366 Klänge für das Jahr
(1984)
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“Man bedenke, welche Enthaltsamkeit dazu gehört, sich so kurz zu fassen. Jeder Blick läßt sich zu einem Gedicht, jeder Seufzer zu einem Roman ausdehnen. Aber: einen Roman durch eine einzige Geste, ein Glück durch ein einziges Aufatmen auszudrücken: solche Konzentration findet sich nur, wo Wehleidigkeit in entsprechendem Maße fehlt.”
Arnold Schönberg
“Der Künstler darf jede Form zum Ausdruck brauchen.”
Wassily Kandinsky
Mein KLANGTAGEBUCH entstand 1984. Ein Jahr lang schrieb ich jeden Tag einen Klang auf, der die Empfindungen dessen, was den Tag bestimmt hatte, klingend einzufangen versuchte. Es war eine ganz private Idee, die ich so zu verwirklichen suchte: das zu Klängen Kondensierte sollte mir beim späteren Lesen das Gedachte und Erlebte wieder in Erinnerung rufen.
Jetzt fiel mir dieses Buch wieder in die Hände. Mittlerweile ist aber soviel Zeit verstrichen, daß die dort notierten Klänge sich verselbständigt haben und nur noch für sich allein dastehen. Ein Großteil der Erinnerungen an das Jahr ist verblaßt, und wenn ich jetzt diese Klänge lese, höre ich sie ganz frisch und unbesetzt von der damaligen Befindlichkeit, die sie hat entstehen lassen.
Ich habe mich nun entschlossen, das “Klangtagebuch” zu veröffentlichen, scheint es mir doch so etwas wie der gedanklich verdichtete Vorbote der beiden anderen großen ‘Jahreswerke’ zu sein: HEBDOMADAIRE - 52 Stücke vom Jahr op. 62 für einen Pianisten aus dem Jahr 1990 und HAUPTWEG UND NEBENWEGE - Aufzeichnungen op. 83 für Streichquartett und Klavier aus dem Jahr 1998.
Im Gegensatz zu diesen beiden Werken ist aber das “Klangtagebuch” eigentlich nicht für eine Aufführung bestimmt. Ich wünsche mir Leser und Musiker, die sich die Klänge selbst im Kopf instrumentieren; die Klänge mögen in ihrem Inneren zu klingen beginnen und dort zu neuem Leben und zu neuer Bedeutung erweckt werden. Das schweifende Auge und innere Ohr kann und wird dabei die notierte Chronologie verlassen, und die Klänge werden sich möglicherweise in Beziehungen setzen, die so vom Autor nicht vorhersehbar waren und sind. Oder ist es gar denkbar, daß die Klänge doch (in welcher Instrumentalfärbung auch immer) reell einen Raum und die Zeit füllen könnten? - jeder einzelne Klang mit der von ihm selbst bestimmten eigenen Dauer und jeder umgeben von Stille, in die hinein seine Intensität und Energie weiterschwingt - ...ich weiß es nicht ...
Bonn, im August 2002 Michael Denhoff |
Download:
Klangtagebuch 1984 (PDF 245 Kb)
Facsimile des Manuskripts (PDF 5,15 Mb)
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Michael Denhoff
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