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jahraus jahrein die

gleichen worte als habe

sich nichts geändert

 

 

 

 

Januar.

Mit den Königen kommen

auch die Krähen.

 

 

 

 

schneeweiß erblindet

die Wintergesänge

vergangener Tage

 

 

 

 

Februar.

Narren taumeln, lallen

mit dem Schnee.

 

 

 

 

blutende Klänge –

geronnenes Erinnern

beschreibt das Papier

 

 

 

 

März.

Kätzchen schleichen ums Haus

blühen silbergrau.

 

 

 

 

Bibliothek der Blindbände

stille Zeitgenossen

versammeln sich

 

 

 

 

April.

Die Natur ändert die

Kleiderordnung.

 

 

 

 

im Frühlingswind

auf dem Gartentisch

verstreutes Glück

 

 

 

 

weitergewandert    

vom Kirschbaum zum Flieder

verschwenderisches Weiß

 

 

 

 

im Sonnenlicht

flimmert die Fliederblüte

der Himmel schlägt Wurzeln

 

 

 

 

Worte lösen sich

im Nachtschatten der Rosen

vibriert es leise

 

 

 

 

zwei Amseln

besingen den fremden Himmel

über uns

 

 

 

 

magische Dämmerung

auf dem Mauerwerk flüstern

die Lichtgeister

 

 

 

 

wie leicht

sie über die Schwelle zu tragen

im Traum

 

 

 

 

Mai.

Im Gewächshaus kichern Mädchen

beim Titanwurz.

 

 

 

 

der Wind

schreibt zischende Verse

aufs Meer

 

 

 

 

Juni.

Kürzer werden die Nächte

und auch die Röcke.

 

 

 

 

antike Mauer

Olivenbäume spielen

Schwarzweißkino

 

 

 

 

Juli.

Beim Weinfest schwärmen Winzer

vom letzten Sommer.

 

 

 

 

August.

Der Süden lockt mit Sonne

die man hier vermißt.

 

 

 

 

kann nicht schreiben nicht

denken ohne bedenken

muß wortlos bleiben

 

 

 

 

ohne wind treibt

dunkler gedankenfluß abwärts

was übrigbleibt

 

 

 

 

September.

Abgeerntet die Felder

manch einer dichtet.

 

 

 

 

in meiner Hand

geschrieben ihre Zeilen

herbstlichttrunken

 

 

 

 

es gab und es gibt

was nicht ist und nicht war als

Erinnerung noch

 

 

 

 

Licht und Schatten wie

schön verteilt vom Dichter auf

die Seiten des Buchs

 

 

 

 

Oktober.

Die Verkehrsadern sind nun

farbiger umsäumt.

 

 

 

 

die Rosenblüten

wie sie sich zuneigen

und welken

 

 

 

 

November.

Nebelschwaden ziehen mit

der Kirche ums Dorf.

 

 

 

 

Errötet das Blattwerk.

Die große Verwirrung beim

Blick in fremde Augen.

 

 

 

 

endloser Gesang

traumwandelnd von dir zu mir

verloren bei Tag

 

 

 

 

Ein Wetterleuchten.

Jenseits der Erinnerung.

Wovon nur schweigst du?

 

 

 

 

dumpfer Donnerschlag

als habe Gott angeklopft

bei uns Liebenden

 

 

 

 

Dezember.

Die Kinder zählen rückwärts

bis Heiligabend.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

© 2011  Michael Denhoff 

 


 

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siehe auch:

 

13 Stationen

 

Farben – Leere

Sieben Zweizeiler

 

… im Lichtkegel der Schreibtischlampe …

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