... über die Musikszene in Köln wissen wollten,
aber nicht zu fragen wagten.
DIE NOTENMÄNNCHEN VON KÖLN
Wie war zu Köln es doch vordem mit Notenmännchen so bequem. Denn war man faul, begab man sich in ein Konzert zum Gürzenich. Dort spielten sie nur in Moll und in Dur. Die Geigen die sangen, die Hörner die klangen, die Flöten die tönten in Sexten und Terzen; das geht doch zu Herzen! Und von dem Wohlklang ganz verzückt, dem Kölner schien der Abend gut geglückt.
Die neue Kost vom We-De-eR war manchem Hörer viel zu schwer. Doch hier gab’s auch ein Publikum, das saß nicht einfach nur so ’rum. Man redete viel vom neuesten Stil. Es gab auch Skandale im hitzigen Saale, da ging es zur Sache, man rieb sich und stritt sich man tat’s unerbittlich. Und dennoch war’s nicht bös’ gemeint, beim Kölsch danach zur Nacht war man vereint.
Denn für die „Szene” war es klar, wer unbestreitbar wichtig war: der Kagel und der Zimmermann, der Stockhausen ganz vorne an. Der wollte sehr viel, der hatte sein Ziel, der mischte die Klänge der Jünglings Gesänge, das war doch unglaublich, der wollte verändern die Hymnen von Ländern! Die Musiker, die hatten’s gut, fiep blubb: der Lautsprecher die Arbeit tut! |
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Der Kagel war für Scherze gut, der hatte viel Humor im Blut. Da spielten Ross und Bruck zu zweit mit Hand- und Fuß-Geschicklichkeit Orchester allein; ist das denn nicht fein?! Da gab’s was zu lachen, solch’ komische Sachen die muß man erfinden! Der Palm durfte summen, die Melodie brummen. Und wer das nicht so recht verstand, nun ja, der hielt es halt für Gauklertand.
Die Kölner Avantgarde war, was keine andre sonst wo war. Sie war so international, berühmt war sie mit einem Mal. Ligeti war hier (man sagte es mir), und alle die kamen, die hatten ’nen Namen: der Cage und der Nono. Man war ’ne Gemeinde, man hatte auch Feinde. Doch das gehört ja wohl dazu; was soll’s? Die Fan-Gemeinde wuchs im Nu. |
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Die alten Männchen leben noch, manch einer ist verstorben doch. Beim Stockhausen versteht man nicht, was soll die Mammut-Oper „Licht”? Ein Kürtener „Ring”? Wer will denn das Ding? Was hat denn der Kagel? Verträgt nicht den Hagel der Kritiker-Schelte. Er wird doch gefeiert, heruntergeleiert, ein ganzes Fest drei Tage lang zum Sechzigsten von ihm Musik erklang.
Jedoch die Zeiten sind vorbei, wo Notenmännchen war’n ganz frei. Die Philharmonie funktioniert, das Alte ist fest installiert. Es gibt kein’ Skandal, ist das nicht fatal?! Nichts kann mehr verstören, man will gar nicht hören. Dabeisein ist alles; man plaudert geläufig, ich seh’ das sehr häufig, bei Sekt und Bier zur Pausenzeit, oh weh, herrscht eitel Freud, Beschaulichkeit.
Die Jungschar scheint etwas verwirrt, in kleine Säle sich verirrt. Jetzt schreibt man ja wohl postmodern, auch Minimal das hört man gern, das schreibt sich so leicht, ist angenehm seicht. Ich hass’ das Gesudel, das Notengedudel in wohlfeilen Patterns. Die Stücke sich gleichen: Musikgeschichtsleichen! In Köln war früher mal was los. Ach ja, wo sind die großen Meister blos? |
(Zeichnungen: Gabriel Denhoff) |
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Michael Denhoff ( ... auch so ein Notenmännchen ... ) © 1993 |
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