01:18 Uhr
Lieber Theo,
meine / unsere heutigen Abendgäste haben das Haus grad verlassen. Und ich zurück in meinem Studio. Da heute ich für's Kochen zuständig war, hatte Martella einen "Lesevorteil" .... konnte schon ein bißchen mehr in Dein Buch hineinschauen ... und war restlos begeistert, wie sie mir eben vor dem ZuBettGehen noch schnell sagte. (da sie auch bei ihrem derzeitigen Fotoprojekt auf Instagram auch gerne mit den kommentierenden Worten spielt, für mich nicht so ganz verwunderlich) ... und nun schaute ich soeben nach, was sie heute einstellte, und mußte doch irgendwie schmunzeln, weil es zufällig so nett zu Deinem Buchtitel paßt: so für Dich hier noch schnell einen Screenshot (wo ich vermute, Instagram kennst / nutzt du nicht);
… und nun werde auch ich noch ein bißchen bei Dir "schmökern", bevor auch ich dann ins Bett falle ... wie irgendwann ja alle ...
Michael
Do., 5. Oktober 2023, 09:21 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich sehr über die Reaktion der allerersten Leserin des Buchs. Vielen Dank dafür.
Theo
Do., 5. Oktober 2023, 14:37 Uhr
Lieber Theo,
wieder einmal ganz meisterlich gelungen … mit stetem & erneutem Vergnügen Deine neuen Gedichte gelesen, manch kleine Veränderungen glaube ich wahrgenommen zu haben (aber noch nicht mit der letzten mir vorliegenden Fassung vom Ende des vergangenen Jahres verglichen). Habe bereits auf meinen „Kanälen“ geworben … mit Link auf die Pop-Verlagsseite, die auf Breuersche Art wort-gewand für das Buch wirbt! (irgendwann mußt Du mir bitte ein Exemplar signieren ... lade Dich dazu gerne in mein Studio ...)
Und eben entnehme ich den Nachrichten, daß der Literaturnobelpreis an Jon Fosse verliehen wurde; ein aus meiner Sicht sehr würdiger Preisträger, dessen Bücher mich stets beeindruckt haben, nicht zuletzt kürzlich die Heptalogie (der andere Name / ich ist ein Anderer / ?)
Zwischendurch Michael
Do., 5. Oktober 2023, 17:41 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich sehr über diese guten Worte und die anschließenden Aktionen.
Im Vergleich zu der letzten dir vorliegenden Fassung ist das vorliegende Gedichtbuch um etliche Gedichte reicher geworden. Zudem habe ich an nicht wenigen Gedichten noch Veränderungen vorgenommen.
Für mich ist das Ganze übrigens nicht nur mehr als eine Sammlung von Gedichten, sondern ein konzeptuell aufeinander bezogenes Gesamtwortwerk. Erstes und letztes Gedicht, Alphabetisierung, Grimm-Zitate u. a. m. sorgen für die Verbindungen, Verknüpfungen.
Du wirst es kaum glauben, aber ich habe von Jon Fosse noch nie ein Buch gelesen. Ich habe ein ganzes Regal voll von skandinavischer Literatur, aber ein Buch von Fosse findet sich bislang nicht darunter. Das wird sich natürlich demnächst ändern.
Ein signiertes Exemplar hätte auch ohne deine Nachfrage den Weg zu dir gefunden; das war ja auch schon beim letzten Gedichtbuch so. Jetzt halt ohne Überraschungseffekt.
Nach etwa vier Wochen habe ich heute die Arbeit am Korrektorat/Lektorat von Harald Gröhlers neuem Roman zu Ende gebracht. Eine in Berlin in den Jahren 2015/16 spielende Geschichte, in der der Leser Syrern und Deutschen im Prenzlauer Alltag begegnet. Das Buch wird Anfang 2024 bei Pop erscheinen.
Nun bin ich gespannt, ob außer dir noch jemand Vorschlag zur Blüte bestellen wird. Auch wenn es nicht bei einem Besteller bleiben wird: Mehr als fünf werden es wohl nicht sein. (Was mir persönlich egal, aber doch schade fürs meisterlich gelungene Buch ist.)
Theo
Do., 5. Oktober 2023, 21:49 Uhr
... auch Jon Fosse interessierte (bisher ... so seine eigene Ausage) nicht, wie erfolgreich seine Bücher sind, lieber Theo, wichtiger ist, daß sie da sind ... so wie auch Deines nun! - und es wird seine Leser finden (es sollte mich wundern, wenn nicht !) - Ich bin übrigens relativ sicher, daß die Wortkunst von Fosse auch Deine Begeisterung finden wird (gerade auch, weil Du - wie auch ich - stets bereit bist, bei "Kollegen" ihre genuine Eigen-Art zu erkennen / zu würdigen, selbst wenn weit entfernt von der eigenen ästhetischen Position ---- ich weiß, so etwas fällt manchem schwer)
Am frühen Abend saßen wir nach heute relativ kurzer Radtour bei einem Gläschen draußen bei "Kaspars" am Rhein ... und Martella und ich rezitierten uns gegenseitig aus der Lese-Erinnerungen einige Deiner besonders kurzen Gedichte ... und mußten dabei immer wieder lachen ... (welch große Lesefreude das beförderte, wirst Du Dir denken können)
MIchael
PS wie das Buch als "Gesamtwortwerk" zu verstehen ist, spürte ich schon seinerzeit bei der ersten Lektüre ... und wie die Gruppierung in Buchstaben-Dreiergruppen gegliedert ist, erinnert es mich übrigens entfernt auch an die Gestalt der Bachschen Goldbergvariationen, die sich ebenfalls aus (zehn) Dreiergruppen formt.
Do., 19. Oktober 2023, 10:06 Uhr
Lieber Michael,
gut, nichts gegen Jon Fosses Aussage, aber was nützen Bücher, wenn sie nur da sind? Sie werden zu Altpapier, das eines Tages makuliert wird.
Wo denn sollen die Leser herkommen? Ich weiß ja auch nicht so ganz genau, wo sie alle geblieben sind, die früher - so wie du als der eine noch heute - ungeduldig darauf hofften, meine Gedichtbücher bald erwerben zu können (natürlich sind viele nun alt, uralt, tot ...).
Der Verbreitung stehen heute zu viele Dinge im Wege. Ja, es ist, wie es ist: Du bist der einzige Mensch, der sich wahrhaft für dieses Buch einsetzt. Das fängt - entscheidend - damit an, daß du meine Gedichte, meine Gedichtbücher be-/greifst - danke für den Hinweis auf die Goldbergvariationen, die ich liebe, an die ich in diesem Fall jedoch nicht gedacht habe --- wunderbar. (Es gibt durchaus noch ein Dutzend anderer Leser, die ebensolche Idealleser meiner Bücher sind, aber kaum jemand von ihnen ist bereit, das Buch auch zu erwerben. Ich kann das auch gut verstehen: Sie haben ja alle schon zahlreiche Bücher von mir, und man muß doch nicht jedes neue Buch eines Autors lesen. Wozu ein solches Leseverhalten führt, das siehst du bei mir: geschätzt zwölftausend Bücher erdrücken mich oft im Kopf, wenn ich an einen Umzug denke, wenn ich über mein Leben hinaus denke, wenn ich ...)
Ich habe mich immer so genommen, wie ich bin. Und doch bin ich voller Sehnsüchte. Eine ist, gelegentlich etwas von der Leichtigkeit leben zu können, wie du das immer wieder kannst. Aber das geht seit vielen Jahren überhaupt nicht mehr.
Ich bin in diesen Tagen wieder entsetzlich müde.
Theo
Do., 19. Oktober 2023, 10:12 Uhr
Lieber Michael,
ja, wirre Zeiten. Aber - genau betrachtet: Sind die Zeiten nicht immer wirr? Und manche Zeiten - Jahre, Jahrzehnte - viel, viel wirrer als heute. Ich habe in diesem Jahr wieder mehrere Bücher über die Zeit von 1590 bis 1650 gelesen. Hättest du damals leben wollen???
Ist der Buchhändler grundsätzlich an Lyrik interessiert? Ich meine, zu wissen, daß er ein Fan der Romane Norbert Scheuers ist. Hat der nicht schon mehrfach im Buchladen 46 gelesen?
Jedenfalls - danke für die weitere Initiative.
Ich weiß nun gar nicht, ob ich überhaupt noch in der Lage sein werde, zu einer Einladung ja zu sagen. Seit wir über einen gemeinsamen Celan-Abend nachdachten, den ich sehr, sehr gern mit dir gemacht hätte, sind schon wieder ein paar Jahre vergangen. Es ist nun schon wieder 4 Jahre her, seit ich zuletzt vors Publikum getreten bin ... Ich will nichts kategorisch ausschließlich, aber ich weiß es nicht.
Theo
Do., 19. Oktober 2023, 11:30 Uhr
Ja, lieber Theo, Du hast natürlich irgendwie Recht: die Zeiten waren wohl stets mehr oder weniger wirr. Und möglicherweise irre ich, aber mir scheint derzeit eine besondere tiefere Depression einen Großteil der Gesellschaft erfaßt zu haben … mir fehlen die optimistischeren Stimmen, die Visionäre einer Zukunft, die besser sein möge … Mit anderen Worten: ich setze sehr auf die erste Generation nach der (sich selbst so bezeichnenden) letzten Generation, die nun in ihrer Angst- und Panikstimmung vergessen zu haben scheint, daß auch Weltuntergangsstimmung so alt ist wie die Menschheit selbst. Natürlich stimmt, daß wir zunehmend (seit der Industrialisierung & fortschreitendem Turbo-Kapitalismus) den Globus über Gebühr beanspruchen und notwendig Änderung ansteht. Wenn nicht: der Globus braucht unsere Spezies nicht, er wird sich auch weiter drehen ohne uns … wir müssen uns als Teil der Natur verstehen, die ihre eigene Dynamik hat. Jedenfalls spricht es eher für Hybris, wenn wir glauben, die Temperaturen beeinflussen zu können. Das Klima hat sich in den Jahrmillionen auch ohne unsere Eingriffe stets geändert … und die Natur hat sich jeweils entsprechend angepaßt / verändert …
Mir geht es so, daß mir die Kunst (alle Sparten) inneren Halt & auch Zuversicht spendet. Und noch gestern dachte ich auf dem Rad, es wäre schön gewesen, vielleicht den spannendsten Umbruch vor rund 100 Jahren live mitbekommen zu haben, den Aufbruch in die Moderne, voll neuer Ideen & Visionen. Wie gerne hätte ich Strawinsky, Webern, Bartok, Picasso, Klee, Schwitters, Valery etc. etc. persönlich kennengelernt ! --- aber es waren politisch auch wirre Zeiten. Also was bleibt? : Dankbar zu bleiben für all das, was das eigene Leben als Angebot, Überraschung, Glück (& auch Unglück) bereichert hat.
So scheint mir aber auch Deine Haltung zu sein. Und Deine Gedichte haben mich auf schwer zu beschreibende Art bereichert, auch weil sie die eigenen Beobachtungen der kleinen Dinge / Situationen etc. am Wegrand einzufangen wissen. Eine Wort- /Sprachgewalt der besonderen Art, aus der feine Sensibilität leuchtet. Dies werden auch weitere Leser entdecken ! -
Ja, Holger Schwab vom Buchladen 46 schätzt Norbert Scheuer sehr, hatte ihn bestimmt schon zweimal zu Lesungen geladen (… aber das war vor der Zeit, seitdem ich diese Buchhandlung regelmäßig besuche). Vielleicht kann es sein Interesse an Dir aber mitbefördern … ob mein Buchgeschenk an ihn eine Leseeinladung zur Folge haben könnte, vermag ich aber nicht einzuschätzen … und ggf. kannst Du natürlich dann auch absagen …
Morgen bin ich im Elektronischen Studio in Köln, um dort endlich einmal in Ruhe die vierkanalige Fassung von „slam-x2“ kontrollierend abzuhören; bin recht gespannt.
Michael
Do., 19. Oktober 2023, 16:59 Uhr
Lieber Michael,
da das Meiste, was du schreibst, für sich bzw. mir aus der Seele spricht (wobei ich aus anderen Gründen als Temperaturreduzierung unbedingt dafür bin, den Turbo insgesamt zu drosseln), beziehe ich mich auf die von dir beharrlich wiederholte Ermutigung, daß weitere Leser Vorschlag zur Blüte entdecken werden. Das wird sicherlich nicht der Fall sein. Zum Glück, auch ich wiederhole mich, habe ich reichlich Jahre erlebt, in denen sich die Zahl der Leser meiner Gedichte und Essays, meiner Gedichtbücher und Monographien monatlich vermehrten. Die meisten - wirklich aktiven - Gedicht-Leser hatte ich wohl in der Mitte der 1990er Jahre, die meisten Essay-Leser hatte ich wohl in der Zeit von 2005 bis 2010. Danach ging es kontinuierlich bergab. Vom Gedichtbuch Der blaue Schmetterling wurden fast tausend Exemplare verkauft, bei Vorschlag zur Blüte darf man sagen: Der Verlag ringt um jeden einzelnen Käufer. Wobei der Verlag ja tatsächlich gar nicht ringt. Traian Pop ist ein Verleger, der Buch um Buch und Zeitschrift um Zeitschrift publiziert. Die Masse der Publikationen verhindert, daß er sich um das einzelne Buch wirklich kümmern kann. Da ich längst auch ausfalle als Promoter meiner Bücher kann das Ganze also nur diesen Gang gehen. Aber allein um deinetwillen hat sich der Druck gelohnt. (Werner Bliß schrieb mir gestern eine ähnliche E-Mail, schrieb von "heiterem Meisterwerk". (Wobei es ja wahrhaftig längst nicht bloß heiter zugeht.) Es ist, wie es ist. Ich habe Zeiten erlebt, in denen in kleinen und größeren Runden über viele meiner Gedichte im einzelnen gesprochen wurde. Es ist nur natürlich, daß ich das wirklich geradezu schmerzlich vermisse.
Theo Mi., 1. November 2023, 23:10 Uhr
Lieber Theo,
eben kam ich aus dem Kino zurück nach Hause ... hatte dort den gerade angelaufenen und in der Presse hochgelobten Film "Die Theorie von allem" angesehen, bei dem ein ehemaliger Student von mir die Filmusik geschrieben hat: habe tatsächlich länger nicht solch gute & stimmig-gekonnte Filmmusik gehört. Ich war / bin also stolz auf diesen jungen spanischen Kollegen, der als Student auch exzellent mein 3.Trio "Schwarzes Ballett" gespielt hatte. Ich freute mich für den berechtigten Erfolg nun ... zu Hause angekommen öffne ich das Postfach und muß dort lesen, daß gestern Herbert Falken (im Alter von 91) gestorben ist. Ich glaube, Du weißt, daß wir seit Jahren befreundet waren und ich zuletzt zu seinen Ehren vor einem Jahr zu seinem 90. Geb. beim Festakt in St. Gregorius spielte. Noch vor knapp einem Monat telefonierte ich mit ihm und wollte ihn jetzt im November mal wieder besuchen gehen ... nun bleibt nur Trauer über den Verlust. (Mir bleiben seine wunderbaren Bilder, die hier im Hause nicht nur in meinem Studio hängen.) So nah liegen manchmal die täglichen Gegensätze beieinander ... Michael
Sa., 4. November 2023, 10:49 Uhr
Lieber Theo,
gesternabend war ich in den Kinkelstuben in Bonn-Oberkassel, der wohl besten Weinstube in der Region, wo ich schon seit über 40 Jahren regelmäßig Gast bin. Diesmal stand aber nicht der Weingenuß im Mittelpunkt, angelockt hatten mich die "Oberkasseler Literaturtage", die dort eine Veranstaltung hatten. Vorgestellt wurden vor einem kleinen interessierten Publikum (rund 25 Zuhörer) Gedichte aus der jüngst beim Pop-Verlag wieder erschienenen Anthologie rumäniendeutscher Dichter 1975-1980. Der Vortragende Georg Aescht - selbst Rumäniendeutscher - führte exzellent in die Hintergründe der Entstehung dieses Buches ein, auch jeden der 10 beteiligten Autoren stellte er durchaus persönlich gefärbt und entsprechend engagiert & wortgewand vor. Ebenso hatten die eigentlichen Gesichtlesungen eine starke Intensität, so daß man glauben mochte, er sei selbst auch Schriftsteller. Bei einem kurzen persönlichen Gespräch in der Pause stellte sich heraus, er war Lehrer und arbeitet wohl gelegentlich auch für den Pop-Verlag. Es war ein - wie ich fand - großartiger Abend ... nur schade, daß anschließend keine Exemplare zum Verkauf bereitlagen ... es wären sicherlich einige erworben worden!
Ein schönes Wochenende Dir (... möglicherweise in Berzdorf (?) Michael
So., 5. November 2023, 10:22 Uhr
Lieber Michael,
das ist eine überraschende - schöne - Mitteilung! Erst kürzlich habe ich Nicolae Brebans rund tausend Seiten umfassenden Roman Frohe Botschaft gelesen, den Georg Aescht übersetzt hat und der vor kurzem bei Pop erschienen ist. Ich hänge mal den Essay an, den ich über die Lektüre geschrieben habe.
Dieser Tage habe ich das Wort schweigensinnig geschöpft, das meine Verfassung einigermaßen gut wiedergibt.
Theo
Mo., 6. November 2023, 14:31 Uhr
... schweigensinnig ... eine "breuersche" Worterweiterung & Ortung im eigenen Sein / Sinn ...
Dabei fällt mir, lieber Theo, gerade zufällig ein, wie ich vor Jahren durch entsprechende Erweiterungen & Verkürzungen mal ein kleines Gedicht schrieb ... vermutlich kennst Du es nicht: http://www.denhoff.de/gedicht.htm Mittlerweile habe ich Georg Aescht "gegoogelt" ... und festgestellt, welch fleißeiger Mensch das ist. Und auch Deine mitgereichte Buchbesprechung seiner Übersetzung las ich wie immer mit Interesse.
Michael
Di., 14. November 2023, 10:57 Uhr
Lieber Theo,
nun las ich gestern im Bonner GA, daß Norbert Scheuer in Aachen mit dem Hasenclever-Preis ausgezeichnet wurde ... und mußte wieder an Dich denken ... ja, Preise scheinen immer dorthin zu gehen, wo schon genügend davon angehäuft wurden. Selbst der Italo-Svevo-Preis ging in diesem Jahr an einen Autoren, den ich zwar noch nicht kannte (was nichts bedeutet !), der aber auch schon eine lange Auszeichnungsliste vorzuweisen hat (wie ich auf Wikipedia nachlas): Kurt Drawert. Nach Aussage von Wolfgang Hegewald, der diese Auszeichnung initiierte unter Vorgabe, zu Unrecht unbekannte Autoren damit ins Licht der Öffentlichkeit zu befördern.
Wann erhälst Du endlich eine eigentlich längst überfällige Auszeichnung für Deine irgendwie singuläre Lyrik und mitreißende Prosa als Lesender ??? - Ich gönne ja jedem die Preissummen, die eine meist prekäre Geldsituation freier Künstler für eine gewisse Zeit positiv abfedern, wozu natürlich auch diverse Stipendien beitragen, aber die merkwürdige Häufung bei einer überschaubaren Anzahl von Namen scheint mir zunehmend mehr von Einfalls- & Mutlosigkeit der entsprechenden Jurys zu zeugen.
Du schriebst kürzlich, Deine Zeiten seien vorbei, weil die Leserzahl kontinuierlich sinke, aber beklagst Dich nicht, weil Du durchaus zufriedenstellende Zeiten der öffentlichen Wahrnehmung hattest. Auch ich habe lange aufgehört zu klagen, daß meine Präsenz im Musikleben nicht dem entspricht, wie ich selbst sie als angemessen einschätze. Mir reicht es mittlerweile durchaus, wenn ich Zuspruch von den wenigen erfahre, die ich selber mit tiefer Verehrung zu schätzen weiß, wie meinetwegen von Dir ... oder auch György (Kurtág) und auch von großartigen Musikern, wie z.B. Evgeni Koroliov. Auch meine "besten Zeiten" sind vorbei; um die Jahrtausendwende herum hatte ich deutlich mehr Aufführungen auch an wichtigen Orten als heute ...
Daß ich in den vergangenen Jahren - vor allem in den vergangenen drei - nur noch sehr wenig schreibe, hat aber andere Gründe
Dir Grüße, wie immer in Nähe & Verbundenheit Michael
Mi., 15. November 2023, 08:20 Uhr
Lieber Michael,
die Antwort auf die Frage im zweiten Absatz ist einfach: NIE.
Von Kurt Drawert lese ich Bücher schon seit vielen Jahren. Ich glaube, sie erscheinen bei Suhrkamp. Über Jahre gehörte er zu den bekanntesten Lyrikern im deutschen Sprachraum. Ein Witz, ihm diesen Preis zuzuerkennen. Eine blamable Fehlentscheidung. Drawert hat, fällt mir soeben ein, vor etwa 15 Jahren für Suhrkamp einmal eine Anthologie "junger Lyrik" zusammengestellt, in der kein einziger junger Lyriker vertreten war. Das war wirklich ein Witz, man findet fast ausschließlich etablierte Namen wie Jürgen Theobaldy ...
Nein, ich habe mich nie beklagt, sondern im Gegenteil stets gestaunt, daß ich seit Ende der 1980er Jahre von Beginn an viel mehr erreicht habe, als ich zu hoffen gewagt hatte. 1993 bis 2013 waren wohl die besten Jahre, wenn ich den Erfolg an Publikations- und Leserzahlen messe.
Und über eins müssen wir uns natürlich klar sein: Wenn ich mich nicht so extrem zurückzöge und weiterhin in die Offensive gegangen wäre, stünde ich heute ziemlich wahrscheinlich deutlich besser da, was Außenwirkung angeht. Der Ein-Mann-Pop-Verlag kann in keiner Weise leisten, was nötig wäre, um einen Autor wie mich so zu fördern, daß sein Feuerchen stets ein bißchen flackert.
Das Wesentliche ist das Leben mit der Literatur; das habe ich immer betont, das habe ich immer gelebt. Und da kann ich von Glück sagen, daß sich dieses Leben nicht nur nicht zum Negativen verändert hat, sondern mindestens so intensiv gelebt wird wie eh und je.
Ich bin seit Wochen, ja, Monaten mit mehreren alles andere als erfreulichen Dingen befaßt. Es ist, wie es ist. Jeder Tag ist ein neuer Anlauf. Ich versuche, die Probleme zu lösen, die ich lösen kann, und mit den Sorgen, die uns umtreiben, so umzugehen, daß wir denen helfen können, die Hilfe brauchen. Fragen wir die Menschen in der Ukraine, im Nahen Osten, was es bedeutet, ins Leben geschmissen zu werden und das Schicksal anzunehmen.
Schauen wir also, was der heutige Tag er-/bringen wird. (Immerhin schon einmal diesen elektronischen Brief. Hätte ich die Kraft, ich schriebe weiterhin jeden Tag mehrere.)
Theo
Fr., 24. November 2023, 23:26 Uhr
Lieber Theo,
heute spielte ich beim Requiem für Herbert Falken in Aachen. Dort wurde anschleißend auch seine Urne im angeschlossenen wunderbaren Kolumbarium von St. Gregorius (wo er als Kaplan in den 60/70er Jahrne wirkte) ganz in der Nähe seines dort schon lange hängenden Bilderzyklus "Via cruzis" beigesetzt. Es war alles in allem ein sehr würdiger Abschied von diesem so besonderen Menschen. Die ziemlich genau 25-jährige Freundschaft mit ihm - mit vielen (auch gegenseitigen) Besuchen - war & bleibt mir eine der wertvollsten.
Anschließend besuchte ich in Köln Georg-Otto Klapprath, einen Musiker, der 1991 mein Heckelphonkonzert (Tableaux sombres: https://www.youtube.com/watch?v=U2f0Fo0fziE) als Solist in Münster uraufgeführt hatte. Wir haben uns "ewig" nicht gesehen, mittlerweile ist er 87 und nach einem Schlaganfall vor sieben Jahren an den Rollstuhl gefesselt.
Tja, und gesternabend erlebst ich Uwe Timm bei einer Lesung im hiesigen Landesmuseum (vor 200 Zuhörern !!) aus seinem neuesten Buch "Alle meine Geister" ... interpoliert mit längeren Dialogen, die er mit dem Buchhändler Holger Schwab (Buchladen 46) führte. Auf mich machte das alles einen sehr sympathischen Eindruck!
Kunst, Musik, Literatur ... sie haben somit wieder einmal sehr dicht meine letzten Tage gefüllt, zumal ich mir im Vorfeld nochmals Timms Roman "Rot" aus meiner Bibliothek gefischt & nach nunmehr etwa 20 Jahren mit vergnügen erneut gelesen hatte.
Michael So., 3. Dezember 2023, 17:19 Uhr
Lieber Michael,
soeben habe ich Tableaux sombres gehört - und bin wieder mal: BEGEISTERT von deiner Musik. Großartiges Konzert - einschließlich des fulminanten Schlußpunkts. Lieg ich ganz falsch, wenn ich menie, in der Ferne Schostakowitsch anklingen gehört zu haben? So oder so, da ist ein großartiges Stück von Dehnhoff, das ich gern in der Kölner Philharmonie hören würde.
Es wundert mich nicht, daß Uwe Timm so viele Menschen zu einem Leseabend anzieht. Ich lese seine Romane sehr gern.
Eisig, verschneit die Sistiger Landschaft.
Theo
Mi., 6. Dezember 2023, 00:39 Uhr
Lieber Theo,
ja. Du liegst tatsächlich falsch: Schostakowitsch ist ein Komponist, dessen Musik mir eher fremd geblieben ist, obwohl ich sie ziemlich gut kenne ... wie oft schon habe ich gedacht, wie hätte seine Musik geklungen, hätte er wie Rachmaninow und Strawinsky Russland verlassen ?! ...
Aber natürlich freut mich, daß Du an meinem ungewöhnlich besetzten Heckelphonkonzert Freude hattest. Nun habe ich vorgestern ja auch mein "Opus magnum" TRAUMBUCH EINES GEFANGENEN (neben der Oper "Der Pelikan" und den Aufzeichnungen "HW+NW") online gestellt ... ich hatte Dich mit dem Hinweis darauf ja auch im entsprechenden Verteiler ... und erstaunlicherweise meldeten sich direkt nach der Premiere ein paar Fraunde, die die "Premiere" auf YT live & komplett verfolgt hatten, direkt anschleßend spontan am Telefon oder per Mail. So z. B. auch Peter M. Hamel, der eine völlig andere Art Musik schreibt, aber dennoch restlos begeistert war und sich tief beeindruckt am Tel. äußerte. So etwas freut einen dann doch! - zumal es ein bißchen Arbeit gemacht hatte, das entsprechend vorzubereiten. - (Ich bin eigentlich sogar selbst überrascht, was mir seinerzeit mit schon 32 Jahren gelang.)
Ich bin wieder zuhause, hatte zwei höchst intensive & schöne Tage zusammen mit meinem engsten Malerfreund Giso Wesing in Hannover, wohin ich zum Künstlergespräch am Sonntag im Rahmen einer Retrospektive seiner Bilder aus 52 Jahren "Farbe, Form, Vorstellung" dorthin gefahren war. (https://www.hannover.de/Veranstaltungskalender/Ausstellungen/Andere-Ausstellungsh%C3%A4user/Giso-Westing-%E2%80%93-FARBE-FORM-VORSTELLUNG) Ihm brachte ich natürlich auch Dein neues Buch mit, zumal er das davor auch total begeistert gelesen hatte.
Michael
Fr., 8. Dezember 2023, 10:27 Uhr
Lieber Michael,
im Mittelpunkt des Morgens steht das Traumbuch eines Gefangenen, das ich soeben zu Ende gehört habe. Als leidenschaftlicher Opernfreund hat mich dieses Oratorium restlos und rundum begeistert.
Dies ist eine faszinierende Vertonung von Horst Bieneks Traumbuch. Wort und Ton sind von universaler Zeitlosigkeit. Daß das Oratorium gerade in diesen Tagen besonderen Trost vermitteln kann, liegt angesichts der Weltgeschehnisse auf der Hand. Denn Kunst tröstet uns ja immer - egal, wie grausam die Inhalte sein mögen.
Michael, ich kann dir nicht genug danken für die musikalischen Geschenke, die ich fortlaufend von dir erhalte.
Theo
Mo., 11. Dezember 2023, 22:46 Uhr
Lieber Theo,
eben kommen ich aus dem Buchladen 46, wo (aus Anlaß des Tages der Menschenrechte) von Stefan Viering aus Ahmet Altans Buch "Briefe aus dem Gefängnis" sehr überzeugend gelesen wurde ... und man merkte ihm an der Art an, wie großartig er das Buch findet.
Anders als Horst Bienik seine Gefangenschaft zu Literatur werden läßt, überrascht hier tatsächlich die Art, wie der Autor (& Journalist) Ahmet Altan mit der erzwungenen Freiheitsberaubung umgeht er läßt sich nicht brechen, sondern schöpft alle Kraft aus der Imagination, die keine (Gefängnis)-Mauern kennt. Es gerät auch zu einer Selbstbefragung seiner selbst als Autor und Mensch ... Ich kannte den Autor bisher nicht, bin einfach nur aus Neugierde dorthin gegangen ... und habe es nicht bereut !
Meine musikalische Auseinandersetzung mit Bieneks Texten ist ganz anderer Art. Und - wie Du selbst nach dem Hören des Ganzen nun schriebst (sieben Teile erinnertest Du vielleiciht von der Wergo-CD): ja, auch solch düstere Musik kann letztendlich trösten. - Wie oft schont hörte ich zutiefst traurige oder melancholische Musik gerade dann, wenn ich mich selbst in solch einem Zustand befand: Schubert z.B. (und immer wieder !) ...und fühlte mich anschließend nicht mehr so elend & einsam.
Michael
Ps Holger Schwab sagte mir nach der Lesung bei einem Gläschen Wein, er habe bisher keine Zeit gefunden, in Vorschlag zur Blüte hineinzulesen Fr., 12. Januar 2024, 12:05 Uhr
Lieber Theo,
nun ist das Neue Jahr schon ein Dutzend Tage alt ... so soll Dich hiermit ein erster Gruß erreichen. Ich entdeckte eben zufällig (auf der Suche nach etwas ganz anderem) ein Filmportrait über Günter Bialas, welches ich mit einiger innerer Rührung anschaute. Du weißt - glaube ich -, daß ich das große Glück hatte, Bialas mit 13 Jahren kennenzulernen, er wurde mir so etwas wie ein zweiter Vater, ein künstlerischer, und bis zu seinem Tode 1995 verband uns dann eine enge Freundschaft. Ich habe ein paar Stücke von ihm auch uraufführen dürfen, u.a. auch das kürzlich für eine SACD-Einspielung wieder in mein Repertoire geholte "Albumblatt GS". Im Film vom BR aus dem Jahr 1987 gibt es neben Musik von ihm auch eine Reihe Interview-Anteile, die mir den Menschen Bialas wiedererwachen ließ. Sein großes / großartiges Oratorium "Lamento di Orlando" hörte ich seinerzeit zur Eröffnung des Münchner Gasteigs, saß also in dem Konzert unter Celibidache, aus dem man einen Auszug dort hört. - Mein Tag hat also heute auf wunderbare Art begonnen. (Falls es Dich interessiert; https://www.youtube.com/watch?v=OQ6H8_jhgCM)
Und von der Literatur: erwarb gestern die soeben erschienenen Kolumnen von Clarice Lispector, eine Autorin, die wohl nun erst langsam etwas umfassender entdeckt wird. Ihren bemerkenswerten Roman "Nahe dem wilden Herzen" mußte ich seinerzeit noch im Antiquariat suchen, da keiner ihrer Texte zu dem Zeitpunkt im Handel erhältlich waren. Nun freue ich mich auf originelle Momentaufnahmen aus den Jahren 1946 - 1977 ...
Und bei Dir? Bist Du zuversichtlich ins Neue Jahr gestartet? Hast Du Dir möglicherweise vorgenommen, einer der Jubilare des Jahres 24 (wie z.B. Immanuel Kant) nochmals in Gänze zu lesen? -
Michael
PS zu meiner großen Überraschung wurden übrigens meine "Zwölf Inventionen" (die ich ja auch Dir als Link in meiner Weihnachts-Neujahrs-Grußmail schickte) bereits über 700-mal angeklickt / gesehen / gehört! - solche Zugriffszahlen hatte ich bisher so kurzfristig noch nie ! --- was mich natürlich freut !
Di., 16. Januar 2024, 12:05 Uhr
Lieber Michael,
ich denke jeden Tag an dich und hätte mich in diesen Tagen auch einmal gemeldet, auch wenn ich nicht viel zu schreiben habe. Wie du weißt, lebe ich nur noch zuhause. Je länger dieser Zustand andauert, um so selbstverständlicher wird er. (In Köln war ich zuletzt im November 2019, in Bonn im Mai 2014, in Aachen im Juni 2014. Das war's in den letzten 10 Jahren, was Fahrten über eine Entfernung von 20 Kilometern angehen / Die rein familiären Fahrten nach Hürth und Wesseling zähle ich natürlich nicht.)
Ich gehe allerdings jeden Tag mindestens einmal nach draußen. Es gibt viel Schnee zu schippen: Gestern war ich 90 Minuten, heute 60 Minuten damit befaßt. Und morgen werden es wohl zwei und mehr Stunden werden, wenn die Vorhersage stimmt. Zudem habe ich mir vor etwa zwei Monaten angewöhnt, zwischen 17 und 18 Uhr eine halbe Stunde stramm durchs dunkle Dorf zu gehen: Ich umrunde einmal das Dorf (bei jedem Wetter), mal diese Route, mal jene. Zudem mache ich seit einem Jahr täglich 5 Minuten Rückengymnastik. Das wirkt in der Tat Wunder.
Meine verläßlichen und liebevollen Lebensbegleiter sind Familie und Literatur. Mehrfach in der Woche entdecke ich Autoren, von denen ich zuvor noch nichts gelesen hatte. Seit einiger Zeit ist die zeitgenössische Literatur wieder an der Reihe.
Du machst mich neugierig auf Clarice Lispector, deren Namen ich seit Jahren immer mal wieder begegne. Aber bislang habe ich noch nichts von ihr gelesen. Da ich das Feuilleton nicht verfolge, weiß ich natürlich nichts von ihrer Wiederentdeckung. Ich habe aber eben eins ihrer Bücher auf die Merkliste gesetzt und werde es demnächst bestellen.
Zu Vorschlag zur Blüte habe ich sehr wenige, aber hocherfreuliche Rückmeldungen erhalten. Zuletzt schrieb Peter Salomon, er halte mich für einen bedeutenden Lyriker im deutschen Sprachraum. (Na denn ...) Er bedauert es sehr, daß große Verlag sich schon längst nicht mehr um die Autoren von Gedichten kümmern.
Ich träume weiterhin viel von diesem oder jenem urbanen Wohnort, sehne mich weiterhin nach dieser oder jener anderen Lebenssituation.
Aber ich weiß jeden Tag die guten Dinge zu schätzen, die mein Leben ausmachen. Und die weniger guten gehören eben auch dazu.
Es ist, wie es ist. Ich bin weder zuversichtlich noch nicht zuversichtlich, was Zukünftiges angeht. (Der jeweilige Start ins neue Jahr hat mir noch nie etwas bedeutet.)
Im übrigen vergehen die Tage wie im Flug.
Ich freue mich immer, von dir zu hören.
Theo
Do., 18. Januar 2024, 16:24 Uhr
Lieber Theo,
selbst hier in Bonn gab's gestern viel Schnee (gute 15cm), sodaß auch ich etwas zu schippen hatte, vor einem abendlichen Schneespaziergang (statt der sonst täglichen Radtour). - Dein täglicher Rundgang ums Dorf hat sicherlich ähnliche Wirkung auf Körper & Seele, wie meine Zeiten auf dem Rad.
Ansonsten bekam ich gestern nun zur Kontrolle den Schnitt der Aufnahmen zur neuen Campanula-SACD, die dann wohl im Frühjahr erscheinen soll. Ich bin recht zufrieden mit dem Ergebnis, aber vermutlich wird es die letzte CD-Erscheinung meiner Musik mit mir als ausführendem Musiker sein ...
Und von einem schönen Kino-Besuch kann ich berichten: Maestro - ein Film um den Dirigenten & Komponisten Leonard Bernstein; zu Recht von der Kritik allerbestens gelobt ! - da Du ja auch leider nicht mehr ins Kino gehst: vielleicht hast Du Netflix abonniert; dort soll der Film in der Mediathek zu finden sein, wie ich las. (Wir nutzen hier selber kein Netflix, zumal überhaupt das Fernsehen eine ziemlich seltene Abwechslung in unserem Alltag bedeutet.)
Nachher breche ich auf in die Kölner Philharmonie, wo es Zimmermanns "Soldaten" in einer halbszenischen Aufführung zu hören gibt. Wieder spielt das Gürzenich-Orchester, das unter Xavier Roth auch die grandiose Aufführung im Staatenhaus vor gefühlt vier Jahren spielte. Ich glaube, ich habe in meinem Leben keine andere Oper in so vielen unterschiedlichen Inszenierungen gesehen! - wohl neben Bergs "Wozzeck" die wichtigste Oper des 20. Jahrhunderts. Bin sehr gespannt & in großer Vorfreude, das heute erneut live zu erleben ... und werde in der Philharmonie sicherlich zig Bekannte & Freunde treffen …
Auch ich denke oft an Dich, nicht nur, wenn ich telefonische Rückmeldung von Freunden bekomme auf mein Buchgeschenk "Vorschlag zur Blüte". Meine Berliner Klavierpartnerin (Birgitta Wollenwber) hat daraus - wie sie mir erzählte - ihren Kindern zu deren größtem Vergnügen vorgelesen ... wie zuvor auch schon aus "nicht weniger nicht mehr" ... Und daß ich Dich für einen wictigen Lyriker halte, muß ich hier wohl nicht erneut betonen !
Es grüßt Dich zwischendurch Michael
So., 21. Januar 2024, 09:33 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für den Hinweis auf MAESTRO, den wir uns gestern abend zu Gemüte geführt haben. Wir lieben die Hauptdarstellerin Carey Mulligan; beste Voraussetzung, sich diesen Film anzusehen, den wir in jeder Hinsicht großartig finden - mit einem grandiosen Ende. Ein großes Filmkunstwerk, das wir von der ersten bis zur letzten Sekunde genossen haben.
Ich habe jahrzehntelang viele Opern in verschiedenen Häusern gesehen, aber "Soldaten" ist nicht darunter. Ich kenne nicht genug Opern des 20. Jahrhunderts, aber daß "Wozzeck" ein herausragendes Opernwerk ist, kann ich nur bestätigen. Alles hat seine Zeit : Den Spruch der Propheten zitiere ich ja gern. Aber ich räume freimütig ein : Ich vermisse das Erlebnis der Oper im Opernhaus. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, noch einmal ein Opernhaus zu betreten. (Dabei habe ich noch einen nicht eingelösten Gutschein für die Kölner Oper, die vielleicht ja doch noch einmal ihre Pforten öffnet.)
Also - alles hat seine Zeit. Schön, daß du geholfen hast, Vorschlag zur Blüte unter die lesenden Menschen zu bringen. Ich danke dir nochmals dafür.
Theo
So., 28. Januar 2024, 22:52 Uhr
Lieber Theo,
heute war ich zur privaten Geburtstagsfeier (anläßlich seines 80.) meines befreundeten Kollegen York Höller in der Diepeschrather Mühle - ein nettes Ausflugslokal mit guter Küche in einem größeren Waldgebiet östlich von Leverkusen -, zu dem rund 40 engere Freunde & Bekannte geladen waren. Der Zufall wollte es, daß ich nach der vorgegebenen (offensichtlich wohlüberlegten) Tischordnung Olga Zoller, der langjährigen Lebenspartnerin von Dieter Kühn, gegenüber saß, die ich sicherlich seit über 10 Jahren nicht mehr gesehen hatte, aber doch gleich weidereerkannte! Sie hat früher - glaube ich - als Kulturreferentin der Böll-Stiftung in Berlin gearbeitet, lebte aber mit Dieter Kühn in Brühl zusammen, und natürlich auch in dem Eifel-Häuschen, in das sich Kühn zum Arbeiten gerne zurückzog. Mittlerweile ist sie nach seinem Tod in den Süden von Köln gezogen, wie ich heute von ihr erfuhr.
Wir kamen auch auf Dich zu sprechen. Sie meinte, Deinen Namen allerdings nicht zu kennen ... das hat sich nun natürlich geändert. Ich berichtete ihr davon, daß für Dich als lesendem Schriftsteller 2022 ein "Kühn-Jahr" war, in dem Du unendlich viel & vor allem restlos begeistert seine Bücher gelesen hast. Zu Ihrer Freude konnte ich ihr Dein bemerkenswert kurzes Gedicht (bis auf das vorangestellte Zitat) auswendig (aber mit dem entscheidendem Doppelpunkt als zweite Gedichtzeile zwischen "toll" & "kühn") vortragen ... und ich versprach, es ihr - wie auch Deine Buchbesprechung über "Das magische Auge" in LITERATOUR 22 als PDF zuzuschicken. Dies ist eben geschehen ... und ich habe mir erlaubt, Ihr zudem aus unserer Korrespendenz über Dieter Kühn Auszüge mitzuschicken, die übrigens erstaunlicherweise vor ziemlich exakt zwei Jahren, am 29. Januar 2022 einsetzte ... und auch den 1. Februar (Kühns Geb.) einschloß ... wie ich eben beim Heraussuchen feststellte.
Nur soviel jetzt für den Moment Michael
Mo., 29. Januar 2024, 09:40 Uhr
Lieber Michael,
die Freude ist außerordentlich: endlich mal wieder eine Nachricht, die den Schriftsteller Theo Breuer innerlich jubilieren läßt. So etwas ist mir so viel wert wie ein Preis: Ja, dies ist ein Preis! Wenn ich es mir recht überlege, ist es viel mehr wert als ein Preis, denn der menschliche Faktor ist Gold wert! Und am Golde hängt, zum Golde drängt - alles! (So steht es jedenfalls in Goethes Faust ...)
Vielleicht magst du den Link auch noch weitergeben, auf S. 75 wird Dieter Kühn ebenfalls erwähnt in wichtigem Zusammenhang, und auf diese Weise kann sie ja auch insgesamt erleben, in welchem Umfeld Dieter Kühns Werk da dem Leser schmackhaft gemacht wird: https://wp.pop-verlag.com/?3d-flip-book=theo-breuer-l%c2%b7i%c2%b7t%c2%b7e%c2%b7r%c2%b7a%c2%b7t%c2%b7o%c2%b7u%c2%b7r-22
Michael, ich freue mich sehr für dich, daß du ein so wunderbares gesellschaftliches Leben führst, das solche Begegnungen ermöglicht.
Theo
Mo., 29. Januar 2024, 12:40 Uhr
Lieber Theo,
natürlich habe ich Olga Zoller neben besagten zwei Seiten auch den gleichen Link zum Online-Lesen des gesamten Literatour22-Komplexes geschickt. So wie ich ihr gegenüber von Deiner besonderen Art über gelesene Bücher zu schreiben vorgeschwärmt habe, wird sie sicherlich den Link bei Gelegenheit nutzen und dann ja auch auf die Seite 75 stoßen. Zudem denke ich, Sie wird sich freuen, in unserer Korrespondenz von der enormen Wertschätzung Kühns durch uns beide zu lesen … auch, daß Du ihn als einen eigentlich Büchner-Preisträger würdigen Autor siehst.
Mir kam gestern vorm Einschlafen noch der Gedanke, daß die Stadt Brühl vermutlich gar nicht weiß, welch wichtiger Autor über Jahre in ihren Mauern lebte und es ihr vielleicht gut stünde, dies entsprechend zu würdigen; warum nicht auch durch ein nach Kühn benannten Preis oder Stipendium, wie es mit einigem Verzug ja auch bei Max Ernst geschah ?!
Es gab gestern jede Menge nette Gesprächsmöglichkeiten. So saß u.a. neben mir der Schauspieler Bernt Hahn, den ich ja regelmäßig als Rezitator in den Wortklangraum eingeladen hatte, auf der anderen Seite eine junge Pianistin, die wir kürzlich auch für ein Konzert der B.A.Zimmermann-Gesellschaft in Erftstadt hatten … neben Olga Zoller saß der Musikwissenschftler und Publizist Rainer Nonnenmann, der den Booklet-Text zu meiner Re-Sonanzen-CD geschrieben hatte und kürzlich ja auch für den Kölner Stadtanzeiger und die überregionale Neue Musikzeitung über die Ausstellung STROM : KLÄNGE ausführlich berichtet hatte.
Übrigens freute mich, daß ihr den Maestro-Film anschauen konnten und offensichtlich ähnlich beeindruckt ward wie wir! – ja ein Filmkunstwerk der besonderen Art !
Und a propos Oper : ich hörte mir seit einer gefühlten Ewigkeit nun mal wieder meine Strindberg-Kammeroper „Der Pelikan“ an (durchaus manchmal mit positiver Überraschung), die allerdings seit der UA am 20. 12. 1992 in Münster nicht wieder auf irgendeine Bühne gekommen ist. Aber damit teilt sie das Schicksal so manch anderer Oper …
Nun geht’s an’s Mittagessen-Kochen … Michael
Di., 30. Januar 2024, 09:17 Uhr
Lieber Michael,
einen Dieter-Kühn-Preis sähe ich eher in Düren oder Köln. Aber wenn Brühl ihn ausloben würde, wäre das natürlich eine feine Sache.
Gestern habe ich ein Buch von Clarice Lispector bestellt.
Und nun lese ich Theresia Enzensbergers Bauhaus-Roman Blaupause zu Ende, bevor ich einige Stunden im Garten arbeiten werde.
Theo
Di., 30. Januar 2024, 18:05 Uhr
Lieber Theo,
eben finde ich bei den Mails die Antwort von Olga Zoller auf mein Schreiben. Da ich vermute, es wird Dich interessieren, kopiere ich den Inhalt hier unten mal hinein.
Und ja, natürlich wären ebenso Düren und Köln richtige Orte des Erinnerns an Dieter Kühn ! Aber irgendwer müßte es wohl initiieren ...
MIchael ___________________________ Lieber Herr Denhoff,
ich komme heute erst dazu, Ihnen von ganzem Herzen zu danken für Ihre ‚gewichtige‘ Email, mit der Sie mir eine beachtliche Menge an Erinnerungen an Dieter Kühn und dessen Werk vor Augen führen, die mir in ihren unterschiedlichen Perspektiven und Fokussierungen bisher nicht bekannt waren. Manches ließe sich noch etwas korrigieren bzw. ergänzen, aber das wäre hier völlig unsinnig, denn gerade die jeweils ganz persönlichen, individuellen Sichten und Erfahrungen, erst recht, wie sie in den Schriften des so begeisterungsfähigen, lesefreudigen und einfallsreichen Theo Breuer zum Ausdruck kommen, sind doch einfach wunderbar.
Auch ich habe mich gefreut, anlässlich Yorks Festtagsessen einigen Menschen, so auch Ihnen wiederbegegnet zu sein, und es war für mich ein besonderes Glück, in welch interessante Nachbarschaft Maria mich platziert hat, in der sich so gute, anregende Gespräche entwickeln konnten.
Mit nochmaligem Dank und den besten Wünschen für dieses noch neue Jahr grüßt Sie sehr herzlich, Olga Zoller
Mi., 31. Januar 2024, 09:45 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich natürlich sehr, das zu lesen.
Dann wollen wir Olga Zoller noch eine weitere Freude bereiten, indem wir ihr die angehängte PDF zukommen lassen, denn ein Gedicht von Dieter Kühn ist im Roten Haus im Park auch vertreten. Ich bitte dich also, die PDF bei Gelegenheit weiterzuleiten mit vielen Grüßen und Dank an Olga Zoller für die guten Worte.
Es ist dies die Jubiläumsfassung vom 20. Dezember 2023, dem Tag (Friederike Mayröckers 99. Geburtstag ...), als sich der Beginn des Hausbaus zum zehnten Mal jährte.
Theo Di., 6. Februar 2024, 11:39 Uhr
Lieber Theo,
nur kurz gefragt: hast Du die Klee-Tagebücher (bei DuMont 1979 erschienen)? - falls nein, schicke ich Dir das Buch gerne, welches sich bei der Auflösung der letzten Bibliotheksbestände meiner Schwiegereltern fand. - ich selbst hatte es seinerzeit sofort nach Erscheinen erworben.
Wir können kommende Woche für ein paar Tage nach Brüssel reisen (dem rheinischen Karneval entfliehen), wo nun Martelles Mutter mal wieder für zwei Wochen in Kurzzeitpflege gehen konnte.
Dein "Rotes Haus" ist natürlich bereits an Olga Zollner weitergereicht worden.
Michael
Di., 6. Februar 2024, 12:07 Uhr
Lieber Michael,
nein, das Buch habe ich nicht. Ich freue mich natürlich über das Angebot, das ich gern annehme.
Ich wünsche euch eine schöne Reise nach Brüssel, wo ich einst - im Zusammenhang mit einer Lesereise - grandiose Bilder im unterirdisch gelegenen Museum für zeitgenössische Kunst sah.
Theo
Do., 8. Februar 2024, 09:23 Uhr
Lieber Michael,
bereits gestern traf die Büchersendung ein, für die ich mich vielmals bedanke. Ich habe auch schon mit der Lektüre begonnen, habe gestern bis tief in die Nacht hin gelesen und mich fesseln lassen.
Wenn du magst, lies noch einmal das Gedicht in Scherben saufen auf Seite 77. In dieses Gedicht sind ein Dutzend Bilder von Paul Klee montiert.
Und nun kenne ich auch Prosa von Clarice Lispector, deren frühe Erzählungen ich gestern über Tag las.
Du siehst, ich verdanke dir viel.
Theo
Do., 8. Februar 2024, 11:09 Uhr
Lieber Theo,
da hat die Post ja zügig gearbeitet ... mich freut, daß ich Dir mit den Tagebüchern von Klee eine kleine Freude machen konnte. Meine Faszination für die bildnerische Welt von Klee hatte schon in meiner frühen Jugend begonnen; in der väterlichen Bibliothek fand ich das bei Knaur - Droemersche Verlagsanstalt 1958 erschienene Buch "Paul Klee - Leben und Werk" (das längst Bestand meiner Büchersammlung zu Klee geworden ist). Damit begann die Reise in das singuläre Werk eines Malers & Zeichners, der mitr bis heute einer der wichtigsten geblieben ist. Als die Kunstsammlung NRW in Düsseldorf ihre 100 (oder 101) Bilder im K20 zeigte, gab es zuletzt (liegt aber auch schon ein bißchen zurück) ein Konzert, wo meine Studierende u.a. zwei Teile aus meinen Aufzeichnungen für Streichquartett und Klavier "Hauptweg und Nebenwege" spielten, was ich durchaus als eine kleine Ehre empfand. Ich weiß gar nicht ob Du meine frühe Musik zu Klee (aus: Die blaue Vier) kennst; ggf. hier zu hören / sehen: https://www.youtube.com/watch?v=o3E97yFKLds
Dein "Kleeblatt" las ich eben erneut; ja: die Titel sind elementarer Bestandteil der Bilder bei Klee ... und wie raffiniert hast Du da einige versteckt hineingezaubert !
Bei den Erzählungen von Clarice Lispector sind einige wunderbare Perlen dabei ... ich erinnere gerade den "Seelensturm", wo es irgendwo heißt: nicht mit Musik zu leben, ist ein Verrat an der Conditio humana, die von Musik umgeben ist. Im Übrigen ist Musik eine Abstraktion des Denkens. (hatte mir das seinerzeit herausnotiert)
In diesem Sinne herzlich wie immer Michael
Do., 8. Februar 2024, 11:44 Uhr
Lieber Michael,
keine kleine Freude ..., zudem ich jetzt noch dem Link gefolgt bin und die Musik dazu gehört habe. Vielen Dank auch für das Zitat von Lispector.
So darf der Tag weitergehen ...
Theo
Sa., 10. Februar 2024, 11:25 Uhr
Lieber Michael,
in der Nacht habe ich Paul Klees Tagebücher zu Ende gelesen. Ich habe das Buch regelrecht verschlungen. Faszinierend, dieser Entwicklung zu folgen. Ich kann dir nicht genug danken für dieses große, großARTige Geschenk.
Theo
So., 11. Februar 2024, 10:21 Uhr
Lieber Theo,
da hatte ich doch recht vermutet: falls Du die Klee'schen Tagebücher noch nicht kennen solltest, müßten Sie Dir ein Lesegewinn sein ... Dank Dir also für die schriftliche Bestätigung dieser Vermutung.
Ich war gestern den ganzen Tag in Düsseldorf. Zunächst Besuch des erst kürzlich eröffneten Schumann-Hauses in der Bilker Straße als kleines feines Museum, Dort kann man sogar in einer Auswahl in die Bücher hineinschauen, die zum Schumann'schen Haushalt gehörten, wie etwa eine vierbändige Jean Paul Ausgabe im Druck aus der Zeit ... Dann gings zu den Tagen der Kammermusik an meiner alten RSH, für die ich ja zur aktiven Zeit selbst verantwortlich war. Das Programm zwar nicht mehr so umfangreich wie damals, aber darunter zwei Konzerte komplett mit Musik von Komponistinnen ! - die beiden bekanntesten (Fanny Mendelssohn & Clara Schumann) waren nicht einmal dabei. Überhaupt erfreulich, wie da in den letzten Jahren wiederzuentdeckende Schätze gehoben werden !
Gleich werde ich in die neueste MATRIX hineinschauen, die ich nächtens bei der Rückkehr aus Düsseldorf bei der Post fand, und von deren Cover mich Dein Konterfei anlächelte
MIchael
So., 11. Februar 2024, 18:51 Uhr
Lieber
Michael, Mi., 14. Februar 2024, 22:22 Uhr
Lieber Theo,
Einen herzlichen Gruß aus Brüssel … Hier zusammen im Bild mit dem vermutlich wichtigsten Maler dieser Stadt an der Außenfront des nach ihm benannten Museums. Bald mehr…
Michael
Do., 15. Februar 2024, 08:18 Uhr
Lieber Michael,
zu Bildern von Magritte habe ich ein Gedicht geschrieben, das ich u. a. in Land Stadt Flucht veröffentlicht habe.
Das Photo, das du gemacht hast, hat echt künstlerischen Wert.
Theo
Fr., 16. Februar 2024, 12:06 Uhr
Ja, lieber Theo, mein Photo arbeitet bewußt mit den typischen Stilmitteln von Magritte (das kam mir fast zufällig vor die Linse !) … und der Besuch des Museums (auf dessen Dach ein riesiger grüner Apfel – wohl der aus seinem Bild „lauschender Raum“ – thront) war extrem lohnenswert: alles sehr elegant präsntiert, mit ganz vielen für mich noch unbekannten Werken. Nicht minder lohnend aber auch der Besuch im kleinen feinen Magritte-Haus im Norden Brüssels, wo neben einer Sammlung belgischer zeitgenössischer Kunst auch die im Krieg verloren gegangenen Werke des Meisters rekonstruiert wurden, viele andere Dokumente und ein beachtliches Bild des erst 11-jährigen Magritte zu sehen sind.
Daneben gefiel uns auch sehr das in einem Jugendstilhaus untergebrachte Musikinstrumentenmuseum, das auch eine umfängliche Sammlung seltener / seltsamer Instrumente von den Anfängen bis in die Neuzeit (Beginn elektronischer Instrumente) beherbergt … nicht minder interessant als das entsprechende Museum in Berlin.
Die kleine Reise (um dem rheinischen Karneval zu entfliehen) hat sich wirklich rundum gelohnt. Nur ein Konzert mit neuer belgischer Musik in der dortigen Musikhochschule hat uns beide ziemlich ratlos hinterlassen …
Nun beginne ich mit der Reiseplanung für drei Tage Hannover & Berlin Ende des Monats. Alljährlich sitze ich in Berlin in der Jury für den vom Land Niedersachsen vergebenen Kulturpreis Schlesien, bei dem es seit 1990 stets einen polnischen und einen deutschen Hauptpreis sowie einen Sonderpreis gibt, und für letzteren ich diesmal eine Bremer Initiative zur Förderung junger Musiker aus Deutschland und Polen vorgeschlagen habe. Auf dem Hinweg unterbreche ich die Fahrt immer für einen Besuch bei meinem engsten Malerfreund Giso (Westing) in Hannover, der dort ja kürzlich eine umfangreiche Retrospektive hatte. Und in Berlin werde ich auch eine Reihe andere Freunde kürzer auf einen Wein, Kaffee etc. treffen.
Übrigens hat sich mittlerweile Olga Zoller ganz herzlich für die Zusendung Deines Opus magnum „Das rote Haus im Park“ bedankt und freute sich, daß sie durch meinen Hinweis Dich kennenlernen konnte.
Michael
Fr., 16. Februar 2024, 14:17 Uhr
… besagtes Gemälde des noch 11-jährigen Magritte (welche Begabung schon hier zu erkennen!) :
So., 24. Februar 2024, 22:17 Uhr
Lieber Theo,
ich darf nicht allzu oft an die aktuelle Weltlage denken … und doch kann ich sie nicht ausblenden / die Augen verschließen. Der (sicherlich von Putin zu verantwortende) Tod von Nawalny vor ein paar Tagen hat mich aufgewühlt und erneut daran erinnert, wie für alle totalitären Systeme ein Menschenleben überhaupt keinen Wert hat … und irgendwie sehe ich kaum einen Unterschied zum Fall Julian Assange, dessen Auslieferung an die USA gerade wieder in London verhandelt wurde und der unter ähnlich unmenschlichen Haftbedingungen seit jahren festgehalten wird und erdulden muß, daß die / seine Auddeckung von staatlichem Unrecht & Verbrechen die dafür Verantworlichen nur dazu bringt, solche Personen bis auf’s Blut zu hassen, ihre Vernichtung – mit welchen Mitteln auch immer – zu betreiben.
Wohl irgendwie in diesm Zusammenhang kamen wir hier mal wieder auf meinen Frreund (Fotograf & Buchautor) Josef Šnobl zu sprechen, dessen 2022 posthum veröffentlichtes letztes Buch PRAGA OBSCURA, mit seinen Fotos und Texten ich heute mal wieder zum erneuten Hineinschauen & -Lesen in die Hand nahm; er war kein Widerstandskämpfer im eigentlichen Sinne damals als junger Mensch in Prag, litt aber doch extrem am System dort, wie er mir mehrfach in persönlichen Gesprächen immer wieder betonte. – Kennengelernt hatten wir uns im Zusammenhang mit einem mehrjärigen künstlerisch-pädagogischen Projket für Jugendliche „Ich bin wert“ vor Jahren hier in Bonn im Dialograum, wo ja auch meine Reihe WORTKLANGRAUM beheimatet war. Er starb für mich völlig überraschend im Februar 2021 knapp vor seinem 67. Geburtstag. Ein anderes Buchprojekt konnte er nicht mehr zu Ende bringen: ein Fragenkatolog an Freunde & Bekannte zu ihrem jeweils 60. Geburtstag, ergänzt mit Portrait-Fotos der entsprechenden Personen … Kennst Du meine Antworten von damals zu meinem 60sten? – ggf. hier nachzulesen: www.denhoff.de/fragebogen.htm Möglicherweise hast Du sogar Freude an den den knappen und ganz spontanen Antworten jeweils angehängten Dreizeilern … da schaute ich eben auch mal wieder hinein … und dachte deshalb an Dich. (So assoziativ & unerwartet entwickeln sich manchmal Gedankenketten!)
Michael
Mi., 28. Februar 2024, 16:55 Uhr
Lieber Michael,
soeben las ich den Bericht über die Rede Frau Nawalnys in Straßburg. Es ist auch immer wieder die Hilflosigkeit gegenüber diesen Mächten, die mich traurig und zornig stimmt. Ich kann mich deinen Gedanken nur anschließen. Geburtstage sind für mich nur insofern von Bedeutung, als sie mich jedes Mal ein Stück näher an den Tod bringen. Ansonsten interessiert mich dieser Tag nicht. Sogenannte runde Geburtstage schon mal gar nicht. Nichtsdestotrotz habe ich deine Antworten einschl. der Dreizeiler gelesen, hier geschmunzelt, dort die Stirn gerunzelt.
Die Wiese erstrahlt heute bei dem herrlichen Sonnenschein in vielen Farben: Aus dem Grün lugen Schneeglöckchen, gelbe, lila und violette Krokusse, Herbstzeitlosen (!), Winterlinge - und die Osterglocken deuten auch schon an, daß deren Knospen demnächst aufgehen wollen. Im Laufe der Jahre haben sie die Frühblüher (dank der Ameisen, die die Samen transportieren) enorm vermehrt und auf der Wiese verteilt. So sitze ich nun wieder jeden Tag am Westfenster und tue Geist, Seele und Augen Gutes.
Theo
Do., 29. Februar 2024, 11:03 Uhr
Lieber Theo,
unterwegs von Hannover nach Berlin sitze ich gerade im ICE auf der Sonnenseite und ließ bis eben die Vorfrühlingslandschaft in schnellem Wechsel an meinem Auge vorüberziehen; nur hauchdünne Schleierwolken noch am blauen Himmel. Ich kann mir bestens vorstellen, welchen Blick Du nun vom Westfenster auf die erwachende Blütenpracht hast …
Der Tag gestern zusammen mit Giso war - wie immer - sehr nett & anregend (und auch genußreich, bei einem herrlichen Rotwein bis in die späte Nacht hinein). Er ist ja auch ganz begeistert von Deinen beiden letzten Büchern ! … wir kamen natürlich auf Dich zu sprechen …
Und gleich in Berlin treffe ich mich vor dem Jury-Termin noch mit einem Freund aus der Haikuwelt … er war auch Mitherausgeber unseres Online-Journals Haikuscope.
Doch jetzt will der Blick wieder erst einmal (träumend) nach draußen schweifen … Michael Sa., 16. März 2024, 11:53 Uhr
Lieber Michael,
wie seit vielen Jahren nun schon (die jeweilige Verfassung spielt dabei eine untergeordnete Rolle) kommt es mir auch 'heuer' vor, als vergingen die Tage wie im Flug.
Ich esse, trinke (vornehmlich grünen Tee und Leitungswasser, das bei uns himmlisch schmeckt) und schlafe (träume), ich lese und male und schreibe, ich mache Hausarbeit und arbeite im Garten, schaue und dort hier nach dem Rechten, kümmere mich um Finanzen und Versicherungen (usw.), installiere weiter im BuchKunstWerk, redigiere, lektoriere, korrigiere (gerade in Zeiten vor Buchmessen hat Traian Pop immer viel Arbeit für mich), mache täglich Gymnastik und Rundgang (bei dem ich gelegentlich mit Menschen aus dem Dorf ins Gespräch komme, auch mit solchen, mit denen ich nie zuvor gesprochen habe), rede viel mit meiner Frau Birgit (mit der ich seit 48 Jahren zusammen bin), korrespondiere mit Andreas und Anna, sehe am frühen Abend einen Film bzw. zwei Teile einer Serie, sitze zwischendurch immer wieder am Westfenster und betrachte Blumen, Vögel, Bäume, Büsche, Moos und Gras.
Und ich denke und grüble, verfolge das Zeitgeschehen, mache mir Sorgen, habe Angst und Ängste, kleine, große, gelegentliche, immerwährende.
All dies (und mehr ...) als fast ausschließlich zuhause lebender Mensch (morgen allerdings fahren wir nach Hürth ...), der staunt, wie mobil du weiterhin bist, wie aktiv du das Kulturleben in diesem Lande mitgestaltest.
Theo
Sa., 16. März 2024, 12:20 Uhr
Lieber Theo,
gestern kam ich zurück aus Braunschweig, wo wir (zwei meiner Brüder & Stepan Simonian, der großartige armenische Pianist, der ja bereits meine Bach-Variationen und den Skulpturen-Zyklus spielte) im Braunschweiger Lindenhof-Theater Beethovens Eroica in einer Klavierquartett-Fassung des Beethoven-Zeitgenossen Ferdinand Ries aufführten, bei ausverkauftem Haus. Es war eine nette gemeinsame Probenzeit zuvor … mit langen Gesprächen bis in die frühen Morgenstunden … natürlich auch über die so verwirrte Gesellschaft, politische Ereignisse etc. (Meinem Bruder Johannes & seiner Frau brachte ich das letzte hier noch vorhandene Buchexemplar Deiner Gedichte mit … und las ihnen zur Einstimmung der eigenen Lektüre ein bißchen draus vor.)
Und nachher mache ich die Begrüßung eines Künstlergespräches in der Bonner gkg. Es kommen der Galerist Lausberg, die ehemalige Leiterin des Pfalzgalerie in Kaiserslautern und der Künstler Dirk Salz, dessen Arbeiten in der gkg derzeit präsentiert werden.
In der Tat langweile ich im Moment nicht, zumal auch die Vorbereitungen für die kommende Ausstellung dort anstehen; diesmal kuratiere ich dort erstmals eine Ausstellung ohne irgendeinen Musikbezug mit Faltungen von Erwin Hapke und Werner Haypeter.
Morgen gibt es die Vernissage „Alles nur Farbe“ von Frank-Rüdiger Hildebrandt, mit dem ich auch bereits gemeinsame Projekte hatte, in einer kleinen feinen Galerie nahe des Macke-Hauses.
Mit Finanzen und Versicherungen habe ich im Moment nichts zu tun, dafür Martella umso mehr, denn endlich ist es gelungen, ein Heim für ihre Mutter zu finden, wo sie gut aufgehoben ist und deutlich besser versorgt sein wird, als es Martella & ihre Schwester leisten können.
Wie schön, daß Du auch zufällig mit den Dorfbewohnern ins Gespräch kommst auf Deinen Spaziergängen. Ich habe immer das Gefühl, wer zu Fuß unterwegs ist, ist auch offen & neugierig auf / für solch unerwartete Begegnungen.
Gerade ist unsere Tochter eingetroffen. Ich sollte mich ums Essen kümmern. So schließe ich hier erst einmal
Michael
Fr., 29. März 2024, 12:28 Uhr
Lieber Theo,
nun lese ich schon seit zwei Tagen in der jüngsten (der letzten für 2023 nachgelieferten) Matrix-Ausgabe, die – wie ich finde – einen großartig würdigenden Teil Goerg Aescht gewidmet ist. Ich konnte seine bescheidene wie enthusiastische Art der Begeisterung für rumänische Literatur ja Anfang November vergangenen Jahres bei einer Lesung in den Kinkel-Stuben hautnah miterleben. Wie aufschlußreich, das Interview am Ende mit Traian Pop! – welch weise Erkenntnis z.B.: Einen Lernerfolg immerhin kann jede, ein jeder für sich verbuchen: Man lernt eben Bescheidenheit.
Natürlich hat mich zudem wieder einmal Deine sympathisch schwelgende Art, über einen Kollegen (in diesem Fall Axel Kutsch) zu reden / schreiben, begeistert. - Hätten wir uns früher kennengelernt, wäre ich sicherlich auch gerne immer mal wieder zum kleinen Sistiger Lyrikerkreis dazugestoßen, wenn Musiker nicht ausgeschlossen gewesen wären. Nun, dafür ist es nun leider wohl zu spät.
Dies zwischendurch als kurzen Karfreitagsgruß an Dich … schon mit vorzeitigen Glückwünschen zu Deinem morgigen Geburtstag in stets gedanklicher (gedenklich) empfundener Nähe
Michael Mi., 3. April 2024, 12:35 Uhr
Lieber Theo,
schon wieder schreibe ich Dir (...obwohl meine beiden letzten Mails an Dich bisher unbeantwortet blieben, was aber weniger wichtig ist, zumal ich weiß, daß Du mittlerweile grundsätzlich weniger korrespondierst), denn der 2. Ostertag, den Du vermutlich in Berzdorf verbrachtest, stand für mich mal wieder ganz unter Celan-Vorzeichen: u.a. ich hörte seine psalmodierende Stimme mehrfach als Rezitator seiner eigenen Gedichte in diversen YT-Videos (es gibt erstaunlich viele!). Auch "nicht wenige nicht mehrr" nahm ich wieder einmal zut Hand, las erneut Dein großes / großartiges siebenteiliges Poem, dessen Genese ich ja durch unsere gleich zu Beginn unseres Gedankenaustausches bemerkte gemeinsame Celan-Faszination mitverfolgen durfte. Ich überlegte, ob ich Dir damals neben ATEMWENDE und HAUPTWEG UND NEBENWEGE auch mein 6. Streichquartett schickte, denn von letzterem gibt es ja keine CD-Publikation ... aber wenn ich mich richtig erinnere, schickte ich Dir seinerzeit zumindest eine Kopie des privaten Livemitschnittes. Da der 2. Ostertag so verregnet war, entschloss ich mich nun, dieses Streichquartett, welches mir selber - auch wegen der Celan-Impulse beim Komponieren - durchaus wichtig geblieben ist, endlich mal etwas öffentlicher zugänglich zu machen, indem ich es (auch zum Mitlesen der Partitur) als Video für YT vorbereitete. Nun ist es hochgeladen (https://youtu.be/f8Y_tmMtHCM), und wenn Du magst, kannst Du ja bei Gelegenheit mal hineinschauen/ -hören ... Ich habe es sogar so eingerichtet, daß man mittels Zeit-Links auch direkt jeden der 23 Abschnitte ansteuern kann, zu den entsprechenden als "frottage" unterlegten Fragmenten aus dem nachgelassenen Gedicht-Konvolut "Eingedunkelt" von Celan.- und ergänzend ist zudem noch ein Link hinzugefügt zu einem handschriftlichen Brief von György Kurtág, den er mir nach dem Hören des 6. Streichquartetts vor nunmehr zeimlich exakt 30 Jahren (Anfang 1994) schrieb: ein - wie ich finde - in vielerlei Hinsicht durchaus bemerkenswerter Brief, der auch sehr viel über seine eigene Sicht & Auffassung zum Komponieren verrät (... und nebenbei all denen Trost zusprechen könnte, die enttäuscht sind über zu wenig öffentliche Aufmerksamkeit: http://www.denhoff.de/pdf-dateien/kurtag-brief.pdf )
nicht weniger nicht mehr, Michael
Mi., 3. April 2024, 15:43 Uhr
Lieber Michael,
bei mir ist diese Matrix-Ausgabe noch nicht angekommen, kenne sie aber als PDF, die ich ja stets vorab bekomme, um Teile daraus zu überprüfen. Matrix hätte grundsätzlich viel mehr Leser verdient, es sind (von Ausnahmen abgesehen) weniger als 100. Soviel zum Thema Bescheidenheit ...
Klar hätte ich dich zum Lyrikkreis eingeladen, und wer weiß, vielleicht hättest du sogar zu den Stammgästen gehört. Da Axel Kutsch auch sehr an zeitgenössischer Musik interessiert war, kann ich mir vorstellen, daß wir uns gelegentlich auch zu dritt bei mir getroffen hätten.
Von Karfreitag von Ostersonntag waren Anna mit Katharina und Hannah bei uns, so daß der Geburtstag (danke für die guten Wünsche!) in diesem Jahr mal wieder 'richtig' gefeiert wurde. Seit Beginn des Jahres male ich ja gelegentlich wieder (was ich von 1987 bis 1989 durchgängig tat), und jedes Mal, wenn die Mädchen hier sind, malen wir gemeinsam. Da entsteht eine gemeinsame farbenfrohe Kunstschachtel, der ich den Titel Weltweg mit Kleeblättern gegeben habe.
Eins der Buchgeschenke war ein Kunstband: Paul Klee von Werner Schmalenbach, der mich ebenso zum Malen inspiriert hat wie Klees Tagebücher.
Der Herausgeber von KUNO (Kulturnotizen) schickte mir dieser Tage als Dankeschön für die vielen Beiträge, die ich ihm im Lauf der Jahre bis heute zur Verfügung gestellt habe, zwei große CD-Kassetten mit den Klavierwerken von Beethoven und Chopin. Zudem habe ich erstmals Musik von Skrjabin gehört.
Theo
Fr., 5. April 2024, 12:03 Uhr
Lieber Michael,
während ich ein weiteres Aquarell für die Kunstschachtel Weltweg mit Kleeblättern malte, habe ich das Streichquartett zweimal hintereinander gehört, mich begeistern und inspirieren lassen. Vielen Dank dafür!
Und soeben wurde das 21. Aquarell (inspiriert von der Lektüre des Romans Außer sich von Sasha Marianna Salzmann) fertig. Jetzt trocknet es in der Sonne.
Wie freut es mich, daß nicht weniger nicht mehr lebt. Einen Leser wie dich zu haben: Das ist Gold wert. Mindestens.
Ja, schreib mir: Ich freue mich immer darüber.
Theo
Di., 9. April 2024, 17:09 Uhr
Lieber Theo,
eben las ich in der FAZ eine nette Würdigung zum 70. Geburtstag (heute) von Arnold Stadler, mit dem ich ja mehrfach zu tun hatte; nicht zuletzt über die gemeinsame Freundschaft zu Hans Bender. - und so vermute ich, auch Du wirst ihn kennen & gelesen haben. Jedenfalls nahm ich den FAZ-Artikel zum Anlaß, ihm seit Längerem mal wieder zu schreiben. Und da somit das Denken an Dich verbunden war, gleich ein paar Zeilen an Dich hinterher.
Ich vermute, das herrliche Vorsommerwochenende hast Du gut & gerne in Deinem Garten verbracht, oder auch Spazieren-gehend ... oder auch wieder mit den Enkelkindern malend ...
Wie waren im Rheingau, zum einen gab es beim Weingut Engelmann-Schlepper den Abschlußabend des Seminars "Winzer in 7 Tagen", das wir dort auf's Jahr gestreckt absolviert hatten. (Lustigerweise auch über dieses Weingut heute ein größerer Artikel in der Lokalausgabe der FAZ!). Zudem haben wir uns Eltville mal etwas genauer angeschaut, sind in den Weinbergen und am Rhein spazierend unterwegs gewesen und haben am Sonntag dann noch Schloß Vollrads für uns entdeckt. - und das alles bei herrlichem (nur ein wenig durch Saharastaub getrübten) Wetter. Auf der Rückfahrt machten wir zudem einen Stopp in Bad Camberg, auch ein kleines hübsches Örtchen mit seinem historischen Stadtkern.
Für mich beginnt nun der Endspurt für die gkg-Ausstellung, die am 21. eröffnet wird. Übermorgen hole ich in Kevelaer die Arbeiten von Erwin Hapke ab, und dann geht's in den Tagen drauf an den Aufbau. (http://www.gkg-bonn.de/aus-dem-leben-heraus-erwin-hapke-werner-haypeter-faltungen)
Michael
Mi., 10. April 2024, 09:08 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für schöne Bilder und informative Worte zum Ausflug ins Rheingau.
Ich habe den FAZ-Artikel zu Stadler gelesen. Ich bin ihm einmal - in der Taubengasse, wo sonst ... - persönlich begegnet. Ich habe 15 Bücher mit seinem Namen drauf gelesen: Romane, Erzählungen, Gedichtbücher, Übertragungen von Psalmen sowie die Anthologie Tohuwabohu. Ich habe ihn, glaube ich, mehrfach über meinen Gedichten zitiert.
Gestern und vorgestern habe ich harte Arbeit im Garten verrichtet. Nachdem nun der Jahresrückschnitt (der stets im August beginnt ...) abgeschlossen ist und der 70 Meter lange Bonanza-Zaun gestrichen ist, wartet schon das nächste große Projekt: Ich will ein letztes Mal (bevor das Alter es nicht mehr zuläßt) die Fassade des Hauses komplett streichen. Die Vorbereitungen sind getroffen, alles notwendige Werkzeug einschl. Abdeckmaterial ist besorgt, nur die spezielle weiße Farbe ist zur Zeit nicht lieferbar, hoffe sehr, sie bald zu bekommen.
Die literarischen Projekte, die ich in letzter Zeit im Pop Verlag lektoriert und korrigiert habe (von Matrix abgesehen), sind abgeschlossen, die Bücher von Feldberg, Gröhler (den ich seit gestern abend in gebundener Form lese, nachdem ich das Manuskript dreimal durchforstet habe) und Balasz wurden in Leipzig vorgestellt. Für die kommenden beiden Matrix-Ausgaben (die ersten des Jahrgangs 24) habe ich wieder Essays beigesteuert. Jetzt werden aber erst mal die beiden 23er Ausgaben der anderen Literaturzeitschrift (BAWÜLON) fertiggestelllt, woran ich nicht beteiligt bin. Mal sehn, ob ich in diesem Jahr noch mal einen Essay schreiben werde - es ergibt sich ja in den letzten Jahren immer nur noch als Überraschung, ich kann das nicht mehr direkt steuern. Neben etwa 20 gemalten Bildern habe ich in diesem Jahr auch eine Reihe kurzer Gedichte geschrieben. Mal sehn, ob sie meinem kritischen Blick standhalten.
Verständlicherweise fühle ich mich heute doch sehr erschöpft und freue mich, dennoch in der Lage gewesen zu sein (und die Lust gehabt zu haben), dir diese E-Mail zukommen zu lassen.
Theo
Mi., 17. April 2024, 17:40 Uhr
Lieber Theo,
da vermutete ich zu Recht, daß Du Stadler gelesen hast, vermutlich noch umfänglicher als ich ... Mir hat er seinerzeit die Textvorlage für meine Kantate "Es ist Dir gesagt worden" zusammengestellt und auch die kleine "Namen Jesu Litanei" basiert auf einem Text von ihm.
Ich staune weiterhin über Deine literarischen Aktivitäten; neue Gedichte, nun auch wieder Malen ... da kann ich nicht mithalten. Corona (und all die bedenklichen und unerfreulichen Folgen) hat mich gravierend ausgebremst. Mir fehlt schon länger jegliche Motivation zum Komponieren. Denke: es lohnt nicht mehr die innere Überwindung. Aber ich will nicht klagen: meine Tage bleiben meist erfüllt mit diversem Anderen. So z.B. die vergangenen Tage die Beschäftigung mit dem Werk von Erwin Hapke, dessen Biographie ihn vom Meeresbilogen zum Eremiten im elterlichen Haus zwang, wo er in 35 Jahren ein völlig einmaliges Universum aus Faltungen aller Art schuf, völlig unbemerkt sogar von der Verwandschaft. Entdeckt wurde das erst am Tag der Beerdigung Hapkes im April 2016. Die Hängung / Gestaltung nun in dem kleineren Raum der gkg-Bonn hat Arbeit aber auch viel Freude gemacht: geradezu wie ein Komponist habe ich aus meiner Auswahl die Objekte angeordnet, Zuammenhänge und Kontraste geschaffen, sozusagen mein Blick auf die Objekte inszeniert. Seit heute vormittag steht die Ausstellung in fertigem Zustand. Am Sonntag zur Eröffnung führe ich dann ein Gespräch mit dem Neffen Matthias Burchardt (Philosophe-Professer an der Kölner Uni ... und zudem - wie ich - zum heftigen Kritiker der Regeierungsmaßnehmen zu Coronazeiten geworden). Als langjähriger Sammler der Faltarbeiten von Werner Haypeter (dessen wunderbaren "stillen" Arbeiten im größeren Raum der gkg ausgestellt sind) wird auch Dr Nattermann (ein Arzt) bei diesem Gespäch dabeisein.
Die Werbung ist auch bereits raus ... und wenn wir gleich am frühen Abend in eines unserer bevorzugten Weinlokale gehen, wohin wir diesmal zu einer Champagner-Probe eingeladen wurden, werde ich den Abend wie eine Belohnung für die Arbeit der letzten Tage genießen ...
Michael
Do., 18. April 2024, 08:50 Uhr
Lieber Michael,
da wir weder in Konkurrenz zueinander noch im Wettbewerb miteinander stehen, kann es beim Blick auf das Leben des anderen wohl nie um den Aspekt des Mithaltens gehen. Zudem ist das alles halb so wild mit den Gedichten und Bildern. Lauter kleine Dinge, die, das habe ich wohl betont, keineswegs zuverlässig das Tagesprogramm mitbestimmen, sondern eher gelegentlich geschehen.
Müßiggang, der mir nahezu unmöglich ist, kann gar nicht hoch genug bewertet werden: Müßiggang als solcher ist keineswegs eine Wurzel des Übels, im Gegenteil, er ist ein wahrhaft göttliches Leben, wenn man sich nur nicht langweilt. (Kierkegaard)
Du bist als Kurator, Organisator, Kommunikator weiterhin bewundernswert aktiv. Und das musikalische Werk ist seit einigen Jahren wahrscheinlich im großen und ganzen abgeschlossen, das wird man sehen.
Ich lese George Gissings Roman New Grub Street, der die literarische Szene Londons im ausgehenden 19. Jahrhundert darstellt. Großartiger Roman, hochinteressante Thematik.
Für die Veranstaltung wünsche ich alles Gute.
Theo
Do., 18. April 2024, 10:46 Uhr
… manchmal neige ich zu saloppem Formulieren, lieber Theo. Freundschaft und nicht Wettbewerb oder Konkurrenz bestimmt unseren gegenseitigen Austausch, natürlich !!! – vielmehr eben gegenseitige Befruchtung (& Wertschätzung) ! ... und in der Tat habe ich ein wenig das Gefühl, mit den drei letzten opera GREGUERIAS, COUNTERTIMECOUNTER und SLAM-X2 könnte ein gutes und zwingendes Ende meines kompositorischen Werkes erreicht sein. Dennoch will ich nicht ausschließen, daß es irgendwann doch noch ein zwei drei Schritte weitergeht … sei es z.B. durch die überraschende Begegnung mit einem Mühlfeld, der bei Brahms auch unerwartet nach eigentlich schon beschlossenem Ende die großartigen Klarinettenwerke an seinem Lebensende auslöste
Das Zitat von Kierkegaard kenne ich natürlich, und daß nicht allein künstlerische Umtriebigkeit, sondern eben vor allem auch Müßigang dem Leben erst seinen Sinn geben, kannst Du ja auch daran ermessen, daß ich überhaupt nicht klagen mag ob des derzeit empfundenen musikalischen Endes.
Gerne würde ich ja mal sehen dürfen, was Du nun malend zu Papier bringst ! ( - meine weiterhin unbändige Neugierde )
Michael
Do., 18. April 2024, 11:06 Uhr
Lieber Michael,
die Sonne hat den Nebel, der die ersten Stunden des Morgens bestimmt hat, vertrieben. Das tut gut. Ich liebe ja den Blick aus dem Westfenster in den Garten, der eine herrliche Komposition aus Grün, Gelb, Rot und Blau ist. Die wahrhaftig unendliche Arbeit hat sich wirklich bezahlt gemacht: Ich liebe diesen kleinen Park, den ich in 40 Jahren in Tausenden von Stunden zu dem gemacht habe, was er heute ist. Und für mich ist es ein schöner guter, daß das, was ich nun Tag für Tag betrachte, einen Höhepunkt darstellt. Nie war der Garten so schön wie heute.
Zum Malen: Es geht im Grunde um ein einziges Bild, das erste. Ich malte es während meiner Auseinandersetzung mit den Tagebüchern und Bildern von Paul Klee. Es war mir ein starkes Bedürfnis, ein Bild zu seinen Ehren zu malen. Alle weiteren Bilder sind sozusagen Begleiterscheinungen.
Diese Malphase ist im übrigen in keiner Weise zu vergleichen mit der dreijährigen Episode von 1987 bis 1989. In jenen Jahren fühlte ich mich tatsächlich als Maler, und die meisten der Bilder halten auch heute meinem kritischen Auge stand. TROTZDEM: Ich freue mich, daß ich nach so langer Zeit noch einmal den Pinsel in die Hand genommen habe. Und für Katharina und Hannah ist das natürlich auch eine feine Sache, die sie bereits so verinnerlicht haben, daß es für sie selbstverständlich ist, daß wir, wenn sie nach Sistig kommen, gemeinsam Bilder malen.
Eben hörte ich das Postauto auf der anderen Straßenseite. Ich erwarte eine große Büchersendung mit 22 Romanen, amerikanischen, englischen, isländischen und deutschsprachigen.
Da klingelt es schon!
Theo
Mo., 22. April 2024, 22:50 Uhr
Lieber Theo,
es waren schöne und intensiv erlebte Stunden in den vergangenen Tagen, auch weil die Ausstellungseröffnung in der Bonner gkg so erfreulich gut besucht war und das Gespräch mit Matthias Burchardt, dem Kölner Philosphen & Neffe von Erwin Hapke umd dem Arzt & Sammler der Werke von Werner Haypeter so rundum beglückend lief. Ich habe das videographisch dokumentiert ... und vielleicht interessiert es Dich ja sogar ... Über diesen internen Link könntest Du es sehen: https://youtu.be/syoqNTUBJOo
Zumindest dies noch, bevor ich den Klapprechner für heute schließe. Demnächst mehr
Michael
Di, 23. April 2024, 08:49 Uhr
Lieber Michael,
es ist schön, zu lesen, daß die Eröffnung ein voller Erfolg war. Ich habe den Link angeklickt und mir einen Eindruck verschafft.
Ich bin in diesen Tagen mal wieder in extremem Leseelement, habe in der Nacht Reinhard Jirgls herausragenden Roman Die Stille zu Ende gelesen.
Gleich geht es mit Berlin Cantata von Jeffrey Lewis weiter.
Theo
Mo, 29. April 2024, 22:23 Uhr
Lieber Theo,
nach einem Wochenende bei etwas weniger gutem Wetter als zuvor angekündigt und durchaus recht windig an Mosel und Ruwer (Radeln & kulinarischen Genüssen – zudem Weineinkauf bei Weingut Karlsmühle, die einen besonders guten Riesling Molaris vertreiben) bin ich nun wieder zu Hause und habe begonnen in zwei Büchern abwechselnd zu lesen, mit denen ich vor wenigen Tagen beglückt wurde: Martella schenkte mir die bei Suhrkamp erschienene Celan Bildbiographie von Bertrand Badiou (mit deren Erwerb ich schon Ende des vergangenen Jahres geliebäugelt hatte, als ich im Buchladen 46 drin blätterte & etwas "schmökerte") und mein Malerfreund Giso Westing beschenkte mich mit einer im Eigenverlag soeben erschienenen umfangreichen philosophischen Abhandlung „SEIN UND BEWUSSTSEIN als das VERHÄLTNIS DES MENSCHEN“, in der er seine Gedankengänge, angeregt durch seine Lektüre diverser Philosphen aus allen Epochen, zusammenzufassen versucht. Ein unvollkommenes Buch für unvollkommene Menschen, wie er der Abhandlung voranschreibt. Beide Bücher kann man wohl kaum wie Romane oder Erzählungen (oder selbst auch Gedichte) lesen; die Lektüre erfordert Zeit, aber das schon Gelesene macht Vorfreude auf das immer weiter Lesen, bedachte / bedenkende Vortasten, Satz um Satz, Seite um Seite von Kapitel zu Kapitel. Nach Geleitwort und dem Kapitel über Czernowitz (Herbst 1920 – bis Frühjahr 1945) unterbreche ich mal die Einsicht in die Bildbiographie (die Du sicherlich mit eigener Celan-Nähe längst besitzt!) für diese Zeilen an Dich. Natürlich mit herzlichen Grüßen & diversen sich wieder einstellenden Celan-Gedanken aus vergangenen Tagen
Michael
Di, 30. April 2024, 08:52 Uhr
Lieber Michael,
von der Bildbiographie wußte ich noch nichts, vielen Dank für den Hinweis. (Ich werde sie mir natürlich demnächst besorgen.)
Genausowenig wie ich bis vor wenigen Tagen von der Ausstellung anläßlich des 100. Geburtsjahrs von Friderike Mayröcker wußte; das bei Zsolnay erschienene Begleitbuch ich lebe in langsamen Blitzen habe ich gestern bestellt.
So geht es immer weiter.
Ich lese nun einen isländischen Roman, 1998 bei S. Fischer erschienen, große Klasse: Einar Már Guðmundssons Engel des Universums. Zum Glück wird auch in der Übersetzung viel von diesem großartigen Sprachkunstwerk vermittelt.
Die Kunstschachtel Weltwege mit Kleeblättern füllt sich weiter. Meine Aussage von vor ein paar Tagen revidierend, stelle ich nun fest, daß es doch um das Ganze geht, das sich immer mehr gleichsam zu einem Bild hin entwickelt. Das erste Bild (das ich im Prosazimmer aufgehängt habe) ist eher Ausgangs- als Höhepunkt dieser Malaktion, die zudem vor wenigen Tagen ein 60x40cm großes Bild ermöglichte (das nun im Treppenhaus hängt, ein anderes Blatt mußte weichen, liegt nun auf dem Tisch im Prosazimmer), dem ich den Titel 118 Rehkitze gegeben habe. (Die mittlerweile etwa 25 Bilder sind sämtlich mit Wasserfarben gemalt; in etliche sind Schnipsel aus dem Wochenspiegel montiert.)
Mehrere neue Gedichte habe ich in den letzten Tagen ebenfalls gemacht, eines davon mal wieder geträumt.
Ich staune über diese wieder mal unverhoffte Kreativität.
Theo Mi, 15. Mai 2024, 17:43 Uhr
Lieber Theo,
zumindest ein kleines Lebenszeichen meinerseits, wo ich länger nicht von mir hören ließ. Irgendwie fehlt mir seit einiger Zeit innerliche Power, die Zeit verstreicht - manchmal sehr langsam, weil ich so antriebslos bin. Immerhin habe ich in den vergangenen Tagen zumindest in meinem Studio etwas aufgeräumt, viel zum Altpapier entsorgt, was sich mit den Jahren so ansammelte, u.a. alles, was mit meiner Unterrichtstätigkeit in Düsseldorf zu tun hatte, Korrespondenz, alte Programme, Verträge etc. ... eine kleine Erleichrerung spüre ich, mich von manchem getrennt zu haben. Ausgewechselt habe ich das alte durchgesessene Sofa gegen ein schlicht elagantes neues, wo ich nun wieder gerne zum Schmökern sitze; dennoch: längeres konzentriertes Lesen schaffe ich derzeit noch nicht wieder. Lediglich ein kürzlich nachträglich zum Geburtstag bekommenes Buch habe ich in wenigen Tagen mit Faszination gelesen: Gedichte, Briefe, Texte und Bilder - auch als Facsimie -, welche die geistige Nachbarschaft von René Char und seinem Übersetzer Peter Handke dokumentiert. (bei Wallstein erschienen)
Gestern verstarb Martellas Mutter (mit über 92 Jahren); sie war somit gerade nur noch sieben Wochen in einem Pflegeheim. Seit vier Monaten ging es rapide bergab mir ihr ... nun hat sie es geschafft, abzutreten - kann man nur ganz in ihrem Sinne sagen. Also: wenig Trauer, mehr eine gefühlte Erlösung für sie.
So ist der Stand der Dinge im Moment Michael
PS aber doch auch noch zwei Links zu Dokus anläßlich 200 Jahre UA Beethovens Neunte; vielleicht interessiert's Dich ja. Der eine räumt gottseidank mir so vielen Mythen um Beethoven und diese Symphonie auf und der andere rekonstruiert virtuell das nicht mehr existierende Kärntnerthor-Theater in Wien, dem damaligen Ort der "musikalischen Akademie": Martella und ich waren sehr angetan:
- https://www.sendungverpasst.de/content/die-macht-der-musik-200-jahre-beethovens-neunte
Fr, 17. Mai 2024, 11:54 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich wie immer, von dir zu hören. Du solltest keineswegs die Art und Weise unterschätzen, wie du zur Zeit das Leben lebst. Solche Phasen sind wichtig - und auch wohltuend. (Du schreibst ja selbst von zumindest kleiner Erleichterung.)
Das Malprojekt hat sich zu meinem großen Glück verselbständigt. Was, wie ich dir schrieb, zunächst lediglich als ein Bild im Gedenken Paul Klees gedacht war, begleitet mich nun bereit seit einigen Monaten. Und das nächste Blatt liegt schon bereit. Zudem habe ich ein weiteres großes Bild gemalt. Wer hätte das gedacht, das ich noch einmal eine solche anhaltende Mailphase haben würde.
Apropos malen: In den vergangenen vier Tagen - also von Montag bis Donnerstag - habe ich unserem Haus einen komplett neuen - weißen - Anstrich verpaßt. (Zuletzt hatte ich die Fassade 2001 gestrichen.) Ich habe das gleichsam professionell vorbereitet, indem ich im März und April alle nötigen Utensilien ausgewählt und bestellt habe: Fliesrolle und Folie zum Abdecken von Boden und Sockel, etliche Pinsel (einen mit 80 cm langem Stiel), Farbrolle, Abklebeband u. a. m. Es sollte alles neu sein und in verschiedenen Größen sein, damit ich für jeden Bereich stets das passende Werkzeug zur Hand habe. Ich habe täglich zwischen 5 und 11 Stunden gearbeietet und konnte gestern nachmittag um 17 Uhr Vollzug melden, nachdem ich den braunen Sockel ebenfalls auf Hochglanz gebracht habe. (Den Dachüberstand hatte ich vor 10 Tagen neu gestrichen.) Ich habe Birgit Tag für Tag überrascht. Sie ahnte an keinen Tag, daß ich mir wieder eine Wand zur Brust nehmen würde. Jetzt warte ich auf die nächsten trockenen Tage, um die Garage ebenfalls neu zu streichen. Zudem habe ich mit dem in Sistig ansässigen Dachdecker vereinbar, daß er die Kunststoff-Dachrinne komplett gegen eine Zinkdachrinne austauscht. (Nach 44 Jahren tropft es an etlichen Stellen.)
Im Garten gibt es natürlich auch immer viel zu tun. Aber Literatur und Kunst kommen nicht zu kurz.
Theo
PS Die Links werde ich in den nächsten Tagen anklicken.
Fr, 17. Mai 2024, 22:29 Uhr
Meine Güte, lieber Theo, Du mußt ja richtig handwerklich praktische Fähigkeiten besitzen! Das würde ich mir nicht zutrauen: das ganze Haus mit neuem Außenanstrich zu versehen. Also, wir haben die Vorderseite unseres Reihenhauses vor ein paar Jahren streichen lassen, die Garten- & Wetterseite ist aber noch im Originalzustand vom Ersteinzug 1992; wenn Du Lust hast (& noch Schwung), lade ich Dich ein, diese auch mal malerisch aufzufrischen … ;-)
Was Du vom anderen „Malprojekt“ berichtest, klingt nicht minder interessant: freue mich für Dich, daß sich da für Dich unerwartet altes Neuland (wieder) auftut. Ich habe weiterhin auf Ähnliches bei mir zu warten. Wenngleich: als ich kürzlich zum Macke-Viertel-Fest im Rahmen der von mir betreuten gkg-Ausstellung den Falt-Workshop organisierte, dachte ich: vielleicht setze ich bei Gelegenheit meine Notenpapierfaltungen (Silent music / http://www.denhoff.de/silentmusic.htm) mal in erweiterter Form fort, also nicht allein auf Notenpapier beschränkt … aber dazu fühle ich mich derzeit einfach noch nicht wieder in der dafür notwendigen Experiemtierlust. Mal sehen, ob es dazu vielleicht doch irgendwann kommt …
Vielleicht darf ich bei Gelegenheit von Deinen Exkursionen ins Malen aber auch von den neuen Gedichten etwas zu sehen & lesen bekommen ?! – ich erhoffe mir davon zumindest eine kleine „Beflügelung“ / „Befruchtung“ der eigenen gelähmten künstlerischen Apathie. Nicht mehr und nicht weniger.
Michael
PS Komme gerade zurück von einer Veranstaltung des hiesigen Konfuzius-Instituts der Bonner Uni, wo der chinesische Autor Yan Lianke aus seinem jüngsten Roman las, vorgestellt und übersetzt vorgetragen von einem guten Bekannten, dem Sinologen & Mann der Pianistin Yin Chiang, die mein „countertimecounter“ uraufgeführt hat (Du kennst ja die Aufnahme) Yin spielte als Intermezzo dort heute auch ein Klavierstück eines mittlerweile 88-jährigen chinesischen Komponisten, der ebenfalla anwesend war. – Ein Abend mit reichhaltigen Einblicken in die chinesische Welt zwischen Widerstand, Kulturrevolution etc.
Di, 21. Mai 2024, 09:22 Uhr
Lieber Michael,
möglichst autark zu sein ist mir immer wichtig gewesen. Ich mache alles selbst, was möglich ist. Beim viertägigen Hausanstrich gab es an den vier mehr oder weniger vollen Arbeitstagen (bis zu netto 10 Stunden) keine Minute, in der ich die Arbeit nicht mit Freude und beherztem Einsatz verrichtet hätte. Heute habe ich vor dem Frühstück (im Schlafanzug ...) bereits den Lichtschacht gereinigt. Das war die letzte noch nötige Arbeit, um sagen zu können, daß das Haus von außen von meiner Seite jetzt wieder auf Hochglanz gebracht wurde. Jetzt folgt noch der Anstrich der Garage, und bei nächster Gelegenheit werden am Haus noch neue Dachrinnen von einer in Sistig ansässigen Fachfirma montiert.
Meinst du das ernst mit der Anfrage? Wie stellst du dir das vor?
Daß das Malprojekt sich dermaßen verselbständigen würde, hätte ich wahrhaftig nicht gedacht. Gestern habe ich ein weiteres Bild gemalt.
In der Tat hatte ich bereits vor deiner Anfrage daran gedacht, dir die neuen Gedichte zukommen zu lassen. Nachdem ich eben noch ein 'freches' kleines Gedicht hinzugefügt habe, tue ich das hiermit. Das Ganze wirkt zwar, als gäbe es demnächst schon wieder ein neues Buch, aber ich gehe überhaupt nicht davon aus, daß diese Gedichte einmal als Buch veröffentlicht werden. Das mache ich so nur für den unwahrscheinlichen Fall der Fälle. (Und die Bilder will ich bei Gelegenheit mal abphotographieren.)
Ich wünsche dir Zufriedenheit - gerade auch in der jetzigen etwas langsameren Lebensphase.
Theo
Di, 21. Mai 2024, 10:13 Uhr
Lieber Theo,
auch ich bin heute schon länger azf den Beinen, komme grad vom Zahnarzt, der meine Unterkiefer-Prothese mal wieder erweitern muß, da zwei wietere Zähne einen nicht mehr vertretbaren Wackelzustand erreicht haben … tja, mit zunehmendem Alter wird man immer mehr „Ersatzteil-Lager“! – und leider gehört mein Gebiß schon seit vielen Jahren zu einer der ansonsten gottseidank wenigen gesundheitlichen Baustellen –
Mein Angebot / Bitte, uns die hintere Hausseite zu streichen, war (wie Du meinem Augenzwinkern [ ;-) ] unschwer entnehmen konntest), natürlich ein kleiner Spaß.
Am Wochenende war ich im Münstlerland, wo mein jüngster Bruder im Kreis der Familie & Freunde aus seinem 60. Lebensjahr herausfeierte; mit einer Photo-Ausstellung in einer Popup-Galery, die er mit seinen Arbeiten nun bis in den Sommer bespielt. Er ist zwar als Bratschist im Städtischen Orchester Münster tätig, hat sich aber zudem mittlerweile auch einen guten Namen als Fotograph gemacht. Es war einer der selteneren Gelegenheiten, wo wir fünf Brüder uns mal wieder sahen.
Beim letzten Literarischen Quartett (eine der wenigen Sendungen, die ich im TV verfolge) sprach Salman Rushdie über Kafkas „Verwandlung“, es verleitete mich dazu, diese Erzählung seit Ewigkeiten mal wieder zu lesen. In den seltsam wirren Zeiten scheint einem Kafka tatsächlich derzeit als einer der zeitgenössischsten Autoren! Habe ich Dir mal erzählt, daß ich, als es darum ging, für die Bühnen Münster einen Opernstoff zu finden, zunächst an Kafka dachte? – ich hatte ausgehend von der späten Erzählung „Der Bau“ zusammen mit einem Freund ein Libretto (vornehmlich mit Texten aus den Briefen & Tagebüchern) entwickelt … aber dann bin ich auf Strindbergs „Pelikan“ umgeschwenkt.
Deine Gedichte im Anhang lese ich gleich, wenn ich mir zur ruhigen Lektüre einen Tee gemacht haben werde. Danke in jedem Fall schon hier
Michael
Di, 21. Mai 2024, 12:24 Uhr
Lieber Michael,
im Dezember 2013 habe ich in einem kleinen Theater in Bonn (!) eine grandiose Dramatisierung von Die Verwandlung gesehen. Ich habe Die Verwandlung schon oft gelesen. Vor wenigen Wochen habe ich mir sogar noch einmal eine Einzelausgabe gekauft, um die Erzählung erneut zu lesen. Ja, unglaublich aktuell!
Theo
Di, 21. Mai 2024, 14:52 Uhr
Lieber Theo,
ich habe meine alte Fischer-Taschenbuchausgabe aus den 70/80er Jahren zu Hand genommen und neben der „Verwandlung“ noch eine ganze Reihe anderer Erzählungen (wieder-)gelesen. Nicht nur das Verhältnis Mensch zur Obrigkeit (wohl eines der Hauptthemen in Kafkas Welt) läßt seine Texte so unverbraucht aktuell erscheinen ! - An die Dramatisierung in einem Bonner Kleintheater kann ich mich leider nicht erinnern. Aber an Kafkas 100. Todestag am 3. Juni soll es hier im Buchladen 46 eine halbszenische Lesung (was immer das sein mag) geben … noch weiß ich nicht, ob ich es schaffe hinzugehen.
Aber ich las natürlich am Vormittag, daß es Gregor Samsa unter dem Dach der Mayröcker in Deine neue Gedichtsammlung geschafft hat. Auch ansonsten in ja vertrauter Breuerschen Manier wieder so be-/deutungs-schwangere Anspielungen in viele Richtungen. Immer wieder mußte ich innerlich schmunzeln; was darf / kann man als Autor sich mehr bei seinen Lesern wünschen !? – vor allem, wenn es dabei nicht allein nur von Kalauern zu knirschen beginnt. Habe alles bereits dreimal gelesen … mit herzlichem Dank & größtem Vergnügen ! Wunderbar auch das "größere" der Mayröcker zugeneigte Gedicht nun mit seinen vielen k-Attacken !
Michael
Fr, 24. Mai 2024, 12:23 Uhr
Lieber Theo,
um überhaupt irgendetwas zu tun, etwas, was halb automatisch geht, habe ich gestern mal unsere letzten gegenseitigen Mails in das vor längerer Zeit schon angelegte Word-Doc mit unserer Korrespondenz hineinkopiert und nachgetragen (& dabei wie immer - soweit sie mir auffielen - kleine Schreibfehler korrigiert). Dann kam mir die Idee, das Ganze mal als Webseite umzulesen (mit Einfügen von monatlichen Textmarken) und so auf meinem Account sozusagen als externe Sicherheitskopie hochzuladen. Durch die Suchfunktion (strg+f) läßt sich so nun auch leicht nach Namen etc suchen ... und - es war ja zu vermuten - der Name Celan taucht 245-mal auf ! - kein anderer erreicht diese Menge an Erwähnungen. Natürlich nahm ich die Gelegenheit wahr, mal hier mal dort wieder nachzulesen, was wir besprachen, dachten, uns gegenseitg erzählten. Ein erneutes Mal wurde mir klar, wie ganz offensichtlich uns beiden dieses so ausführliche "Gespräch" wichtig ist (... und wie anregend es möglicherweise auch für spätere Leser sein könnte; ich denke z.B. an Martella, unsere Kinder, engere Freund etc.). Es lohnt sich, aufbewahrt zu werden. Das habe ich hiermit getan, wenngleich natürlich im Moment noch nicht öffentlich; aber vielleicht magst Du schon mal reinschauen: http://www.denhoff.de/nichtmehrnichtweniger.htm (die Überschrift ist absichtlich eine schmunzelnde Umkehrung Deines Buchtitels)
Michael
PS heuteabend haben wir von der BAZG ein Konzert in Erftstadt zum 90. Geburtstag meines lieben Kollegen Georg Kröll, mit dem ich übrigens vor rund 50 Jahren meine allererste Rundfaunkeinspielung machte; er am Klavier & ich am Cello. Im Programm auch eine "Kleinigkeit" von mir: http://bernd-alois-zimmermann-gesellschaft.org/pdf/programmheft240524.pdf
Sa, 25. Mai 2024, 09:20 Uhr
Lieber Michael,
ich lebe gestern und heute in starker Anspannung: Die Dachdecker sind da, haben gestern bei strömendem Regen das Gerüst aufgestellt und sind seit heute morgen 6:00 bei der eigentlichen Arbeit, die zum Glück sehr gut läuft. Die neuen Rinnen sind bereits zur Hälfte montiert (beim Walmdach sind das ja vier Seiten bzw. 51 Meter) und werden nun verlötet. Ich darf davon ausgehen, daß das heute alles fertig wird. Dann ist das Haus wieder in einem exzellenten Zustand (Firstband und Schornstein wurden vor ein paar Jahren erneuert), worüber ich mich natürlich sehr freue. In der kommenden Woche ist dann noch der Anstrich der Garage fällig, deren Außenwände ich vor ein paar Tagen 6 Stunden lang mit Drahtbürste und Schrubber bearbeitet habe, damit die Farbe auch gut hält.
Derweil hast du dich mal wieder um unsere Korrespondenz gekümmert, die wahrhaftig beachtliche Ausmaße angenommen hat. Diese Jahre sind ohne diese Korrespondenz nicht vorstellbar. Zuletzt dein Klee-Impuls, ohne den ich nicht wieder angefangen hätte, Bilder zu malen. Dieser Tage ist das dreißigste Bild fertig geworden, in der Kunstschachtel finden sich 27, drei sind aufgehängt.
Theo
Sa, 25. Mai 2024, 23:25 Uhr
Lieber Theo,
ich kann Deine innere Spannung und gleichzeitige Freude darüber, daß nun Euer Haus wieder frisch gerüstet für die nächsten Jahre ist, bestens nachvollziehen. Und ich hoffe, es hat tatsächlich heute alles so geklappt, wie erwünscht.
Bei meiner abendlichen Führung heute durch die aktuelle von mir betreute gkg-Ausstellung für einen kleineren Kreis meiner rotarischen Freunde dachte ich auch an Dich, denn Erwin Hapke hat sein Haus ja letztlich noch viel konsequenter als Du in völliger Zurückgezogenheit sogar ganze 35 Jahre so gut wie nie verlassen, nachdem er als Meeresbiologe zunächst beim Max-Planck-Institut gearbeitet hatte und sich danach mittellos ins elterliche Schulhaus zurückbegab, um dort dann ein / sein wirklich beachtliches, fast in wissenschaftlicher Konsequenz „durchgefaltetes“ Universum schuf.
Auch Du hast Dich ja mittlerweile seit gut 20 Jahren (erzwungenermaßen) quasi zurückgezogen aus der „normalen“ Welt … wobei ich ja immer noch hoffe, daß ich Dich doch irgendwann einmal in diesem nun frisch hergerichteten Haus & Deinem BuchKunstWerk besuchen (& dieses sicherlich bestaunen) darf … ich käme sofort, sobald Du nur ein Signal gäbest.
Und wie freut mich, daß dies fast zufällige Klee-Buchgeschenk aus meines Schwiegervaters Nachlaß bei Dir so viel Unerwartetes mit sich brachte und wieder malerische Aktivitäten auslöste !!! –
Michael
So, 26. Mai 2024, 13:45 Uhr
Lieber Michael,
ja, es ist gut gelaufen. Zwei Gesellen und zwei Lehrlinge haben von 6:00 bis 16:00 alles geschafft - sogar das große Gerüst, das das komplette Haus umgab, wurde noch abgebaut. (Zudem wurde noch am Schornstein gearbeitet.) Morgen kommt abschließend ein Dachdecker, um noch die beiden Fallrohre auszutauschen, das wollte man gestern dann doch nicht mehr erledigen. Aber das ist eine Sache von einer Stunde morgen nachmittag.
Die Garage werde ich erst streichen, wenn mal wieder eine wenigstens einwöchige Phase ohne Regen vorhergesagt wird. Danach sieht es heute nicht aus. Insgesamt sehe ich noch einen Tag Arbeit vor mir, dann dürfte einschl. noch zu erledigender Kleinigkeit zunächst einmal alles gemacht sein.
Wenn demnächst also alles Aktuelle getan ist und ich den Kopf einigermaßen frei habe, werde ich über ein Treffen, vielleicht im Verlauf des Sommers, nachdenken. Je länger man das nicht mehr getan hat, um so weniger selbstverständlich wird es. Da sind Erwin Hapke und ich einander offenbar sehr ähnlich.
Mich trotz der Gewißheit, daß insgesamt alles bislang so gut gelaufen ist in den letzten Wochen, weiterhin stark aufgewühlt fühlend, sehne mich jetzt erst einmal ganz einfach nach Ruhe, Zurückgezogenheit. Splendid isolation: ich / allein / mit einem Buch. (Hans Bender)
Theo So, 2. Juni 2024, 23:19 Uhr
Lieber Theo,
ich hoffe Du hast die im Benderschen Sinne "Splendid isolation" (allein mit einem Buch) in der vergangenen Woche irgendwie gefunden, also auch Ruhe nach getaner Arbeit. Eigentlich wollte ich Dir am vergangenen Sonntag sofort antworten, auch um Dich im Nachdenken über ein Treffen herzlichst zu bestärken --- aber dann trudelte unsere Tochter herein, wir plauderten lang und herzlich ... andere Gedanken stellten sich ein ... und happschwapp startete die neue Woche (die zwar viel aber nicht wirklich Spektakuläres mit sich brachte) ... und unversehens ist es schon wieder Sonntag. Bin gerade zurück von einem "Brainstorm-Meeting" der Initiative "Musik in Freiheit" (einem Kreis Gleichgesinnter, die sich in den wirren Zeiten der vergangenen Jahre fanden und sich gegenseitig emotionalen Halt & gesinnugsfreie Erdung gaben).
Vormittags las ich in der frisch eingetroffenen MATRIX ... wie fast immer zunächst Deinen Beitrag und das Editorial von Traian Popp ... aber auch die in der Tat beachtliche Leseprobe aus der "Frohen Botschaft" von Nicolae Breban, die allein mich schon Deine Hymne auf den Text nachvollziehen läßt.
Morgen jährt sich Kafkas Todestag zum 100sten ... schon im Vorfeld las ich am Wochenende dies und das in FAZ, ZEIT etc. ... und unterwegs im Autoradio im WDR eben Sendungen zu Kafkas Spuren in allen Sparten der Musik.
So viel für heute noch Michael
Do, 6. Juni 2024, 09:57 Uhr
Lieber Michael,
im Herbst 2023 habe ich beschlossen, Haus und Garage einschl. Dachüberstand einen kompletten Neuanstrich zu verpassen. Nun haben wir Juni 2024, und das Werk ist nach 9 Monaten abgeschlossen. Am Montag habe ich die Garage gestrichen (Bruttoarbeitszeit 6:00 - 19:00), am Dienstag habe ich den Speicher noch einmal umgeräumt sowie zwei unmenschlich schwere Grenzsteine zum Nachbarn hin neu eingesetzt, was mich zum Abschluß der großen Aktion noch einmal richtig gefordert hat. Da ich vor einigen Wochen den 60 Meter langen Gartenzaun ebenfalls gestrichen und in der letzten Woche Lichtschacht, Außentreppe zum Garten sowie Gartenweg gesäubert habe, ist nun erst einmal - von der fortwährend anfallenden Arbeit des Pflegens, Rückschneidens, Säuberns bzw. Räumens und Reparierens selbstredend abgesehen - alles getan.
Wie das so ist nach getaner Arbeit, wenn die denn solche Ausmaße hatte: an kann es gar nicht fassen und fühlt sich ein wenig verloren.
Gestern habe ich aus dieser Stimmung heraus endlich wieder eine Oper gehört: Salome gehört zu meinen liebsten Opern, und es war herrlich, den Klängen und Stimmen zu lauschen.
Ein Gedicht kam dann auch noch dazu, und so war 'der Tag danach' am Ende nicht der schlechteste.
Heute ist ein neuer Tag, und Meister D. klopft mürrisch an, und ich muß ihm, wie jeden Tag die Stirn bieten. (Was an arbeitsreichen Tagen relativ einfach ist). Jetzt heißt es, den Müßiggang wiederzubeleben, hochzuschätzen, Stunden einfach dahinplätschern lassen und nichts sonst.
Nach dem vielen, vielen, vielen Regen (den ich ja grundsätzlich so liebe) der vergangenen Tage, Wochen und Monate dürfen wir uns jetzt aber auch einmal wieder über ungetrübten Sonnenschein freuen. In der Eifel ist es um die 5 Grad kälter als in Bonn, und so waren die letzten Tage im Haus doch deutlich kühler als man es im ausgehenden Frühling erwartet, und ich habe sogar an zwei Tagen die Heizung für einige Stunden angemacht (was ich im Juni noch nie getan habe). Zum Glück ist das Haus so gelegen, daß die Sonne den ganzen Tag hereinstrahlen kann (insbesondere in Wohnzimmer, dessen Wand zur Südseite hin hauptsächlich aus bis zum Boden reichenden Fenstern besteht), und nun wird es von Stunde zu Stunde wärmer.
Nach ich an Fronleichnam ein drittes großes Bild gemalt habe (die drei großen Bilder bilden eine ähnliche Einheit wie die 28 Bilder in der Kunstschachtel), ist das Malprojekt Weltwege mit Kleeblättern mit insgesamt 31 Blättern wohl abgeschlossen. (Auch wenn noch das eine oder andere Bild hinzukommen mag, der 'Druck' ist weg.)
Matrix 75 ist auch bei mir angekommen; mit dem Auszug aus dem Roman sowie den Stimmen von Pop, Breuer und Gröhler bekommt der Leser doch einen guten Eindruck von dem, was ihn mit dem Roman erwartet. Matrix 76 ist auch schon in Arbeit; mein vollständig neu bearbeiteter und um mehrere Seiten erweiterter Essay zum Werk Harald Gröhlers (anläßlich des kürzlich erschienenen Romans Nothammer) ist bereits fertig formatiert.
Bitte laß mir alle Zeit, die ich brauche, um einen guten Tag für ein Treffen (irgendwann im Sommer) zu 'erspüren'. Letztlich weiß ich nie, wo ich stehe, fühle mich grundsätzlich immer wie auf Treibsand oder auf einem Floß in reißenden Gewässern: Außerhalb harter Arbeit (ob nun literarisch, künstlerisch, handwerklich oder sonst wie) ist eine einigermaßen zuverlässig erträgliche Befindlichkeit nie gegeben, die Gedanken rasen, das Blut wallt, das Herz schlägt mir zum Hals hinaus, jede kleinste Irritation treibt mich zum Wahnsinn: So sieht es seit nunmehr 25 Jahren mehr oder weniger immer hinter der so ruhig wirkenden Fassade aus.
Du siehst also: Bis vorgestern war das nichts mit der Ruhe nach dem Sturm (und das war ja auch nicht gewollt). Und ich hoffe auch jetzt nicht darauf.
Mal sehn, was die nächsten Tage und Wochen bringen.
Theo
Mo, 10. Juni 2024, 14:26 Uhr
Lieber Theo,
gerade eben habe ich das letzte hier noch vorhandene Exemplar "Vorschlag zur Blüte" auf die Post gebracht, für Matthias Burchardt, dem Neffen & Erben des Werkes von Erwin Hapke, sozusagen als Dank für seinen inspirierenden Vortrag am Samstag über seinen Onkel im Rahmen der Ausstellung ... und zu deren doppelsinnigem Motto "aus dem Leben heraus". Ich kam mit ihm dort auf Dich zu sprechen, weil auch er ein besonderes Fabel für Wortspiele und verdrehende Ähnlichkeiten hat. Ich vermute also, er wird bei der Lektüre sein Vergnügen haben ... zumal er als Philosoph auch ein paar Gedichte schrieb.
Nun ist schon wieder Regen angesagt und es fühlt sich draußen eher nach April an als nach angemessenerem Frühsommer ... immerhin war das Wochenende sonnig, nicht zu warm, aber so, daß wir uns verleitet fühlten, mal wieder etwas länger auf den Rädern zu sitzen. Es führte uns gestern nach Siegburg und dort auf den Michaelsberg, wo im ehemaligen über der Stadt thronenden Benediktiner-Kloster nun das Katholisch-Soziale-Institut nebst angeschlossenem Hotel (vom Bistum geführt) residiert. Alles war offen zugänglich. Ein beeindruckend restaurierter (und erweiterter) Komplex mit viel Kunst in den diversen Gängen ausgestattet (eh. Kreuzgang etc.). Auch Kirche und Krypta sind sehenswert. Zudem hat man von der Dachterasse einen herrlichen Rundumblick. So lernen wir immer wieder noch mehr von unserer Gegend hier kennen. (Vor vielen Jahren, als das KSI noch in Bad Honnef residierte, war ein Onkel von mir (mütterlicherseits) als Priester dort Rektor des Hauses.)
Fast bis zum Sonnenuntergang saßen wir dann noch auf der Beueler Rheinseite am Ufer bei einem Gäschen Blanc de noir ... wie tags zuvor im Botanischen Garten, der seine jährlich stattfindende lange Nacht (ein Fest für die Bürger) feierte ... zu der (welch ein Zufall) punktgenau der in Bonn mittlerweile berühmte Titanwurz blühte. - Aber auch ohne dies besondere Spektakel halten wir uns immer wieder gerne im Botanischen Garten auf.
Im eigenen kleinen Garten haben mittlerweile Amseln, Meisen, Rotkehlchen, Mönchsgrasmücke, aber auch Tauben und Raben den großen Kirschbaum fast komplett geerntet. Der Rasenmäher zerkleinert dann hörbar die im Gras liegenden Kirschkernreste ...
Nachdem ich vergangene Nacht die dringend abzuliefernde (weil auch noch ins Polnische zu übersetzende) Laudatio über den "Förderverein für Junge Musiker aus Polen und Deutschland" - ich hatte diesen zum Deutsch-Polnischen Kulturpreis Schlesien vorgeschlagen - fertig formuliert und ans Niedersächsische Innenministerium abgeschickt habe, ist nun wieder Zeit, auch den Freunden zu schrieben ... und da fange ich (nach ein paar begleitenden Zeilen zur Buchsendung eben an Matthias Burchardt) nun mit Dir an.
Dein Stolz über das vorgenommene und nun nach neun Monaten quasi vollendete Haus-und Garten- auf-Vordermann-bringen-Projekt kann ich bestens verstehen ... auch die gewisse Erschöpfung nun, das verloren fühlen ... die "Belohnung" durch Hören von "Salome" (meiner Ansicht nach die wohl großartigste Oper von Strauss!) ... und wenn dann noch ein Gedicht (nicht das schlechteste) einfällt / von einem abfällt ... was braucht es da mehr, um wenigsten für ein paar Stunden Glückseligkeit zu verspüren ?! ---
Den absichtslosen und ziellosen Müßiggang, da beginne auch ich inzwischen, ihn zuzulassen ... man liest, blättert, stöbert hier und dort, verfängt sich in Gedanken, lauscht in die Stille oder auch den Klängen und Worten im Radio ... schwankt in der Konzentration auf dies und jemes ... und irgendwann ist der Tag verstrichen.
Bewundere übrigens, daß es Traian Pop zu gelingen scheint, den eingetretenen Verzug bei den Matrix-Ausgaben schon fast wieder eingeholt zu haben; sicherlich auch durch Deine Mithilfe. Hattest Du aber nicht gesagt, Du wollest Dich dort etwas mehr zurückziehen?
Die Entscheidung über ein (ja eigentlich längst überfälliges) Treffen von uns beiden so Seelenverwandten - wo & wie auch immer - überlasse ich gerne Dir; fühle Dich keineswegs dazu gedrängt. Ich werde jederzeit Deinen Ruf dazu wahrnehmen (... im doppelten Sinne)
Michael
Do, 13. Juni 2024, 10:26 Uhr
Lieber Michael,
nun höre ich an diesem Morgen die Streichquartette hintereinander.
Die letzte Woche war doch noch einmal von viel Arbeit in Haus und Garten geprägt. Es ist ja so: Wenn man das eine auffrischt, repariert, quengelt das andere: Ich will auch! So kam dann das eine zum anderen. Aber nachdem ich gestern und heute noch einmal den nun vollständig mit im Lauf der Jahre aussortierten Teppichen ausgelegten Speicher umgeräumt (und eine vor 40 Jahren selbstgemachte Holzleiter, mit der ich vom Speicher aufs Dach steige, weiß gestrichen) habe (er ist nun endgültig bewohnbar der der warmen Jahreszeit), glaube ich, daß es bald geschafft ist. (Die Treppe vom UG in den Garten will allerdings noch restlos vom Moos befreit werden: 5 Stunden habe ich damit bereits verbracht, drei Stufen - sprich: zwei Stunden - stehen noch aus. Dieser Tage sagte ich zu einem Nachbarn, dieses Anwesen allein sei für mich eine Vollzeitbeschäftigung, es hört ja nie auf: Das Gras will schon wieder gemäht werden, und der 70 Meter lange (über 20 Meter 4 Meter breite) Schotterweg will auch wieder begangen werden: Es sprießt und sprießt. Belohnt werden wir natürlich Tag für Tag von den herrlichen Bildern, die Garten und Terrasse rundum bieten. Und wenn ich mich nach den täglichen Gängen dem Haus nähere, erfreue ich mich insbesondere am frischen Weiß der Fassade.
Theo
Do, 13. Juni 2024, 10:26 Uhr
Lieber Michael,
Do, 13. Juni 2024, 22:23 Uhr
… was für ein herrlicher Blick in Euren Garten, lieber Theo. Ich vermag die Grundstücksgröße in etwa zu erahnen. Dank Dir auch für die Zeit & Geduld, sich durch die Streichquartette durchzuhören … viel Holz, wie man so (umgangsspachlich) sagt … aber gerade in den Quartetten (wie ebenso bei aller Klaviermusik von mir) ist vermutlich das Wesentlichste meines musikalischen Denkens aufgehoben; darin – aber wohl nur darin, der Tatsache als solcher, sollte ich bescheidenerweise sagen - unterscheide ich mich gar nicht mit dem Werk Beethovens, wo mir auch das Wesentlichste für ihn in eben diesen beiden Gattungen entstand. Ich bekam auch andere sehr nette Reaktionen auf die kleine Rundmail an die Freunde; vor allem von den Kollegen Klaus-Hinrich Stahmer und Claus Kühnl, die ich leider länger nicht mehr traf oder auch schriftlichen Kontakt hatte, antworteten sehr nett & warmherzig. Es tat mir gut … und natürlich schrieb ich gleich zurück, auch weil beide das Thema Schreibkrise aufgriffen, was ja jeden irgendwann mal ereilt, wenn er reflektiv denkt und arbeitet. Nun wünsche ich Dir einen entspannten Abend bei irgendeiner anregenden Lektüre, Michael
Fr, 14. Juni 2024, 10:03 Uhr
Lieber Michael,
in unserem Alter von "Schreibkrise" zu sprechen trifft es vielleicht doch nicht so ganz. Ist es nicht so, daß dein Werk mehr oder weniger vollendet ist? Oder ist da noch eine große Idee, die du nicht umzusetzen vermagst? Fehlt etwas Entscheidendes, das dich nicht ruhen läßt?
Loslassen! (Alles andre kommt von selber.)
Theo
Fr, 14. Juni 2024, 10:25 Uhr
Lieber Michael,
ohne dich hätte Vorschlag zur Blüte nur ganz wenige Leser. Ich selber habe vielleicht ein knappes Dutzend Bücher versendet. Der Verlag hat über deine Bestellung hinaus wahrscheinlich fast nichts verkauft. Vor lauter Verlegen vergißt der Verleger den Vertrieb. Aber da die vielleicht 25 Leser wohl alle von der Art sind, daß sie meine Art, Gedichte zu verfassen, zu schätzen wissen, will ich zufrieden sein.
Ich habe nur noch sehr wenig Einfluß auf den Erscheinungszyklus von Matrix. Ich liefere meine Beiträge ab und schaue am Ende über die ersten Seiten der jeweiligen Ausgabe. Insofern ist es allein Traian Pops Einsatz zu verdanken, daß er aufgeholt hat. Ich freue mich schon sehr auf die kommende Ausgabe, da darin mein langer überarbeiteter und erweiterter Essay zum Werk Harald Gröhlers stehen wird. Da in diesem Jahr der 100. Geburtstag Friederike Mayröckers ansteht, hoffe ich für die letzte Ausgabe des Jahres einen Beitrag liefern zu können. Mal sehn, was möglich sein wird in en kommenden Monaten.
Theo
Fr, 14. Juni 2024, 11:41 Uhr
Lieber Theo,
natürlich hast Du Recht mit Deiner kleinen Anmerkung zum Thema „Schreibkrise“. In der Tat habe ich das Gefühl, mit den letzten opera 120 – 123 ist ein Ziel- / Endpunkt erreicht, dessen fast zwingende Konsequenz das musikalische Verstummen rechtfertigt / erzwingt. Ja, möglicherweise ist meine Zeit / Uhr als Komponist abgelaufen … aber ich bleibe offen für unerwartete Überraschungen, lasse die Dinge absichtslos und ohne Erwartungsdruck auf mich zukommen.
Von denen, die über mich Deine beiden letzten Gedichtbände bekamen weiß ich, daß sie Deine so beondere Art des Dichtens sehr zu schätzen wissen. Trotzdem wünschte ich ihnen weit mehr Leser, als es bisher zu sein scheinen …
Ja, ein Beitrag zum 100.Geburtstag der Mayröcker darf man von Dir wohl erwarten, ich jedenfalls freue mich schon auf das Lesevergnügen, sollte er Dir für die letzte Jahresausgabe der MATRIX gelingen!
Michael
So, 23. Juni 2024, 23:21 Uhr
Lieber Theo,
ich schreibe Dir nur kurz, um Dir Grüße (noch unbekannterweise) von Matthias Burchardt auzurichten, worum er mich bei einem Telefonat heute bat: er war restlos begeistert von Deinem Buch (was ich mit dem Verschenken an ihn bezweckt und natürlich auch vermutet hatte, es könnte gelingen) ... er war erfreut, dort auch indirekt auf Norbert Scheuers "Winterbienen" zu stoßen, zu denen er auch mal eine Sendung im Kontrafunk gemacht hatte, wie er mir erzählte.
Heute zur Finissage meiner gkg-Ausstellung kamen zu einem relativ kurzfristig anberaumtem von mir geführten Rundgang doch nochmals ein gutes Dutzend (sehr interessierte) Leute. Tja, und dann haben wir alles eingepackt für den Rücktransport morgenfrüh: Hapke nach Kevelaer & Haypeter nach Oberhausen. - So sieht dann morgen mein Tag aus.
Dies aus der ersten richtigen Sommernacht ... noch im Garten sitzend Michael
PS mittlerweile habe ich einige ausgesprochen nette & ausführlichere Reaktionen auf meine Mail mit dem Hinweis auf die Streichquartette bekommen ... und es sind dadurch auch eingeschlafene Korrespondenzen mit ein paar Freunden wieder belebt worden. Es freut mich.
Mo, 24. Juni 2024, 10:24 Uhr
Lieber Michael,
wie jedes Mal, wenn ein Buch einen neuen Leser gefunden hat, freue ich mich sehr, daß Buch und Leser gut zueinander gefunden haben. Ich danke dir für die Vermittlung und die Übermittlung der Einschätzung. "Restlos begeistert" - das will schon was heißen ...
Die Streichquartette wirken auch bei mir noch nach.
Theo
Sa, 29. Juni 2024, 13:44 Uhr
Lieber Michael,
Mo, 1. Juli 2024, 11:04 Uhr
... herzlichen Dank für die Fotoimpressionen aus Eurem Garten, lieber Theo. Ich kann Freude & Stolz der Besitzer & Nutzer bestens nachvolziehen. So ein Anwesen wäre in der Stadt unbezahlbar, aber wir sind mit unserem kleinen bescheidenen Reihenhausgarten deshalb weder neidisch noch unglücklich ... zumal er natürlich wesentlich weniger Arbeit macht.
Wie verbrachten den gestrigen Sonntag in Düsseldorf, besuchten vormittags die Tage der Kammermusik an meiner alten Hochschule und waren den Nachmittag im Kunstpalast, der seit geraumer Zeit in frisch renovierter Präsentation unbedingt einen Besuch wert ist mit seinen gelungenen Gegenüberstellungen alter und neuer Kunst (einschließlich Design).
Den langen Abend verbrachten wir - dazu war dann auch unsere Tochter aus Köln angereist - bei unserem Sohn, der mit seinem Mann ein feines japanisches Essen bereitete. Bei netten Spielen & Gesprächen saßen wir bis etwa Mitternacht zusammen.
Und nun starte ich in die neue Woche, die mir am Samstag im hiesigen Beethovenhaus eine der ganz ganz wenigen Konzertaufführungen meiner Musik in diesem Jahr bringen wird: der "Nebenweg III" - automne éternelle op. 83c für Violine und Klavier, gespielt von zwei chinesischen Musikerinnen; am Klavier Yin Chiang, die "countertimecounter" uraufführte.
Michael
Di, 2. Juli 2024, 16:29 Uhr
Lieber Michael,
Di, 2. Juli 2024, 22:23 Uhr
Lieber Theo,
ein schönes Bild aus der Trilogie; danke. Ich sehe darin nicht allein einen Klee-Bezug … (sondern zudem eine malerische Begabung) … und die überwucherte Treppe wirkt ja auch wie gemalt … in Beidem die Kraft der Natur.
Bin erst grad zurück von einer abendlichen Tour dem Rhein entlang. Michael
Sa, 13. Juli 2024, 23:17 Uhr
Lieber Theo,
bevor wir morgen zu einer kleinen Elsaß-Reise aufbrechen (vor allem zum Radeln), kurz noch einen Gruß an Dich in die Eifel. Da ja Martellas Mutter nun nicht mehr lebt, sind solche Reisen nach längerer Zeit wieder möglich (ohne Sorge, sie unerwartet wegen irgendeines Zwischenfalls kurzfristig abbrechen oder gar stornieren zu müssen ... das hatte Martella im letzten Jahr neben den amderen Sorgen schon ziemlich belastet).
Vor ein paar Tagen haben wir einen anregenden Tag in Aachen verbracht. Anlaß war zunächst, dort in einem Autohaus ein besonders günstiges Angebot eines neuen Autos wahrzunhmen und dieses definitiv für den 25. September zum Abholen zu reservieren (ein nagelneuer blauer Skoda Fabia für "nur" 18.600 Euro; er wird unseren dann 19 Jahre alten und 333.000 Km gefahrenen Mazda 3 ablösen ... bevor der wohl kaum noch durch den TÜV käme) Da in fußläufiger Nähe zum Autohaus am Europaplatz das Ludwig-Forum liegt, haben wir dies wirklich sehenswerte Museum in einer alten Schirmfabrik erstmals besucht. Tolle Präsentation der Sammlung und auch zweier temporärer Ausstellungen! Anschließend ging es in die atmosphärisch immer wieder beeindruckende Aachener Altstadt, selbstverständlich mit Besuch auch des Domes.
Morgen kehren wir wieder in der Pension in Ribeauvillé ein, wo wir bereits vor drei Jahren schon einmal waren und haben im angeschlossenen Restaurant für abends einen Tisch zum Essen reserviert (zu Martellas Geb. morgen ... am französischen Nationalfeiertag).
Du siehst, es sind erfreuliche Aussichten für die kommenden Tage ... so auch das Wetter gut mitspielen wird ...
Michael
Mo, 15. Juli 2024, 09:51 Uhr
Lieber Michael,
Elsaß - ein schönes Ziel. (Bin selbst nie dort gewesen.)
Ja, Aachen ist eine schöne statt. Dort bin ich relativ oft gewesen, habe in den 1980er Jahren auch eine Ausstellung im Ludwig-Forum besucht (französischer Künstler, der Name will mir partout nicht einfallen). Im Dom habe ich einmal eine Führung mitgemacht, erinnere mich gut an Schatzkammer und Karls steinernen Thron.
Alles Gute für Martella zum Geburtstag - das Sommerwetter ist mit euch!
Theo
Do, 18. Juli 2024, 16:31 Uhr
Lieber Theo,
wir sind zurück aus dem Elsaß und bis auf einen einstündigen Gewitterschauer am Dienstabend hatten wir nur strahlenden Sonnenschein. Wir sind immer wieder überrascht, welch erholsame Wirkung selbt nur 4-5 Tage haben können. Ich kann gar nicht mehr sagen, wie oft wir schon im Elsaß waren ... es ist fast ein Zuhause-Gefühl, wenn wir dort durch die schöne hügelige Landschaft alte vertraute Wege durch die Weinberge entlang radeln, aber auch jedes Mal dabei Neues entdecken. So kletterte ich erstmals zu Trois Chateau oberhalb von Ribeauvillé hoch, mit herrlichen Aussichten. Ich hänge mal ein paar Fotos an.
Nun freuen wir uns schon auf 6 Tage Oslo im August. Das ist allerdings ein Ort, an dem wir bisher noch nie waren. Bin gespannt auf das neue Munch-Museum und auch die Philharmonie, in der wir ein Konzert gebucht haben. Auch ansonsten soll es eine lohnenswerte jung gewordene Stadt sein, wie ich von einem Bekannten hörte, der dort regelmäßig zu tun hat.
Michael
Fr, 19. Juli 2024, 01:29 Uhr
Lieber Michael,
danke für die schönen Eindrücke; ich freue mich, daß ihr wieder eine gute Reise hinter euch gebracht habt und in guter Stimmung nach Hause zurückgekehrt seid.
Ich habe in den letzten Wochen auch noch einmal ernsthaft übers Reisen nachgedacht. Es ist und bleibt, wie ich es seit seit 2004 erlebe, als wir zum letzten Mal gemeinsam für einige Tage nach Amsterdam gefahren sind: Es geht seitdem nicht mehr. Mit chronischer Erschöpfung kann ich zum Glück im Alltag einigermaßen umgehen, indem ich das disziplinierte Leben führe, das ich dir schon des öfteren ausführlich beschrieben habe. Aber Reisen geht einfach nicht, wenn man sich immer so fühlt, wie ich es tue. Immer wieder überlege ich seit Monaten, ob ich einmal den einen oder anderen Bekannten in umliegenden Dörfern für ein paar Stunden besuche. Das ist mir in diesem Jahr noch nicht gelungen.
Dafür begegne ich hier im Dorf zu Fuß - zumeist zufällig - Menschen, mit denen ich mich unterhalte. Gestern war in dieser Hinsicht ein extremer Tag. Verrückt, mit wem ich alles während der zwei Gänge am späten Vormittag und späten Nachmittag gute Gespräche geführt habe.
In erster Linie widme ich mich in diesen Tagen und Nächten der Lektüre und dem Garten bzw. dem ganzen Anwesen. Das Malprojekt ist seit einiger Zeit abgeschlossen, und Gedichte bzw. Essays schreibe ich in dieser Zeit auch nicht. Da die Tage stets ausgefüllt bleiben, ist es in Ordnung so, wie es ist. Klar, daß wir kreativ Tätigen am liebsten immer an einem Projekt arbeiten würden, aber so ist das Leben nun mal nicht, wenn man sein künstlerisches Geschäft seriös betreibt.
Als Rain Man freue ich mich auf den zu erwartenden Regen am Sonntag.
Theo
Fr, 19. Juli 2024, 11:37 Uhr
Lieber Theo,
Du als Büchermensch bereist ja die ganze Welt der Gedanken, Empfindungen, Erlebnisse, Träume, Visionen, Fantasien etc. bei der Lektüre … ähnlich wie es Fernando Pessoa von seiner Buchhalterstube aus tat. Lesend tue ich ähnliches. Daß ich daneben aber auch tatsächlich räumlich unterwegs sein kann, empfinde ich durchaus als ein Privileg, denn ich denke, ein solch intensives Landschaftserlebnis kann zwar auch in schöne & passende Worte gefaßt werden, aber die Überwältigung durch Natur ist haptisch erfahren doch noch etwas intensiver. Ein bißchen ist es auch beim Hören von Musik so: eine Konzertübertragung im Radio oder TV kann niemals das Live-Erlebnis vor Ort ersetzen, solche Eindringlichkeit erreichen, wie sie stattfindet, wenn die Klänge direkt von den Musikern erzeugt die Ohren erreichen.
Was Du von Deinen Spaziergängen im Ort und den Gesprächen bei zufälligen Begegnungen erzählst, erlebe ich / erleben wir auch auf jeder Reise; so diesmal z. B. mit einem Paar aus Schweden, mit dem wir uns abends in einem Restaurant (sie saßen am Nebentisch) lange und ausführlich unterhielten. Tags drauf trafen wir sie zufällig auf der Grand Rue in Ribeauvillé erneut.
Wie Du weißt, lüde ich Dich liebend gerne einmal hier nach Bonn ein, aber da Du Dir das ja selbst mit Bekannten in größerer Nähe nicht mehr zutraust: es bleibt dabei, gerne komme ich Dich bei Gelegenheit besuchen, wenn es Dir danach mal zu Mute sein sollte …
Ja, der Sonntag soll wieder etwas Abkühlung bringen. Bei den heutigen hochsommerlichen Temperaturen sorge ich mit dem ersten in diesem Jahr bereiteten Gazpacho für Erfrischung; unsere Tochter, die uns gleich zum Mittag besuchen wird, freut sich schon drauf …
Michael
Mo, 22. Juli 2024, 12:09 Uhr
Lieber Michael,
ich weiß nicht, ob das bei mir mit der Intensität auch so ist - eher nicht: Ich habe in meinem Leben ja auch viele Länder bereist, bin in der Ägäis geschwommen, im Pelion herumgeklettert, habe die hohen Berge Deutschlands bestiegen, bin durch Moorlandschaften gewandert usw. usw. Zum Glück lege ich ja von vielem Listen an, und so weiß ich, daß ich bis 2004 insgesamt etwa 65 lange und Reisen gemacht habe, einige von wahrhaft abenteuerlicher Natur.
Ich glaube, ich habe die Welt immer schon am intensivsten im Buch erlebt.
Ich freue mich sehr und bin außerordentlich dankbar dafür, daß wir beide zu dieser Form der mehr oder weniger fortwährenden Kommunikation gefunden haben. Ich würde mich freuen, wenn diese bereichernde Korrespondenz uns weiterhin begleitet. Vorläufig scheint dem nichts im Wege zu stehen. ABER: Alles hat seine Zeit. Das wissen wir nicht erst seit heute.
Gegen eins in der Nacht kam ein kräftiger Regenguß. Ich bin spontan aufgestanden und habe mich auf der Terrasse in den prsselnden Regen gestellt. (Nicht zum erstenmal.)
Theo
So, 28. Juli 2024, 14:22 Uhr
Lieber Theo,
was heißt in unserem Zusammenhang "vorläufig? - - was könnte der Fortsetzung unserer regelmäßigen Kommunikation im Wege stehen? Ich sehe keine Gründe oder Hindernisse welcher Art auch immer! Wir haben wohl beide recht bald gespürt, daß sich zwei bedingungslose Enthusiasten der Kunst (zufälig?) gefunden haben, eine gleiche Auffasung teilen und bereit sind, sich darüber immerwährend mitzuteilen. - sollte irgendwann irgendwer mal in unseren diversen Gesprächsfäden lesen wollen, könnte er so viel über die (teils auch verborgenen) Hintergründe unseres Tuns erfahren. Gut: vielleicht interessiert's bei der schnelllebigen Zeit heute doch noch kaum jemanden ...
Gestern starb im Alter von 72 Jahren mein Kollege Wofgang Rihm, den ich schon Ende der 70er Jahre bei den Darmstädter Ferienkursen kennenlernte. Wir hatten einen losen aber stets herzlich freundlichen Kontakt ... vielleicht auch deshalb, weil uns musikalisch Ähnliches interessierte ... und wohl auch, weil ich ihm seinen riesigen Erfolg nicht neidete, wie so manch anderer unserer Generation ... Bemerkenswerterweise liegt sein Todestag exakt 100 Jahre nach dem von Feruccio Busoni, den er besonders schätzte.
Heute ein angenehmer, nicht schwüler Sommertag ... wir werden wohl gleich auf die Räder steigen
Michael
Di, 30. Juli 2024, 11:06 Uhr
Lieber Michael,
entsetzliche Müdigkeit, chronische Erschöpfung, immerwährendes Grübeln und neurasthenische Schübe lassen mich solche Aussagen formulieren.
Es mag paradox klingen, aber nur durch immerwährende Arbeit, die zu weiterer Erschöpfung führt, kann ich einigermaßen mit diesen Phänomenen leben. Da ist noch kein Kraut gegen gewachsen.
Theo
Di, 30. Juli 2024, 11:06 Uhr
Lieber Theo,
mich plagt hingegen in den vergangenen Tagen eher Schlaflosigkeit Tagsüber gelingt es mir, durch Ablenkungen (Lesen, Cello- und Klavierspielen, Kochen, Radeln etc.) die inneren Stimmen zu Sorgen & Problemen zu verdrängen, doch nachts melden sie sich in schlaufenmäßigen Wiederholungen, sodaß entspannendes Schlafen nur im Ansatz für kürzere Zeit gelingt. Ich kenne solche Phasen von früher … und hoffe, die derzeitige findet auch wieder ein Ende.
Natürlich wünsche ich auch Dir, es möge diese gefühlte Müdigkeit und Erschöpfung auvh eine nur vorübergehende sein. – (Mir hilft dabei übrigens auch immer wieder sehr konzentriertes Zuhören & Partiturmitlesen von Musik großer Traurigkeit … Schubert, Mahler z.B.)
Michael
Mi, 31. Juli 2024, 11:06 Uhr
Lieber Michael,
ja, ich hoffe, daß das alles von vorübergehender Natur ist. Es hält ja erst seit gut 20 Jahren an, was ist das schon ...
Ich wünsche dir wieder gute, ruhige, schlafreiche Nächte!
Theo Fr, 9. August 2024, 09:51 Uhr
Lieber Michael,
seit Tagen schon will ich dir schreiben, einfach so. Aber diese ewige Erschöpfung, diese mich seit vielen Jahren begleitende, ja, mich beherrschende Müdigkeit hat es verhindert. Jetzt überwinde ich mich, trotze der Müdigkeit und schreibe dir ein paar Zeilen.
Ich kann den - dramatischen - Ausbruch der Krankheit, die ein Mix aus Depression, Erschöpfung, Müdigkeit und Neurasthenie ist, auf den Tag genau festlegen: Am 24. Januar 1999 hatte ich den ersten Nervenzusammenbruch, von dem ich mich letztlich nie mehr erholt habe. Mitte Juni 2007 folgte der zweite: Unmittelbar anschließend habe ich den Rückzug aus dem öffentlichen Leben antreten müssen, der zu dem Leben geführt hat, das ich nun seit Jahren lebe.
Ich lese zur Zeit mal wieder einiges an skandinavischer Literatur. Vor zwei Jahren hatte ich erstmals die Bücher dieser 6 Nationalliteraturen zusammengetragen und in einem eigens dafür angeschafften Regal sortiert. Nun ist der zweite Schritt erfolgt, indem ich ein zweites - diesmal wieder einmal selbst gebautes - Regal mit bislang mehr oder weniger übersehenen Büchern gefüllt habe, die hier und da und dort mehr oder weniger unsortiert standen. Zum Glück bleiben 6 (kleine ...) Lücken in den beiden Regalen, so daß ich in nächster Zeit weitere dänische, färöische, finnische, isländische, norwegische und schwedische Bücher lesen kann. Die färöische Literatur ist bislang mit einem einzigen Buch vertreten, da sollen demnächst noch welche hinzugesellen.
Um 7 Uhr war ich heute morgen draußen, um einige Lorbeersträucher zurückzuschneiden. In dieser Woche habe ich (zum wievielten Mal, weiß ich nicht, in diesem regenreichen Jahr wächst alles wie ... verrückt) wieder das ganze Anwesen komplett 'durchgekämmt' - im doppelten Sinne des Wortes. Es ist jeden Tag ein müheseliges Aufraffen, aber ich schaffe das zum Glück, und wenn ich einmal dran bin, habe ich Freude an der Arbeit. (Wenn dem nicht so wäre, könnte ich das Ganze ja auch längst nicht mehr bewältigen. Zum Glück liegen mir Gärtnern und Handwerken ebenso wie die künstlerischen Dinge. Das Ganze ist eine gesunde Kombination., denke ich.)
Im vergangenen Jahr habe ich einen Roman gelesen, der in Oslo angesiedelt ist. In den nächsten Tagen werdet ihr also dorthin reisen.
Ich wünsche eine gute Zeit.
Theo Fr, 9. August 2024, 10:13 Uhr
Lieber Theo,
eigentlich wollte auch ich Dir gesternabend nochmals schreiben, bevor es heute nach Oslo geht; aber dann entschlossen wir uns zum ersten Abend der Bonner Stummfilmtage zu gehen (u.a. mit "Ballet mecanique") und kamen so erst nach Mitternacht wieder nach Hause.
Nun fand ich soeben Deine Nachricht (also der gleiche Gedanke auch Deinerseits !), kann aber jetzt nur ein kurzen Gruß in Gegenrichtung schicken, denn gleich nehmen wir den Zug zum Düsseldorfer Flughafen. Ich schreibe Dir ausführlicher in einer Woche mit norwegischen Eindrücken dann ...
Herzlichst bis dahin, Michael
Di, 13. August 2024, 19:18 Uhr
Lieber Theo, aus dem Osloer Nationalmuseum dieses kleine Bild von Edvard Munch, bei dem ich eben natürlich an Dich denken musste … In ein paar Tagen mehr und ausführlicher. Herzlichst, Michael
Mi, 14. August 2024, 07:57 Uhr
Lieber Michael,
Sa, 17. August 2024, 11:51 Uhr
… ich saß schon im Flieger, als mir wieder Dein Wunsch einfiel, ich möge Dir den „Lesenden“ von Edvard Munch mitbringen, lieber Theo. Aber wahrscheinlich hätte ich es ohnehin nicht unbemerkt entwenden können … säße somst vielleicht im Knast statt im Flieger … --- ;)
Dafür nun ein paar weitere Eindrücke von der Oslo-Reise. Direkt an den „Lesenden“ anknüpfend: ich denke, es wäre Dir vermutlich ähnlich ergangen wie mir: den wohl nachhaltigsten Eindruck hinterlies die erst vor vier Jahren an neuem Standort eröffnete Deichmann-Bibliothek, schräg gegenüber der Oper. Ein vor allem von der Innenarchitektur umwerfender, zutiefst beeindruckender Bau! Auf fünf großzügigen Ebenen und teilweise zusätzlichen Zwischengeschossen und diversen Ruhezonen ist so ziemlich alles versammelt, was zu einer umfassenden Bildung beitragen kann, und dies ist alles für jeden frei und kostenlos zugänglich. In seiner Art sicherlich einmalig auf dem Globus. – Wir sind gleich zweimal drin gewesen … ich hänge mal ein paar Fotos an.
Selbstverständlich sind auch die Oper und das erst vor zwei Jahren eröffnete Munch-Museum erwähnenswert. Sicherlich hast Du davon schon mal Fotos gesehen. Die Präsentation der Bilder auf 13 Etagen im Museum thematisch sehr gut konzipert, von der Dachterassen ein imponierender Blick über die Stadt. - Die Oper eine öffentlich begehbare Großskultur, wie auch das Museum markante Gebäude im für die Öffentlichkeit erschlossenen Hafen … wo früher Handelswaren verschifft wurden. Auch die neu entstandenen Wohnkomplexe rundherum zeugen von architektonisch ansprechender Großzügigkeit.
So vieles hat sich dort in wenigen Jahren geändert. Auch die alte Nationalgalerie ist erst kürzlich in ein neues modernes Gebäude umgezogen und bewahrt dort doch auch im Inneren die elegante Atmosphäre älterer Museumsgebäude, nun aber mit viel mehr Platz als Ausstellungsfläche. Derzeit gab es u.a. Sonderausstellungen zu Kandinsky und Mark Rothko, besonders faszinierend dabei so viele frühe Arbeiten von ihm, die mir in diesem Umfang völlig unbekannt waren.
Ich könnte noch weiter schwärmen über die vielfältigen Eindrücke, die uns die Stadt bot, von den vorgelagerten Inseln, den Parks, die Wege an der die Stadt von Nord nach Süd durchziehenden Aker Selva, wo die ehemaligen Industrigebäude nun Kunsthochschule, Musikschule, Architektur-& Design-Hochschule beherbergen, bis hin zum eher etwas skurillen E. Vigeland-Museum, einem fensterlosen Kirchenbau, vollkommen ausgemalt mit z.T. höchst erotischen Motiven.
Wir haben das alles sehr genossen … und auch noch am Mittwoch das erste Saisonkonzert mit der Osloer Philharmonie gehört. Die Gesamtsumme der Eindrücke: eine junge, weltoffene, freundliche Stadt, in landschaftlich einmaliger Lage. Du siehst, ich bin völlig enthusiastisch und beglückt zurückgekehrt!
Michael
Mi, 21. August 2024, 08:10 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für Wort und Bild.
Ich freue mich, zu lesen, daß ihr so ereignisreiche, gute Tage in Oslo hattet.
Vor allem in der Oper und im Munch-Museum wäre ich natürlich auch gern einmal zu Gast. Aber dazu wird es nicht kommen.
Ich bin seit Wochen psychisch mal wieder extrem gestreßt, finde keine Ruhe (was ich ein bißchen schade finde ...).
Zum Glück ist trotzdem ständige Lektüre möglich, lese nun erstmals ein Buch einer der finnlandschwedischen Minderheit zugehörigen Autorin Johanna Holmström: Asphaltengel.
Sollte ich noch 20 Jahre lesen können (Hans Georg Schwark ist 91 und liest noch immer regelmäßig Tag für Tag ...), wo sollen all die Bücher Platz finden, die dann noch ins Haus kommen??? Ich versuche, den Gedanken zu verdrängen, lebe in der Hinsicht eher von Tag zu Tag, habe kürzlich ja noch einmal einige Lücken möglich gemacht durch den Bau von zwei Regalen.
Gestern kam ein Bücherpaket, heute erwarte ich ein weiteres.
Hast du in der Vergangenheit auch einmal das Jahrbuch der Lyrik gelesen? Ich habe in den 1990er Jahren damit begonnen und mir nach und nach alle Bände zugelegt. (Die Jahrgänge 2022 und 2023 habe ich noch nicht gelesen, werde ich mir in Bälde anschaffen, bevor im Herbst das Jahrbuch 2024/25 erscheint, das ab dem Zeitpunkt dann nur noch alle zwei Jahre erscheinen wird - wie schon in den 6 Jahren als es von der DVA publiziert wurde.) Axel Kutsch hat wie Christoph Buchwald Anfang der 1980er Jahre mit den jährlichen Lyrikanthologien begonnen. Während Buchwald den Staffelstab an Matthias Kniep weitergeben konnte, wurde Axel mitten in der Editionsarbeit an der neuen Anthologie im Januar 2023 von einem schweren Schlag getroffen, der ihn zum Pflegefall gemacht hat. Das von ihm besorgte Lyrikjahrbuch Versnetze erscheint seitdem nicht mehr. Im September kommt mit Abschied eine Anthologie, die Kutsch gewidmet ist. Bin gespannt, ob ich darin vertreten sein werde. (Bei Kutsch war ich immer in den Versnetz- und anderen Anthologien vertreten, im Jahrbuch der Lyrik nur einmal - 2011. Buchwald konnte offenbar mit meiner Art, Gedichte zu verfassen, wenig anfangen.)
Theo
Mi, 21. August 2024, 23:10 Uhr
Ja, lieber Theo, irgendwann erwarb ich auch mal ein Exemplar des Jahrbuches der Lyrk (ich müßte unten im Wohnzimmer nachschauen gehen, von welchem Jahr); es dürfte über 20 Jahre her sein, sicherlich nicht das von 2011. Ich sammelte damals auch die Frankfurter Anthologie, habe aber nach der Nr. 13 damit aufgehört.
Wenn man übrigens den Wikipedia-Artikel zu Christoph Buchwald aufruft (was ich eben tat), ist dort unter „Literatur“ Dein Buch Aus dem Hinterland erwähnt.
Wer wie und wo in Anthologien erscheint, hängt sicherlich von vielen Faktoren ab, ich denke, es muß nicht unbedingt allein auf den Herausgeber dafür verantwortlich sein. In der großen CD-Dokumention „Musik in Deutschland 1950-2000“ bin ich mit zwei Stücken vertreten, wurde aber erst informiert, als sie bereits erschienen waren. Solltest Du wieder einmal beim Jahrbuch berücksichtigt sein – was m.E. natürlich mehr als gerechtfertigt wäre – wirst Du mich sicherlich informieren.
Durch Zufall (Lektüre der heutigen FAZ) las ich, daß nun ein neues Online-Magazin erscheint, welches aus den Querelen um den Faust-Verlag entstand: https://textor.online/ Es schaut interessant aus beim ersten Durchblättern. U.a. fand ich dort die Besprechung eines neuen Romans von Dagmar Dusil, der mich allein wegen der Thematik schon interessiert. Er ist – und das wirt Du möglicherweis ja schon wissen – im Pop-Verlag erschienen: https://textor.online/de/texte-detailseite/musikmaerchen-ueber-dagmar-dusils-roman-das-geheimnis-der-stummen-klaenge/ … oder hast Du diesen Roman gar schon gelesen?
Mit einem Gruß aus der Mittagskaffeepause Michael
PS Offensichtlich hast Du noch Kontakt zu Georg Schwark, das freut mich. Solltest Du ihm mal wieder schreiben: bitte Grüße auch von mir.
Do, 22. August 2024, 09:07 Uhr
Lieber Michael,
von der Frankfurter Anthologie habe ich wiederum nur eine Ausgabe.
Seit Jahren ist das Publizieren von Texten immer weniger wichtig geworden. Gestern kam das Belegexemplar einer Eginald Schlattner gewidmeten Anthologie, in der ich vertreten bin. Es war - seit 1988 - die eintaussiebenhunderfünfzigste Veröffentlichung in Literaturzeitschriften, Anthologien, Festschriften, Literaturplattformen, Kalendern ... Das ist mehr als genug. (Jede kleinste Publikation mitgezählt, habe ich übrigens insgesamt über 40 Einzeltitel veröffentlicht, viel zu viel ...) Seit Jahren lautet die Maxime: eine gute Veröffentlichung pro Jahr ist schon und genug. (Bislang sind es immer noch ein paar mehr gewesen ...) Beim Jahrbuch der Lyrik muß man z. B. selber aktiv werden, indem man Gedichte einreicht, was ich nur wenige Male getan habe (regelmäßig von 2010 bis 2017), und seit Jahren nun wieder gar nicht mehr. Es ist mir letztlich nicht wichtig genug. (Ich freue mich allerdings, einmal dabei gewesen zu sein.) In Der Große Conrady vertreten zu sein hat mir 2008 viel bedeutet. Und da das die letzte von vier Ausgaben war, ist das ja sozusagen etwas für die 'Ewigkeit' ...
Textor war mir noch gar nicht bekannt. Macht einen guten Eindruck. Den Roman von Dagmar Dusil habe ich gelesen, schließe mich gern Michael Buths Einschätzung an.
Theo
Fr, 23. August 2024, 12:01 Uhr
Lieber Theo,
eben bei einem Telefonat mit Georg Oswald Cott machte er mich auf diese ganz frische (& sehr edle) Ausgabe aufmerksam: https://www.san-marco-handpresse.de/San%20Marco%20Handpresse/Cott/Georg%20O.%20Cott.%20Unter%20dem%20Milchstra%C3%9Fengel%C3%A4chter.html Ich denke, es könnte auch Dich interessieren.
Bei einem meiner beiden baldigen Aufenthalte in Braunschweig, jetzt am 20. September, wenn ich eine Laudatio zum Kulrturpreis Schlesien halten werde, werden wir uns bei der Gelegenheit auch mal weder sehen ... er ist immer noch recht aktiv - trotz schon fast biblischen Alters: am Tag drauf (21.) feiert er seinen 93. Geburtstag!
Was Deine Publikationen in Anthologien etc. anlangt, kann ich nur staunen: die Zahl 1750 ist in der Tat beeindruckend. Du scheinst gut Buch zu führen ... und Du bist eben ein besonders "fleißiger" Mensch & Autor ! Ich selbst weiß bei mir gesichert nur die Anzahl der LP- / CD- / SACD-Publikationen; es sind exakt 42 Tonträger mit meiner Musik erschienen. Texte, Vorträge, Gedichte etc. sind an vielen Orten erschienen, aber darüber habe ich nicht Buch geführt.
Michael
Sa, 24. August 2024, 09:29 Uhr
Lieber Michael,
auch wenn ich mir das Buch nicht anschaffen werde: schon das eine - feine, kleine - Gedicht macht grundsätzlich Lust auf mehr von Cott. Ich habe eine ganze Reihe von den edlen Künstlerbüchern aus der San Marco Handpresse, bekam auch viele Jahre lang die jährliche Zeitung zugeschickt.
Die Zahl 1750 ist an sich ja nicht wesentlich, auf die Qualität der Publikationen kommt es an. Zum Glück ist einiges darunter, das ich als gut oder sehr gut bezeichnen darf. Worauf es wahrhaftig ankommt, ist das eigentliche Leben mit und aus der Literatur. Und dieses Leben führe ich seit 65 Jahren. Die Lesewut, die ich immerwährend erlebe, überrascht mich immer wieder neu. Ich tue bei jedem Buch so, als wäre es das erste ...
42 Tonträger bei dir - 40 Einzeltitel bei mir, da waren wohl zwei ziemlich fleißig!
Theo
Sa, 24. August 2024, 10:49 Uhr
Lieber Theo,
natürlich sollte es stets um Qualität und nicht Quantität gehen! Und da wir beide uns in unserem jeweiligen Metier bestens auskennen, unendlich viel gelesen bzw. gehört haben, Qualität bei Anderen einschätzen & erkennen können und mit Ehrfurcht & Dankbarkeit Meisterwerke bestaunen & bewundern können, sollten wir eigentlich auch beim Selbertun die entscheidenden Maßstäbe für Besonderes erspüren. – also nicht betriebsblind. Die Intensität des Lesens bei Dir seit 65 Jahren entspricht der Intensität des Hörens in mindestens gleicher Zeitspanne bei mir. Mein Leben ist – seit ich denken kann – von Musik erfüllt. Und so dürfen wir uns beide wohl (ganz unbescheiden) auch als fleißig einschätzen.
Ich habe mir gestern tatsächlich ein Exemplar bei Peter Marggraf bestellt. Zudem habe ich Traian Pop auf die Textor-Besprechung des Romans von Dagmar Dusil aufmerksam gemacht, verbunden mit der Bestellung dieses Buches mit nochmals zwei Exemplaren von „Vorschlag zur Blüte“ … ich möchte ein Exemplar Georg Oswald Cott zu seinem 93. Geburtstag in die Hand drücken. Ihn hatte ich bisher unter den Beschenkten noch nicht berücksichtigt …
Gestern waren wir in der MS-Wissenschaft-Ausstellung zum Thema „Freiheit“, die in dem Kahn derzeit für drei Tage hier am Rheinanleger an der Oper Station macht. Dort las ich u.a. dies von A. Einstein:
„Ich weiß ehrlich nicht, was Leute meinen, wenn sie von Freiheit des menschlichen Willens sprechen. […] Ich spüre, daß ich meine Pfeife anzünden will, und tue es auch; aber wie kann ich das mit der Idee der Freiheit verbinden? Was leigt hinter dem Willensakt, daß ich meine Pfeife anzünden will? Ein anderer Willensakt?“
Du wirst nachvollziehen können, warum mich dies angesprochen hat … In diesem Sinne auf ins Wochenende
Michael
Sa, 24. August 2024, 11:11 Uhr
Lieber Michael,
das klingt alles so gut und so richtig, tut wohl, es zu lesen. Dank dir wird Vorschlag zur Blüte noch zum Bestseller, Wahnsinn! Pop wird sich jedenfalls freuen. Nachdem er in letzter Zeit wieder einige Bücher herausgebracht hat, arbeitet er nun an der Herausgabe der neuen Matrix, die, wie er mir gestern sagte, fast fertig ist. Darin wirst du meinen langen Essay zum Werk Harald Gröhlers, der im vorletzten Jahr bereits in Matrix als Teil eines buchlangen Essays erschien, in stark überarbeiteter und erweiterter Fassung lesen können. Das ist eine mir sehr wichtige Publikation, und ich bin Traian Pop dankbar, daß er bereit ist, den Essay in dieser Form erneut zu bringen.
Danke auch für die gewichtigen Worte von Einstein.
Gestern habe ich Leon de Winters ersten Roman gelesen, ab heute lese ich seinen bislang letzten (der 2016 bei Diogenes erschien). Damit habe ich dann alle 13 Romane von de Winter gelesen, ein Autor, den ich seit Hoffmanns Hunger, dem in Prag angesiedelten Roman, mit dem ich den Autor vor 20 Jahren kennenlernte, sehr zu schätzen gelernt habe. Warum mag de Winter danach nichts mehr veröffentlicht haben? Ob noch einmal ein Roman kommt? Er ist mit Jessica Durlacher verheiratet, die ebenfalls Romane schreibt und von der ich bislang noch nichts gelesen habe, was sich bald ändern wird.
Theo Di, 3. September 2024, 01:01 Uhr
Lieber Theo,
gestern bekam ich eine überraschende Nachricht des Pianisten Rainer M. Klaas, den ich seit vielen Jahren kenne; er spielte mehrfach in meiner WKR-Reihe und war auch einer der Ersten, der aus meinen Bach-Variationen spielte, kaum daß sie fertig waren: https://www.youtube.com/watch?v=bl6hm5hHqvc. Er schickte mir einen - wie ich finde - durchaus lesenswerten Text über sein Lese(r)-Leben, was sowohl die Musik als auch die Literatur betrifft. Ich könnte mir denken, auch Du wirst Freude haben, seinen Lesespuren zu folgen. Man sieht, welch kluger (belesener) "Kopf" er ist. Er hat in seiner langjährigen Laufbahn als Pianist (wir waren auch Kollegen an der RSH-Düsseldorf) unendlich viel völlig abseitiges Repertoire entdeckt wie aufgeführt. Für mich war die Lektüre jedenfalls ein Vergnügen ... und ich hänge Dir das (sicherlich mit seinem Einverständnis, wie ich denke) mal an.
Ansonsten las ich in den vergangenen Tagen (endlich) "Die Rückkehr der Gewohnheiten" von Jürgen Becker ... bin seit Jahren ja ein "Fan" seiner scheinbar so lapidaren Journalgedichte ... nun: Dir muß ich davon ja eigentlich nicht vorschwärmen, hast Du doch in Deiner "Literatour 22" Deine eigene Begeisterung darüber bereits formuliert. Ich traf Jürgen Becker letztmalig persönlich bei der Vernissage einer Ausstellung mit Arbeiten von Eckart Alker in einer Gelerie in der Kölner Südstadt .... und wir hatten ja seinerzeit auch Einiges von ihm auf unserem Online-Journal HAIKUSCOPE mit seiner Zustimmung veröffentlichen dürfen (so z.B. http://www.haikuscope.de/beckerbohne0.htm). - Meine Güte: jetzt ist er (wie auch G.O. Cott) bereits 92 Jahre alt! - (ich mag mir dieses Alter für mich selbst gar nicht vorstellen)
Nur nebenbei sichte ich weierhin Vergangnes und staune, zweifle, bedenke ... und versuche dabei halbwegs gelassen zu bleiben ...
So ist das Leben derzeit.
Am Samstag geht's nach Braunschweig für Proben und ein Konzert am nächsten Montag im Lindenhoftheater dort, u.a. mit meiner cellistischen Mitwirkung (zusammen mit meinem Bruder Johannes) bei Bruckners Streichquintett anläßlich dessen 200. Geburtstages
Michael
Di, 3. September 2024, 08:38 Uhr
Lieber Michael,
die Sinfonien von Bruckner gehört in den vergangenen 5 Jahren zu der von mir am meisten gehörten Musik.
Von Jürgen Becker las ich kürzlich das neue Buch Nachspielzeit. Faszinierend, daß Becker weiterhin - wie auch Mayröcker - derart kraftvoll die Feder schwingt.
Gelassen bin ich derzeit überhaupt nicht. Im Gegenteil.
Ich habe den Text von Klaas gelesen/überflogen. Da ich fast alle genannten Autoren und Titel kenne, kam die Lektüre mir wie eine Erinnerungsreise vor.
Was ich Klaas u. a. sagen würde, wäre der Hinweis, daß ich Joseph und seine Brüder unter den ich weiß nicht wie viel tausend Romanen, die ich gelesen habe, an die erste Stelle setze. Ich überlege, die vier Bände demnächst ein zweites Mal zu lesen. (Wobei ich grundsätzlich nichts von Ranglisten in den Künsten halte: Die Einzigartigkeit eines Romans wie Ulysses oder einer Erzählung wie The Old Man and the Sea ist genauso unbestritten wie die von ein paar hundert weiteren Romanen, Novellen, Erzählungen, die ich hier nicht aufzählen mag.)
Ich lese seit vorgestern den umfänglichen Roman The Patriots von Sana Krasiko, die in der Ukraine geboren wurde, in Georgien die ersten Lebensjahre verbrachte, um dann nach New York auszuwandern. Mich hat die Literatur von Menschen, die das Geburtsland verlassen und in der neu zu erlernenden Sprache geschrieben haben, immer schon sehr interessiert: Vladimir Nabokov, Joseph Conrad, Jerzy Kosinsky fallen mir spontan ein. Die deutschsprachige Literatur wird ja nun auch seit Jahrzehnten von Autoren bereichert, die aus anderen Ländern gekommen sind.
Und da du demnächst wieder in Braunschweig bist, fällt mir noch der unvergleichliche Wilhelm Raabe ein, dessen Chronik der Sperlingsgasse ich vor den bekannteren Romanen benenne.
Theo
Do, 5. September 2024, 22:56 Uhr
Lieber Theo,
als ich gesternabend exakt am 200. Geburtstag Bruckners dessen 8. Symphonie als Livemitschnitt aus dem Leipziger Gewandhaus mit dem NDR-Orchester unter Dennis Russell Davies (dem ehemaligen Bonner GMD, der damals auch mein „Traumbuch“ uraufführte) hörte, dachte ich natürlich auch an Dich und Deine so offensichtliche Bruckner-Musikneigung, überlegte, ob Du möglicherweise gleichzeitig im Radio lauschtest … und ich stellte mir erneut die Frage, welche der Brucknerschen Symphonien mir die letztlich wichtigste sei --- kann man das beantworten? Vermutlich nicht. Wenngleich: war es nicht Adorno der (frei zitiert) sagte, Bruckner habe neun Dome auf dem gleichen Grundriß gebaut?! – was ja bedeutete: eigentlich ist es egal, alle Symphonien klingen irgendwie gleich bzw. ähnlich. Im Unterschied zu Mahler und dessen neun Symphonien, die jede für sich eine stets neue umfassende Weltdeutung anbieten mit weiten Fenstern in die Zukunft (vor allem mit der 9. und unvollendet gebliebenen 10.), trifft das Verdikt sicherlich auf Bruckner zu. – Mahler ist mir immer (noch deutlicher) lebenswichtiger gewesen / geblieben.
Nachdem ich heute einen Vortrag ferigstellen konnte, den ich in knapp drei Wochen in unserem Rotary-Club anläßlich der 100. Geburtstage der beiden wohl wichtigsten und bedeutendsten italienischen Komponisten des 20. Jahrhunderts Luigi Nono (in diesem Jahr) und Luciano Berio (im kommenden) halten soll / werde, bin ich am frühen Abend wieder aufs Rad gestiegen und habe mir unterwegs in meinem Buchladen nun auch Jürgen Beckers „Nachspielzeit“ besorgt. – Gleich, wenn diese Mail an Dich rausgegangen ist, werde ich mich neugierig wie freudig in die Lektüre begeben …
Ich muß gestehen, daß ich Joseph und seine Brüder immer noch nicht gelesen habe … und eigentlich weiß ich nicht einmal: warum? – Aber natürlich war mir klar, daß Dir Klaasens Lese-Bericht wie ein Spaziergang im Schnellschritt über meist für Dich allzu Bekanntes erschien. – Ich staunte immerhin, über diese Art der „Buchführung“; ich selbst könnte nur noch bedingt erzählen, wann und wie ich auf welche Autoren stieß (und sicherlich würden mir nicht mehr alle einfallen), nun: ein paar Ausnahmen gibt es natürlich: Rilke, Celan, Pessoa, Mallarmé, Beckett, Bachmann, Marai … (das kann ich schon allein an den Spuren, die sie in meiner Musik mehr oder weniger direkt hinterließen, erinnern!)
Genug der Worte nun Michael
Fr, 6. September 2024, 09:24 Uhr
Lieber Michael,
Bruckners Sinfonien habe ich erst vor fünf Jahren so richtig kennen und schätzen gelernt. Anlaß war ein Konzert in der Kölner Philharmonie, zu dem mich Hans Georg Schwark eingeladen hatte, nachdem ich 14 Tage lang dessen zweigeschossige Wohnung in der Taubengasse renoviert und aufgeräumt habe. Ich habe mir daraufhin die Kassette mit allen Sinfonien besorgt und diese mehrere Jahre lang immer und immer wieder gehört, bis ich sie gleichsam auswendig konnte. Wir waren dann noch gemeinsam bei der Aufführung einer Bruckner-Sinfonie in der romanischen Kirche St. Maria im Kapitol. Beide Konzerte haben mich tief ergriffen. (Adornos Einschätzung schließlich ich mich übrigens vorbehaltlos an.)
Da du Joseph und seine Brüder im Regal stehen hast, ist es ja einfach, mit der Lektüre zu beginnen. Möglicherweise willst du den einleitenden Essay von 80 Seiten nicht vorweg, sondern abschließend lesen: Wenn du einmal angefangen hast, die Geschichte zu lesen, wirst du nicht mehr aufhören wollen.
Theo
Fr, 6. September 2024, 12:44 Uhr
Lieber Theo,
ich wußte gar nicht, daß Du erst vor fünf Jahren durch Hans Georg Schwark und durch ein Liveerlebnis so intensiv auf Bruckners Symphonien gestoßen bist ! Bei mir war es mit 16 oder 17 Jahren, als ich damals im Landesjugenorchester NRW Bruckners Fünfte mitspielen konnte. Zuvor waren mir die Symphonien (& übrigens auch die von Mahler) immer zu lang erschienen ... und ohnehin war mein damaliger musikalisch romantischer Gott Johannes Brahms.
Das Quintett von Bruckner das ich einige Male als Jugendlicher spielte hat mich aber gleich in den Bann gezogen! - und so freue ich mich nun auch besonders auf unser Konzert am Montag in Braunschweig, wohin ich morgen in aller Hergottsfrühe aufbreche. Damit auch Du dieses Quintett kennenlernen kannst, habe ich mal die Aufnahme mit dem legendären Amadeus-Quartett (bei dem ich seinerzeit während des Studiums in Köln so beglückende Unterrichtsstunden bekam) auf YT zusammengesucht. Du wirst sicherlich Deine Freude daran haben!:
Bruckner-Quintett I. - https://www.youtube.com/watch?v=U-4CXofLC-w II. - https://www.youtube.com/watch?v=z0lpCfcORqA III. - https://www.youtube.com/watch?v=iJYKxOQ_WqA IV. - https://www.youtube.com/watch?v=hRbsSeDz6cE
Dies noch schnell an Dich Michael
Do, 12. September 2024, 23:17 Uhr
Lieber Theo
nach zwei Tagen zu Hause nach dem Braunschweig-Konzert (das übrigens uns allen Freude machte) geht es morgen gen Süden nach Lindau, wo ich am Samstag bei einer Ausstellungs-Eröffnung in der Galerie SKULPTURALE (http://www.skulpturale.eu/aktuelles.htm) erneut die drei Skizzen zu den letzten Arbeiten meines engsten Bildhauerfreundes Wolfgang Ueberhorst spielen werde. Diesmal leider ohne seine Anwesenheit ... auch wenn dort sein "Flüsterling" auch ausgestellt sein wird. Und diesmal spiele ich zusammen mit zwei Tänzerinnen ... bin gespannt, was ihnen zu meiner Musik eingefallen ist ...
In den vergangenen Tagen ist nun endlich die Veröffentlichung der SACD mit dem Albumtitel ..für. in spürbare Nähe gerückt. Wie ich vom Label Cybele hörte, sei alles nun fertig und ans Presswerk gegangen. Als Veröffentlichungstermin ist der 1. November vorgesehen. (Und natürlich wirst Du dann umgehend ein "Ehrenexemplar" bekommen.) Wo in diesem Jahr ja fast nichts an Aufführungen stattfand ist dies immerhin ein kleiner Lichtblick. Mal sehen, ob die "Scheibe" genügend Käufer finden wird. Auch auf dem CD-Markt ist Ähnliches zu beobachten wie bei Lyrikpublikationen im Buchmarkt; die potentiellen Interessenten sind immer zögerlicher, man kann damit kaum noch verdienen, es ist ein Zuschussgeschäft (...was in der Regel heißt: der Musiker muß kräftig mitfinanzieren; so auch ich in diesem Fall).
Wenn Du schon mal einen Blick ins ReleaseSheet werfen möchtest. http://www.denhoff.de/pdf-dateien/CybeleSACD362404.pdf
Michael
Fr, 13. September 2024, 08:54 Uhr
Lieber Michael,
aus meiner engen Weltsicht betrachtet, bist du regelmäßig gefragt bzw. unterwegs. Du führst weiterhin ein aktives - erfolgreiches - Leben in der Öffentlichkeit. Das willst du so, und es freut mich sehr, daß es so ist.
Derweil bin ich weiterhin Tag für Tag in der Welt unterwegs, versenke mich in die Wörtermeere, entdecke wöchentlich mehrere Autoren und versuche auf diese Weise, einigermaßen mit dem Leben klarzukommen.
So manches kommt nun mehr und mehr zum Abschluß, was meine aktive Rolle in der Literaturwelt angeht. Ich bin sehr gespannt, ob ich in der Anthologie und kein Gedicht will Abschied von dir nehmen (https://www.verlag-ralf-liebe.de/programm/288/und-kein-gedicht-will-abschied-von-dir-nehmen/) vertreten sein werde, was ich mir sehr wünsche: Das wäre ein würdiger Abschluß einer so intensiven Beziehung, wie ich sie zu Axel Kutsch hatte, in dessen Versnetze-Anthologien (und Vorgängern) ich seit 1990 stets vertreten gewesen bin. Na, warten wir's ab, in den nächsten Tagen wissen wir mehr.
Du weißt von mir, daß ich diese Entwicklung insgesamt so in Ordnung finde: Entscheidend - wesentlich - ist sowieso immer das Leben mit der Literatur gewesen, nicht das Wuseln in dessen Betrieb. (Obwohl ich dort phasenweise auch viel unterwegs war, in erster Linie in dem Bereich, den wir in früheren Jahren als literarischen Untergrund bezeichneten - abseits von Mainstream und verbreiteten Medien.)
Selbstredend freue ich mich auf die neue CD.
Theo
Di, 17. September 2024, 11:37 Uhr
Lieber Theo,
es war ziemlich herbstlich in Lindau, bei höchstens 10°; aber anders als vorhergesagt, hat es kaum geregnet, das riesige Regengebiet, das nun den Osten überschwemmte, hat seine Fühler nur bis knapp an den Bodensee ausgestreckt. Das kleine feine Kunstfest anläßlich der neuen Märchen-Ausstellung in der Galerie hatte guten Zulauf, eine sehr nette Atmosphäre unter allen anwesenden Künstlern. Und neben dem eigenen solistischen Auftritt beim offiziellen Teil haben wir zur vorgerückten Stunde noch zu zweit oder dritt improvisiert (mit Bratsche & Alphorn/Posaune) ... zum Vergnügen der dann noch Anwesenden.
Ja, Du siehst es richtig: noch bleibe ich aktiv im Musik- & Kunstleben (wünschte mir sogar, es wäre mehr); dennoch ist es spürbar weniger geworden, allein die fast nicht mehr erwähnenswerten Aufführungen meiner Musik in diesem Jahr bezeugen: die Zeiten haben sich geändert. Noch hadere ich nicht allzusehr damit, versuch es zu akzeptieren / hinzunehmen ... Aber das sind doch nur rein äußerliche Erscheinungen zu Deinem Leben als Autor (& nicht zuletzt unentwegt Lesendem!). Ich betrachte Dich deshalb durchaus als aktiv, nur noch weniger in der Öffentlichkeit sichtbar. Auch mir geht es übrigens so: der Musikbetrieb mit allen Zwängen, Eitelkeiten und kollegialem Neid interessiert mich nicht (mehr); wertvoll bleibt auch mir vor allem das Leben mit und in Musik, Literatur, Kunst!
Dank für den Link zur Lyrik-Anthologie. Die Seite macht den Eindruck, als sei das Buch bereits erschienen. Ist dem so? - und bist Du nun (wie erhoft) dort auch vertreten?
Ich habe nun die PowerPoint-Folien für einen Vortrag über die beiden wohl wichtigsten italienischen Komponisten der europäischen Avantgarde (Luigi Nono & Luciano Berio) fertig, den ich in einer Woche in Rheinbach bei unserem Rotary-Club halten werde, anläßlich der jeweils 100. Geburtstage (Nono 1924 / Berio 1925 geboren).Beide waren mir auf unterschiedliche Art für's eigene Tun wichtig. Damals am 8. Mai 1990 - dem Todestag Nonos schrieb ich z.B. spontan eine Stele - in memoriam als Nr. 19 meines Wochenbuches "Hebdomadaire". (kannst Du auf der Dir vorliegenden Doppel-CD hören)
Am Freitag geht's erneut nach Braunschweig; diesmal mit der Bahn, aber schon jetzt bekam ich die Nachricht von der DB, daß beide Fahrten nicht so stattfinden können, wie gebucht ... (na, wer hätte anderes erwartet? ;-) ---
Nun geht der Sommer bald zu Ende ... und noch immer trafen wir uns nicht endlich einmal (bevor es nicht mehr geht) ... bin so gespannt, Dein Buchkunstwerk einmal leibhaftig zu erleben / zu inhalieren !
Michael
Mi, 18. September 2024, 10:01 Uhr
Lieber Michael,
das Belegexemplar der Anthologie und kein Gedicht will Abschied von dir nehmen wurde mir am vergangenen Samstag von der stets überaus freundlichen 27jährigen Postbotin Kate überreicht. Büchersendungen wirft sie nicht in den Kasten, sondern klingelt, um sie mir persönlich zu überreichen. (Ich habe ihr vor einigen Wochen einmal das Prosazimmer gezeigt, seitdem ist die kurze Begegnung bei der Übergabe noch herzlicher geworden.) Du freust dich vielleicht, zu erfahren, daß nur alter kaffee das Gedicht ist, das in der Anthologie steht, und so bist du gleichsam auch ein Teil davon. Anthologie und Buch sind in jeder Beziehung wunderbar geglückt; es ist eine würdige Hommage an Axel Kutsch geworden. Für mich ist es außerordentlich wichtig, in dieser Anthologie vertreten zu sein (ebenso wie im vergangenen Jahr in Am Rande der Sprache steht ein Gedicht), weil es nach 33 Jahren intensiven Kontakts schon diese beiden so überaus gut geglückten Bücher brauchte, um zu einem Abschluß dessen zu finden, was so harsch durch jenen schweren Schlaganfall beendet wurde. --- Ich darf sagen, alle Beteiligten haben ihr Bestes gegeben, um Axel Kutsch so zu würdigen, wie er es verdient hat.
Seltsamerweise befand sich bis gestern kein Einzeltitel von Georg Oswald Cott in der Büchersammlung. Der Name ist mir seit vielen Jahren geläufig (zum Glück erwähne ich ihn auch in Aus dem Hinterland), aber bis auf hier und dort gelesene - feine - Gedichte stand Cott bislang nicht mit Einzeltiteln auf meiner Leseliste. Nachdem du mich vor einigen Wochen auf das neue Buch aufmerksam gemacht hast, habe ich gleich den Titel Wurfholz und Echo auf die Merkliste gesetzt und vor einigen Tagen mit einigen anderen Büchern bestellt (darunter auch das Jahrbuch der Lyrik 2022, womit die Reihe nun wieder lückenlos im Regal steht). Nachdem ich das Büchlein am gestrigen Abend durchgelesen hatte, habe ich mich noch mehr gewundert: Bis auf Wilhelm Steffens, dessen Name mir nichts sagt, sind mir alle Mitglieder dieses Poesiekreises wohlbekannt; von Dittberner habe ich ein Dutzend Bücher, von Ansull, Bulla und Taschau mehrere und von Tammen immerhin eins (mit Dittberner, Bulla und Tammen habe ich zudem korrespondiert). Und jetzt ist auch Cott dabei, worüber ich mich sehr, sehr freue.
In diesem Sinne wünsche ich dem Dichter einen schönen Geburtstag und dir eine gute Reise nach Braunschweig.
Theo
Mi, 18. September 2024, 14:58 Uhr
Lieber Theo
es freut mich sehr, daß Du nun tatsächlich in der Anthologie vertreten bist, wie erhofft. Ich denke, ich werde mir diese auch bald zulegen. Allerdings verstand ich zunächst nicht, wie ich durch Dein Gedicht "nur alter Kaffee" indirekt dabei sei ... nun fand ich es aber in unserer Korrespondenz vom 15. Januar 2023 ...
Prima, daß nun Cott auch in Deinem Lyrik-Raum vertreten ist. Mir liegt dieses Büchlein schon lange vor. Übrigens findet man in der neuen bibliophil aufgemachten Ausgabe der San Marco Handpresse auch zweieinhalb Gedichte, die wir seinerzeit als Kurzedicht der Woche auf HAIKUSCOPE schon veröffentlicht hatten, Nun freue ich mich erst einmal auf das Wiedersehen exakt am 93. Geburtstag von Cott in Braunschweig. Ich bin mir sicher, er wird an Deinen Gedichten seine uneingeschränkte Freude haben.
Michael
Mi, 18. September 2024, 15:33 Uhr
Lieber Michael,
Mi, 18. September 2024, 20:14 Uhr
Lieber Theo,
kaum war die Mail an Dich raus, schaute ich auch in Vorschlag zur Blüte nach … und fand das Gedicht natürlich auch dort.
Dann sind wir, wie auch schon gestern, auf die Räder gestiegen und haben das herrliche Spätsommerwetter genutzt, um etwas ausführlicher der Sieg (gestern) und dem Rhein (heute) entlang zu radeln und vor Sonnenuntergang auf der Terrasse eines Lokals noch ein Gläschen Wein (& ein Pfeifchen) zu genießen und dabei der zunehmenden Rötung des Abendhimmels nach Sonnenuntergang zu bestaunen. Nun sind wir wieder zu Hause.
Wo Du gerade von den niederländischen Autoren Jessica Durlacher und Leon de Winter sprichst: kennst Du auch Joost Zwagerman? – von ihm habe ich vor ein paar Jahren mindestens vier / fünf Romane direkt hintereinander gelesen; war einigermaßen fasziniert, so daß in solch dichter Folge.
Eben erreichte mich auch der Link zum heutigen Artikel der Schwäbischen Zeitung über die Lindauer Ausstellungseröffnung, mit zwei Fotos von Martella, die kurzfristig einsprang, weil die Schreiberin Probleme mir ihrer Kamera hatte: https://www.schwaebische.de/regional/lindau/lindau/kunst-bietet-spielraum-fuer-besondere-atmosphaeren-2904528 .
Michael
PS. Ich beneide Deine junge Postbotin: sie durfte schon Dein Prosazimmer bewundern …
Do, 19. September 2024, 08:34 Uhr
Lieber Michael,
das Gedicht steht ja sogar auf dem Rückumschlag.
Mir fiel noch zu Cott ein, daß er ja ein Förderer von Werner Kraft war. Von Kraft habe ich etliche Bücher gelesen. Zwei der sieben Bücher sind sogar signiert. (Las eben im Stehen die Anekdote zu Bruckner, der gelegentlich ins Bordell ging und dort den Hut aufbehielt, damit Gott ihn nicht sehe.)
Zwagerman habe ich gleich mal auf die Merkliste gesetzt.
Theo
Do, 19. September 2024, 10:23 Uhr
… es deutet wohl darauf hin, daß ich Rückumschläge nur bei für mich ganz frischen Bücher registriere und diese bei erneuten Blicken ins Buch schon wieder vergessen habe. Lieber Theo, ich sollte gleich mal einige Bücher erneut in die Hand nehmen … und mit dem Blick auf den Rückumschlag beginnen … Schon in diesem Moment geschehen! : „Eine Schule des Sehens und eine große Meditation über Handwerk, Originalität und Genie.“ steht als Zitat von Denis Scheck auf dem Rückumschlag der Novelle Duell von Joost Zwagerman, die hier im Bonner Weidle Verlag 2016 erschien. Damit wird vielleicht Deine Neugierde auf den Autor noch ein wenig gesteigert …
Deine eben übermittelte Bruckner-Anekdote kannte ich noch nicht. - Ich las kürzlich irgendwo, eine Prostituierte poste täglich ein Gebet an Gott als WhatsApp-Statusmeldung.
Die Welt steckt voller Überraschungen, täglich … man muß nur die Augen & anderen Sinne öffnen!
Michael
Do, 19. September 2024, 12:17 Uhr
Lieber Michael,
nun habe ich die Anthologie und kein Gedicht will Abschied von dir nehmen vollständig durchgelesen.
Kurz und bündig sage ich mal dies: Von einem Gedicht erwarte ich (u. a.), daß es aus Wörtern gemacht ist (nicht aus Ideen), daß die Botschaft nicht über den lyrischen Spurenelementen steht, daß man konkret beschreibt (nicht allgemein erzählt), daß man bei frei rhythmisierten die Verse sinnvoll abteilt und nicht irgendwo mittendrin, so daß man keine sinnvollen Verse vorfindet, die einzeln für sich stehen können.
Nachdem ich ein Gedicht gelesen habe, schaue ich jedes Mal noch mal drüber, welche Wörter darin mich begeistern. Bisweilen reicht ein Wort, um ein Gedicht zu retten. Die Versgestaltung finde ich ganz wichtig. Und wenn die Botschaft wichtiger ist als der Rest, kann man das Gedicht sowieso vergessen, genauso wenn ein Autor rumerzählt, statt konkret, direkt, unmittelbar darzustellen.
nur alter kaffee ist eins der ganz wenigen Gedichte in der Anthologie, die diesen Kriterien standhalten. Insofern ist der poetische Mehrwert dieser Anthologie überschaubar. Von 300 Seiten finde ich zwischen 100 und 150 Seiten lesenswert. Den Titel finde ich großartig. Er ist dem originellen Gedicht Irene Habaliks entnommen, das auf dem Rückumschlag abgedruckt ist.
Mit dem zuletzt gelesenen Jahrbuch der Lyrik 2019 ist es mir nicht anders ergangen. Immer wieder habe ich mich gefragt: Wo sind die guten Wörter, die Wörter, die Wörter????
Heute habe ich die 7. Sinfonie von Schostakowitsch gehört.
Theo
Do, 19. September 2024, 16:07 Uhr
PS. Den benannten Kriterien füge ich noch das Geheimnisvolle, Numinose sowie das Schwingende hinzu. Dabei dürfen und sollen Gedichte natürlich sehr gern auch SCHEINBAR ganz schlicht daherkommen. Vor allem auch dann, wenn sie wahrhaftig und durch und durch menschlich wirken.
Do, 19. September 2024, 21:52 Uhr
… da benennst Du Alles in Allem gut nachvollziehbare Kriterien für gute Gedichte, lieber Theo! Das irgendwie Geheimnisvolle wie Mehrdeutige scheint auch mir besonders wichtig zu sein … das gelingt kaum, wenn z. B. ein eigentlicher Prosatext, der nur durch Zeilenbruch zum Gedicht werden will, kaum abweicht von üblichem Satzbau. Ein wunderbarer Lehrmeister (gerade auch im Ungang mit stets unerwarteten Reimen) ist und kann immer wieder Hölderlin sein! Das Schlichte – scheinbar – ist die ganz große Kunst! – und diese beherschsr Du bestens, mein Guter! – ja, da darfst Du Dir gerne auch mal selbstlobend auf die Schulter klopfen.
Nachdem Du nun so mit gewissen Einschränkungen über die frisch erschienene Anthologie schreibst, überlege ich doch wieder ein bißchen, ob ich sie mir unbedingt in meine Lyrik-Bibliothek holen muß …
Bin erst vor wenigen Minuten wieder zuhause eingetroffen : und was sich radelnd unterwegs mit Wetterleuchten schon andeutete, entlädt sich gerade im Moment als heftiges (unerwartetes) Gewitter. Ich mag ja solch spontane Überraschungen des Wetters! – aus heiterem Himmel, wie man so sagt.
Nun werde ich das kleine Köfferchen für Braunschweig zu Ende packen. Vorschlag zrr Blüte (für G.O. Cott) hatte ich schon als erstes hineingelegt. Und ich hoffe, die DB hat morgen nicht all zu viele weitere zeitverzögernde Überraschungen (als schon mitgeteilt) im Reiseplan für mich parat …
Michael
PS. So unerwartet das Gewitter grad losbrach, so schnell ist schon wieder alles vorbei Mo, 7. Oktober 2024, 22:40 Uhr
Lieber Theo,
als ich gesternabend nach einer guten Woche unterwegs im Norden wieder zu Hause ankam, war der Briefkasten reichlich gefüllt mit besonderen Inhalten: zur freudigen Überraschung eine neue CD mit Klavierstücken meines 90-jährigen Kollegen und Freundes Georg Kröll, auf der auch sein Stück zu meinem 60. Geb. zu finden ist; dann eine umfangreichere CD-Bestellung mit Mahlers 10. Symphonie in der beachtlichen Ausarbeitung der Skizzen zu der von Mahler unvollendet hinterlassenen Symphonie durch einen jungen israelischen Komponisten & Dirigenten (Ich hatte dies zufällig mal im Rundfunk gehört und war begeistert, weil diese Ausarbeitung mir wesentlich spannender & zukunftsweisender als die meist gehörte von Deryck Cocke erschien) ... und zudem eine Box mit 6 CDs, alte Rias-Aufnahmen romantischer Quartette bis Sextette mit dem von mir so geschätzten Amadeus-Quartett, die ich noch nicht in meiner Diskithek besaß. Viel "Hörfutter" also ! - Zudem fand ich die neueste Ausgabe von "Musik & Ästhetik" (seit Beginn vor vielen Jahren bin ich Abonennt), darin u.a. ein ausführliches Gespräch mit Nuria Schönberg über Ihren Mann Luigi Nono (anläßlich seines 100. Geburtstages) und über ihren Vater Arnold Schönberg (anläßlich dessen 150. Geburtstages) ... tja, und auch die neue Matrix-Ausgabe traf ein. Natürlich sah ich sofort, daß dort auch der von Dir ja schon erwähnte umfangreichere Text über die Bücher von Harald Gröhler zu lesen sein wird ...
Da habe ich nun sicherlich für eine ganze Reihe von Tagen schönste 'geistige Nahrung'! Zudem liegt hier auch noch ein neues Buch über Herbert Falken, das am Freitag vor meiner Abreise in Aachen auf würdige Weise präsentiert wurde (mit einfühlsamen Vortrag über Herberts Arbeit als Künstler & Priester ... an einem der Orte seines Wirkens und nun auch letzter Ruhestätte im dortigen Kolumbarium von St. Gregorius).
Am Samstag will ich mit Martelle noch einmal eine Radtour am Neckar machen, bevor es für solche Unternehmungen zu kalt wird. Wir hoffen, es bleibt halbwegs trocken die Tage. (Eben habe ich testweise einmal unsere beiden Klappräder im neuen Skoda Fabia verfrachtet; er ist zwar etwas kleiner als unser alter Mazda3 (von dem wir uns nach 19 Jahren und knapp 335000 km Fahrleistung verabschiedet hatten), aber mit nun wieder Heckklappe läßt der neue Fabia sich bestens beladen und bietet genügend Platz für zusätzliche Koffer, Fahrradtaschen etc. .... und er verbraucht, wie ich nun nach 10 Tagen Nutzung feststellte, deutlich weniger Sprit: 4,5 statt bisher 6,3 im Durchschnitt.
Soviel für den Moment an einem Tag, der noch einmal ungewöhnlich warm hier in Bonn war; nun aber tröpfelt es leise und gleichmäßig auf dem Dachfenster über meinem Schreibtisch Michael
Di, 8. Oktober 2024, 09:29 Uhr
Lieber Michael,
derweil lese ich den Roman Falsches Licht (packende Geschichte ...) des von dir empfohlenen Autors Joost Zwagerman und erweitere auf diese Weise die Abteilung Literatur aus den Niederlanden, die mir so manches feine Buch beschert hat - nicht zuletzt die Brief von Vincent van Gogh.
Die vollständig überarbeitete und erweiterte Fassung des Essays zum Werk Harald Gröhlers ist mir sehr wichtig. Ich freue mich, daß Traian Pop bereit war, diese in Matrix 76 abzudrucken. Ich erwarte die Zusendung einschl. einiger Neuerscheinungen heute - eben kam eine Nachricht von DHL. Ebenso erwarte ich einen Bluetooth-Kopfhörer, den ich mir bestellt habe, nachdem wir in der vorletzten Woche einen neuen Fernseher mit Bluetooth-Funktion erworben haben. Da werde ich mir in nächster Zeit wieder einmal manche Oper zu Gemüte führen. Auf Youtube ist ja sozusagen alles abrufbar.
2024 ist ein weiteres außergewöhnliches Lesejahr: Die grenzenlose Gier nach guten Büchern läßt nicht nach - eher im Gegenteil. Gestern kam wieder ein Karton mit einem Dutzend Bücher von mir bislang unbekannten Autoren. In der vergangenen Woche las ich u. a. Alastair Grays 1981 erschienenen Roman Lanark, an dem der Autor insgesamt 30 Jahre lang gearbeitet hat. Ein Roman in 4 Büchern, der, wie ich jetzt erst erfahren habe, seit vielen Jahren Kultstatus genießt, jedoch - naturgemäß ... - längst nicht so viele Leser gefunden hat, wie er es verdient. (Bei mir hat es ja auch eine Weile gedauert - auf einer meiner vielen Listen steht er allerdings schon seit Jahren. Und es sind eben so viele Bücher, die (nicht nur dort ...) noch der Lektüre harren.
Daneben - du weiß es von meinen früheren Beschreibungen - ist immer viel zu tun. Gestern habe ich wieder vier Bäume zurück- und die bis zu zwei Meter langen Triebe in die Tonne geschnitten. Zudem bereite ich das nun 11 Jahre alte Auto (ein Mitsubishi Space Star, der zwischen 3,5 und 4,5 Liter verbraucht; Tachostand knapp 80.000 km) auf den TÜV vor: neue Bremsen, neue Reifen, kleine 'Schönheitsreparaturen', Wachsen, Sprühen des Unterbodens u. a. m. Ich mache das seit vielen Jahren gemeinsam mit einem befreundeten 72jährigen KFZ-Mechaniker, der im Nachbardorf eine kleine Werkstatt mit Bühne hat.
Theo
Di, 8. Oktober 2024, 10:39 Uhr
Lieber Theo,
um unseren altem Mazda3 jetzt nochmals durch den TÜV zu bringen, hätte ich zuviel investieren müssen, deswegen entschloß ich mich nun für einen neuen Wagen. Der SKoda Fabia ist in allen Tests als Bester seiner Klasse geführt.
Ja, Joost Zwagerman kann erzählen ... neben Falsches LIcht gibt es übrigens auch noch den Roman Kunstlicht, auch dieser spannend zu lessen.
Gesternabend - nachdem ich Dir schrieb - habe ich versucht neben dem Hören der Mahler-Symphonie auch etwas in Deinen Gröhler-Text hineinzulesen, aber es gelang nicht : zu faszinierend diese schon 2017 mit dem Echo-Preis ausgezeichnete Aufnahme. Noch nie habe ich solch dynamische Extreme auf einem Tonträger erlebt! - man kann nicht weghören! Gegen Miternacht - nach 80 Minuten gespannten Lauschens - habe ich mich über dieses israelische Ausnahmetalent (diese Mahler-Rekonstruktion schrieb er bereits mit 22 Jahren - unglaublich !) via Wikepedia informiert: https://de.wikipedia.org/wiki/Yoel_Gamzou ... und entdeckte auf YT auch eine andere Aufnahme seiner Rekonstruktion: https://www.youtube.com/watch?v=Xe3spGupjro ... falls auch Du mal hineinhören möchtest ...
Während Du herbstliche Gartenarbeit erledigst, habe ich zunächst hier sich Angestautes der letzen 10 Tage zu erledigen. (Bürokram)
Der Kammermusik-Kurs in Lauenburg hat übrigens viel Spaß gemacht; ich unterrichtete sechs Liebhaber-Streichquartette, die neuere Werke von Schostakowitsch, Vaughan-Williams, Schnittke, Kurtág und Rihm erarbeitet hatten. Und anschließend in Hamburg (Martella war mit dem Zug angereist) haben wir für uns einiges Neues entdeckt, waren in bisher unerkundeten Stadtgebieten ... und hörten nun erstmals ein Konzert im kleinen Saal der Elbphilharmonie: Kent Nagano dirigierte die Kammerensemble-Fassung von Mahlers "Lied von der Erde" in der Schönbergschen Instrumentation. - Die Akustik ist (auf etwas ähnliche Art wie im großen Saal) m.E. problematisch ... jedenfalls mich nicht überzeugend: der Klang entfaltet keinen warmen Raum, es klingt ziemlich trocken, dabei eher seziererisch denn homogenisierend in der Farbbalance.
Michael
Sa, 12. Oktober 2024, 11:57 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für die Zusendung der CD.
Seit einigen Minuten höre ich bereits die Musik., die mir unendlich guttut. (Ich bin heute von einer besonders starken Unruhe gepackt.)
Theo
Sa, 12. Oktober 2024, 12:12 Uhr
Lieber Theo,
wie schön, daß Dich die neue SACD schon heute erreichte! - bin gespannt, was Du nach dem Hören denkst / wie Du Dich danach fühlst ---
Habe natürlich mittlerweile Deinen wie immer begeisterten / begeisternden Gröhler-Lese-Bericht mit Vergnügen gelesen : immer wieder faszinierend, wie Du auf diese besondere Art des Schreibens dem Leser die Autoren zutiefst ans Herz legst ! - einmalig !! - genial !!! (dachte dabei übrigens, wie es wäre, wenn Du auf entsprechende Art mal Hör-Berichte schreiben würdest ... das wäre sicherlich lesenswerter als übliche Tonträger-Besprechungen in den einschlägigen Magazinen ...)
Wegen ungünstiger Wetterprognosen für die nächsten Tage am Necker haben wir unser geplante Radtour nun kurzfristig ins kommende Jahr verlegt, werden stattdessen u.a. nach Düsseldorf in die Ausstellungen Gerhard Richter (Kulturpalast), Yoko Ono (K20) und Lars Eidinger (K21) fahren und am Mittwoch - wenn es nochmals warm werden soll - den Rotwein-Wanderweg an der Ahr flanieren gehen.
Schönes Wochenende Dir Michael
Sa, 12. Oktober 2024, 12:27 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für die guten Worte zum Harald-Gröhler-Essay. Ich freue mich, daß du auch diese Fassung gelesen hast, denn sie ist insgesamt viel verdichteter als die vorherige. Ich habe den Essay gestern - ganz gegen meine Gewohnheit - auch noch einmal gelesen. Er ist u. a. voller Binnenreime, insofern ein Gedicht. (Es sind ja in der Tat lyrische Essays, die ich schreibe.) Es ist natürlich auch die Mischung, die es macht: Ohne die durchgehend eingestreuten analytischen Elemente wär das Ganze nix. Da kommt schon einiges zusammen. Und das kann ich in der Musik nicht leisten. Trotzdem schriebe ich über Hörerlebnisse, wenn ich mich dazu gedrängt fühlen würde. Aber das ist noch nie der Fall gewesen (außer daß ich gelegentlich in Essays darauf hingewiesen habe, welche Musik im Hintergrund während des Schreibens läuft.)
Gerhard Richters Bilder liebe ich : Wie oft habe ich vor dem Fenster im Kölner Dom gesessen ...
Euch also gute Zeiten hier und da und dort :
Theo
PS Die Musik ist faszinierend, wirkt tief in mich hinein, gerade geht es ganz bedächtig, leise zu.
So, 13. Oktober 2024, 01:06 Uhr
Lieber Theo,
mit dieser besonderen Form Deiner Essays hast Du sicherlich eine Dir besonders angemessene, eben poetische Art gefunden, Dein besonderes Leseglück den Lesern Deiner Texte zu vermitteln. Mir ging es jetzt mal wieder so: ich empfand ein überaus flüssiges Lesen ... und bemerkte erst im Nachhinein all die Binnenreime, die dieses flüssige Lesen wohl erst ermöglichten. Nochmaliges Kompliment ! (die Unterschiede zur ersten Fassung sind schon erheblich)
Als die Musik für Dich beim ersten Abhören der neuen CD "ganz bedächtig leise" wurde, warst Du vermutlich bei Kurtágs György Kroo in memoriam angekommen: ein wundersames Stück, welches einem das Gefühl vermittelt, als höre man erstmals in seinem Leben absteigende Skalen ... und das entrückt wie aus einer unbestimmten Ferne. - Ich liebe diese Miniatur; habe sie zigmal schon in Konzerten gespielt.
Gute Nacht nun Michael
So, 13. Oktober 2024, 09:20 Uhr
Lieber Michael,
nun hatte ich gestern tatsächlich - wieder einmal - eine Begegnung der besonderen Art mit der von dir im doppelten Sinne geschaffenen Musik. (Denn wir wollen nicht vergessen, daß es in der Vergangenheit schon zahlreiche Stunden gab, in denen deine Musik entscheidend auf mein lyrisches Tun eingewirkt hat, daß es Gedichte gibt, die sich mittelunmittelbar mit deiner Musik befassen.) Ich habe die CD, die immerhin 75 Minuten lang ist, zweimal (kurz hintereinander) gehört: Und beim zweiten Hören habe ich simultan die ins Englische übertragenen Gedichte von Rabindranath Tagore gelesen: Gathering Fruit, die 1916 in London erschienen sind. Es war dies ein wunder:volles wundersames Er:lebnis, das mich in einen rauschhaften Zustand versetzt hat. Beim letzten Gedicht und den letzten Klängen des zweiten Hörens angekommen, klingelte das Telefon, und ein befreundeter Autor, mit dem ich in den letzten 7/8 Jahren nur noch zweimal gesprochen habe, rief an, und bevor er überhaupt auch nur einmal zu Wort kam, waren 40 Minuten vergangen, so sehr geriet ich in einen Monolog zu dem, was ich in den 150 Minuten zuvor erlebt hatte.
Theo
So, 13. Oktober 2024, 10:33 Uhr
Lieber Theo,
bei mir klappt es immer weniger: das Lesen mit parallelem Hören (oder umgekehrt); die Musik rückt in den Hintergrund beim aufmerksamen Lesen, das geht nur bei Musik, die ich eigentlich in- & auswendig kenne. Sobald das Ohr beim Hören auf etwas aufregend Neues stößt, will sich alle Konzentration & Kontemplation auf die Töne richten, diese zutiefst geradezu inhallieren; dabei auch noch Lesen geht einfach nicht mehr. Selbst beim Schreiben (& Denken / denkendem Verfassen) stört ebenso umgekehrt die Musik im Hintergrund. Multi-Tasking … das mag ich vielleicht früher besser gekonnt haben …
Aber wie großartig, daß mein Spiel / meine Musik dazu beitragen konnte, Dich in einen rauschhaften Zustand zu versetzen. Schon dafür allein hat es sich gelohnt, dieses Programm einzuspielen!
Die neue CD ist in ihrer Abfolge der Stücke regelrecht komponiert: beziehungsreich gekoppelt um das geheime Zentrum / Achse des gesamten Programms: Bachs d-moll Sarabande. Nun bin ich gespannt, wie viele Käufer sie finden wird … immerhin haben sich auf meine Rundmail von gestern schon vier gemeldet, die ein signiertes Exemplar bestellt haben. (Um die Finanzierung mitzutragen, mußte ich 200 Exemplare der 1. Auflage zum normalen Preis kaufen … diese werden im Laufe der Zeit wohl eher als Geschenk verteilt … bei Dir habe ich damit angefangen)
Im Hintergrund läuft in WDR3 grad Beethovens 5. Klavierkonzert, richtig warnehmen tue ich es jetzt erst, wo ich diese Zeilen an Dich abschicken wollte … / tja, so ein Stück eben, welches ich mehr als in- & auswendig kenne
Michael
So, 13. Oktober 2024, 11:02 Uhr
Lieber Michael,
ich kann gut nachvollziehen, was du zum Simultanperzipieren schreibst. Grundsätzlich geht es mir ähnlich.
Gestern dann die wunderbare Ausnahme : Ich wollte unbedingt beides (hatte die CD da ja auch schon einmal gehört), und das war dann tatsächlich möglich.
Wobei das Ganze intervallartig ablief: Mal stand die Musik im Vordergrund, mal die Lyrik. Immer wieder habe ich die Lektüre unterbrochen, um mich voll auf die Musik zu konzentrieren, die mich für sich einnahm. Anschließend habe ich das entsprechende Gedicht erneut gelesen, bisweilen sogar ein drittes Mal.
Möglich war das Erlebnis aus mehreren Gründen: Da war zum einen der unbedingte Wille, das so zu erleben. Zum anderen ist da "die beziehungsreiche Koppelung der Komposition um das geheime Zentrum", die die ganze CD zu dem macht, was man früher vielleicht Gesamtkunstwerk genannt hätte. Gleiches gilt für das Gedichtbuch: Gathering Fruits ist ein Zyklus von 124 Seiten - alle Gedichte sind aufeinander bezogen (übrigens stark von buddhistischer Mystik geprägt), immer wieder auch erzählend.
Beim Gang durch die Wälder habe ich Birgit eben vom gestrigen Tag vorgeschwärmt - von 9 bis 17 Uhr ging das ohne Unterbrechung (sie war gestern den ganzen Tag unterwegs).
Theo
Do, 17. Oktober 2024, 23:11 Uhr
Lieber Theo,
die Yoko-Ono-Ausstellung, die wir heute (zusammen mit unserer Tochter) im K20 in Düsseldorf besuchten, hinterließ wohl bei uns dreien den nachhaltigsten Eindruck, war dort doch sehr viel von ihren poetischen künstlerischen Anfängen zu sehen, vor ihrer Zeit mit John Lennon. Vor allem der Ansatz, Anleitungen zum Kunst-Machen / -Erleben (wie beispielsweise im Projekt Grapefruit) für jeden zu geben, gefielen mir außerordentlich ! - Natürlich auch faszinierend, was sie alles mit La Monte Young, John Cage und anderen der Fluxusbewegung an Aktionen an verschiedensten Orten der Welt realisierte & präsentierte. - Irgendwie muß sie eine ähnlich integrative & inspirierende Persönlichkeit wie in Köln seinerzeit Mary Bauermeister gewesen sein.
Wohingegen die Fotoausstellung mit Arbeiten von Lars Eidinger im K21 nicht in allem ganz das einlöste, was uns von den Presseberichten her dorthin gelockt hatte ... Aber - wie erwartet - die Gerhard Richter Bilder aus Privatsammlungen im Kunstpalast eine Wucht ... und allerbestens präsentiert.
Ach, solch ein Tag wie heute tut einfach gut : mal all den derzeitigen Irrsinn auf dem Globus ausblenden und nur dort sein, wo man doch eigentlich seine innere Heimat hat.
Auch die gestrige Wanderung im Ahrtal bei so warm-sonnigem Wetter hat uns wirklich gut getan. Das Farbenfest des Herbstes beim Weinlaub war allerdings noch nicht ganz so prächtig, wie wir es vom letzten Jahr dort in Erinnerung hatten, obwohl wir fast zum gleichem Datum nun wieder dort unterwegs waren.
Fotographische Impressionen von den heutigen Museumsbesuchen hänge ich Dir mal an
Michael
Fr, 18. Oktober 2024, 09:19 Uhr
Lieber Michael,
das klingt, als sei es wahrhaft berauschend gewesen. Ich freue mich, daß ich mich immer mit anderen Menschen mitfreuen kann, wenn sie mir von solchen Erlebnissen berichten. Zum Glück habe ich auch schon lange nicht mehr den Wunsch, dabei gewesen sein zu wollen.
Derweil war ich mit banaleren Dingen befaßt (das rauschhafte Lesen wurde dadurch zum Glück nicht beeinträchtigt, das wurde in den Nächten nachgeholt) : Das 11 Jahre alte Auto mußte zum TÜV. Mit dem 72jährigen befreundeten KFZ-Mechaniker im Nachbardorf habe ich Bremsscheiben und Beläge erneuert, neue Reifen montiert (erstmals Ganzjahresreifen, die ich im Internet bestellt hatte und vor zwei Wochen bei einem Bekannten des Freundes aufziehen ließ), den Unterboden gewachst, den Auspuff mit Antirostspray und Roststellen behandelt sowie ein paar fehlende Schrauben an der vorderen und hinteren Stoßstange ersetzt. Mir fiel dann noch ein (der Freund war schon ins Haus gegangen), Kühl-, Brems- und Scheibenwischerflüssigkeit sowie den Ölstand zu prüfen: alles okay. Abschließend habe ich die Karosserie gesäubert und gewachst. Ein anderer KFZ-Mechaniker hat eine Fehlermeldung auf dem Display ausgelesen und gelöscht. Der TÜV hatte - bis auf eine Kleinigkeit, die ich im Auge behalten muß - nichts auszusetzen und lobte den guten Zustand des Fahrzeugs. Ich war wahnsinnig angespannt während dieser Minuten, mußte auf der Rückfahrt von Schleiden nach Sistig dreimal anhalten, um mich zu beruhigen.
Aber nach zwei Tagen Arbeit: Ende gut, alles gut. Auch hinter dieses Kapitel kann ich einen Haken setzen. Bis zum nächsten Mal ...
Ein ungewöhnlich arbeitsreiches Jahr neigt sich dem Ende zu. Aber die großen Dinge sind geschafft, und ich hoffe auf eine etwas 'ruhigere' Zeit - zumindest was die Arbeit angeht. Ansonsten gilt der Psalm : Unruhig ist unser Herz, bis es ruhet in Dir.
Das Farbenfest findet in diesem Jahr wegen des vielen Regens später statt. Aber es sieht schon stark aus im Garten, manches wirkt wie ein surrealistisches Gemälde.
Zwei Minuten nach Bekanntgabe des Namens der Nobelpreisträgerin für Literatur habe ich mir Han Kangs Roman Die Vegetarierin bestellt, nicht ahnend, daß dies ihr bislang größter Erfolg ist. Gleichzeitig habe ich beschlossen, die Leseliste der Nobelpreisträger in den kommenden Monaten vollständig abzuarbeiten (von etwa 100 habe ich Bücher gelesen). Auf diese Weise tauche ich wieder einmal tief ins frühe 20. Jahrhundert ein. Von Tagore schrieb ich dir ja schon im Zusammenhang mit deiner CD. Deine Musik und Tagores Gedichte werde ich deshalb immer zusammendenken.
Theo
Fr, 18. Oktober 2024, 11:19 Uhr
Lieber Theo,
Du scheinst in handwerklich praktischer Hinsicht wesentlich begabter als ich zu sein. Ich wäre & war niemals in der Lage, mein Auto selbst so für den TÜV vorzubereiten. Erinnere mich, daß ich ähnlich nervös war, wenn ich früher das Auto zur Prüfung vorfuhr; seit Jahren lasse ich das meine Werkstatt erledigen, die können dann auch gleich das Angemahnte beheben. Gut, das ist ein bißchen kostspieliger, aber erspart mir inneren Streß.
Da habe ich in den vergangenen Jahren so viele koreanische Studenten & Studentinnen gehabt, kenne aber kaum die Literatur des Landes. Wenn ich es richtig sehe, habe ich kein einzigen Autor in meiner Bibliothek, dafür eine ganze Menge japanische und chinesische. (Wobei: mir fällt gerade ein, daß ja Byung Chul Han, dessen philosophische Abhandlung „Vita contemplativa“ ich mit Begeisterung gelesen habe, Koreaner ist, der aber schon viele Jahre in Deutschland lebt und lehrt.) Aber ich freue mich, daß mit Han Kang nun eine koreanische Autorin den Literaturnobelpreis bekam. Bin auf Deinen ersten Leseeindruck gespannt …
Michael
Fr, 18. Oktober 2024, 12:11 Uhr
Lieber Michael,
ich weiß aktuell von meiner Tochter, wieviel kostspieliger die Autowerkstatt ist. Der Unterschied zwischen dem, was ich ausgebe und was sie für Rechnungen zu begleichen hat, ist geradezu astronomisch. (Beim Stundenlohn kannst du vom Zehnfachen ausgehen.) Dabei ist ihr Auto noch fast neu, es geht also lediglich um Inspektionen, keine Reparaturen oder Ersatzteile usw. Ich habe halt die Einstellung, daß ich nicht unnötig Geld für Dinge ausgeben will, die ich selber machen kann. Trotzdem kann ich deiner Einstellung viel abgewinnen: Keinen Streß zu haben ist viel wert! Dieses Anwesen mit allem Drum und Dran in Schuß zu halten ist eine Vollzeittätigkeit. Auch gestern und heute - Tagen, an denen ich mal nichts draußen tun wollte - habe ich wieder mehrere Stunden lang im Garten gearbeitet. Na ja, gesund ist das allemal ...
Han Kangs Roman Die Vegetarierin hat Novellencharakter; es sind gleichsam drei Novellen - mit ein und derselben Hauptperson -, die zu einem Roman gefügt wurden. Eine in der Tat unerhörte Geschichte, die da in drei Schritten entfaltet wird. Bei Übersetzungen aus nicht-indoeuropäischen Sprachen habe ich als Leser ja keine Chance, zu wissen, wie die Sprache des Originals gestaltet ist. Deshalb lese ich grundsätzlich nicht gern übersetzte Bücher. Aber was will man machen ... Immerhin bekommt man starke Einblicke in Kulturen, die mir ansonsten ganz fremd bleiben würden. Ich bin froh, daß ich Bücher aus mehr als 80 Ländern gelesen habe. Darunter, wie ich gerade mal gezählt habe, nun genau 10 aus Korea.
Theo
Fr, 18. Oktober 2024, 15:25 Uhr
… da ja auch Handwerker und Betriebe etwas verdienen wollen / müssen, bin ich gerne bereit, auch etwas dafür zu zahlen, lieber Theo. Aber natürlich spare auch ich, wo es geht, wo ich mir selber helfen kann. Und dazu gehört natürlich auch Gartenarbeit (wenn nicht mal wieder der Schnitt unseres das Grundstück überspannenden Kirschbaums ansteht, was ohne entsprechende Hilfsmittel kaum selbst zu bewerkstelligen ist); und natürlich ist diese Arbeit an der frischen Luft sicherlich auch gesund.
Daß ich schon so zügig Deinen Lese-Eindruck bekomme, sollte mich ja eigentlich nicht wundern, weiß ich doch, mit welcher Neugierde Du frisch erworbene Bücher zügig liest. Also: herzlichen Dank!
Michael
Sa, 19. Oktober 2024, 10:42 Uhr
Lieber Michael,
ja, tauschen wir uns einmal über Ausgaben aus: Ich bin immer sehr gern bereit gewesen, Dinge und Dienstleistungen entsprechend zu honorieren - vorausgesetzt, das Preisleistungsverhältnis stimmt zumindest einigermaßen. Ich fühle mich extrem unwohl, wenn ich mich ausgebeutet fühle, wenn ich spüre, daß ich nicht mehr als Geschäftspartner oder Kunde angesehen werde, sondern als Opfer, das es auszubeuten, wenn nicht gar auszurauben gilt. Das ist im Automobilsektor ganz besonders der Fall. Vor allem Vertragswerkstätten sind seit langem an die geradezu ungeheuerlichen Vorgaben der Konzerne gebunden. Ich nenne als Beispiel die drei- bzw. fünfjährige Garantie bei Neuwagen, die nur dann greift, wenn der Käufer die jährliche - extrem überteuerte - Inspektion bei dieser Werkstatt vornehmen läßt. Wir haben stets Neuwagen gekauft, auf die Garantie habe ich immer verzichtet.
Ich habe mir lebenslang ein Netzwerk aufgebaut (was auf dem Lande wohl etwas einfacher ist als in der Stadt), das fast alle Eventualitäten auffängt, wenn etwas zu erneuern oder zu reparieren ist. Vor allem aber, du weißt es, versuche ich, alles, was möglich ist, selbst in die Hand zu nehmen. In diesem Jahr habe ich für den Hausanstrich, die Erneuerung der Dachrinne sowie die Autoreparaturen vor dem TÜV statt 15.000,- € insgesamt 3.900,- € ausgegeben. Mehrere Handwerker und Dachdeckerbetrieb haben dabei selbstverständlich den Schnitt gemacht, den sie sich gewünscht haben. Ich zahle in diesen Fällen sehr gern das, was gefordert wird.
Schließlich möchte ich auch noch erwähnen, daß zum Netzwerk natürlich auch diejenigen gehören, mit denen ich im Austausch unserer Arbeitskräfte ohne Entgelt tätig werde. Zudem helfe ich stets gern ohne Gegenleistung, wann immer ich gefragt werde oder von mir aus erkenne, daß Hilfe vonnöten ist. So schneide ich beispielsweise bei mehreren Familien alljährlich die Obstbäume zurück. Oder ich erteile Privatstunden in Deutsch, ohne daß ich etwas dafür nehme. Im vergangenen Jahr habe ich angefangen, Dinge, die ich nicht mehr brauche, an junge Nachbarn zu verschenken: 50-m-Kabelrolle, 50-m-Schlauch mit Wagen, Vorschlaghammer, Dübel, Schrauben, Nägel im 100er-Pack u. a. m. Das könnte ich alles locker über Kleinanzeigen verkaufen, aber es macht mir Freude, Dinge einfach so weiterzugeben.
In erster Linie jedoch gilt der Ausspruch Friedrich des Großen: In meinem Staate kann jeder nach seiner Façon selig werden. Solange man über genügend finanzielle Mittel verfügt, die allfälligen Rechnungen zu begleichen, ist es doch gut. Wie heißt es im Rheinland so schön : Jede Jeck es anders, jeder es anders jeck, und jet jeck sin mir all.
Alaaf :
Theo
Sa, 19. Oktober 2024, 12:05 Uhr
Lieber Theo,
früher sagte man: Pferde- & Geigenhändler sind Ganoven & Halsabschneider; den Pferdehändler hat der Autohändler abgelöst … wobei: ich muß sagen, in meinem aktuellen Fall war es anders. Der Skoda-Händler hier in Bonn hätte für das gleiche Modell ca. 23.000 Euro verlangt, was ich nun in Aachen mit einem Preisnachlaß von rund 4.500 Euro erhielt. Zwar wollte man mir dort auch einen Service-Vertrag (incl. Versicherung) andienen. – Für anstehende Inspektionen fahre ich aber natürlich nicht nach Aachen.
Was Du schreibst sehe ich exakt so: oft genug hat man das Gefühl, nur ausgeraubt zu werden, das gilt insbesondere für Dienstleistungen, denen man nicht ausweichen kann, wie etwa dem Schornsteinfeger, der ist heutzutage keine fünf Minuten im Haus … und kassiert dafür rund 70 Euro! Eine Unverschämtheit! – so schnell möchte ich auch mal mein Geld verdienen.
Auch ich habe viele Aufgaben ehrenamtlich übernommen, investiere sogar privates Geld dabei, wie etwa bei den von mir betreuten Ausstellungen in der gkg-Bonn oder auch als stellvertretender Vorsitzender der Bernd-Alois-Zimmermann-Gesellschaft. Zudem betreue ich für die BAZG und auch andere Freunde deren Websites unentgeltlich. Ja, solange man sich das leisten kann, mag ich keine großen Worte darüber verlieren. Das Verschenken von Büchern (z.B. Deine) und CDs macht mir stets Freude!
Solch ein dörfliches Netzwerk ist sicherlich Gold wert, und wohl in einer Stadt wesentlich schwieriger aufzubauen. Der menschliche Faktor der gegenseitigen Hilfe ist nicht zu unterschätzen. Bei uns beschränkt es sich im Wesentlichen auf musikalische Unterstützung der Nachbarskinder … und bei Martella nun auch noch die Lesehilfe in einer nahegelegenen Grundschule.
Gestern bedankte sich Georg Oswald Cott bei mir für die Zusendung des neuen Albums mit einem Buch, welches er schon 1985 schrieb: das Hörspiel „Gargantuas Käfig“. (Radio Bremen hat das seinerzeit produziert.) Es war abends schnell gelesen … und eröffnete mir eine noch unbekannte Facette des Cottschen Schreibens: eine nachdenklich vergnügliche Farce auf den Kontrollwahn und die Überwachungsmaschinerie. Eigentlich gerade heute aktuell. Der errichtete Käfig wird zu einem geistigen.
Michael
Sa, 19. Oktober 2024, 22:52 Uhr
Lieber Theo,
ich vergaß zu erwähnen, daß ich gestern nach Mitternacht im ZDF noch eine Sondersendung des Literarischen Quartetts mit Thea Dorn sah, welche ich ganz beachtlich fand: geladen waren diesmal junge Menschen, die "ihre" Buchempfehlungen vorstellten. (Anlaß natürlich auch die aktuelle Buchmesse in Frankfurt) Die drei jungen Damen haben mich beeindruckt in ihrer durchaus differenziert formulierten Leseerfahrungen und wie sie sich im Diskurs verhielten. - Das macht Hoffnung für die Zukunft des Lesens ... nur schade, daß solche Sendungen zu einem Zeitpunkt gesendet werden, wo die meisten längst schlafen! Aber immerhin, man kann es noch einige Zeit in der Mediathek nachsehen: https://www.zdf.de/kultur/das-literarische-quartett/das-literarische-quartett-spezial-u21-vom-19-oktober-2024-100.html. ... vielleicht interessiert's ja auch Dich
Michael
So, 27. Oktober 2024, 17:00 Uhr
Lieber Theo, einen kurzen Gruß von der Mathildenhöhe in
Darmstadt mit Gabriele Wohmann und Karl Krolow, deren Portrait / Büste wir in
der aktuellen Ausstellung dort sahen.
Mi, 30. Oktober 2024, 10:01 Uhr
Lieber Michael,
Do, 31. Oktober 2024, 10:30 Uhr
Lieber Theo,
die Liste derjenigen Autoren, die den Büchner- oder auch Literatur-Nobelpreis erstaunlicherweise nicht bekamen, könnten wir vermiutlich durch viele weitere Namen ergänzen …
Nach der letzten Reise nach Darmstadt endet nun die Zeit des ständigen Unterwegsseins. Übrigens waren wir nun erstmals auf der Mathildenhöhe, die ja vor drei Jahren zum Welterbe hinzukam. Ein wirklich bemerkenswerter Komplex Jugendstilarchitektur. Und zu unserem Glück an jenem Tag mit strahlend blauem Himmel. In der Ausstellungshalle fanden wir auch einige frühere Arbeiten von Annegret Soltau, die 1986/87 gleichzeitig mit mir in der Villa Massimo lebte & arbeitete. Überhaupt war mir nicht bewußt, wie viel die Künste in Darmstadt verankert waren. Ich verbinde als Musiker natürlich zunächst die dortigen (seit 1946 stattfindenden) Internationalen Ferienkurse für Neue Musik, bei denen ich in den siebziger Jahren zweimal teilnahm. Es gibt die Kurse bis heute, aber sie haben sehr an Bedeutung verloren. Die abendliche szenische Interpretation und Kopplung von Zimmermanns „Requiem für einen jungen Dichter“ mit „Rothko-Chapel“ von Feldman im Staatstheater konnte uns nicht uneingeschränkt überzeugen. Kennst Du zufällig diese beiden großartigen (eigentlich konzertanten) Werke? – Den Feldman hörte ich (obwohl ich die Musik in- & auswendig kenne) erstmals live, wegen der ungewöhnlichen Besetzung wird das relativ selten gespielt.
Mittlerweile verschickte ich ein paar Rezensionsexemplare an relevante Adressen .. und bin nun gespannt, ob überhaupt jemand mein neues Album besprechen wird …
Michael
Do, 31. Oktober 2024, 11:37 Uhr
Lieber Michael,
ich ergänze die Liste um einen Namen, hinter dem sich das große Werk verbirgt, das wir beide so schätzen: Paul Celan. Er wurde etliche Mal für den Nobelpreis nominiert, wahrscheinlich wäre es nur eine Frage der Zeit gewesen, zumal er 1969 gleich viermal vorgeschlagen wurde: https://www.nobelprize.org/nomination/archive/show_people.php?id=13199
Hätte der Nobelpreis 1969 ihn retten können? Das kann niemand wissen ...
Die beiden Werke kenne ich nicht.
Theo
Do, 31. Oktober 2024, 14:54 Uhr
... es ist immer besser man wundert sich, daß jemand einen Preis nicht bekam, als man wunderte sich, daß er ihn bekam. Lieber Theo, natürlich kann man nur spekulieren, was wäre wenn ... nun, vielleicht hat das Komitee 1969 gedacht, Celan sei ja noch relativ jung und später entsprechend zu würdigen; wer konnte ahnen, daß er sich ein Jahr später das Leben nahm. Anders der Fall Jorge Luis Borges (ebenfalls ein überaus berechtigter Kandidat): er wurde immerhin 86 Jahre alt, und trotzdem hat man ihn umgangen ... Ja: die Welt kann so ungerecht sein ! ( immerhin wurde im Jahr 2000 ein Asteroid mit seinem Namen getauft ... so leuchtet er auf diese Art ... und Celan leuchtet uns beiden ebenfalls auf eine ganz besondere & uns verbindende Art )
Michael Fr, 1. November 2024, 11:10 Uhr
Lieber Theo,
eben hörte ich im WDR 3 dieses zum heutigen Tag passende Schubert Lied: https://www.youtube.com/watch?v=l2LDLMJamWU
Matthias Goerne singt das einfach atemberaubend innig und entrückt. Man bekommt wirklich Gänsehaut beim Zuhören. Ich konnte vor Rührunung meine Tränen beim Lauschen nicht unterdrücken ...
Nur dies am heutigen Allerseelentag Michael
Fr, 1. November 2024, 12:01 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für den Hinweis. Ich bin ergriffen - am Tage Allerheiligen.
Theo
Sa, 2. November 2024, 10:32 Uhr
... da bin ich gestern dem WDR auf den Leim gegangen, der an Allerheiligen das Allerseelen-Lied von Schubert sendete ... Aber, lieber Theo, schon seit meiner Kindheit habe ich beide Tage selber oft miteinander verwechselt.
Mo, 11. November 2024, 13:32 Uhr
Ich las es schon heutefrüh im Bonner GA, lieber Theo: Ein von uns beiden geschätzter Autor ist gestorben: Jürgen Becker. Ich schätzte ihn zudem für seine völlig uneitle und stets zugewandt menschliche Art. Unten der Nachruf in der FAZ, den ich gerade las. Michael
[FAZ-Nachruf Jürgen Becker: „Sucht nach einer Tüte voll Paradies“]
Mo, 11. November 2024, 15:30 Uhr
Lieber Michael,
Mi, 13. November 2024, 23:28 Uhr
Ja, lieber Theo, auch ich denke, in früheren Zeiten war Gevatter Tod ein selbstverständlicher Lebens-Beigleiter. Erst in unseren Zeiten der Selbstoptimierung & der menschlichen Hybris, zu glauben, der Natur ein Schnippchen schlagen zu können, wird der Gedanke an den Tod so weit wie möglich verdrängt; er paßt nicht so recht in die Welt ausgelassener (Selbst-)Täuschungen & blindem Fortschrittswahn.
Jürgen Becker durfte nun in Ruhe & Würde abtreten von der Bühne, die eben doch nicht allein die Welt bedeutet ... und ja: in unseren Seelen & Gedanken bleibt er unsterblich !!!
Ich beschäftige mich nicht täglich mit dem Tod (auch wenn ich seit Jahrem so lebe, als könne er mich auch ganz unerwartet morgen abholen); aber in den vergangenen Tagen wurde ich auf schon etwas schmerzliche Art wieder einmal an ihn erinnert. Erst durch eine zunächst sehr irritierende Mail meines langjährigen Komponistenfreundes Denys Bouliane, mit dem ich vor Jahren gemeinsam für drei Jahre die Geschicke der KGNM (Kölner Gesellschaft für Neue Musik) als Vorstand lenkte, bevor er wieder in seine Heimat Kanada zog, als Professor an der McGill-University in Montreal, erfuhr ich, daß seine Frau (ebenfalls eine gute Freundin schon aus gemeinsamer Studienzeit, und eine ausgezeichnete Sängerin, die auch einiges von mir sang) vor etwa zwei Jahren an ALS erkrankte. Mittlerweile ist ihr Zustand so, daß sie (wie der Physiker Stephen Hawking) nur noch computergestützt kommunizieren kann. Bemerkenswerterweise hat sie ihr dramatisches Schicksal so angenommen, daß sie sogar ihr "Sterben in Zeitlupe" öffentlich kommuniziert. Ich sah Videos aus der letzten Zeit, die einen schon heftig erschrecken lassen, wie rasend schnell der unaufhaltsame Verfall ihrer äußeren Hülle zusetzt ... aber offensichtlich mental für sie selbst wie eine Befreiung empfunden wird.
Mir war alles Anlaß, an frühere so unbeschwerliche gemeinsame Zeiten mit beiden zu denken, z.B. an so viele ausgelassene Feiern in Porz, wo sie damals lebten, aber auch an vier Wochen in der Nähe von Montreal, wo sie bis heute direkt am Lorenzstrom-Kanal ein Haus haben, und von wo aus wir in den Norden nach Domain Forget fuhren, um einen zweiwöchigen Sommerkurs für kanadische Studenten zu gestalten. (Habe zig Bilder von der Reise damals nun mal wieder angesehen). All das wird bleiben.
Und das Leben geht ohnehin immer weiter, auch in diesem Moment (... ggf auch ohne uns) Michael
Do, 14. November 2024, 08:34 Uhr
Lieber Michael,
ich danke für diese ausführliche E-Mail, in der du mich am Schicksal von Menschen teilhaben läßt, die dir viel bedeuten.
Hans Georg Schwark hat mir auch viel bedeutet. Er ist in der Nacht von Sonntag auf Montag im Alter von 91 Jahren gestorben. Wenige Tage zuvor haben wir noch korrespondiert. Bis zum letzten Tag seines Lebens hat er gelesen - den ganzen Tag. Aber die körperlichen Gebrechen waren von der Art, daß er wohl aus dem Badezimmer kommend im Flur niedergesunken ist und augenblicklich tot war.
Hans Georg war der einzig verbliebene Freund aus früheren Jahren (wir kannten uns seit 1991), mit dem ich noch mehr oder weniger regelmäßig korrespondierte und gelegentlich telefonierte. Die Jahre 2017 bis 2019 waren unsere intensivsten gemeinsamen Jahre. Ich habe dir gelegentlich davon berichtet. Zuletzt gesehen haben wir uns vor 5 Jahren: im November 2019.
Theo
Do, 14. November 2024, 10:52 Uhr
Lieber Theo,
daß nun auch Hans Georg Schwark gestorben ist, berührt auch mich, habe ich ihn doch immer als feinen Menschen erlebt bei meinen Besuchen bei Hans Bender in der Kölner Taubengasse. Du schriebst mir ja schon einmal, daß er einer der wenigen wichtigen Freunde für Dich war. Es war für ihn sicherlich ein Geschenk, auf solch unspektakläre Art einfach davonzugehen, und das in offensichtlich guter geistiger Verfassung, wenn ihr beide doch bis zum Schluß miteinander korrespondiert habt. Über seinen Tod wird man wohl nichts in der Presse erfahren. Ich traf ihn letztmalig bei einer Gedenkfeier für Hans Bender.
Vielleicht paßt in disem Moment ein Lied von Gustav Mahler, welches Ingrid, von deren Schicksal ich Dir nun schrieb, vor Jahren aufnahm: „ich bin der Welt abhanden gekommen“: https://www.youtube.com/watch?v=Y7bAn6xMqFM
Michael
Do, 14. November 2024, 11:19 Uhr
Lieber Michael,
während ich das Lied von Gustav Mahler in besonderem Gedenken an Hans Georg Schwark höre (und mich insgesamt stark mit dem Gehörten identifiziere), klingelt es. Es kann nur der Postbote sein. Und er ist es. Seit einigen Tagen habe ich auf das Buch gewartet: Friederike Mayröckers Gesammelte Gedichte 2004 - 2021. (Das Buch schließt unmittelbar an an Gesammelte Gedichte 1946 - 2004.) Im neuen Buch werde ich auch Gedichte finden, die bislang noch nicht veröffentlicht wurden. Ich freue mich, du kannst es dir vorstellen, sehr auf die Lektüre.
Nun höre ich das Lied zum zweiten Mal. (Vielen Dank für den Hinweis.)
Theo
Do, 21. November 2024, 14:18 Uhr
[FAZ-Artikel: Heilige Einfahrt! - Monika Rinck widmet sich in ihrem neuen Gedichtband „Höllenfahrt & Entenstaat“ höchst unterhaltsam unserer mobilen Gegenwart.]
Do, 21. November 2024, 16:31 Uhr
Lieber Michael,
Fr, 29. November 2024, 22:38 Uhr
Lieber Theo,
ich schrieb Dir noch nicht, wie ich über Deinen kurzen knappen Kommentar zur Buchbesprechung von Monika Rincks "Höllenfahrt" schmunzeln mußte ... Aber das ist gar nicht der Grund, weswegen ich Dir nun schreibe.
Heute trafen wir uns von der Gesellschaft für den Dialog von Kunst und Kirche, die sich vor drei Jahren aus Anlaß des damals noch bevorstehenden 90. Geb. von Herbert Falken gründete, zur Mitgliederversammlung in Langenbroich in seinem dortigen Atelier, das immer noch so aussieht, als habe er es gerafe erst verlassen ... schon seit über sieben Jahren befindet es sich in diesem Zustand (Herbert mußte es ja verlassen, als er aus Altersgründen in ein Heim im Zentrum von Düren ziehen mußte). Nun haben wir überlegt, wie der ganze Komplex (mit kleiner ungenutzter Kapelle) auf Dauer wieder mit Leben gefüllt werden könnte. Idealerweise natürlich ähnlich wie das um die Ecke liegende Heinrich-Böll-Haus, wo seit über 30 Jahren Künstler mit Stipendien unterkommen. So war es naheliegend (im doppelten Sinne) heute auch einmal dorthin zu gehen, wo für die Mitglieder des Böllhaus-Fördervereins und unsere Gesellschaft auch ein kleiner aber bemerkenswerter Vortrag über die Freundschaft von Böll und Falken (der ihn als Priester ja 1985 auch beerdigt hat) gehalten wurde. Für mich war es natürlich ein ganz besonderes Erlebnis, nun einmal in das Haus zu kommen, welches ich bisher nur von der Toreinfahrt kennenlernte, als ich bei einem der Besuche Herbert Falkens vor vielen Jahren mit ihm mal bei einem Spaziergang im Dorf dort vorbeikam. Bei dem Vortrag erfuhr ich auch, daß dort u.a. auch Dieter Kühn zu den wohl öfter Böll Besuchenden gehörte. - Und so dachte ich auch an Dich mit der Frage, ob Du möglicherweise doch auch noch zu Lebzeiten von Böll mal gewesen bist, oder es auch später mal besucht hast. - das liegt ja gar nicht so weit von Sistig entfernt - Als (auch politischen) Schriftsteller habe ich schon in meiner Jugend Böll stets irgendwie mehr geschätzt als Grass ... vielleicht auch, weil er mir in nicht Wenigem in der Symbiose aus Katholik (der aber aus der Kirche austrat) und typischem Rheinländer viel gemeinsam zu haben schien mit Bernd Alois Zimmermann (der mir ja schon als 14/15-Jähriger ein kompositorisches Vorbild wurde) ...
Es war jedenfall für mich heute ein sehr besonderer Tag, nicht zuletzt eben auch, weil ich heute nach vielen Jahren mal wieder in das Falkensche Lebens- & Wirkungsumfeld eintauchen konnte. Die Freundschaft mit ihm hat mir von Anfang an sehr viel bedeutet!
Michael
Sa, 30. November 2024, 09:22 Uhr
Lieber Michael,
in Aus dem Hinterland findest du einen etwas ausführlicheren Kommentar zu einem Gedichtbuch von Monika Rinck, die ich als Autorin schätze. Sie hat in der Vergangenheit originelle Gedichte geschrieben. Und wenn mir mal wieder eins ihrer neueren Bücher vor die Füße fällt, so werde ich es selbstverständlich lesen.
Ich bin in diesen Zeiten allerdings dermaßen in die Lektüre der Bücher der Nobelpreisträger vertieft (und somit auf einer Raum- und Zeitreise, die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts beginnt), daß ich mich kaum mit anderem befasse. Zur Zeit lese ich Theodor Mommsens Römische Geschichte ....
Das Werk Heinrich Bölls habe ich genauso vollständig gelesen wie das von Günter Grass. Beide Werke sind mir gleich wichtig und gleich nah.
Von Sistig nach Langenbroich sind es 41 Kilometer - eine Himmelfahrt. Zudem eine unangenehme Strecke mit endlosen Kurven, Serpentinen usw., die ich von Fahrten nach Untermaubach, das nicht weit von Langenbroich entfernt liegt, kenne. Nein, in Langenbroich bin ich nie gewesen.
Ich freue mich, daß du einen so guten Tag dort verbringen konntest.
Theo So, 1. Dezember 2024, 11:50 Uhr
Lieber Theo,
Monika Rinck ist - wie ich sah - ja mehrfach im "Hinterland" erwähnt. Überhaupt ist Dein Buch ja Inspirationsquelle, sich im fast unübersehbaren Lyrik-Büchermarkt weiter umzusehen (hineinzulesen), da Du dort ja auch ganz abseitige Kleinverlage mitberücksichtigt hast.
Dein erneutes Lese-Großprojekt "Nobelpreisträger" wird sich - so könnte ich mir denken - möglicherweise auch wieder in einen eigenen umfangreichen Text niderschlagen; oder?
Ich habe angefangen, mir Gedanken zu machen, wie ich meinen 70. Geburtstag feiern möchte. Es wird - wie schon zu meinem 60. - ein Konzert in der Trinitatiskirche hier in Endenich geben, diesmal nur nicht als "Überraschungskonzert" von einem eh. Schüler organisiert, sondern diesmal lade ich dazu ein: Freunde, Bekannte & alle Musikliebhaber (natürlich mit anschließendem Umtrunk). Und diesmal findet das Konzert nicht einen Monat zu früh, sondern exakt am 25.4. statt. Meine erste Idee war, mir endlich einmal eine erste Gesamtaufführung der "Schönsten Lieder" zu gönnen; aber nun hat sich herausgestellt, daß vor allem die beiden von mir dafür bevorzugten Sänger in der Zeit bei anderen Projekten eingebunden sind. Nun ist der Plan, meine "letzten Klänge" zusammenzutragen, also die opp. 119 - 122. Da wären dann auch die beiden Stücke dabei, bei denen u.a. Deine Worte als Motto voranstehen ... NIcht nur deswegen: für mich wäre es ein ganz besonderes Geschenk, wenn Du es einrichten könntest / würdest, am 25. April dabeizusein! - zumal nun der Sommer schon wieder verstrichen ist, ohne daß wir uns mal trafen -
Wie ich erfuhr, wird es 2025 dann zudem vielleicht eine erste öffentliche Auff. (mit Projektionen von Falken-"Gitterköpfen" & Tanz) des wirklich allerletzten Stückes SLAM-X2 op. 123 in der Schweiz geben. Das wäre für mich in der Tat auch ein ganz besonderes Geschenk ... Ich hoffe sehr darauf!
Draußen scheint schon die Sonne zum 1. Advent Michael
PS gerade hochgeladen (noch nicht öffentlich) der Mitschnitt aus Braunscweig von unserer Auff. des herrlichen Bruckner Streichquintetts: https://youtu.be/N2ykoyV8Uak ... vielleicht hast Du Freude dran.
Mo, 2. Dezember 2024, 14:04 Uhr
Lieber Michael,
vielen, vielen Dank für das in der Tat grandiose - immer wieder auch mit wunderbarer Leichtigkeit daherkommende - Streichquartett, das ich soeben zu Ende gehört habe. Bruckner hat ja stets polarisiert. Ich gehöre zur Gruppe der großen Verehrer.
Seit gestern lese ich Swetlana Alexijewitschs Buch Der Krieg hat kein weibliches Gesicht. Ob zu diesem Lektüreprojekt etwas schreibe, kann ich mir heute kaum vorstellen. Es ist nie meine Denkweise gewesen, daß Lektüre gleichsam reflexiv zum Schreiben führt. Zum Glück ist dies oft der Fall gewesen. Aber viel öfter auch nicht. Dieses Projekt ist jedenfalls unglaublich bereichernd, und ich bin froh, daß ich noch einige Zeit damit befaßt sein werde. Da warten noch etliche große Romane und fulminante Gedichtbücher. Nicht zu vergessen die Dramen sowie die philosophischen Bücher von Bergson, Eucken und Russell (von dem ich mit 17 ein Buch in deutscher Übertragung las).
Der 70. Geburtstag wirft also bereits Schatten voraus. Wie es zu dir paßt, solche Gelegenheiten zum Feiern zu nutzen, so wenig paßt es zu mir, mich an diesen Festen zu beteiligen. Es ist einfach nicht mein Ding. Selbst an der Goldhochzeit des älteren Bruders im vergangenen Jahr habe ich nicht teilgenommen. Die einzigen Ausnahmen, was Festivitäten angeht, die ich mir noch vorstellen kann, sind die Kommunionfeste der beiden Enkelinnen, von denen das erste im kommenden Mai ansteht. (Aber auch die werden - zu meinem Glück - eher im kleinen Kreis gefeiert.) Ich persönlich bin am eigenen Geburtstag am liebsten allein. Ich erinnere mich gern an das Jahr 2016, als ich den ganzen Tag über allein mit einem Buch war.
Und nicht nur Feste sind nicht mein Ding. Auch die persönliche Begegnung außerhalb des kleinen Familienkreises ist etwas, das ich seit 2007 kaum noch und seit 2020 gar nicht mehr pflege.
Ich mag nichts ausschließen, aber ich bin vollkommen einverstanden mit der bereichernden Art und Weise, in der wir beide uns regelmäßig begegnen.
Ich hoffe auf Verständnis :
Theo
Mo, 2. Dezember 2024, 21:50 Uhr
Lieber Theo,
selbstverständlich finde auch ich unsere bisherige Art und Weise des stets so anregenden Austausches gut. Und vermutlich ist solch eine Feier mit vielen Menschen gar nicht so ideal für eine erste persönliche Begegnung. Dafür bleibe ich aber offen, und sei es nur für eine Stunde bei einer Tasse Kaffee irgendwo & irgendwann, so Du dazu unerwartet & spontan Lust bekommst, wenn Du z.B. in Berzdorf bist.
Bruckners Quintett gehört sicherlich zum Besten in seinem eigentlich ja fast ausschließlich symphonischen Schaffen! – der dritte Satz macht (selbst beim Spielen– oder gerade dabei - ) Gänsehaut. Und mit unserem Auftritt in Braunschweig ist uns gleube ich eine recht gute Interpretation gelungenen.
Ich lese gerade zum zweiten Mal die Aufzeichnungen „Der Traum des Beobachters“ von Wilhelm Genazino … und bin erneut überrascht, wie früh bei ihm das Thema Alter / altern auftaucht, schon ungefähr um das 60. Lebensjahr herum kommt er immer wieder in seinen Gedanken & Beobachtungen darauf. – Bei mir verfängt sich der Gedanke an das Ende erst jetzt so langsam … wo nun der 70. naht und vielleicht auch angesichts des Gefühls, zumindest beim Komponieren an ein Ende gekommen zu sein. Diese Arbeit fehlt mir in der Tat irgendwie … und dann auch wieder nicht; keine Selbstqualen mehr !!! … und in Zeiten einer aus den Fugen geratenen Welt fehlt mir auch jegliche Motivation zum Kreativen. Die meisten Leute haben das innige Zuhören verlernt oder verloren. Die Welt ist ringsum sehr laut & grob geworden. Da bin ich schon glücklich über die wenigen, wie Dich, denen das Hören & Lauschen wichtigstes Lebenselexir geblieben ist.
Wo Botho Strauß heute seinen 80. Geburtstag feiert, werde ich in den nächsten Tagen wohl bei ihm wieder etwas „nach“-lesen gehen, er ist in meiner Bibliothek gut vertreten; und das, was ich bisher über sein jüngstes Buch las, macht neugierig … vielleicht erwerbe ich es auch bei einem der nächsten Besuche in meinem Buchladen.
Dir nun weiterhin ein erregendes Eintauchen in die Welt der Nobelpreisträger.
Michael
Di, 17. Dezember 2024, 22:14 Uhr
Lieber Theo,
bevor ich mir gleich in der MDR-Mediathek einen Fllm anschaue (er lief gesternabend, aber ich war unterwegs), den ich am Sivesterabend vor zwei Jahren erstmals als Vorpremiere hier in einem Bonner Progarmm-Kino sah, schicke ich Dir den Link dazu auch mal: https://www.ardmediathek.de/video/Y3JpZDovL21kci5kZS9zZW5kdW5nLzI4MjA0MC80NDA3MDktNDIxMDg2 Ich habe den Film in allerbester Erinnerung! - eine sehr charmante Geschichte, typisch französisch (leichtfüßig & hintersinnig) erzählt, über eine Frau, die in einer Kunstakademie ein neues Leben für sich entdeckt. Mehr will ich nicht verraten ... Bin im Moment in der Stimmung, solch einen netten Film erneut zu schauen. (natürlich mit Pfeife & einem guten Tropfen dazu)
Ich las übriens kürzlich ein antiqaurisch gottseidank noch auffindbares Buch von 1979, auf das ich bei einem Vortrag im Böll-Haus aufmerksam gemacht wurde: "glaubwürdig" - fünf Gespräche über Kunst & Religion (mit Beuys, Böll, Falken, Marti und Wellershoff); ich denke, es könnte auch Dich interessieren, so Du es nicht ohnehin schon vor Jahren gelesen hast.- für mich war es ein großer Gewinn. ----
So, nun geht's ins "Privatkino" Michael
Sa, 21. Dezember 2024, 23:10 Uhr
(im Stil von Theo Breuer)
furzfassung
methan stoßen auch kinder aus - wie rinder - nur minder
(... kam mir grad so spontan in den sinn ... über den irrsinn ... mit dem wir immer wieder bombadiert werden ...) nichts für ungut, Michael
Mo, 23. Dezember 2024, 11:30 Uhr
Lieber Michael,
heute ist der 23. Dezember 2024. Vor zwei Tagen war Wintersonnenwende.
Die Tage werden nun wieder länger.
Gestern abend habe ich Birgit eingeladen, mich auf dem Abendgang durchs Dorf zu begleiten.
Es schneite. Wir stapften durch hohen Schnee und waren begeistert von den Flocken und Lichtern. Das war ein Gang, wie Joseph von Eichendorff ihn im Gedicht Weihnachten schildert, zumal wir auch kurz ins freie Feld wanderten. Weiß und still die Welt ...
In letzter Zeit habe ich nahezu alle Signale von außen ausgeblendet. Ich bin dermaßen vertieft in die Lektüre der Bücher von Bergson, Maeterlinck, Carducci und den vielen anderen gewesen, daß ich keiner anderen Zwiesprache bedurfte.
Sowieso erlebe ich seit Jahren von Tag zu Tag mehr, daß dies die eigentliche Zwiesprache ist, die ich suche. Es ist die Zwiesprache, die ich seit über 60 Jahren suche und - Tag für Tag finde.
Natürlich ist da die kleine Familie, die mir so viel bedeutet, da ist Birgit (66), mit der ich seit nunmehr 48 Jahren zusammen bin und im beständigen Dialog bin, da sind Andreas (41) und Anna (39) mit Katharina (8) und Hannah (5), mit denen ich regelmäßig korrespondiere und kommuniziere. Die Freude, Teil dieses kleinen Kreises zu sein, hilft mir, den Un-Sinn des Lebens auszuhalten.
Über Jahrzehnte habe ich ein Leben innerhalb mehrerer großer, mehrere hundert Menschen umfassenden Netzwerke geführt, deren Mittelpunkt ich über Jahre war. In dem Moment, als ich das nicht mehr sein konnte, zerfaserten diese Netzwerke, bis eines Tages - mit dem Tod Hans Georg Schwarks - noch ein regelmäßiger Kontakt existierte.
Mir genügt das. Ich suche keine direkten Begegnungen mehr, nehme keine Einladungen mehr an und lade niemanden mehr zu mir nach Hause ein. Unser Haus war über viele Jahre - Jahrzehnte - ein offenes Haus, in dem sich Menschen oft die Klinke in die Hand gaben. Einmal waren die persischen Freunde aus Heidelberg, denen wir nach der Flucht aus dem Iran geholfen haben, in Deutschland Fuß zu fassen (sie wohnte im ersten Jahr hier in der Eifel), mit 12 Personen für drei Tage hier. Was für ein herrlicher Trubel. Zumal wir abends noch Freunde aus umliegenden Dörfern zum natürlich persischen Essen einluden, das im großen Kreis auf dem Boden sitzend eingenommen wurde. In Kiesel & Kastanie habe ich aufgezählt, wer alles aus der Welt der Literatur hier zu Gast war, allein, zu zweit, zu dritt oder auch zu fünft, wenn ich zum ganztägigen kleinen Sistiger Lyrikkreis einlud und wir zu sechst den ganzen Tag im Prosazimmer über Lyrik sprachen, einander Gedichte vorlasen (ganze Anthologien) und einander mit guten Gedanken bereicherten.
So wie das Reisen durch Deutschland und Europa, das von 1977 bis 2003 mehrfach im Jahr eine Selbstverständlichkeit war, ist auch diese eben beschriebene lange Lebensphase längst schon Vergangenheit. Aber zum Glück blieben sie dem bewußt lebenden Menschen in Erinnerung. Wie oft sitzen Birgit und ich nach Mahlzeiten noch lange am Tisch und erinnern uns und sind glückselig: Kindheit und Jugend von Andreas und Anna sind da natürlich auch immer wieder Thema. Jene familiären Jahre der 1980er und 1990er Jahre überstrahlen alles.
Das Leben ist ein einziger Rausch. Die Zeit, die etwas ist, das es im tiefsten Sinne nicht gibt, steht immer still. Aber das Leben, das Leben zieht und zerrt, bis wir atemlos sind. Ich bin kein Mensch, der lamentiert. Es ist, wie es ist. Wenn es regnet, dann regnet es; wenn die Sonne scheint, scheint die Sonne. Meiner Natur gemäß bin ich oft traurig, bedrückt, ängstlich - bis hin zur monatelangen Depression. Die Welt der Menschen ist immer auch unruhig, bedrohlich, fürchterlich. Ein kurzer Blick zurück in Zeiten der griechischen, karthagischen, römischen Eroberungskriege, der 30 Jahre lang währenden Kriege im späten Mittelalter, der napoleonischen Kriege, dem Ersten Weltkrieg, dem Zweiten Weltkrieg.
Und in diesen Jahren ist es eben auch, wie es ist. Da Menschen Raketen bauen und viel Geld damit verdienen, müssen diese wohl auch abgeschossen werden, damit wieder neue Raketen gebaut werden können. So ist das eben. Menschen wie du und ich leben trotzdem weiterhin im materiellen und ideellen Wohlstand. Und wie heißt es so schön bei Brecht: Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm. (Ich käme, wenn es sein müßte, mit viel, viel weniger aus. In Deutschland sind selbst die Armen reich - sie wissen es nur nicht. (In Syrien verdient ein Lehrer zum Beispiel 50 Dollar im Monat.)
Es gilt also, so es denn möglich ist, Tag für Tag das Beste draus zu machen. Ich bin dankbar für das, was das Leben mir möglich gemacht hat. Chronische Krankheit - ob physischer oder psychischer Natur - ist nicht angenehm. Aber es ist eben, wie es ist. Jeder Mensch geht seinen Weg. Wünschenswert dabei ist, daß er ihn aufrecht und mit offenen Augen gehen kann: daß er sich am Schnee erfreut, an Blättern, einem Fuchs, der über die Wiese schnürt, einem Ton, einem Wort, einem Bild, einer Stimme, einer Spur, einem Klang, einem Buch ...
Ich wünsche dir gute Weihnachtstage :
Theo
Mo, 23. Dezember 2024, 14:32 Uhr
Lieber Theo,
ganz lieben Dank für Deine so umfängliche wie auch in durchaus poetischer Stimmung verfaßte Nachricht, die mich natürlich (wie immer) sehr erfreute, auch in ihrem abgeklärten, fast lakonischen Tonfall.
Zwar lasse ich vermutlich derzeit noch mehr als Du vom Lärm der Welt an mich herankommen (- kann mich dann auch mal erhitzen -), aber mit Humor (& gelegentlich auch Sarkasmus) läßt sich Vieles abwehren von dem, was einen stört und verärgert. So gefiel mir vor zwei Tagen auch sehr die Karikatur meines guten Freundes Burkhard Mohr, dem es immer wieder gelingt, mit spitzem Stift akuellen Befindlichkeiten mit Witz zu begegnen. Zur Wintersonnenwende (weil auch Du sie erwähntest) veröffentlichte er dies:
Was Du von Dir und Birgit schreibst, könnte ich recht ähnlich auch von Martella und mir berichten: wir sind mittlerweile 47 Jahre zusammen, und tauschen uns immer in langen Gesprächen über die Kunst, Literatur, Musik, Gott und die Welt aus … nie endet unser Gesprächsstoff, bei dem natürilich auch unsere beiden Kinder Gabriel & Clara immer wieder Thema sind, nicht nur beim vergnügten Erinnern an Situationen von den noch kindlichen Änfängen der beiden … und gottseidank bleiben beide bis heute in stetem Kontakt zu uns, wobei wir Clara weit öfter sehen als Gabriel.
Aber übermorgen an Heiligabend sind sie hier vor Ort, Gabriel auch zusammen mit seinem (verheirateten) Mann und seinen Schwiegereltern; zudem wird Martellas allein lebende Schwester noch dazustoßen: wir sind dann also zu acht. Ihr werdet sicherlich auch im Familienkreis zusammen sein.
Die wichtigste Zwiesprache für Dich, das Lesen und immer weiter Lesen, entspricht auch dem, wie ich es beim Studieren von Partituren & dem Hören der entsprechenden Musik immer wieder erlebe. Heute vormittag war es die 8. Bruckner, die ich neben der 2. noch nicht ganz so verinnerlicht habe, wie die anderen Symphonien, der ich meine ganze Aufmerksamkeit schenkte ….(ganz spontan; ich hattte beim Frühstück im Bonner GA eine sehr kompetente Besprechung über deren Aufführung vor ein paar Tagen in Köln gelesen). – So laß ich mich auch ansonsten oft leiten von solchen unerwarteten Impulsen, um etwas – noch einmal – in meinen Fokus zu nehmen … oftmals mit mich selber überraschenden neuen Erkenntnissen oder Beobachtungen. Ja: das ist auch meine mir liebste Art von innerem Glück !
Ich verkneife mir das Bedauern darüber, daß wir uns nicht früher kennenlernten und ich so die Gelegenheit gehabt hätte, auch bei den literarischen Zirkeln in Sistig dazuzustoßen … was ich sicherlich mit allergrößtem Vergnügen getan hätte! Es ist wie es ist … wie Du ja schreibst, und so wird es wohl – wo Du keine Einladungen mehr wahrnimmst oder gar aussprichst – dabei bleiben, daß wir unseren so fruchtbaren Austausch weiterhin ‚nur’ auf diesem schriftlichen Wege weiterpflegen … eine gute Freundschaft kann auch so existieren.
Auch Dir & Birgit eine innerlich beglückende Zeit jetzt in den Tagen des Überganges vom alten ins neue Jahr
Michael
Di, 31. Dezember 2024, 16:00 Uhr
Lieber Michael,
Di, 31. Dezember 2024, 17:26 Uhr
Lieber Theo,
auch ich bin seit gestern mit dem Erstellen von Bilanzen beschäftigt; genauer gesagt mit dem Zusammentragen aller berufsbedingter Autofahrten in den beiden vergangenen Jahren … in Bälde muß ich dies mit anderen Unterlagen meiner Steuerberaterin vorlegen. Insofern geht es hier auch am letzten Tag des Jahres ganz prosaisch zu. Nur für ein gutes Stündchen sind wir eben herumgeradelt, bei den Temperaturen um den Gefrierpunkt herum ist man doch schneller durchgefroren …
Später gehen wir in eines unserer gern besuchten Weinlokale und werden neben einem Imbiß wohl eine gute Flasche köpfen … mal sehen, ob wir dann im Gespräch auch ein wenig das Jahr Revue passieren lassen … für mich war es eher ein nur wenig spektakuläres: keinen einzigen Ton habe ich notiert, nur mir ein paar ältere Stück vorgenommen / wiedergehört nach langer Pause. Das zum Stand der Dinge.
Aber immerhin – und dafür bin ich nicht weniger dankbar als Du – ist unser Dialog weitergegangen, und er soll es natürlich auch in 2025 tun. Es tut stets geht, einen Geistesverwandten in seiner Nähe zu wissen! Und selbstverständlich freute mich eben, auch einen weiteren Blick auf Deine malerische Aktivität werfen zu dürfen … auf die neueren Gedichte werde ich warten, bis ich sie zu lesen bekomme … womöglich also über die MATRIX.
Sei zum Jahresende herzlichst gegrüßt von Deinem Michael Mo, 13. Januar 2025, 18:16 Uhr
Lieber Theo,
nun sind wir zurück aus Barcelona. Es tat gut, mit 19° & strahlender Sonne mal wieder etwas Wärme zu tanken. Sicherlich haben wir diesmal - da unser Hotel ganz im Zentrum der Stadt lag - viel mehr von Leben dort mitbekommen, als bei den früheren Besuchen; das letzte Mal vor 26 Jahren, damals von Casteldefels aus, wo wir mit unseren Kindern in einem Hotel am Strand untergekommen waren. Neben dem beachtlich gewachsen Picasso-Museum und der grandiosen Fandacio Juan Mró haben wir auch das Wahrzeichen der Stadt, den Gaudi-Dom "Sagrada familia", besucht, der als Bau nun bereits fast fertig ist! - allerdings bleibt ein etwas zwiespältiges Gefühl, ob diese Architektur nicht doch zu sehr ins Kitschige rutscht .. Faszinierend hingegen das mittlerweile als Museum eingerichtete ehemalige Hospital Sant Pau ... und nicht minder der Konzertsaal Palau de la Musica Catalana, wo wir im neuen kleinen Saal auch eine junge Geigerin mit interessantem Programm hörten. Im gr0ßen Saal bin ich vor 50 Jahren mal mit dem Landesjugendorchester NRW aufgetreten; wir spielten u.a. Schumanns Zweite.
Eben habe ich die PP-Präsentation für einen Vortrag fertig gestellt, den ich am 11. und 12. Februar über meine Zusammenarneit mit bildenden Künstlern halten werde. Vielleicht interessiert Dich das ja ... hier geparkt: http://www.denhoff.de/pdf-dateien/DIALOGE_IN_KUNST..pdf
Hier wird es nach der klaren Abenddämmerung klirrend kalt heutenacht, bei Euch werden sicherlich noch niedrigere Temparaturen erreicht werden ...
Michael
Sa, 18. Januar 2025, 10:53 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich, daß ihr gute Tage in Barcelona hattet.
Ich hatte innerlich schon einige Tage lang ein paar Sätze für eine Antwort vorformuliert, wollte es von meinen aktuellen Lesereisen berichten, als vor drei Tagen (morgens um 7 Uhr in einem Kreisverkehr in Schleiden) die Karambolage des von Birgit gelenkten Autos mit dem Unfallverursacher alles in den Hintergrund rückte. Es ist glücklicherweise vorne rechts nur Blechschaden entstanden; dieser ist allerdings so erheblich, daß wir uns umgehend zur Anschaffung eines Neuwagens entschlossen haben. So sind die letzten Tage mit zahlreichen einander beruhigenden Gesprächen, vielen - zum Teil langen - Telefonaten mit Versicherung und Autohaus, Planungen usw.
Da die Schuldfrage von Beginn an geklärt war, gab es keinerlei Probleme mit der Versicherung des Unfallgegners. Und da wir exakt das gleiche Auto anschaffen wollen, wußte ich auch, welches Autohaus ich anspreche. Dieses hat das Fahrzeug (graumetallic wie unser bisheriges Auto) als Tageszulassung vorrätig und nimmt unser von uns seit September 2013 gefahrenes Auto in Zahlung. Am Montagmorgen fahre ich nach Eicherscheid (ca. 35 Kilometer), um das Geschäft abzuschließen. Zum Glück ist das Auto noch fahrbereit, Birgit konnte also noch zurück nach Hause fahren, ich fahre aber nur noch diese eine Strecke. Zurück geht es dann mit einem Leihwagen, und am 27. Januar werden wir, wenn alles normal läuft, das neue Auto abholen.
Soweit, so gut :
Theo
Sa, 18. Januar 2025, 17:29 Uhr
Lieber Theo.
wir sind eben zurück vom Wandern an der Ahr, zunächst noch bei blauem Himmel und Sonnenschein; nachdem die Sonne hinter den Bergen verschwand und ein paar Wolken aufzogen, wurd’s spürbar kühler und windiger. Aber die Luft blieb herrlich. Man muß „kleidungs-technisch“ nur flexibel ausgerüstet sein, dann geht alles. Tja, je älter ein Auto umso schneller ist es bei einem (auch nur kleinen) Unfall ein wirtschaftlicher Totalschaden. Na, gottseidank undverschuldet & unverletzt, so bleibt es nur eine lästige Angelegenheit für Euch. – und mit Tageszulassung hat der neue Wagen sicherlich einen spürbaren Preisnachlaß. – Wir sind übrigens nach gut vierteljähriger Nutzung aüßerst zufrieden mit unserem neuen Fabia.
Die Folien für meinen Vortrag sind nur so eine Art Leitfaden für ein freies Reden über das gewählte Thema und eigentlich mehr dafür gedacht, daß diejenigen, die anschließend etwas eingehender sich informieren wollen, über die vielen eingearbeiteten Links dazu die Möglichkeit bekommen.
Am Mittwoch fahre ich nach Düsseldorf, für ein Gespräch mit der Sängerin Irene Kurka (sie sang auch bereits Einiges von mir), welches für ihre Podcast-Serie vorgesehen ist … wohl anläßlich des bevorstehenden 70ten … (also doch ein paar Vorboten zum Runden)
Michael
Fr, 24. Januar 2025, 14:18 Uhr
[FAZ-Artikel: Ist die Wahrheit zumutbar? Ein Klassiker, der den Verstand auf die Probe stellt: „Malina“ von Ingeborg Bachmann passt in eine Zeit, die aus den Fugen scheint.]
Fr, 24. Januar 2025, 16:24 Uhr
Lieber Michael,
So, 26. Januar 2025, 11:37 Uhr
... bei mir sind es vermutlich schon 25 her, daß ich Malina las, lieber Theo, aber der FAZ-Artikel lies auch mich denken: ich sollte das Buch mal wieder in die Hände nehmen ...
Gestern war ich bei einem philosophischen Salon in Köln, wo Matthias Burchardt einen klugen Vortrag zur aktuellen politischen wie gesellschaftlichen Lage hielt. Die Gastgeberin, mancher Gast und das Ambiente eher skurril.
In den vergangenen Tagen erfuhr ich, daß zwei Menschen verstorben sind, mit denen ich mehrfach zu tun hatte: Tom Johnson, ein amerikanischer Minimalist, der schon viele Jahre in Paris lebte und den ich dort regelmäßig zum Austausch besuchte, zumal die Wohnung meines schon länger verstorbenen Freundes Wolfgang Ueberhorst, in die ich mich immer wieder gerne zum Komponieren zurückgezogen hatte, nur wenige 100-Meter von seinem Atelier entfernt lag. Er hatte schon seit geraumer Zeit Atemprobleme ... als wir uns das letzte Mal vor fünf Jahren trafen, schleppte er stets sein Sauerstoffgerät im Wägelchen hinter sich her. Immerhin 85 ist er geworden. Und mit knapp 77 Jahren starb vor einer Woche Herbert Henck, einer der wohl wichtigsten Pianisten zeitgenössischer Musik, der in unser beider jungen Jahren meine ersten Klavierstücke Contemplationi (1972) & Aphorismen (1974) beim WDR einspielte. Wenns Dich interessiert: heut noch über diesen Link herunterladbar: https://we.tl/t-HNxDKjR10W Vor 20 Jahren hatte er einen Schlaganfall und konnte seitdem keine Konzerte mehr geben. Für sein letztes Konzert hatte er meine "Nachtschattengewächse" programmiert ... aber das mußte dann ganz kurzfristig abgesagt werden. Die letzten Jahre lebte er in einem Altenheim, fiel immer mehr in Demenz und war zum Schluß nicht mehr ansprechbar. Ganz trauriges Schicksal ! - ein so feiner & sensibler Musiker war es, der sich immer wieder auch für (scheinbar) unbedeutendere Komponisten einsetzte, mit Sorgfalt & Innigkeit. Etwa 50 Schallplatten-Einspielungen gibt es von ihm. Und jede Menge Texte hat er verfaßt, das Magazin "Neuland" gegründet & herausgegeben. Er wird sicherlich für einige nachfolgenden Pianisten Vorbild bleiben können.
Heuteabend haben wir den befreundeten Buchkünstler & Graphiker Daniel Hees mit seiner Lebenspartnerin hier zu Besuch. Auch er ist mittlerweile 85 Jahre alt ... aber geistig immer noch ganz jung im Kopf. Wir freuen uns ... und können uns dabei noch aktuelle Tipps zu Paris geben lassen, wo er regelmäßig wegen seiner neuen Frau ist. Wir werden nämlich Ende Februar über die Karnevakstage mal wieder nach Paris fahren, unterkommen 400 Meter entfernt von Notre Dame in der Wohnung von Freunden, wo ich zuletzt 2019 auch meine "Huit esquisses du Matin" schrieb, neben ersten Skizzen zu "...immerhin...".
Michael Do, 6. Februar 2025, 22:48 Uhr
Lieber Theo,
ich weiß, Du wirst nicht kommen & dabeisein; dennoch: im Anhang mal das mittlerweile zusammengestellte detaillierte Programm zum geplanten Geburtstagskonzert im April hier in Bonn ... zumal Dein Name dort ein paar Male auftaucht (weil ja den Partituren von "...immerhin..." & "countertimecounter" auch Worte von Dir vorangestellt sind ... und ich erlaubte mir auch als Postskriptum im kleinen Programmheft Dein Gedicht auf die Rückseite zu nehmen.
Nun kam mir spontan der Gedanke, ob Du nicht dieses Gedicht als Audiodatei von Dir gelesen (ob das überhaupt zum Lautlesen gedacht ist? - und dann wie?) aufnehmen könntest. Dann würde ich das beim Konzert nach "countertimecounter" über Lautsprecher abspielen ... und so wärest Du doch auf eine besondere Art dabei ... !!!
Morgenfrüh reisen wir für drei Tage nach Freiburg, wo morgenabend ein besonderes Festkonzert des Raschèr-Saxophonquartetts stattfindet. Die haben ja vor Jahren in der alten Besetzung zig-Male meine Saxophonquartette auf dem ganzen Globus gespielt. Zu diesem Konzert werden auch die drei noch lebenden Gründungsmitglieder (alle mittlerweile über 80) als Zuhörer kommen, und ich werde dort als Überraschungsgast für sie auftrauchen. Ich freue mich sehr darauf ! - sicherlich wird es uns vorkommen, als hätten wir uns vergangene Woche das letzte Mal getroffen ... Und in nun völlig "runderneuerter" Besetzung wird das Raschèr-Quartett mein 3. Quartett (pnoxoud) wieder ab Mitte des Jahres in Repertoire nehmen. Es entstand 1990, also exakt in meiner derzeitigen Lebensmitte.
Ich las mittlerweile ziemlich gefesselt (& auch verblüfft) "Das Schattengetuschel" von Botho Strauß Michael
Di, 11. Februar 2025, 10:23 Uhr
Lieber Michael,
nun ist Freiburg auch schon wieder Vergangenheit - wie überhaupt die schon wieder mehr als 40 Tage im Jahr 2025 ...
Der 26. April steht also quasi vor der Tür.
Ja, was für ein großartiges Programm! Naturgemäß freue ich mich, darin diese feine Rolle zu spielen. Da das Gedicht ja dann doch nicht zum Postscriptum von Vorschlag zur Blüte wurde (die Überschrift paßt im Programm allerdings gut), möchte ich diesen Text in der Klammer unter dem Gedicht vorschlagen:
(Theo Breuer
schrieb dieses aus 173 Buchstaben gemachte Gedicht, nachdem er das
Klavierstück countertimecounter erstmals hörte. Eine Aufnahme müßte ja professioneller Natur sein, damit der Vortrag wenigstens einigermaßen der musikalischen Darstellung nahekommt. Da bin ich ratlos, zumal ich über kein Aufnahmegerät verfüge. Ich weiß auch nicht recht, ob das nicht der Ehre zuviel wäre. Schlußpunkt des Konzertstücks countertimecounter sollte wohl der letzte Ton sein. Das Gedicht als zu lesendes Postscriptum scheint mir eine gute Lösung zu sein.
Ich arbeite seit einer Woche an einem Essay zu den 5 Büchern von und zu Friederike Mayröcker, die 2024 anläßlich des 100. Geburtstags erschienen sind.
Theo
Di, 11. Februar 2025, 17:50 Uhr
Ja, lieber Theo, Freiburg ist auch schon wieder vorbei ... Auf der Hinfahrt machten wir eine längere Pause in Neustadt an der Weinstraße, ein nettes und hübsches Städtchen, wo wir erstmals waren ... und u.a. lernten, was es mit den dortigen Fabelwesen "Elwedritsche" auf sich hat ... Die Rückfahrt am Sonntag unterbrachen wir in Worms, um erstmals den dortigen Dom zu besichtigen, viel mehr bietet die Stadt, in der Luther seine Thesen verteidigen mußte, allerdings nicht. Das Raschèr-Quartett-Fest in deren neuen Residenz am Schloß Neueshausen war ganz wunderbar ! - viele Erinnerungen wurden natürlich aufgefrischt. Ein allerseits beglückendes Wiedersehen.
Vielleicht reicht es - wie Du schreibst - wenn Dein Gedicht doch nur als Postskriptum auf der Rückseite des Programms steht. Dennoch hätte mich sehr interessiert, wie Du das laut lesen würdest ... ginge dabei nicht einiges von der besonderen Art der "Notation" (um einen musikalischen Terminus zu nutzen) verloren? - ich weiß es nicht. Aber ich wäre ggf. zu Dir gekommen, um das mit meinem professionellen Aufnahmegraät aufzuzeichnen, um es in guter Qualität abspielen zu können. Es war halt eine spontane Idee gewesen.
Nachher steht mein Vortrag "Dialoge in Kunst" in Rheinbach an; morgen nochmals in Siegburg. Bin ein wenig gespannt, wie der Zuspruch sein wird ...
Michael
Mo, 17. Februar 2025, 10:18 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für die Einladung, die mir das Wasser im Munde ... du weißt schon ... Tja ...
Setzt doch am Ende des Texts über mein Gedicht den Punkt vor die Klammer.
Bin weiterhin intensiv mit dem Mayröcker-Essay befaßt, den ich eben noch um eine Seite auf nun 14 Matrix-Druckseiten erweitert habe. (Der Essay wird auf jeden Fall auch im Internet erscheinen.)
Theo
Mo, 17. Februar 2025, 10:18 Uhr
Lieber Theo,
Du kannts Dich ja ggf. ganz spontan entscheiden, doch zu kommen … (wg. des „Wassers im Munde“ …) Für mich wär’s eine der schönsten vorstellbaren Überraschungen …
Deinen Mayröcker-Essay erwarte ich natürlich ungeduldig; ich vermutete ihn schon in der vorgestern eingetroffenen MATRIX 3/2024 … so dann wohl in der von Traian Pop (wiederum ein großartiges Editoral) schon für bald angekündigten Ausgabe 4/2024.
Manchmal kann Warten ein vielversprechender Zustand sein. Michael
PS Der Punkt steht nun (auf der letzten Programmseite) vor der Klammer … so was passiert, wenn man gedankenlos kopiert & einfügt.
Do, 20. Februar 2025, 23:26 Uhr
Lieber Theo,
Martella hat eben unser 20 Bände umfassendes englisches Musiklexikon GROVE (und auch die drei Bände Beetovenbriefe in englischer Übersetzung) herausgelegt, um das morgen in den Altpapier-Container zu verfrachten ... kein Antiquar war interessiert. - Es tut schon irgendwie weh. Aber den GROVE gibt's mittlerweile als (gebührenpflichtige) Online-Ausgabe, und das ist für die meisten Nutzer praktikabler als die Buchausgabe. Ich vermute, auch für Dein Buch-Kunst-Universum ist das wenig von Interesse ... sollte es anders sein, müßtest Du Dich umgehend melden. - Sonst gehen in Etappen mal gezahlte gut 3000 DM in die Tonne.
Michael (der immerhin diese Aktion nicht selber ausführen wird)
Fr, 21. Februar 2025, 11:12 Uhr
Lieber Michael,
was sind das für Zeiten, in denen es keinen bücherliebenden Musikstudenten gibt, der diese Bücher sofort nähme. Ich bin davon überzeugt, daß es ein Antiquariat gibt, das spezialisiert ist, aber wo und wie finden?
Ich belasse es bei diesen Zeilen - ich bin einfach zu alt für ein solches Projekt und habe zudem keinen Platz mehr.
Theo
Fr, 21. Februar 2025, 11:17 Uhr
Lieber Michael,
da du den Mayröcker-Essay ungeduldig erwartest, schicke ich dir gern die Fassung von heute. (Ich betrachte den Essay seit heute, nachdem ich nun mehrere Wochen intensiv daran gearbeitet habe, als mehr oder weniger fertig. Daß hier und dort noch die eine oder andere Kleinigkeit verändert werden mag, liegt in der Natur der Sache.)
Theo
Fr, 21. Februar 2025, 11:45 Uhr
Lieber Michael,
wie wäre es mit einem Versuch bei KLEINANZEIGEN zum Verschenken für Selbstabholer.
Theo
Fr, 21. Februar 2025, 12:12 Uhr
Lieber Theo,
zuächst recht herzlichen Dank für Deinen Mayröcker-Essay, den ich wohl am Wochenende in Ruhe und mit Neugierde lesen werde. – Er scheint ja schon für den Druck (in MATRIX ?) vorbereitet zu sein.
Es stimmt: es sind nicht gute Zeiten für alte Bücher. Alles schon versucht: Angebot beim musikwissenschaftlichen Seminar / zudem Kleinanzeigen schon vor einem knappen Jahr. Ich wäre seinerzeit wahnsinnig glücklich gewesen, solch ein Lexikon quasi geschenkt zu bekommen, wenngleich ich natürlich gerade heute die Möglichkeiten der steten Aktualisierung bei Online-Lexika auch zu schätzen weiß. Das vergleichbare deutsche Musiklexikon MGG werden wir aber wohl nicht auch dem Altpapier übergeben: es ist ein Zeitdokument und enthält zahllose Sachartikel zu diversen Themen von seinerzeit renommierten Autoren.
Martella hat schon Erfahrung in schmerzlicher Zerstörung alter Werte: als die Wohnung ihrer Mutter ausgeräumt wurde, mußte sie mitansehen, wie eigentlich wertvolle Möbel einfach zerlegt wurden, weil angeblich keiner so was noch abkaufen würde … und die Lagerräume eh überlastet sein.
Nun wollen wir bei den endlich milderen Temperaturen etwas ausführlicher radeln und zwischendrin bei einem kleinen Inder auch essen gehen.
Michael
Fr, 21. Februar 2025, 16:39 Uhr
Lieber Michael,
ich wünsche fröhliche Fahrradzeiten.
Angehängt die aktuelle Fassung des Essays, von dem ich noch nicht sicher bin, ob ich ihn zunächst einer anderen Zeitschrift als Matrix anbiete. Dafür brauche ich die endgültige Gewißheit, daß dieser Essay noch einmal auf der entsprechenden Höhe ist, wenn du verstehst, was ich meine. Für kritische Einwände bin ich entsprechend dankbar.
Theo
Sa, 22. Februar 2025, 9:04 Uhr
Lieber Michael,
vielleicht hast du noch nicht mit Lesen begonnen. Jedenfalls sende ich dir die noch einmal aktualisierte Fassung.
Theo
Sa, 22. Februar 2025, 11:13 Uhr
Doch, lieber Theo, die Verführung war einfach zu groß ... und natürlich auch die Neugierde! Am späten gestrigen Abend las ich bereits Deinen Essay. Da mir Dein Tonfall ja durchaus vertraut ist, gab ich mich gerne wieder einmal dem typischen Breuer-Sound hin, der auf wieder einmal ganz eigene Art vom Mayröcker-Sound schwärmt, man spürt in jedem Satz die Begeisterung, Beglückung, Bewunderung für eine Autorin, die eine besondere Rolle zu spielen scheint in der eigenen Art der Welt-Wahrnehmung, so wie ich es ja schon in einem der ersten Texte, die ich von Dir seinerzeit las, kenne: Überschwemmt, die Lust am Taumel • Im atmenden Alphabet für Friederike Mayröcker ... Auch nun wieder: ein rauschhaftes Lesevergnügen! für mich!
Michael
Sa, 22. Februar 2025, 11:10 Uhr
Lieber Michael,
du schriebst einmal, daß es ein besonders schöner Tag sei, wenn du eine E-Mail von mir bekämst.
Drum wage ich es, dir die erneut bearbeitete Fassung zu schicken.
Es geht dabei ausschließlich um formale Dinge, die jedoch wichtig sind : Die Mayröcker-Zitate sind kursiv gesetzt, alle anderen in Anführungszeichen. Das war bis eben nicht ganz einheitlich. Da es der besseren Lesbarkeit dient, sende ich diese aktualisierte Fassung.
Heute kam Mayröckers JIMI, 2009 im Insel Verlag erschienen. Das lese ich in den nächsten Minuten (ist ein kleines Buch ...), die Lektüre von Gustav Freytags Roman "Soll und Haben" kurz unterbrechend.
Theo
Sa, 22. Februar 2025, 11:19 Uhr
... kaum abgeschickt meine kurze Antwort, kommt schon wieder Neues von Dir herein, lieber Theo. Ja, ich kenne das auch: im Endstadium fallen einem immer noch Kleinigkeiten auf, die das Ganze besser "schmieren" ... ich werde wohl ebenfalls kommende Nacht Deine Neufassung lesen.
Morgen bin ich den ganzen Tag in Wuppertl als Juror bei einem Wettbewerb für junge Cellisten. Michael
Sa, 22. Februar 2025, 11:50 Uhr
Lieber Michael,
das freut mich natürlich einerseits, andererseits dann noch mehr, daß du die Endfassung, die es nun sehr wahrscheinlich ist, auch noch einmal zeitnah lesen willst. Das lohnt sich, das verspreche ich, denn da sind doch noch einige neue Stellen hineingerutscht.
Es gibt ja nun, grob, gesagt, zwei Möglichkeiten : Die eine ist die, daß ich recht habe mit meiner Einschätzung, daß dieser Essay rundum geglückt ist - und auch noch einmal wieder anders ist in dem einen und anderen Punkt als Essays der letzten Jahre. Die andere ist die, mit der ich auch werde leben müssen, daß du meinem Schreiben mittlerweile so nah bist, daß du es mehr oder weniger unkritisch liest, weil du den Breuer-Sound eben grundsätzlich magst.
In Wuppertal haben wir von 1980 bis 1983 gewohnt, war eine gute Zeit, und ich wäre auch gern dort geblieben.
Theo
Sa, 22. Februar 2025, 23:08 Uhr
Lieber Theo,
nun las ich Dein Manuskript als (vorläufig) letzte Fassung eben nochmals ... ganz entspannt im Sofa sitzend (bei einem Blanc de noir & Pfeife,) also dort, wo ich üblicherweise in meinem Studio auch Bücher, Zeitungen etc. lese, nicht am Schreibtisch am Laptop wie gestern, sondern aus der E-Mail heraus auf dem iPad. Das erste, was mir auffiel: es fehlten alle Anmerkungen ... aber wieder ließ ich mich treiben und mitschwingen von & in Deinem Sprachfluß ... mir schien diesmal alles noch zwingender und irgendwie gestraffter, mag sein, der Eindruck entstand, weil ich alles nun zum zweiten Mal las. (Eigentlich stolperte ich - wie übrigens auch gestern schon - nur über die mit einem Schrägstrich getrennte "Kind/heit", der Grund erschließt sich mir bisher noch nicht.) Aber ansonsten hast Du möglichwerweise recht, wenn Du meinst, ich lese zu unkritisch, weil mir Dein Stil mittlerweile so besonders vertraut ist, als könne er auch mein eigener sein. Dennoch: ich bleibe dabei: es ist Dir wieder einmal ein emphatischer / empathischer Text gelungen, der die besondere Sprach- & Assoziationswelt einer bewunderten Autorin in der besonderen Lesart des Buwunderers sichtbar / spürbar / hörbar macht.
Als ich nun an den Rechner ging, um Dir dies noch auf den Nachtweg gen Eifel zu schicken, bemerkte ich, daß - wenn ich hier die Word-Datei öffne - alle Fußnoten doch geblieben sind. - mir ein bißchen rätselhaft.
Eine Erstveröffentlichung in einem anderen Literatur-Magazin als MATRIX - wie von Dir bereits angedacht - hätte den nicht zu unterschätzenden Effekt, daß nochmals andere Lesekreise Deinen Namen (& hoffentlich damit auch Deine eigenen Gedichte) entdecken könnten ... Geeignet wäre natürlich ein österreichisches Magazin; oder auch "Die Horen"; aber Du hast da sicherlich eigene Ideen.
Michael
PS wir hatten heute einen Nachmittag & Abend in Kunst: besuchten zwei Ausstellungen & eine Vernissage
So, 23. Februar 2025, 9:30 Uhr
Lieber Michael,
wir kommen der Sache näher : "zwingender", "gestraffter", das klingt gut.
Zwei Fußnoten kanntest du noch nicht, aber das geht möglicherweise bei der Menge der Wörter unter.
Kind/heit ganz einfach: das Kind und die Kindheit in einem, ich mache aber jetzt Kind...heit daraus, das scheint mir einen Tick besser zu sein.
Ich sende höchst ungern unverlangt etwas ein. Will da aber noch einmal eine Ausnahme machen und das Manuskript morgen an manuskripte schicken. Dort ist vor Jahren schon einmal ein Mayröcker-Essay von mir erschienen; da lebte Kolleritsch noch, der umgehend und euphorisch auf meine Einsendung reagierte ...
Heute morgen habe ich noch einmal drei Stellen verfeinert.
Die Jahre in Wuppertal: wunderbare Jahre mit Oper, Schauspielhaus und Von-derHeydt-Museum. In einer Spielzeit siebenmal Don Giovanni gesehen. Das waren gute Jahre unter GMD Hans-Martin Schneidt, der mit Conny Froeboess verheiratet war, die ich dann auch einmal im Foyer des Schauspielhauses gesehen habe. Schneidt ging dann nach München an den Gärtnerplatz. Ich habe sogar eine Zeitlang an der Opernzeitschrift mitgewirkt, nachdem ich Schneidt persönlich getroffen hatte.
Theo
Mo, 24. Februar 2025, 21:42 Uhr
Lieber Theo,
der gestrige Tag in Wuppertal hat Freude gemacht, weil eigentlich alle neun jungen Cellisten ganz erfreulich & erstaunlich gut waren, die Entscheidung für die Jury somit nicht leicht. Als weiteres Jurymitglied traf ich einen ehemaligen Studenten meiner Kammermusikklasse an der RSH wieder, der mittlerweile stellvertretender Solocellist im Wuppertaler Orchester ist. Hin und weg waren wir alle von einer erst 11-jährigen Cellisten, die mit enormer Musikalität, technischer Perfektion und Leidenschaft Hochvirtuoses ganz spielerisch und leichtfüßig über den Bühnenrand brachte. Einfach toll, toll, toll !!!
Daß Du / Ihr mal in Wuppertal lebtet, hast Du mir wohl vor Langem schon mal erzählt und auch, wie Dir Hanns Martin Schneidr dort als GMD gefiel. Er hat ja zu dieser Zeit auch meine „Desastres de la guerra“, die Orchesterbilder nach Goya uraufgeführt. Die Aufnahme sollte Dir vorliegen. Daß Du damals aber auch für die dortige Opernzeitschrift schriebst, wußte ich noch nicht!
Ich verstehe sehr gut, daß du in dem (unsrigen) Alter ungern unaufgefordert ein Manuskript irgendwo einreichst. – Die Leute sollen auf uns zukommen! Jaja.– Aber die Idee mit „manuskripte“ leuchtet ein und ich hoffe, die Verantwortlichen dort ‚beißen’ an … Dank auch für die ‚Aufklärung’ in Sachen Kind/heit.
Am Donnerstag entfliehen wir dem rheinischen Karneval, um mal wieder ein bißchen Pariser Luft zu schnuppern. Leider müssen wir nun doch ins Hotel gehen, denn die Wohnung meines alten Pianisten-Freundes – wo ich mich 2019 zum Arbeiten zurückziehen konnte – ist nun doch nicht frei: er ist mit seiner Frau zur gleichen Zeit dort. Aber wir werden uns zum gemeinsamen Kochen & Essen treffen. Und kaum zurück geht es an Aschermitwoch über einen Tag in Hannover weiter nach Berlin (die üblich anstehende Jury zum deutsch-polnischen Kulturpreis steht mal wieder an). Zudem sind Treffen mit einigen Berliner Freunden angesagt …
Gleich wollen Martella & ich uns zur Einstimmung auf Paris Woody Allans wunderbaren Film „Midnight in Paris“ mal wieder ansehen …
Michael
Di, 25. Februar 2025, 9:10 Uhr
Lieber Michael,
ich freue mich sehr über diese guten Nachrichten, die wahrhaftig guttun. Wir brauchen gute Nachrichten! Poems are good news, schrieb mir einst Richard Burns, von dem ich Gedichte ins Deutsche übertragen habe.
Ich las soeben nach, daß die UA im Oktober 1983 in Lüdenscheid stattfand; im April 1983 sind wir von Wuppertal weggezogen, und nach Lüdenscheid wäre ich mit Sicherheit auch nicht gefahren, wenn wir noch in Wuppertal gewohnt hätten. Aber immerhin, eine mittelbare Nähe gab es also zwischen uns schon in den frühen 1980er Jahren.
Ich habe das Manuskript gestern ohne große Hoffnung an manuskripte geschickt. Wenn ich zeitnah keine Antwort erhalte, werde ich es Traian Pop in der nächsten Woche schicken.
Midnight in Paris liebe ich auch sehr, habe ihn im vergangenen Jahr zum zweiten Mal gesehen.
Was für ein bewegtes Leben du lebst! Von hier nach da nach dort und zurück.
Zum Glück muß ich dem Karneval nicht entfliehen. Auch wenn die Eifel ja ebenfalls Hochburg des Karnevals ist, bekommen wir hier nur sehr wenig davon mit: Am Rosenmontag führt der Zugweg an unserem Haus vorbei, da reden wir von vielleicht 20/25 Minuten.
Das Parodistische an meinen Essays ist ja, daß es darin primär gar nicht unbedingt um das geht, was sie vorgeben zu vermitteln. Primär geht es um meine Freude am Machen eines Sprachkunstwerks. Norbert Scheuer hat das längst erkannt und spricht vom Zunder, den die Bücher, über die ich schreibe, mir liefern. So habe ich gestern noch das reichgereimte Oxymoron stirnrunzelnd schmunzelnd in den FM-Essay eingebaut und habe dabei stirnrunzelnd geschmunzelt.
Theo Sa, 1. März 2025, 00:10 Uhr
Lieber Theo, Rimbaud war hier, Hemingway war hier und auch
Woody Allan filmte hier … nun auch wir …
Sa, 1. März 2025, 08:48 Uhr
Stark! (Auch der Reim am Ende ...)
Fr, 7. März 2025, 00:42 Uhr
Lieber Theo, manchmal gibt es doch denkwürdige Überraschungen! Gestern besuchte ich in Hannover meinen engsten Maler Freund Giso Westing (sah dort auch seine sechs neuen Arbeiten); und heute beim Eintreffen in Berlin im Saal der Jury Sitzung zum Kulturpreis Schlesien begrüßen mich zwei etwas ältere Bilder von Giso an den Wänden. Einen herzlichen Gruß in die Nacht von Berlin in die Eifel, Michael
Fr, 14. März 2025, 18:20 Uhr
[Rundmail Hinweis auf YT-Premiere „Der Pelikan“]
Sa, 15. März 2025, 08:48 Uhr
Lieber Michael,
vielen Dank für den Hinweis.
Ich werde mir die Oper in der kommenden Woche zu Gemüte führen.
Theo
Sa, 15. März 2025, 23:16 Uhr
Lieber Theo
auf die Idee, meine Strindberg-Kammeroper nun öffentlich zugänglich zu machen, brachte mich vor ein paar Tagen das erstmalige ganz konzentrierte Hören der Kurtágschen Oper "Endspiel" mit mir mittlerweile vorliegender Partitur : ein ganz besonderes Erlebnis ! Es veranlaßte mich, nach gefühlter Ewigkeit mir zudem meine kleine Kammeroper, die in höchster kompositorischer Anspannung von Ende 1990 bis Anfang 1992 entstand, mal wieder anzuhören; und ich war seltsam überrascht, wie enorm frisch noch alles aus der Erinnerung dadurch hochgeholt wurde. Die Oper war damals so etwas wie ein Endpunkt einer Entwicklung hin zu höchster Dramatik & Expression. - Danach gab es einen extremen Schnitt hin zu recht introvertierter Nachdenklichkeit und Stille (im Geiste eines Beckett). Ich bin gespannt, wie Du solch aufgeheizte musikalische Spannung erleben wirst, so Du die ca. 80 Minuten durchstehst ... Das seinerzeit im Wesentlichen von mir eingerichte Libretto könntest Du hier finden: https://www.denhoff.de/pdf-dateien/Libretto_Pelikan.pdf
Noch etwas Anderes: das Label CYBELE, bei dem immerhin 6 CDs von mir erschienen, strukturiert sich derzeit völlig um, weil mit dem Verkauf von haptischen Tonträgern fast nichts mehr zu verdienen ist (sicherlich ähnlich wie es Lyrik-Verlage erleben): Jedenfalls sind die dort vertretenen Komponisten & Interpreten angeschrieben, letzte Restbestände (sehr günstig) aufzukaufen, bevor der Rest des Lagers vernichtet wird. So habe ich ein ziemlich großes Konvolut geordert und werde nun großzügig verschenken. In den kommenden Tagen erreicht Dich also ein Päckchen mit drei CDs von mir, die Du meines Wissens noch nicht von mir bekamst.
Über Weiteres mache ich mir Gedanken, was alles so tages- wie geopolitisch passiert: eigentlich ein riesiger Abgrund, der pure Wahnsinn ... Wir sollen "kriegstauglich" statt "friedensfähig" werden, usw. usf. etc. --- man möchte sich wirklich gerne aus dem Allen ausklinken ins rein Private. Und dann noch dies: nach und nach bestätigt sich all das, was die Corona-Maßnahmen-Kritiker (wie ja auch ich) schon ganz früh sahen oder vermuteten: nach RKI-Protokolen nun zuletzt der BND, der schon 2020 die Regierung über die ziemlich gesicherte Tatsache informierte, daß das Virus keinen natürlichen Ursprung, hatte ... Alles wurde uns verschwiegen ... aber dafür der Angstmodus angekurbelt ... wie nun vor einem 3. Weltkrieg. (Die meisten Menschen verlieren erstaunlich kopflos die Relationen - und ihre Erinnerung -: war nicht die Kuba-Krise nicht minder brenzlig?! - und da waltete letztlich doch Vernunft.)
Ich will nicht mehr darüber schreiben, es macht müde (das Vertrauen in Politik, Justiz, Presse ist ohnehin endgültig verspielt ... bei immer mehr Menschen) WO BLEIBT DA NOCH PLATZ FÜR KUNST ... wofür unsereins bisher zeitlebens brannte???
Im Moment höre ich (seit Stunden schon) Schuberts Klaviersonaten mit Andras Schiff ... und bin damit jetzt & ganz bei mir (& grenzenlos dankbar) !!! Michael
PS was geschah eigentlich inzwischen mit Deinem Mayröcker-Essay?
Mo, 17. März 2025, 09:07 Uhr
Lieber Michael,
allen sensiblen Menschen geht es wohl ähnlich in diesen Zeiten. Vergessen wir nicht Hölderlins: Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch. Dabei braucht es Geduld. Denn bevor die Dinge besser werden, wird es zunächst oft noch schlechter, wie uns die Erfahrung lehrt. Wir haben die Talsohle, fürchte ich, noch nicht durchschritten.
Ich freue mich über die Ankündigung einer postalischen Musiksendung. Die Post ist in diesen Tagen langsam unterwegs, bin gespannt, wann sie kommt. Aber es eilt ja auch nicht.
Und so werde ich mir mit der Oper auch die Zeit lassen, die notwendig ist. Ich will - muß - innerlich und äußerlich ganz frei sein für dieses große Ereignis. Kann sogar sein, daß ich bis Anfang August warte, wenn ich eine Woche lang allein zuhause sein werde. Zumal ich in diesen Wochen immer noch mit den umfangreichen Büchern der Nobelpreisträger befaßt bin (von 121 habe ich nun Bücher von 117 Autoren gelesen) und gern einen weiteren Essay - zu zwei neuen Büchern von Rolf Dieter Brinkmann, dessen Unfalltod in London sich am 23. April zum 50. Mal jährt - schriebe. (Und die Arbeit im und ums Haus fordert mich in diesem Jahr auch wieder mehr als erhofft; da steht nun draußen abschließend noch der große Heckenrückschnitt an.)
Der Mayröcker-Essay ist nun vollendet. Ich hänge die finale Fassung an. Er wird wohl in Matrix 1/25 erscheinen. (Matrix 4/24 steht ja noch aus, ist aber, glaube ich, im Druck.) Nach Veröffentlichung in Matrix wird der Essay auch noch im Internet in Birgit Böllingers Literatur-Blog erscheinen.
Theo
Mo, 17. März 2025, 10:49 Uhr
Lieber Theo,
den berühmten Hölderlin-Spruch flüstere ich mir fast täglich wie ein Mantra vor ... ja: die Talsohle ist ziemlich sicher moch nicht durchschritten. Alles pendelt und pulsiert mit und in der Zeit zwischen zwei extremen Polen: hell - dunkel, weiß - schwarz, Vernunft - Wahnsinn, wohl auch Krieg - Frieden, usw.
Die erneute Lektüre Deines Mayröcker-Textes hebe ich mir für den Moment der Veröffentlichung in Matrix auf.
Da ich mir auch die zwei Zimmermann-Editionen zum Verschenken in einigen Exemplaren aus dem Cybele-Paket sicherte, lege ich diese Dir auch noch dazu. Du kannst somit einen der mir wichtigsten Komponisten aus der Väter-Generation eingehender kennenleren; nicht zuletzt das "Requiem für einen jungen Dichter". mit welchem seinerzeit die Kölner Philharmonie eröffnet wurde.
Das Wetter und Jahreszeit sind ideal für Gartenarbeit ... also: ran an die Arbeit Michael
Mo, 17. März 2025, 12:08 Uhr
Lieber Michael,
ich bin seit Jahren in dieser verzwickten Situation. Es wird alles von Jahr zu Jahr zuviel. Das ist weniger eine Sache der körperlichen Fähigkeit als eine des Kopfs. Ich stehe seit 25 Jahren unter ständigem Psychostreß. Obwohl mir alle Arbeit weiterhin gut gelingt (so habe ich vergangene Woche den Unterbodenschutz fürs neue Auto problemlos hingekriegt), will ich schon längst nicht mehr diese ganze Verantwortung für das tausend Quadratmeter große Anwesen mit allem Drum und Dran tragen. Auf der anderen Seite erkenne ich, daß die Arbeit im und am Haus, die Arbeit im Garten, die Arbeit in der Garage usw. mir durchaus guttut. Aber kaum ist die eine Arbeit getan (und es ist so oft eine Arbeit von der körperlich herausfordernden Art), steht die nächste an. Die chronische Müdigkeit macht mir dabei fortwährend zu schaffen. Heute vor einer Woche habe ich die lange Thujahecke an der Straße zurückgeschnitten. Was eigentlich für Erleichterung sorgen sollte, bringt mir in erster Linie weiteren Psychostreß, da ich mich gedanklich damit herumschlage, daß die Thujahecke, die die Terrasse umgibt, noch länger ist. Ach, was soll's. Wenn das Wetter so wird wie vorhergesagt, werde ich mich ab Freitag damit befassen und das in mehreren Abschnitten hinter mich bringen. Und so geht das immer weiter. So ist das Leben. In diesem Monat werde ich 69. Mal sehn, wie es weitergeht.
Theo
Mo, 17. März 2025, 12:23 Uhr
Lieber Theo,
Deinen 69. Geb. am 30. des Monats hatte ich auf dem Schirm, wie man so sagt. Du kannst die Sendung mit fünf CDs gerne als Geburtstagsgeschenk betrachten, so ist sie eigentlich auch gedacht ! – aber ich weiß von Deinem Bekunden, solch ein Datum interessiere Dich kaum … deshalb ist der Maxibrief schon zuvor auf dem Weg zu Dir.
Mir tut übrigens Gartenarbeit wegen des chronisch labilen Rückens nicht sonderlich gut; insofern bin ich froh, daß unser Garten eine überschaubare Größe hat und ggf. ein Gärtner den Kirschbaum mal wieder zurückschneidet.
Morgenabend fahre ich übrigens nach Köln in die Lengfeldsche Buchhandlung zu einer Veranstaltung zum 100. Geburtstag von Ph. Jaccottet. Bin sehr gespannt.
Michael
Mo, 17. März 2025, 16:04 Uhr
Lieber Michael,
Di, 18. März 2025, 10:25 Uhr
... vielleicht interessiert's Dich ja, lieber Theo: heute ist als Folge 253 der Podcast-Serie "Neue Musik leben" der Sängerin Irene Kurka das Gespräch online gegangen, welches wir kürzlich in Düsseldorf führten: https://www.youtube.com/watch?v=vuB99NFsGZg
Von der Veranstaltung heuteabend zu Jaccottet werde ich Dir noch berichten. Und ja, die Buchhandlung Bittner habe auch ich immer wieder gerne besucht. Den Taschenbuchkeller am Bahnhof kannte ich nicht. War aber vor wenigen Tagen erstmals in der Köln-Bayenthaler Buchhandlung in der Goltsteinstraße, weil dort Bernt Hahn das zentrale Schnee-Kapitel aus Th. Manns Zauberberg las ... er, der ja regelmäßig im WKR auftrat, hatte mich kurzfristig darauf aufmerksam gemacht.
Michael
Di, 18. März 2025, 11:11 Uhr
Lieber Michael,
danke für den Hinweis, dem ich folgen werde.
Ja, die Lengefeldsche ... Manches Gespräch habe ich mit den Buchhändlern geführt, die damals auch einige meiner Bücher in den Regalen stehen hatten.
In der Goltsteinstraße habe ich 1975/76 ein Jahr lang gewohnt ... Das Schnee-Kapitel - vielleicht das stärkste Stück deutscher Literatur überhaupt. (Wobei ich insgesamt Josef und seine Brüder als Nummer 1 sehe.)
Ja, laß uns das Gute hervorheben :
Enkelin Hannah (5) hat mir vorgestern die ersten 61 Seiten der bebilderten Kinderbibel gezeigt und den Inhalt der jeweiligen Kapitel Seite für Seite zusammengefaßt, auch Hintergründe erklärt. Katharina (8) besucht wöhentlich den Kurs für Hochbegabte in Wesseling, wo sie, beispielsweise, Gebärdensprache lernt und philosophische Gespräche führt ...
Neuerdings gibt es in Sistig einen großen öffentlichen Bücherschrank (aus einem defekten Kühlschrank des Dorflädchens gebaut) zum Tauschen von Büchern, in dem ich in den letzten Tagen 6 Bücher fand, die mich sehr interessieren; eins, Robert Seethalers Trafikant wollte ich mir ohnehin anschaffen).
Heute morgen habe ich Henrik Pontoppidans Roman Lykke Per (den ich als Lucky Per in englischer Übertragung las) zu Ende gelesen. Ein großartiger Roman, um 1900 erschienen, der in seiner modernen Art seiner Zeit voraus war. Verblüffend die Voraussagen, die Jahrzehnte später alle eintrafen ...
Theo
Di, 18. März 2025, 15:58 Uhr
Lieber Michael,
Mi, 19. März 2025, 10:53 Uhr
Lieber Theo,
bei der gestrigen Buchvorstellung (die von Jaccottet noch selber kurz vor seinem Tod zusammengestellte Sammlung von Texten zu befreundeten Künstlern, die nun in deutscher Übersetzung bei Wallstein erschienen ist) traf ich auch Eva Zöller erneut. Sie dankte nochmals für den Hinweis auf Dich & Deine Kühn-Faszination. Es war nett, bei der Gelegenheit das Übersetzer-Paar (auch privat & witzigerweise in gleichem Alter wie Martella und ich) Elisabeth Edl und Wolfgang Matz kennenzulernen, die bei der Verstellung und Lesung in kleinen Auszügen auch kenntnisreich die meist unbekannten Schweizer Maler, die mit Jaccottet befreundet waren, vorstellten. Im Buch gibt es zahlreiche Abbildungen, die allerdings leider nicht immer farblich optimal sind. Alles in Allem ein feiner Abend.
Hier in Bonn gibt es zig öffentliche Bücherschränke; wir bringen manchmal was hin … und nehmen selten etwas mit. – Nun hat also auch ein solch kleiner Ort wie Sistig einen; prima … sogar Dich Interessierendes dabei.
Beeindruckend auch, was Du von Deinen beiden Enkelkindern berichtest; da scheint der „Großvater“ Spuren hinterlassen zu haben … wenn Kinder so geraten, muß man sich weniger um die Zukunft sorgen!
Nun wünsche ich Dir bei Gelegenheit anregende & vielleicht auch fesselnde Hörzeiten für Neue Klänge. - Da hat die Post von Bonn bis Sistig ja nur einen Tag gebraucht.
Michael
Mi, 26. März 2025, 10:57 Uhr
Lieber Theo,
wie Du ja mitbekommen hast, bat mich Traian Pop um eine Textfassung des Gespräches in der Podcast-Serie „Neue Musik leben“. Das konnte ich ihm gestern zukommen lassen. Ich war ein wenig überrascht (& fühlte mich natürlich auch ein bißchen geehrt), daß er daraus ev. etwas in die MATRIX nehmen möchte. – Er antwortete eben von der Leipziger Buchmesse aus.
Nun bin ich gespannt, wie Du auf sein Ansinnen reagierst … Du weißt, wie großartig ich es fände! … Gestern erreichte mich übrigens die jüngste MATRIX-Ausgabe, mit der das Magazin ja fast wieder auf der richtigen Zeitschiene liegt …
Heute ist der 100. Geburtstag von Pierre Boulez, einem der wohl einflußreichsten Komponisten & Dirigenten in der zweiten Hälfte des 20. Jh. Zufällig aber paßgenau gebe ich heutenachmittag einen Workshop für sieben junge Musikschüler in Erftstadt an der B. A. Zimmermnann-Musikschule, wo ich diese – ausgehend von „Rituel“ (einem aus meiner Sicht besten Werke von Boulez) – anregen möchte, eigene musikalische Ideen für eine Gruppen-Komposition / Improvisation zu entwickeln. Das Ergebnis soll als kleiner Beitrag am Sonntag im Rahmen eines Konzertes unserer BAZG vorgestellt werden. Ein Duo Cello+Klavier spielt dort ansonsten Werke von Boulez, Zimmermann, Höller und Rebecca Clarke. Der WDR schneidet mit und wird das am 26. Oktober übertragen.
Herzlichst, Michael
Do, 27. März 2025, 09:31 Uhr
Lieber Michael,
Traian hätte mich wohl besser erst einmal gefragt, ohne dich gleichzeitig darüber zu informieren. Dumm gelaufen. Vergessen wir das Ganze einfach an dieser Stelle und kommen nicht mehr darauf zurück. Schön jedenfalls, daß es zu einem Abdruck des Interviews, das naturgemäß vollkommen für sich selbst spricht, kommen wird.
Nach Fertigstellung des FM-Essays denke ich nun an den RDB-Essay. Rolf Dieter Brinkmanns Todestag jährt sich am 23. April zum 50. Mal. Vier neue Bücher sind erschienen, zwei habe ich gelesen, eins wird heute oder morgen kommen, das vierte ist auch bestellt. Noch habe ich den ersten Satz nicht gefunden, aber ich hoffe das Beste. Dieser Essay wird mich dann einige Zeit beschäftigen. Zum Glück wird die Matrix 2/25 wohl nicht vor Juni in den Druck gehen. (Matrix 1/25 mit dem FM-Essay soll Mitte April gedruckt werden.)
Ich bin in diesen Wochen und Monaten vollkommen auf das literarische Wort fokussiert. Ein Buch reiht sich ans andere. Nahezu täglich bringt der Postbote ein neues Buch. Oder zwei ... oder drei ...
Theo
Do, 27. März 2025, 10:35 Uhr
Lieber Theo,
ich besitze nur zwei Bücher von Rolf Dieter Brinkmann, darunter natürlich die frühen „Romblicke“, wohl eine Pflichtlektüre für jeden, der in der Villa Massimo Stipendiat war. Seinerzeit mußte ich oft schmunzeln … auch darüber, wie er manchen Stipendiaten, der mit ihm dort die Zeit verbrachte, beschreibt, nicht immer konziliant … z.B. den Hespos, mit dem ich ja später bis zu seinem Tod eine gute künstlerische Freundschaft pflegte, obwohl unsere Musik kaum unterschiedlicher hätte sein können.
Es gibt wieder einmal so viele Jubiläen zu feiern! – in der Musik Boulez und Berio; in der Literatur neben RDB ja auch Rilke, einer der Lyriker, die mich schon in ganz jungen Jahren so faszinierte, daß – wie Du ja weißt – einige frühe Stücke ihren Impuls daher bekamen. Nun lud mich Bernt Hahn, der an Karfreitag in einem kleinen Düsseldorfer Theater einige der Duineser Elegien vortragen wird, ein, zwischen diesen Elegien Musik zu spielen … eine Ehrensache natürlich !
Michael
Do, 27. März 2025, 10:57 Uhr
Lieber Michael,
und welches ist neben Rom, Blicke das zweite Buch? (Bei mir liegt die Zahl der Bücher von und zu Rolf Dieter Brinkmann bei etwa 60, fast identlisch mit der Zahl der Bücher von und zu Friederike Mayröcker.)
Du bist ja wirklich ständig auf Achse in Sachen Musik. Kompliment! Ich freue mich für dich, daß du weiterhin so gefragt bist.
Ich hingegen bin froh, jetzt einmal wieder einige Zeit lang nicht gefragt zu sein. Die letzten Wochen waren schon ziemlich anstrengend, doch nun ist der Jahresrückschnitt, der im Oktober beginnt und im März (wenn ich Glück habe wie in diesem Jahr ...) endet, mal wieder geschafft. In wenigen Wochen geht es zwar schon wieder los, aber die Monate April bis September sind im Vergleich mit dem 'großen' Rückschnitt ja deutlich weniger anstrengend. Ja, tausend Quadratmeter Anwesen sind schön, aber auch schön anstrengend.
Und da ich gern jeden Tag (mindestens ...) ein Buch lese, ist das alles nicht so einfach, wie es aussieht. Heute habe ich schon das erste Buch von 234 Seiten, das ich in der Nacht zu lesen begann, 'geschafft'. Jetzt geht es weiter mit Verner von Heidenstam, dem Nobelpreisträger von 1919.
Theo
Do, 27. März 2025, 12:02 Uhr
… „Standphotos“ – die Gedichte 1962–1970 sind das andere Buch von Brinkmann in meiner Bibliothek, lieber Theo. Wenn Du jeden Tag (mindestens) ein Buch liest, ist verständlich, daß Du sicherlich von (fast) jedem Autoren mehr Bücher haben mußt als ich. Eine vergleichbare Aufnahmefähigkeit besitze ich vielleicht für Musik … ohne daß sich bei so viel Hören (bzw. bei Dir lesen) alles miteinander vermischt oder nur ‚durchrauscht’.
Michael
Fr, 28. März 2025, 07:52 Uhr
Lieber Michael,
Lesen ist eine Sucht, die mich seit frühester Kindheit begleitet. Wenn ich stark genug wäre, läse ich weniger. Gegen die Macht des Buches komme ich nicht an. Ich finde es ein bißchen schade, daß die Musik in den letzten Jahren zurückstehen muß. Während vieler Jahre konnte ich lesen und zugleich Musik hören. Das geht seit einigen Jahren nicht mehr. Es ist, wie es ist. Und Ohr Opern, Sinfonien, Klavierkonzerte, Lieder usw.
Es ist wohl ganz natürlich, daß ich bei so viel Lektüre auch viel und schnell vergesse. Da ich aber immer wieder Bücher mehrfach lese und vor allen Dingen von vielen Autoren das Gesamtwerk kenne, bleiben Eindrücke haften, die mich gleichsam über Wasser halten. Auch hier gilt : Es ist, wie es ist. Ich läse gern langsamer, aber ich bin immer schon schneller Leser gewesen.
Ich hatte mir für das Jahr 2025 etwas mehr Ruhe hinsichtlich weniger Arbeit außerhalb der Literatur gewünscht. Bislang ist das nicht der Fall. Aber ich sehe einen Lichtstreifen am Horizont.
Zumal es mir gestern gelungen ist, wieder eine Reihe von Dingen, die wir nicht mehr brauchen, an den Mann zu bringen. Der junge und außerordentlich freundliche Postbote, der uns seit einigen Monaten betreut, hat gestern etliche elektrische bzw. elektronische Altgeräte als Geschenk angenommen und holt sie heute ab : Smart TV, DVD-Player, Videorecorder, Radio mit Kassettenteil, elektrische Heckenschere, Drucker/Scanner. Dazu noch etliche Kleinigkeiten. Diese 'Erleichterungen' sind mir ja seit einigen Jahren sehr wichtig geworden - zumal das BuchKunstWerk immer noch weiter wächst (auch heute wieder ...)
Theo
Fr, 28. März 2025, 10:10 Uhr
Lieber Theo,
auch ich kann das mittlerweile immer weniger: lesen und hören gleichzeitig. Allenfalls, wenn Musik „im Hintergrund“ läuft, die ich schon zigmal gehört habe. Ansonsten fokussiert sich das Ohr so, daß das Lesen dabei eher mechanisch ist, aber man gedanklich kaum noch folgt. Ja: so ist es! – vielleicht hat es etwas mit dem fortschreitenden Alter zu tun … oder: es war früher Selbsttäuschung, daß man dachte, man könne beides gleichzeitig & gleichwertig.
Ich kann Deine Freude nachvollziehen, sich von Dingen zu trennen, die man eigentlich nicht (mehr) braucht. Wir entsorgen hier auch immer wieder. Elektronik-Schrott gibt es bei uns kaum noch, bis auf einen schon museumsreifen Macintosh SE, den wir aus nostalgischem Grund immer noch im Keller stehen haben. Der erste wohl vernünftige Computer, mit dem ich seinerzeit auch meine „Textbilder“ zu HW+NW erstellte: https://www.denhoff.de/textbilder.htm
Heute nachmittag besucht mich Klaus Schneider, ein Künstler, dessen Arbeiten noch bis Sonnatg in unserer aktuellen gkg-Ausstellung zu sehen sind. Er schreibt auch Haiku, und diese sind in Blindenschrift gestaltbildend bei seinen Bildern und Objekten. – Ich freue mich auf ein sicherlich interessantes und anregendes Gespräch … ich kann mir denken, es könnte in Zukunft mal zu einer Zusammenarbeit kommen.
Michael
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